Selbstverwaltung
Verkehrsausschuss diskutiert über ÖPNV-Problem Nr. 1: Fahrermangel
Die Verkehrswende, der Umstieg auf den ÖPNV, droht am Fahrermangel zu scheitern: Das war das Fazit der Sitzung des IHK-Verkehrsausschusses am 2. Februar in Feldkirchen. Ausschussmitglied und Busunternehmer Josef Ettenhuber hatte zu dieser Sitzung in seine Betriebsstätte eingeladen. Ettenhuber erklärte, wie viel Druck auf seiner Branche lastet. Bis 2030 soll der ÖPNV emissionsfrei und leistungsfähiger werden. Die Beförderungszahlen sollen sich verdoppeln. Er frage sich derzeit, mit welchem Antrieb seine 145 Linienbusse künftig fahren sollen. Es gehe um große Investitionen. Ettenhuber hat einige E-Busse im Einsatz. Die sind schwerer als Dieselbusse und können, weil die große Batterie so viel Platz frisst, deutlich weniger Passagiere befördern. Vorteil: Batterietechnik ist relativ ausgereift. Mit dem Bau einer Wasserstoff-Tankstelle hat sich Ettenhuber eine zweite Option geschaffen. Der Ausschuss-Vorsitzende Georg Dettendorfer äußerte sich skeptisch. Grüner Wasserstoff stehe für Hoffnungen, nur sei der teuer, schwer zu transportieren.
MVV-Manager Bernd Rosenbusch beschäftigte sich mit dem für den Frühsommer angekündigten Deutschland-Ticket. Rosenbusch konnte dem nicht viel Gutes abgewinnen. Er sprach von einem absurden Instrument. Über eine Subvention werde die Nachfrage erhöht, ohne zuvor für die nötigen Kapazitäten zu sorgen. Und schließlich profitierten Vermögende und Gutverdiener am meisten von dem Ticket.
Im Mittelpunkt der Sitzung stand der Fachkräftemangel. Kurz zuvor hatte der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen (BDO) gemeldet, bis 2030 würden rund 87.000 Fahrerinnen und Fahrer fehlen. Ettenhuber spürt das hautnah. Er erklärte, er versuche alles, trotzdem seien keine deutschen Fahrer mehr zu kriegen. In der Not rekrutiert Ettenhuber dort, wo sich auch andere Spediteure und Busunternehmer bedienen: in Rumänien und Kroatien. Auf Dauer, klagten die Unternehmer, könne das keine Lösung sein. Das schade dem Image der Branche und sorge für soziale Spannungen. Es gebe nur einen Weg: Für mehr Angebot auf dem deutschen Arbeitsmarkt sorgen, in dem man die Ausbildung verkürzt und die Prüfungen entschärft. Ferdinand Kloiber sagte: „Ein Jahr Ausbildung, das muss reichen.“ Thomas Stöhr, IHK-Abteilungsleiter für berufliche Fortbildung und Fachkräfte, äußerte sich skeptisch. Für Ausbildung gelte die Tarif-Autonomie. „Die Gewerkschaften haben null Interesse, sich darauf einzulassen“, sagte Stöhr. Tim Johannes von der Münchner ZF Mobility Solutions GmbH stellte eine Alternative vor: autonome, fahrerlose Bus-Shuttles. Auf einer abgetrennten Teststrecke in Rotterdam fahren sie schon – eine vollwertige Alternative zum Linienbus sind die Shuttles aber noch nicht.
Stimmung der Wirtschaft zu Jahresbeginn: Spuren von Hoffnung
Im Winter war der Worst-Case nicht eingetreten – Deutschland konnte eine Gasmangel-Lage verhindern. Entsprechend war die Konjunkturumfrage der bayerischen IHKs (BIHK) zum Jahresauftakt von Erleichterung geprägt. BIHK-Präsident Klaus Josef Lutz und BIHK-Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl stellten die Ergebnisse der Umfrage unter 3.600 bayerischen Unternehmen am 8. Februar in der IHK München vor. Im Herbst zuvor hatte die Umfrage einen Stimmungseinbruch verzeichnet. Lutz und Gößl konnten zum Jahresauftakt über eine deutliche Aufhellung der Stimmungslage berichten: Der BIHK-Konjunkturindex war deutlich um 24 Punkte gestiegen – und erreichte mit 112 Punkten wieder seinen langjährigen Durchschnitt.
Dennoch könne von einer Normalisierung keine Rede sein, warnte Gößl. Er verwies auf „fundamentale Unsicherheiten“: der Russland-Ukraine-Krieg, die Spannungen zwischen USA und China, das schwindenden Vertrauen in den Wirtschaftsstandort Deutschland sowie die schwelende Energiekrise mit hohen Preisen und Versorgungsrisiken. BIHK-Präsident Lutz warf der Bundespolitik schlechtes Krisenmanagement und fehlende Konzepte vor. Berlin fehle jede Idee, wie man den Arbeitskräftemangel lindern und die Energiewende voranbringen könne. Statt die Wirtschaft zu entlasten, nehme die Belastung mit Bürokratie weiter zu. In der Energiepolitik gehe die Ampel ins Risiko: mit dem Verzicht auf Nutzung heimischer Erdgasvorkommen, dem Ausstieg aus Kernkraft und dem für 2030 avisierten Abschalten der Kohlekraftwerke. Beim Ausbau der Stromleitungen, Wind- und Solaranlagen, bei der energetischen Gebäudesanierung, Wärmepumpen und Ladesäulen – an allen Stellen gehe es nur mühsam voran. „Die Zeit läuft uns davon“, sagte Lutz.
Vollversammlung bestellt Gößl erneut zum Hauptgeschäftsführer
Einen Strauß Schoko-Blumen für jede Unternehmerin, die zur Sitzung des Plenums kam: Schließlich tagte die Vollversammlung am 8. März, dem Weltfrauentag. Im Mittelpunkt stand aber eine männliche Personalie. Die Vollversammlung hat Gößl erneut bis 2028 zum Hauptgeschäftsführer der IHK bestellt. Das bedeutete auch: Gößl wird in den nächsten fünf Jahren auch Hauptgeschäftsführer der bayerischen IHKs (BIHK) bleiben. Gößl zeigte keine Spur von Amtsmüdigkeit, im Gegenteil. Er betonte: „Ich habe Lust darauf.“ Präsident Klaus Josef Lutz sagte, damit werde die IHK weiter von einem Top-Hauptgeschäftsführer geleitet. Gößl selbst sagte, sein Ziel sei eine unternehmerische, kommunikative und wirkungsvolle IHK. Auf diesem Weg habe die IHK während seiner bisherigen Amtszeit schon deutliche Fortschritte erreicht. Die Zahl der Fachausschüsse sei auf 16, die der Regionalausschüsse auf 20 gestiegen. Schon zweimal sei der IHK-Beitrag auf den aktuell niedrigsten Wert aller bayerischen IHKs gesenkt worden.
Das Plenum verabschiedete „Mantelpapiere“ zur Bundespolitik und zur anstehenden bayerischen Landtagswahl. Die Vollversammlung positionierte sich gegen die geplante EU-Richtlinie für die Produkthaftung. Mit Blick auf die USA, wo Präsident Joe Biden ein Klimaschutz-Paket von 370 Milliarden US-Dollar auf den Weg gebracht hat, sprach sich die Vollversammlung für einen „Investitionsturbo durch bessere Abschreibungsregeln“ aus. Gößl stimmte die Vollversammlung auf unverändert schwierige Zeiten ein. Derzeit sei zwar der Fachkräftemangel wieder das Problem Nr. 1, aber es gebe noch immer keinen Plan, wie man die Wirtschaft sicher und bezahlbar mit Energie versorgen könne. Auf den Zukunftsfeldern KI und Digitalisierung werde man von China und den USA gnadenlos abgehängt. „Da spielen wir nur noch in der dritten Liga“, klagte Gößl.
Ausgebremst: Trübe Frühjahrsstimmung in Bayerns Wirtschaft
„Eine Frühjahrsbelebung sieht anders aus“, mit diesen Worten kommentierte BIHK-Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl die Lage der bayerischen Wirtschaft am 23. Mai. Gößl stellte an diesem Tag in der IHK München die die Ergebnisse der Konjunkturumfrage des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK) unter 3.400 Unternehmen vor. Zwar hatten in den Wochen zuvor Energiepreise und Beschaffungssorgen hatten an Dramatik verloren, dennoch blieb die Stimmung in Bayerns Wirtschaft äußerst verhalten. Laut Gößl belasteten Personalmangel, steigende Kosten und fehlende Nachfrage die Unternehmen. Der Investitionsmotor kam nicht in Schwung. Im Vergleich zum Jahresbeginn legte der BIHK-Konjunkturindex nur um einen Zähler zu und erreichte mit 113 Punkten in etwa den langjährigen Durchschnittswert. Die Betriebe beurteilten ihre aktuelle Geschäftslage schlechter als zu Jahresbeginn, lediglich bei den Geschäftserwartungen gab es ein leichtes Plus.
Als größte Konjunkturrisiken nannten die Unternehmen Arbeitskräftemangel, die Energie- und Rohstoffpreise, Arbeitskosten, schwache Inlandsnachfrage und die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen. BIHK-Präsident Klaus Josef Lutz verwies auf eine Sonderauswertung der Umfrage zur bayerischen Landtagswahl. Demnach erwarteten die Unternehmen von der Politik folgende Schritte: eine bessere Energiepolitik, mehr Arbeitskräfte, weniger Bürokratie und eine bessere Verwaltung. Lutz kritisierte, die Bundesregierung sei in der Gegenrichtung unterwegs. Bestes Beispiel sei das Energieeffizienzgesetz, das für Deutschland bis 2030 eine Senkung des Gesamtenergieverbrauchs um 26,5 Prozent vorschreibt. Bis 2045 sind es 45 Prozent. Lutz nannte das Gesetz einen „Wachstumskiller“ und ein „De-Industrialisierungs-Projekt“. Schon jetzt gebe es eine stille Abwanderung vor allem der energieintensiven Unternehmen.
Regionalausschuss Altötting-Mühldorf: Diskussion über Windpark
Der IHK-Regionalausschusses Altötting-Mühldorf beschäftigte sich auf seiner Sitzung am 20. Juni im Ampfinger Hotel Fohlenhof mit einem Projekt, das für bundesweites Aufsehen sorgt: Nach dem Bayerns Staatsregierung den Ausbau der Windkraft jahrelang blockiert hat, will nun Ministerpräsident Markus Söder (CSU) persönlich für die Schubumkehr sorgen. Im Öttinger Forst, im Norden des südostbayerischen Chemiedreiecks gelegen, soll ein Windpark entstehen. Damit will Söder den Erhalt der dort ansässigen Chemie-Industrie sichern – und ein Zeichen setzen. Geplant ist die größte Windkraft-Anlage, die jemals auf deutschem Festland gebaut wurde.
Die französische Qair Group hat die Ausschreibung für den Bau des Windparks gewonnen. Qair-Projektmanager Peter Reidelbach erklärte im Fohlenhof, um was es da geht: 40 Windräder, ein jedes vom Fundament bis zur Rotorspitze 280 Meter hoch, 550 Millionen Kilowattstunden Ökostrom im Jahr und ein Investitionsvolumen von 400 Millionen Euro. Mit einem Maßnahmenpaket will Reidelbach Widerstände der Bevölkerung minimieren und den Bau beschleunigen. Man habe ein Konzept entwickelt, mit dem man 26 Prozent weniger Waldfläche roden müsse als üblich. Laut Reidelbach will Qair die Windräder selbst betreiben, Bürger sollen sich finanziell beteiligen können, regionale Handwerksbetriebe, Gutachterbüros und Tiefbaufirmen sollen mit Aufträgen vom Bau profitieren. Peter von Zumbusch, Leiter des Wacker-Werks in Burghausen, äußerte sich lobend: „Wir sind sehr dafür.“ Im Idealfall könnten schon 2027 die ersten Windräder stehen. Einige Unternehmer meldeten Zweifel an. Die Ausschuss-Vorsitzende Ingrid Obermeier-Osl sagte, sie hoffe, Reidelbach finde genügend Fachkräfte, um die Windräder in Betrieb zu nehmen. Milchwerke-Chef Herrmann Jäger verwies auf zu viele Wintertage mit Inversionswetterlage und Windstille. „Ich halte das Projekt für sinnlos“, meinte Jäger.
IHK-Standortumfrage: Unternehmen bewerten Oberbayern mit „gut“
Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl hat am 27. Juni die Ergebnisse einer IHK-Standortumfrage veröffentlicht – und die waren größtenteils erfreulich. Befragt wurden mehr als 4.000 Unternehmen im IHK-Bezirk, und die gaben dem Wirtschaftsstandort Oberbayern die Gesamtnote „gut“. Als besondere Stärken des Standorts nannten die Firmen allem die Straßenverbindungen, die Energieversorgung sowie loyale und motivierte Mitarbeiter. Gößl verwies aber auch deutlich auf die Schattenseiten der Umfrage. Bei den Betrieben wachse der Frust wegen Bürokratie, Kosten und Personalmangel. In der Umfrage zeigte sich auch das ewige Problem Oberbayerns: teure Mieten. Das Wohnungsangebot für die Mitarbeiter war ein Faktor, den die Unternehmen besonders schlecht bewerteten. Alle Auswertungen der IHK-Standortumfrage finden sich unter www.ihk-muenchen.de/standortumfrage.
Vollversammlung beschäftigt sich mit Energiepolitik und Wohnungsbau
Die „Sommer-Sitzung“ der IHK-Vollversammlung fand am 27. Juni in der IHK Akademie Westerham statt. Erstmals wurde eine „Fishbowl“-Diskussion vorgeschaltet. Rund 30 Unternehmer erörterten unter dem Motto „gemeinsam die Stimme erheben“ die Frage, wie sich die unterschiedlichen Meinungen auf einen Nenner bringen lassen. Ergebnis: An marktwirtschaftlichen Prinzipien wollte niemand rütteln. Präsident Klaus Josef Lutz sprach von einer bereichernden Diskussion. Im Fokus der Vollversammlung standen erneut die Themen Energiewende und Energiekrise. Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl listete die Kostenrisiken auf: 300 Milliarden für die Verteilernetze, 300 Milliarden für die Nord-Süd-Stromtrassen, viele weitere Milliarden für die 20 bis 30 Gigawatt Gaskraftleistung, die Deutschland bis 2030 brauche, um die Grundlast abzusichern. Als Programm zur Wohlstandsvernichtung kritisierte Gößl das von der Bundesregierung vorgeschriebene Energieeinsparziel bis 2030 von minus 26,5 Prozent gegenüber 2008. Als Fazit der Debatte hat das Plenum die DIHK-Positionen „Perspektiven der Energieversorgung 2030“ und „StromPartnerschaft für wettbewerbsfähige Preise und schnelleren EE-Ausbau“ verabschiedet.
Die Schaffung von Wohnraum war das zweite große Thema der Sitzung. Gößl sagte, ohne mehr bezahlbare Wohnungen gebe es auch keine zusätzlichen Fachkräfte. Präsident Lutz bezeichnete die Lage als desaströs. Der Wohnungsbau sei im ersten Quartal 2023 um 38 Prozent eingebrochen. Vor diesem Hintergrund beschloss das Plenum die IHK-Position „Schaffung von Wohnraum“. Das Papier sieht ein ganzes Paket an Maßnahmen vor – die Ausweisung von mehr Bauland, schnellere Genehmigungsverfahren und mehr steuerliche Förderung des Wohnungsbaus.
Jahresempfang: Söder spricht, Besucherrekord mit mehr als 400 Gästen
Einen Besucherrekord verzeichnete der IHK-Jahresempfang am 14. Juli. Mehr als 400 Gäste aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung kamen ins Stammhaus der IHK München. IHK-Präsident Klaus Josef Lutz begrüßte „Haus der Unternehmen“ reichlich Prominenz, darunter Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), mehrere Kabinettsmitglieder, HWK-Präsident Franz Xaver Peteranderl, Münchens Zweite Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne) und den chinesischen Generalkonsul in München, Tong Defa, zudem zahlreiche Vertreter des IHK-Ehrenamts aus ganz Oberbayern. Söder lieferte als Gastredner das volle Programm: Witzeleien, Frotzeleien, harte Kritik. Seine Themen waren Ampel-Chaos, Gendern, Veganer-Kult. Söders Botschaft: Bayern ist das schönste und beste Bundesland weltweit. Er kündigte politische Initiativen der Staatsregierung Bürokratieabbau und der Erbschaftsteuer an. Live-Musik gab es auch. Dafür sorgte das Norisha Campbell Quartett. Erinnerte stark an den coolen Jazz von Sade.
Konjunktur-Umfrage im Oktober: Bayerische Wirtschaft erlebt Herbst-Blues
In Bayerns Wirtschaft ist die Stimmung wieder im Keller – das war das Fazit der BIHK-Konjunkturumfrage, deren Ergebnisse Präsident Klaus Josef Lutz und Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl am 19. Oktober vorgestellt haben. Befragt wurden 3.700 bayerische Unternehmen. Die Unternehmen äußerten sich über alle Branchen hinweg pessimistisch. Auch ihre Lage beurteilen die Firmen so schlecht wie seit Ende der Corona-Pandemie nicht mehr. Im Vergleich zur vorherigen Umfrage im Frühjahr schrumpft der BIHK-Konjunkturindex um 13 Zähler auf 100 Punkte und liegt damit deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt. „Die Unternehmen kämpfen an vielen Fronten gleichzeitig: Rasant gestiegene Zinsen, wieder steigende und generell unsichere Energiekosten, sinkende Nachfrage, steigende Arbeitskosten und insgesamt eine schwache Weltkonjunktur. Dazu fehlt die wirtschaftspolitische Rückendeckung in der Energiepolitik und beim Bürokratieabbau. Kein Wunder, dass auch die Entwicklung der Investitionen und der Arbeitsplätze nach unten gerichtet ist“, erklärte Gößl.
Als größtes Konjunkturrisiko wurde der Arbeitskräftemangel genannt (61 Prozent der Unternehmen). Die Sorgen um die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen schoben sich aber so stark nach vorne wie nie zuvor (59 Prozent). Auf Rang drei der größten Risiken folgte die lahmende Inlandsnachfrage (58 Prozent). Präsident Lutz nannte das alarmierend. Die deutsche Wirtschaft leide so stark unter Krisensymptomen und Wachstumsschwäche wie keine andere der führenden Industrienationen. Er unterstrich daher die BIHK-Forderungen nach wettbewerbsfähigen Energiepreisen, weniger Bürokratie und einem Ende planwirtschaftlicher Mikrosteuerung. Bei Infrastrukturprojekten und im Wohnungsbau müsse es deutlich schneller vorangehen.
Positives Signal der Vollversammlung vor Jahresende: IHK senkt Umlage
Die IHK-Vollversammlung tagte am 29. November im Münchner IHK-Stammhaus erneut im Krisenmodus. Wie sich die Lage vor Weihnachten 2023 so anfühlte, formulierte Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl sehr klar: „Wir sind alle gestresst.“ Mit dem Krieg im Nahen Osten sei ein weiteres globales Risiko entstanden. Das einzig Positive: Es sei bislang zu keiner neuen Explosion der Energie- und Rohstoffpreise gekommen. Gastredner Prof. Helmut Schönenberger sorgte mit seinem Vortrag für einen Lichtblick der Sitzung. Schönenberger ist Vizepräsident Entrepreneurship an der TUM und sprach zum Thema „Start-up-Ökosystem München“. Dahinter verbirgt sich eine in der EU einmalige Erfolgsgeschichte: den Aufstieg der TUM zur Elite-Uni und zur besten Hochschule Europas. Das Entrepreneuership-Center der TUM in Garching wird inzwischen in einem Atemzug mit dem Silicon Valley und Tel Aviv genannt. Schönenberger sagte, mit Flixbus und Celonis habe man bewiesen, dass auch in München „Einhörner“, mit Milliarden bewertete Start-ups, entstehen können.
Die Vollversammlung selbst sorgte für ein weiteres positives Signal. Das Plenum beschloss für 2023 die rückwirkende Senkung des Umlagehebesatzes von 0,100 Prozent auf 0,032 Prozent des Gewerbeertrags beziehungsweise des Gewinns. Für 2024 wurde ein Umlagehebesatz von 0,090 Prozent festgesetzt. Schatzmeisterin Renate Waßmer erklärte, damit liege man nicht nur unter dem IHK-Niveau der vergangenen Jahre, sondern auch weit unter dem Hebesatz-Schnitt der deutschen IHKs. In den großen Standortfragen sah Hauptgeschäftsführer Gößl die IHK mehr denn je gefordert. Punkt 1 auf seiner Liste war der Bürokratieabbau. Gößl erklärte mit Blick auf das Wahljahr 2024, mittlerweile gehe es um das große Ganze, den Erhalt der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Die IHK stehe vor der Frage: Wie umgehen mit der AfD, die in Teilen als rechtsextrem gilt und das Ende des EU-Binnenmarkts will? Selten, fasste Gößl zusammen, war die Lage im Land so schwierig.
IHK-Vollversammlung: Berichte aus der Region
Neben den Berichten des Präsidenten und der Hauptgeschäftsführung ist der Punkt inzwischen fester Bestandteil einer IHK-Vollversammlung: Aktuelles aus den Regionen. Ziel ist eine bessere Verzahnung des IHK-Engagements in der Fläche mit der Arbeit der IHK-Zentrale und des IHK-Plenums.
Bericht auf der Vollversammlung im März
Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Peter Kammerer berichtete über den Start des Projekts „Ein Tag Azubi“, ein Aktionstag, der am 16. November 2022 erstmals im IHK-Bezirk veranstaltet wurde. „Ein Tag Azubi“ ist ein bundesweites Projekt der Wirtschaftsjunioren, das junge Menschen bei der Berufswahl helfen soll. Die Wirtschaftsjunioren Oberbayern hatten sich in Kooperation mit der IHK München an diesem Projekt beteiligt. Mithilfe eines Matching-Systems wurden Schülerinnen und Schüler mit den zu ihren Interessen passenden Unternehmen verknüpft. Die Schüler begleiteten die Azubis des jeweiligen Unternehmens durch einen Ausbildungstag. Kammerer sprach von einer gelungenen Premiere. Es habe viele Matches und ein sehr positives Feedback aller Beteiligter gegeben. 97 Prozent der Unternehmen hätten Interesse signalisiert, sich am nächsten Aktionstag wieder zu beteiligen.
Als zweiten Punkt stellte Kammerer die Initiative der Stadt München für das RAL-Gütezeichen vor. Die IHK hatte diese Zertifizierung als „mittelstandsorientierte Kommunalverwaltung“ angeregt und in Gesprächen mit der Stadt auf die Vorteile dieser Zertifizierung hingewiesen. Vollversammlungsmitglied Kathrin Lehmann habe in der Münchner Stadtratsverwaltung erfolgreich für das Gütezeichen geworben. Als Folge hätten die Fraktionen von Bündnis 90/Die GRÜNEN und SPD den Antrag gestellt, die Stadtverwaltung zertifizieren zu lassen. Als positiv wertete Kammerer, dass die IHK München auch in die Umsetzung eng eingebunden sei. Kammerer betonte, die Zertifizierung bringe den Unternehmen eine spürbare Verbesserung. Für das Gütezeichen müsse die Stadtverwaltung harte Kriterien erfüllen. Eine E-Mail müsse beispielsweise binnen eines Tages beantwortet werden. Die Stadt müsse Rechnungen innerhalb von 15 Tagen begleichen. Als ermutigend bezeichnete Kammerer das Beispiel Ebersberg. Dort setze die Kreisverwaltung diese Versprechen bereits mit großem Erfolg um.
Bericht auf der Vollversammlung Juni
Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Peter Kammerer präsentierte die Ergebnisse der Umfrage zum Standort Oberbayern. Kammerer sagte, man habe mit der Veröffentlichung bis zu dieser Sitzung gewartet. Die Standortumfrage nutze die IHK als Grundlage für den Dialog mit der Kommunalpolitik. Die beste Gesamtnote habe mit 1,8 die Landeshauptstadt München erzielt. Im Vergleich zur Befragung im Jahr 2019 hätten sich die Rahmenbedingungen für die Unternehmen stark verändert. Und dies nicht nur zum Positiven. Als bedenklich wertete Kammerer, dass die Unternehmen über die gleichen Probleme klagten wie in den aktuellen BIHK-Konjunkturbefragungen: zu viel Bürokratie, Fachkräftemangel, hohe Personalkosten und Energiepreise.
Schwerpunk der „Berichte aus der Region“ lag bei dieser Sitzung auf Südostbayern. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte kurz zuvor das Unternehmen der IHK-Vizepräsidentin Ingrid Obermeier-Osl besucht, das Holzwerk Obermeier in Schwindegg. Ein Thema des Söder-Besuchs war das geplante Projekt Innovationsachse A94. Mühldorfs Landrat Max Heimerl (CSU) und Spitzen der regionalen Wirtschaft wollen entlang Deutschlands jüngster Autobahn Zukunft entstehen lassen: Lärmschutz kombiniert mit Erneuerbaren und Wasserstofftankstellen. Im A94-Korridor sollen Gewerbeflächen für Start-ups entstehen. Söder sagte im Holzwerk spontan zu, der Freistaat werde die Machbarkeitsstudie für dieses Vorhaben finanzieren. Söder diskutierte bei Obermeier auch über das zweite heiße Eisen der Region: die geplante Schließung er Firma Dyneon im Chemiepark Gendorf, eines von nur einer Handvoll Unternehmen, die in der EU Fluorpolymere (PFAS) herstellt. Dyneons Mutterkonzern 3M will das Kapitel PFAS beenden wegen drohende Image-Schäden und nicht zu kalkulierender finanzieller Risiken. PFAS gelten als schwer gesundheitsschädlich, sie reichern sich im Boden, Wasser und im menschlichen Körper an. Die EU plant ein Verbot, in den USA gab es gegen Chemie-Konzerne Massenklagen, auch in Europa wird über Schadenersatzforderungen nachgedacht. Andererseits werden PFAS für viele wichtige Produkte gebraucht – etwa für Medizin- und Umwelttechnik oder für die Erneuerbaren Energien. Vor diesem Hintergrund hatte der IHK Regionalausschusses Mühldorf-Altötting in einer Resolution ein pauschales PFAS-Verbot abgelehnt und sich für die Fortsetzung der Produktion in Gendorf ausgesprochen. Söder schloss sich dem an.
Peter Lingg berichtete über das Kongresshaus in Garmisch-Partenkirchen. Demnach hatte der im Frühjahr erfolgte Bürgerentscheid eine knappe Mehrheit für die Sanierung des Bestandsgebäudes ergeben. Die IHK sowie weitere vier örtliche Wirtschaftsverbände hatten sich dagegen für einen Neubau ausgesprochen. Klaus Bauer stellte die App „Mitfahren im Oberland“ vor, ein Echtzeitsystem mit hoch technologisierten Möglichkeiten zur Fahrtenbuchung. Unternehmen im Raum Weilheim seien bereits unter den Nutzern. Das Bilden von Fahrgemeinschaften für den Weg zur Arbeit sei ein Mittel, um CO2 einzusparen. Bauer betonte, die App werde gut angenommen. Aufgrund dieses Erfolgs habe man im Rahmen eines IHK-Forums entschieden, die Reichweite der App auf die Regionen Weilheim-Schongau, Miesbach, Bad-Tölz-Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen auszudehnen.
Franz Schabmüller berichtete über das Dialoggespräch mit der IHK Schwaben zur B16, das am 21. März stattgefunden hatte. Schabmüller erklärte, dieses Gespräch habe erneut die IHK-Forderung nach einem zügigen Ausbau der Bundesstraße bestätigt. Man brauche eine leistungsfähige Querverbindung der Wirtschaftsräume Schwabens, Oberbayerns, Niederbayerns und der Oberpfalz. Als Erfolg bezeichnete Florian Schardt eines KI-Speed-Datings, das der IHK-Regionalausschuss des Landkreises München organisiert hatte. Die Idee sei gewesen, etablierte Industrieunternehmen mit innovativen Start-ups zusammenzubringen. Schardt nannte dieses Experiment einen großen Erfolg. Im Rahmen von Pitches hätten sich die daran interessierten Unternehmen vorgestellt und zusammengefunden. Man werde dieses Speed-Dating wiederholen.
Bericht auf der Vollversammlung im November
Vizepräsidentin Ingrid Obermeier-Osl bot einen Rückblick auf den regionalen Wirtschaftsempfang, der am 26. Oktober in Waldkraiburg stattgefunden hatte. Der Wirtschaftsempfang gilt in Oberbayern als größte Veranstaltung seiner Art und hat für Südostbayern große Bedeutung. Der Wirtschaftsempfang wird in jedem Jahr von der IHK in Zusammenarbeit mit der Handwerkskammer und den Landkreisen Altötting und Mühldorf organisiert. Die jüngste Ausgabe dieses Formats ist laut Obermeier-Osl besonders erfolgreich gewesen. Knapp 600 Gäste kamen, auch weil man mit ifo-Präsident Clemens Fuest einen bundesweit bekannten Top-Redner gewonnen hatte. Fuest habe zum Thema „Deutsche Wirtschaft zwischen Rezession und Deindustrialisierung: Was kann Wirtschaftspolitik tun?“ gesprochen.
Mit besonderem Stolz berichtete Obermeier-Osl über ein bundesweit einmaliges Projekt, das sie selbst ins Leben gerufen hat: Der „IHK-Bildungsexpress“ war am 11. November zum 10. Mal von Mühldorf nach Salzburg und hin- und zurückgerollt. Mit an Bord: Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl und mehr als 200 Schüler in Begleitung ihrer Eltern. Laut Obermeier-Osl haben auf der Fahrt des Sonderzugs der Südostbayernbahn 34 Ausbildungsbetriebe aus der Region mehr als 90 Ausbildungsberufen vorgestellt. Was die Unternehmerin erfreute: Sogar die Süddeutsche Zeitung berichtete groß in ihrem Bayern-Teil.
Am Thema „Künstliche Intelligenz“ führt auch in der regionalen Wirtschaft kein Weg mehr vorbei – das zeigte laut Christian Krömer die Resonanz auf ein KI-Forum der IHK, das am 11.Oktober mit mehr als 100 Teilnehmern in Neuburg a.d. Donau stattgefunden hatte. Im Mittelpunkt sei die Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft gestanden. Die TH Ingolstadt habe das wissenschaftliche Know-how geliefert. Franz Schabmüller bot einen Rückblick auf die IHK-Ausbildungsmesse Jobfit, die am 21. Oktober in der Ingolstädter Saturn Arena stattgefunden hatte. Er sprach von einem großen Erfolg: 130 regionale Aussteller hatten über 100 Ausbildungsberufe und duale Studiengänge vorgestellt. Mehr als 2.100 Besuchern kamen.
IHK-Bereichsleiterin Elke Christian meldete den erfolgreichen Start eines neuen Projekts: Die Aktion „Ein Tag Azubi“ fand am 22. November erstmals nach einem vorjährigen Pilotprojekt in München nun in ganz Oberbayern statt. Laut Christian war das eine gemeinsame Aktion der IHK für München und Oberbayern und der Wirtschaftsjunioren. Dank starker Unterstützung aller Regionalausschüsse habe man diesen Tag im gesamten IHK-Bezirk anbieten können. Die Idee: Jugendliche können einen Tag lang Auszubildenden über die Schulter schauen, um Berufe sowie und Ausbildungsbetriebe kennenzulernen. Zielgruppe waren Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 13 bis 26 Jahren. Sie konnten über eine digitale Plattform das passende Unternehmen auswählen. Insgesamt haben 723 Schüler ihren unterrichtsfreien Tag genutzt, um sich selbst anzuschauen, wie Ausbildung in den Unternehmen läuft.
Projekt Corona-Wirtschaftshilfen: 63.612 Endabrechnungen final bearbeitet
Die IHK für München und Oberbayern hat ihre Arbeit als Bayerns Bewilligungsstelle für die Corona-Wirtschaftshilfen fortgesetzt – und mit der zweiten Stufe, der sogenannten Schlussabrechnung, begonnen. Hintergrund: Die Wirtschaftshilfen sind grundsätzlich zweistufig aufgebaut. In der ersten Stufe wurden die Anträge in der Regel auf Basis von Prognosezahlen eingereicht. Insgesamt sind in den Corona-Jahren bei der IHK rund 445.000 Anträge eingegangen. Die Gesamtsumme von 11,9 Milliarden Euro wurde ausbezahlt. Für die Schlussabrechnung, im Fall der Neustarthilfen ist es die sogenannte Endabrechnung, müssen die Unternehmen die Ist-Zahlen, also die tatsächlich eingetretenen Umsatzeinbrüche, melden. Aus dem Abgleich zwischen Prognose-Zahlen und Ist-Zahlen ergibt sich die finale Förderberechtigung und Förderhöhe. Die IHK kam auch in der zweiten Stufe gut voran. Es wurden bereits 21.887 Anträge im Rahmen der Schlussabrechnung sowie 63.612 Endabrechnungen final bearbeitet.
IHK als Bewilligungsstelle für Bayerische Energie-Härtefallhilfe
Die Staatsregierung hatte mit Beginn der Corona-Krise die IHK darum gebeten, als zentrale Bewilligungsstelle die Bearbeitung der Anträge für die Corona-Hilfen des Bundes in Bayern zu übernehmen. Als Reaktion auf die dramatisch gestiegenen Preise für Gas, Öl und Strom während der Energiekrise 2022 hat die Staatsregierung Energie-Härtefallhilfen für besonders betroffene bayerische Unternehmen beschlossen. Die Staatsregierung hat die IHK erneut darum gebeten, die Arbeit als Bewilligungsstelle für die entsprechenden Anträge zu übernehmen. Die Staatsregierung hat gemeinsam mit der IHK und mit Unterstützung der Beratungsgesellschaft PWC den Prozess Energie-Härtefallhilfen aufsetzt. Anträge konnten bis 31. Oktober gestellt werden.