Pressemeldung vom 04.06.2024
Bayern: Arbeitskräftemangel wird weiter steigen
In ganz Bayern fehlen 2024 etwa 150.000 Arbeitskräfte. Bis 2027 könnte die Zahl auf über 175.000 steigen, ein Zuwachs von 17 Prozent. Dies geht aus dem neuen IHK-Arbeitsmarktradar Bayern hervor, den das IW Köln im Auftrag des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK) erstellt hat. Die Lücke an Arbeitskräften ergibt sich aus der Zahl der offenen Stellen abzüglich passend qualifizierter Arbeitsloser in Bayern. Bereits jetzt gibt es für mehr als die Hälfte aller offenen Stellen (rund 54 Prozent) keine passend qualifizierten Bewerber, weil die Nachfrage nach Arbeits-kräften größer als das vorhandene Angebot ist. Der Personalmangel verschärft sich bis 2027, obwohl die Studienautoren von einer wie in den vergangenen Jahren hohen Zuwanderung von Arbeitskräften aus dem Ausland sowie einer steigenden Erwerbs-beteiligung der heimischen Bevölkerung ausgehen.
Keine passenden Bewerber für mehr als die Hälfte aller offenen Stellen
„Der Arbeitskräftemangel bleibt ein Dauerbrenner. Für Betriebe in besonders betroffenen Branchen kann er zur Existenzfrage werden, zumindest aber zu teilweise gravierenden Anpassungen im Serviceangebot führen. Das heißt konkret etwa mehr Schließtage in der Gastronomie, ausgedünnte Fahrpläne bei Bussen und Bahnen, längere Wartezeiten bei qualifizierten Handwerkern und Werkstätten, beim Arzt und im Krankenhaus, wachsende Betreuungslücken für Kinder und Senioren. Der jährliche volkswirtschaftliche Verlust durch die ausfallende Wertschöpfung beträgt in Bayern jetzt schon 17 Milliarden Euro”, sagt BIHK-Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl.
„Die Unternehmen brauchen dringend bessere Rahmenbedingungen zur Förderung von Beschäftigung. Alle vorhandenen Potenziale müssen ausgeschöpft werden. Dazu gehören mehr Anreize zur Arbeitsaufnahme und Qualifizierungen für Erwerbslose sowie eine höhere Erwerbsbeteiligung von Älteren und Frauen, etwa durch lohnsteuerliche Anreize und eine Anpassung des Renteneintrittsalters an die steigende Lebens-erwartung“, fordert der BIHK-Chef. Gößl weist mit Nachdruck darauf hin, dass die Zuwanderung eine immer größere Rolle für den Beschäftigungsaufbau in Bayern spielt. Dieser werde schon seit 2023 rein von ausländischen Staatsangehörigen getragen, so Gößl. Laut Arbeitsmarktradar wird der Anteil von Ausländern an den Beschäftigten im Freistaat bis 2027 auf 23 Prozent steigen. 2017 lag diese Quote erst bei 14 Prozent.
Die meisten Beschäftigten fehlen laut Studie auf dem Qualifikationsniveau „Fachkraft“, dabei handelt es sich beispielsweise um Absolventen einer beruflichen Ausbildung. Hier dürfte die Lücke 2027 rund 100.000 betragen. Auf dem Qualifikationsniveau „Spezialist“, das sind zum Beispiel Meister, Fachwirte und Bachelor-Absolventen, gibt es 2027 voraussichtlich rund 29.000 Arbeitskräfte zu wenig. Auf dem Niveau „Experte“ (akademische Abschlüsse wie Master oder Staatsexamen) fehlen rund 39.000 Arbeits-kräfte. Bei den Berufsgruppen gibt es aktuell die größte Arbeitskräftelücke bei Verkäufern, gefolgt von Fachkräften in der Kinderbetreuung, in der Pflege, bei Informatik-Experten und medizinischem Fachpersonal. Bis 2027 erwarten die Forscher den größten Beschäftigungsaufbau in den Tätigkeiten Softwareentwicklung, Kinderbetreuung und Lagerwirtschaft.
Vorausgesetzt die positiven Trends in der Arbeitsbeteiligung, insbesondere von Älteren, von Frauen und durch Zuwanderung, bleiben erhalten, könnte die Zahl der Beschäftigten in Bayern bis 2027 auf 6,1 Millionen steigen, ein Plus von knapp 9 Prozent gegenüber 2022. Dennoch würde die Beschäftigungsnachfrage noch stärker wachsen als das Arbeitsangebot. Ohne diese zusätzlichen Potenziale der Älteren, Frauen und Zuwandernden droht dagegen rein demografisch bedingt im gleichen Zeitraum ein Rückgang der Beschäftigten im Freistaat auf 5,4 Millionen, was mit einer deutlichen Schwächung der bayerischen Wirtschaft einhergehen würde.
Der IHK-Arbeitsmarktradar Bayern ist unter www.bihk.de zum Download erhältlich.