Pressemeldung vom 22.05.2024

Wirtschaft befürchtet Welle höherer Gewerbesteuerhebesätze

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Doppelt so viele oberbayerische Kommunen wie im langjährigen Durchschnitt haben 2023 ihre Gewerbesteuerhebesätze erhöht, so eine Auswertung der IHK für München und Oberbayern. Wegen zunehmender finanzieller Engpässe in vielen Kommunen befürchtet die IHK, dass es sich erst um den Anfang einer Welle handeln könnte und fordert mehr Augenmaß sowie langfristige Zuverlässigkeit bei den Gewerbesteuerhebesätzen.

IHK-Präsident Lutz: „Augenmaß der Kommunen zwingend erforderlich“

“Die aktuell schwierige wirtschaftliche Situation lässt den Unternehmen ohnehin wenig Spielraum. Ihre Liquidität brauchen sie für Zukunftsinvestitionen und Innovationen. Jede zusätzliche Belastung, jede Steuererhöhung kommt jetzt zur Unzeit und ist ein Standortnachteil für die Unternehmen. Das Augenmaß der Kommunen ist zwingend erforderlich, denn nur starke Betriebe garantieren langfristig sichere Steuereinnahmen”, sagt IHK-Präsident Klaus Josef Lutz. Der IHK-Präsident kritisiert zudem, dass mit der Gewerbesteuer nicht nur erzielte Gewinne versteuert werden, sondern auch die Substanz der Betriebe. Grund dafür sind steuerrechtlich verankerte Hinzurechnungen für anfallende Betriebskosten wie Zinsen, Mieten oder Leasingraten.

Nach der Corona-Krise mit deutlichen Einbrüchen bei den Gewerbesteuereinnahmen lag das Aufkommen in Oberbayern 2023 mit 6,7 Milliarden Euro um 25,4 Prozent über dem Niveau von 2019. Von der angegebenen Summe müssen die oberbayerischen Kommunen eine Gewerbesteuerumlage an Bund und Länder abführen, im vergangenen Jahr waren das 560 Millionen Euro. 38 von 500 oberbayerischen Gemeinden erhöhten 2023 ihre Gewerbesteuerhebesätze. Mehr waren es zuletzt nur im Jahr 2016, als 52 Kommunen an der Gewerbesteuer drehten. In den neun Jahren vor 2023 war es insgesamt zu 129 Erhöhungen der Gewerbesteuerhebesätze gekommen, im Schnitt nur 14 Anhebungen pro Jahr. Senkungen des Hebesatzes gab es dagegen im Jahr 2023 keine. Die Netto-Gewerbesteuereinnahmen (nach Abzug der Umlage) standen 2023 für 53 Prozent der kommunalen Steuereinnahmen in Oberbayern. 2019 waren es 47 Prozent.

Oberbayerischer Spitzenreiter beim Gewerbesteuerhebesatz blieb 2023 die Landeshauptstadt München mit 490 Prozent. Es folgen die Gemeinden Berglern und Wartenberg im Landkreis Erding mit jeweils 450 Prozent sowie die beiden kreisfreien Städte Ingolstadt und Rosenheim mit jeweils 400 Prozent. Den niedrigsten oberbayerischen Hebesatz von 240 Prozent riefen wie in den Vorjahren die Gemeinden Grünwald (Landkreis München), Pöcking (Landkreis Starnberg), Stammham (Landkreis Altötting) sowie Bad Wiessee (Landkreis Miesbach) auf. Gesetzlich ist den Gemeinden bundesweit ein Mindesthebesatz von 200 Prozent vorgeschrieben. Der durchschnittliche Hebesatz in Oberbayern liegt bei 339 Prozent.

Der Landkreis in Oberbayern mit den im Durchschnitt seiner Gemeinden höchsten Hebesätzen ist Erding (363 Prozent), am anderen Ende der Skala steht der Landkreis München mit 307 Prozent.

In vielen Kommunen spielen bei den aktuellen Diskussionen über höhere Gewerbesteuern die steigenden Kreisumlagen eine große Rolle. Über die Kreisumlage werden die Kommunen an den Ausgaben ihrer Landkreise beteiligt. Diese haben keine eigenen Steuereinnahmen. Die Kreisumlagen sind in den vergangenen Jahren oftmals deutlich angestiegen, unter anderem durch höhere Kosten für Krankenhäuser, in der Kinder- und Jugendhilfe und für die Flüchtlingsunterbringung.

Auch die Neuregelung der Grundsteuer ab 2025 dürfe zu keinen höheren Belastungen der Wirtschaft führen, fordert die IHK. Die Kommunen müssten ihre Hebesätze für die Grundsteuer aufkommensneutral ausgestalten, damit den Unternehmen in der Gesamtbelastung durch Gewerbe- und Grundsteuer keine neuen Nachteile erwachsen.

Grundlage der IHK-Auswertung sind die Daten zu den Gewerbesteuerhebesätzen und Gemeindefinanzen, die regelmäßig vom Bayerischen Landesamt für Statistik veröffentlicht werden.