Fahrzeugbau - wie verändert sich die Wertschöpfungskette?
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Einleitung
Der Fahrzeugbau ist eine Schlüsselindustrie in Bayern und damit ein Garant für Wohlstand, Beschäftigung und Innovation im Freistaat. Neue Technologien und die fortschreitende Digitalisierung haben das Potenzial, die Branche in den kommenden Jahren wesentlich zu wandeln. Im Fokus stehen dabei die vier Megatrends vernetzte Fahrzeuge (Connected cars), autonomes Fahren (Autonomous vehicles), alternative Mobilitätsangebote (Shared mobility) und alternative Antriebe (Electric vehicles), abgekürzt CASE. Im Auftrag des Bayerischen Industrie- und Handelskammertages (BIHK e.V.) hat das ifo Institut in einer Metastudie untersucht, welche Auswirkungen diese Megatrends für den Fahrzeugbau im Freistaat Bayern haben werden.
Ergebnisse der Studie
Zusammenfassung
E-Mobilität, autonomes Fahren, vernetztes Fahren und neue Mobilitätsangebote stellen die Fahrzeugbranche vor große Umbrüche. Die Unternehmen werden den Wandel meistern. In Bayern sind etwa 55.000 Arbeitsplätze vom Abbau direkt bedroht. Hier braucht es Qualifizierungsprogramme. Die Branche darf sich nicht durch die großen Internetkonzerne und Chiphersteller technologisch abhängen lassen. Wenn der Verkehrskollaps in den Ballungsräumen verhindert und die Klimaziele erreicht werden sollen, braucht es
- Konzepte, die viele Personen auf einmal befördern,
- Investitionen in autonomes Fahren und
- die E-Mobilität auf der Basis erneuerbarer Energien.
Elektrofahrzeuge
Haupttreiber für Elektrofahrzeuge sind die Klimaziele und die Entscheidung von Leitmärkten wie China für die offensive Förderung der E-Mobilität. Die Autobauer stellt dies vor eine doppelte Herausforderung: Sie müssen in den nächsten 5 bis 10 Jahren den Umstieg auf Elektrofahrzeuge meistern, ohne das heutige Kerngeschäft mit effizienten und sauberen Verbrennungsmotoren zu vernachlässigen. Dabei wird es auch Verlierer geben: Firmen, die Teile und Komponenten für herkömmliche Antriebsstränge herstellen, werden mit fortschreitenden Marktanteilen reiner E-Fahrzeuge zunehmend unter Druck geraten. Hiervon sind nach Schätzung des ifo rund 55.000 Beschäftigte betroffen. Dieser Abbau von Arbeitskräften sollte allerdings durch altersbedingte Fluktuation zu bewältigen sein. Auch Werkstätten und Reparaturbetriebe betrifft der Wandel: Sie müssen in die nötigen Kompetenzen, Infrastruktur und Schnittstellen investieren, um mit zunehmend vernetzten Hybridfahrzeugen und BEVs arbeiten zu können. Gleichzeitig droht ein Umsatzverlust, denn die E-Fahrzeuge sind einfacher gebaut und haben weniger Verschleißteile als die traditionellen Autos.
Handlungsfelder:
- Hochschulen, Wirtschaft und Politik müssen systematisch den Bedarf an Qualifikationen analysieren und dementsprechend neue Lehrstühle sowie Forschungs- und Lehrprogramme gestalten.
- Die Initiative der Bayerischen Staatsregierung, im Rahmen des Bayerischen Zukunftsforums Automobil Strategien und Maßnahmen für die Qualifizierung für den Strukturwandel sowie für die Weiterentwicklung des Arbeitsrechts in der Arbeitswelt 4.0 zu erarbeiten, geht in die richtige Richtung. Die aktive Einbindung von Wirtschaft, u.a. durch den BIHK e.V. und die Arbeitnehmerseite ist zu begrüßen.
- Anstatt die Zellfertigung zu subventionieren, die wenig Arbeitsplätze schafft und geringe Wertschöpfung erzeugt, sollte Forschung in den Bereichen Material- und Batterieforschung intensiviert und gefördert werden.
- Die Förderung von BEVs erhöht den Handlungsdruck bei der Energiewende und der Reduktion des CO2-Ausstoßes bei der Stromerzeugung.
Autonomes Fahren
Das Autonome Fahren (AF) bietet Zulieferern im Bereich Sensorik erhebliches Marktpotenzial. Wie hoch es sein wird, hängt von der Durchdringung der autonomen Fahrzeuge im Markt ab. Einer der Treiber des Fortschritts war im vergangenen Jahrzehnt die Entwicklung hoch leistungsfähiger Prozessoren. Hierbei sind allerdings mit Intel, Nvidia und der Google-Schwester Waymo drei amerikanische Chip- und Internetkonzerne führend. Zudem dürfen die Unternehmen beispielsweise in den USA ihre autonomen Fahrzeuge schneller testen – auch im urbanen Umfeld. Die deutschen Automobilhersteller müssen in Anbetracht der Fortschritte bei Prototypen und Testfahrten in den USA achtgeben, nicht den Anschluss in dieser Technologie zu verlieren.
Handlungsfelder:
- Um den internationalen Anschluss nicht zu verlieren, sollten Pilotprojekte für AF von Herstellern oder Betreibern in Regionen oder Städten ermöglicht und gefördert werden ("Pilotstädte" und lokale Ausnahmegenehmigungen)
- Parallel sollte ein innovationsfreundlicher Regulierungsrahmen für AF weiter vorangetrieben werden. Eine europäische Lösung wäre im Hinblick auf Skaleneffekte von Vorteil.
Vernetztes Fahren
Das Automobil der Zukunft ist vernetzt und digitalisiert. Die Hardware für die Vernetzung sowie die verbundenen Dienstleistungen bieten Marktchancen, verschieben aber auch die Wahrnehmung dessen, was die Qualität von Fahrzeugen ausmacht. Das Open-Source Auto-Betriebssystem "Android Automotive OS" läutet endgültig den Einstieg von Google als Softwareplattformanbieter im Automobilbereich ein. Der Bedarf an cloudbasierten Lösungen zur Speicherung und Analyse von Fahrzeugdaten nimmt rapide zu. In diesem Bereich sind deutsche Hersteller weitestgehend auf die Zusammenarbeit mit großen, etablierten Anbietern wie Microsoft, IBM oder Amazon angewiesen – die teilweise eigene Ambitionen im Automobilbereich hegen. Die Daten werden auch andere Branchen unter Zugzwang setzen: Tesla hat angekündigt, eigene Versicherungsprodukte auf den Markt zu bringen.
Handlungsfelder:
Es ist notwendig zu erforschen und zu klären, wie das Eigentum an Daten, die im Betrieb von Fahrzeugen gesammelt werden, wirtschaftlich effizient gestaltet werden sollte – auch im Hinblick auf eine Vermeidung von Monopolisierungstendenzen aufgrund von Skalen- und Netzwerkeffekten.
Alternative Mobilitätsangebote
Die Shared mobility wird in den kommenden 10-12 Jahren weiter Marktanteile hinzugewinnen. Dies geht zumindest teilweise zulasten privater Fahrzeugkäufe, so dass sich das Wachstum des globalen Fahrzeugmarktes etwas verlangsamen wird. Im Hinblick auf die Klimaziele wird es entscheidend sein, Regulierung klug zu gestalten, damit shared mobility-Dienste nicht den öffentlichen Nahverkehr kannibalisieren und die Staugefahr sowie die Anzahl der im Auto zurückgelegten Kilometer (und damit den CO2-Ausstoß) erheblich erhöhen.
Handlungsfelder:
- Zur Reduktion von Emissionen ist die Auslastung von Fahrzeugen ein entscheidender Hebel. Gesetzgebung und Regulierung sollten Konzepte belohnen, welche Leerfahrten minimieren und darauf abzielen, mehrere Fahrgäste pro Fahrt zu transportieren.
- Aus dem gleichen Grund sollte verhindert werden, dass automobile Fahrdienstleister den öffentlichen Personennahverkehr kannibalisieren. Soweit möglich, sollten die Regulierungen für Mobility Services so entworfen sein, dass sie das öffentliche Nahverkehrsnetz in Städten effizienter und attraktiver machen.
Zur Studie
Zur Studie "Fahrzeugbau - wie verändert sich die Wertschöpfungskette" gelangen Sie hier.
Empfehlungen an die Politik
Im Verlauf der Studie wurden verschiedene Felder identifiziert, in denen Handlungsmöglichkeiten oder -bedarf für die Politik bestehen.
Autonomes Fahren
- Um den internationalen Anschluss nicht zu verlieren, sollten Pilotprojekte für AF von Herstellern oder Betreibern in Regionen oder Städten ermöglicht und gefördert werden ("Pilotstädte" und lokale Ausnahmegenehmigungen)
- Parallel sollte ein innovationsfreundlicher Regulierungsrahmen für AF weiter vorangetrieben werden. Eine europäische Lösung wäre im Hinblick auf Skaleneffekte von Vorteil.
Vernetzte Fahrzeuge
- Es ist notwendig zu erforschen und zu klären, wie das Eigentum an Daten, die im Betrieb von Fahrzeugen gesammelt werden, wirtschaftlich effizient gestaltet werden sollte - auch im Hinblick auf eine Vermeidung von Monopolisierungstendenzen aufgrund von Skalen- und Netzwerkeffekten.
Shared Mobility
- Zur Reduktion von Emissionen ist die Auslastung von Fahrzeugen ein entscheidender hebel; Gesetzgebung und Regulierung sollten im Bereich Shared Mobility Konzepte belohnen, welche Leerfahrten minimieren und darauf abzielen, mehrere Fahrgäste pro Fahrt zu transportieren.
- Aus dem gleichen Grund sollte verhindert werden, dass automobile Fahrdienstleister den öffenlichen Personennahverkehr kannibalisieren. Soweit möglich, sollten die Regulierungen für Mobility Services so entworfen sein, dass sie das öffentliche Nahverkehrsnetz in Städten effizienter und attraktiver machen.
Elektromobilität
- Anstatt einer Subventionierung von Zellfertigung, die wenig Arbeitsplätze und geringe Wertschöpfung erzeugt, sollten Forschungsbemühungen in den Bereichen Material- und Batterieforschung intensiviert und gefördert werden.
- Die Förderung von BEVs erhöht den Handlungsdruck bei der Energiewende und der reduktion des CO2-Ausstoßes in der Stromerzeugung; der CO2-Fußabdruck bei BEVs in der Lebenszyklusbetrachtung geht aktuell in Deutschland tatsächlich laut der Studie des Europäischen Parlaments (2018) zu rund einem Viertel auf die in der Zellfertigung aufgewandte Energie und zur Hälfte auf den CO2-Ausstoß zur Stromgewinnung für das Laden zurück.
Zukunft der Beschäftigung
- Für die "Jahrhundertaufgabe im Bereich der Fort- und Ausbildung" (Cacilo und Haag 2018) im Rahmen der Transformation und Digitalisierung des Automobilsektors ist eine gemeinsame Anstrengung von Hichschulen, Wirtschaft und Politik notwendig, um systematisch den Bedarf Qualifikationen zu analysieren und dementsprechend neue Lehrstühle sowie Forschungs- und Lehrprogramme zu gestalten.
- Die Initiative der Bayerischen Staatsregierung, im Rahmen des Bayerischen Zukunftsforums Automobil Strategien und Maßnahmen für die Qualifizierung für den Strukturwandel sowie für die Weiterentwicklung des Arbeitsrechts in der Arbeitswelt 4.0 zu erarbeiten, geht in die richtige Richtung. Die aktive Einbindung von Wirtschaft, u.a. durch den BIHK e.V. und die Arbeitnehmerseite ist zu begrüßen.
Zur Studie
Zur Studie "Fahrzeugbau - wie verändert sich die Wertschöpfungskette?" gelangen Sie hier.