IHK-Energiewende-Barometer 2024
Im Energiewende-Barometer bewerten Unternehmen den Fortschritt der Energiewende und die aktuelle Klima- und Energiepolitik. Dieses Jahr wurden vom 10. Juni bis 30. Juni knapp 600 bayerische Betriebe befragt.
Um den Krisen der vergangenen Jahre zu trotzen und auf die ständigen und raschen Veränderungen bei Kosten, Versorgungslage und politischen Vorgaben zu reagieren, entwickeln die Unternehmen am Standort Bayern laufend neue Lösungen und flexible Strategien. Jedoch weicht das beherzte Anpacken immer mehr einer Ernüchterung. Hohe Preise und fehlende Planbarkeit der Energieversorgung sind für die Unternehmen am Standort Bayern mehr denn je ein Produktions- und Investitionshemmnis.
Inhalt
- Zentrale Ergebnisse
- Energiewende-Barometer 2024 für Bayern weiter negativ: Umdenken in der Energiepolitik erforderlich
- Abwanderung: Ausweg für immer mehr Betriebe
- Energiekosten bremsen Investitionen besonders in der Industrie
- Bürokratie und fehlende Planbarkeit als Transformationshemmer
- Erwartungen der Wirtschaft an die Politik: mehr Perspektive, mehr Verlässlichkeit, weniger Bürokratie
Zusammenfassung und zentrale Ergebnisse
Methode
Im jährlichen „Energiewende-Barometer der IHK-Organisation“ sind die Ergebnisse einer Online-Unternehmensbefragung zusammengefasst, an der sich in den IHK-Gremien ehrenamtlich engagierte Unternehmerinnen und Unternehmer sowie weitere Mitgliedsunternehmen der IHK-Organisation beteiligt haben. Ziel des Energiewende-Barometers ist es, eine umfassende Bewertung der Unternehmen bzgl. der Fortschritte der Energiewende und der aktuellen Klima- und Energiewendepolitik zu erhalten.
Grundlage der vorliegenden Auswertung sind deutschlandweit 3.283 eingegangene Antworten, davon 464 aus Bayern. Die bayerischen Antworten verteilen sich auf die Wirtschaftszweige Industrie (30,3 %), Bau (8 %), Handel (13 %) und Dienstleistungen (48,7 %).
Die IHKs gestalten ihre Befragung so, dass ein repräsentatives Stimmungsbild der gewerblichen Wirtschaft vor Ort gebildet wird (Branchen-, Regionen-, sowie unternehmensgrößenbezogene Unternehmensansprache, z. B. über (Vollversammlungsmitglieder). Die Aggregation der Zahlen erfolgt über eine regionale und branchenbezogene Gewichtung, die auf Beschäftigtenzahlen der Regionen basiert. Alle Daten der Auswertungen sind gewichtete Zahlen. Die Befragung fand vom 10. bis zum 30. Juni 2024 statt.
Zentrale Ergebnisse
Um den Krisen der vergangenen Jahre zu trotzen und auf die ständigen und raschen Veränderungen bei Kosten, Versorgungslage und politischen Vorgaben zu reagieren, entwickeln die Unternehmen am Standort Bayern laufend neue Lösungen und flexible Strategien. Jedoch weicht das beherzte Anpacken immer mehr einer Ernüchterung. Hohe Preise und fehlende Planbarkeit der Energieversorgung sind für die Unternehmen am Standort Bayern mehr denn je ein Produktions- und Investitionshemmnis.
Als Investitionsbremse sind vor allem die weiterhin sehr hohen Energiepreise zu nennen. Die hohen Preise führen dazu, dass Investitionen in Kernprozesse, Klimaschutz und Innovationen zurückgestellt werden. Auch beim CO2-Management gibt es viele Baustellen. Zu viel Bürokratie, viel zu lange Planungs- und Genehmigungsverfahren, die fehlende Planbarkeit und Informationen sowie Verlässlichkeit werden als größte Hindernisse beim betrieblichen Klimaschutz genannt.
Bei einem Gesamtblick zeigt sich, dass immer mehr Betriebe erwägen, ihre Produktion am Standort Deutschland wegen der Energiesituation einzuschränken oder ins Ausland zu verlagern. In Bayern sagt bei der diesjährigen Umfrage sogar fast jedes fünfte Unternehmen, dass es derartige Pläne hat oder schon umgesetzt sind.
Jetzt ist politisches Handeln gefragt, um zukünftig Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit bei grüner Energie zu gewährleisten und auf dem Weg zu einem klimaschonenden Energiesystem nicht den Standort aufs Spiel zu setzen. Dazu müssen unter anderem die Rahmenbedingungen für die Eigenversorgung und Direktverträge verbessert werden, branchenübergreifend die Stromsteuern und Abgaben gesenkt sowie die benötigten Übertragungs- sowie Verteilnetze ausgebaut werden.
Key-Facts
- 46 Prozent der Unternehmen sehen ihre Wettbewerbsfähigkeit am Standort Bayern durch die Energiewende gefährdet
- 40 Prozent sehen ihre Wettbewerbsfähigkeit durch die hohen Energiepreise als gefährdet an
- Fast jeder fünfte Betrieb in Bayern plant oder ist schon dabei, seine Produktion am Standort einzuschränken oder sogar in Länder mit günstigeren Energiepreisen zu verlagern
- 85 Prozent der Unternehmen haben sich zum Ziel gesetzt, bis spätestens 2045 klimaneutral zu sein
- 75 Prozent der Unternehmen planen, eigene erneuerbare Energiekapazitäten aufzubauen, setzen diese gerade um oder haben bereits entsprechende Maßnahmen realisiert
- 67 Prozent der Unternehmen sehen dabei Bürokratie als größtes Hindernis bei ihren Transformationsbemühungen
- 85 Prozent der Unternehmen geben an, dass Wirtschaftlichkeit, Freiwilligkeit und Technologieoffenheit die Leitprinzipien für Energieeffizienzmaßnahmen sein sollten
1. Energiewende-Barometer 2024 für Bayern weiter negativ: Umdenken in der Energiepolitik erforderlich
Das IHK-Energiewende-Barometer 2024 findet in einem Umfeld statt, in dem die Beschaffungskosten für Strom und Gas zwar gesunken sind. Der Krieg in der Ukraine dauert aber an, Risiken des Klimawandels, z. B. durch Hitzerekorde und Überschwemmungen, nehmen zu und die Energiepreise verbleiben auf einem im internationalen Vergleich hohen Niveau.
Vergleich Vorjahr
Die Energiefrage stellt nach wie vor eine Belastung für den Wirtschaftsstandort Bayern dar: Auf die Kernenergie wird politisch freiwillig verzichtet, die Kohleverstromung läuft aus, neue Gaskraftwerke müssen erst gebaut werden und Unsicherheiten über die zukünftige Sicherung der Stromversorgung bestehen. Bei 76 Prozent der befragten Unternehmen hat die Störung der Stromversorgung (durch kurzzeitige Unterbrechungen) eine weiterhin hohe oder sogar gestiegene Bedeutung (Abb. 2).
Die politische Debatte ist aktuell von Haushaltsrisiken geprägt. Gleichzeitig werden Energiepreiskomponenten wie der CO2-Preis und die Netzentgelte voraussichtlich teurer. Die Wachstumsinitiative, die die Bundesregierung im Rahmen der Haushaltsverhandlungen Anfang Juli beschlossen hat, kann dabei Hilfe bieten. Die Programmdurchführung steht jedoch noch aus. Angesichts großer Ausgabenbedarfe und der komplizierteren Haushaltssituation auf Bundesebene ist zudem zweifelhaft, ob die Initiative ausreichen wird, die Standortbedingungen insbesondere in Bayern merklich zu verbessern.
Die zentrale Frage des IHK-Energiewende-Barometers lautet: Wie beurteilen Sie die Auswirkungen der Energiewende auf die Wettbewerbsfähigkeit Ihres Unternehmens? Diese Frage beantworten die rund 464 Unternehmen mit Sitz in Bayern in diesem Jahr weiter skeptisch. Über alle Branchen und Betriebsgrößen hinweg geben 46 Prozent an, dass sie negative bis sehr negative Auswirkungen befürchten (Abb. 3).
Auch insgesamt sehen die bayerischen Betriebe mehr Risiken als Chancen in der Energiewende: Sie stufen deren Effekt auf ihre Wettbewerbsfähigkeit mit einem Barometerwert von -23,2 ein. Das ist etwas optimistischer als im Vorjahr (-28), aber eine immer noch sehr deutliche negative Einschätzung.
Der Gesamtwert für Deutschland liegt bei -19,8. Damit ist die Einschätzung und Bewertung der Unternehmen in Bayern also weiterhin signifikant negativer, als im restlichen Land.
Im zeitlichen Vergleich wird deutlich, dass die Unternehmen die Energiewende in einer weiterhin negativen Phase sehen. Viele Jahre lag der Barometerwert bei moderaten negativ- oder schwach positiven Werten. Es gab 2023 ein Ausnahmejahr, mit einem Tiefstand bei den Ergebnissen, was vor allem auf den Krieg in der Ukraine zurückzuführen war. Mittlerweile haben sich die Rückmeldungen zwischenzeitlich zumindest wieder beruhigt, was die Einstellung der Unternehmen zur Energiepolitik angeht. Zurück zum Inhalt
2. Abwanderung: Ausweg für immer mehr Betriebe
Branchenübergreifend verstärken sich die Pläne zur Einschränkung der Produktion in Deutschland. Der Abwanderungs- und Verlagerungstrend ist besorgniserregend. Fast jeder fünfte Betrieb in Bayern plant oder ist schon dabei, seine Produktion am Standort einzuschränken oder in Länder mit günstigeren Energiepreisen zu verlagern. Eine alarmierende Zahl.
Die stark zunehmenden Pläne zur Produktionseinschränkung und -verlagerung und die tatsächlichen Verlagerungen zeigen, dass die energiepolitischen Standortbedingungen für alle Unternehmen in Bayern inzwischen ein klarer Wettbewerbsnachteil im internationalen Vergleich sind. Eines der Hauptmotive zur Verlagerung oder Abwanderung bleibt die Kostenersparnis im Ausland. Die hohen Energiepreise kommen dabei zu anderen Standortfaktoren wie Arbeitskosten, dem Fachkräftemangel und der ausufernden Bürokratie hinzu.Zurück zum Inhalt
3. Energiekosten bremsen Investitionen besonders in der Industrie
Die negativen Auswirkungen der Energiepreise auf die Investitionsfähigkeit liegen auf einem hohen Niveau (Abb. 6). Alle Investitionsbereiche – Klimaschutz, Forschung und Innovation sowie die betrieblichen Kernprozesse – sind von Einschränkungen betroffen. Besonders in der Industrie werden Investitionen zurückgefahren.
Problematisch sind ausbleibende Investitionen in Kernprozesse, d. h. zentrale Ersatz- oder Erweiterungsinvestitionen. Das führt mittelfristig zum Zurückfahren einer Produktion oder zu Investitionen im Ausland und zum Verlust der Wettbewerbsfähigkeit. Prekär ist auch das Zurückstellen von Klimaschutzinvestitionen, das sich dieses Jahr verstärkt.
3.1 Klimaneutralität
Obwohl die Zurückstellung von Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen von 22 Prozent der Befragten als Auswirkung der hohen Energiepreise genannt wurde, bleibt das Thema Klimaschutz relevant und sehr wichtig. Bereits 7,8 Prozent der Unternehmen geben
an, vollständig klimaneutral zu sein. Da die Politik das Ziel festgelegt hat, dass Deutschland bis 2045 insgesamt Klimaneutralität erreicht haben muss, drängt die Zeit. Dass diese Zielsetzung aus dem deutschen Klimaschutzgesetz nicht nur eine rein politische Absichtsbekundung ist, sondern auch die Wirtschaft eine aktive Rolle bei der Zielerreichung einnimmt, zeigt die aktuelle IHK-Umfrage zum Stand der Energiewende in der bayerischen Wirtschaft. Über 85 Prozent der antwortenden Unternehmen aus Bayern haben sich selbst das Ziel gesetzt, bis spätestens 2045 klimaneutral zu wirtschaften. Rund ein Fünftel (21 %) der antwortenden Unternehmen wollen sogar bereits 2030 klimaneutral sein (siehe Abb. 7). Weitere 12 Prozent der Unternehmen wollen bis 2040 und rund 53 Prozent bis 2045 klimaneutral wirtschaften.Zurück zum Inhalt
4. Bürokratie und fehlende Planbarkeit als Transformationshemmer
Bei den Hemmnissen für mehr Klimaschutz in den Betrieben zeigt sich dieses Jahr ein deutliches Ergebnis: Zu viel Bürokratie rückt an die erste Stelle. Die explizit genannten Defizite reichen von fehlender Kompetenz in den Ämtern über ein fehlendes einheit-
tliches europäisches Vorgehen bis zu einer stetig steigenden Flut von Regulierungsnormen und damit einhergehenden Dokumentationserfordernissen.
Vor diesem Hintergrund formuliert ein Industrieunternehmen folgendes:
„Bürokratie wie die CSRD-Berichtserstattung, das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz etc. bremsen uns massiv aus! Wir müssen viel Zeit und Geld in diese Themen stecken, dass wir für Projekte in diesen Bereichen deutlich besser investieren könnten.“
An zweiter und weiterhin sehr prominenter Stelle stehen bei den Transformationshindernissen fehlende Information und Planbarkeit. Die Vielzahl neuer Vorschriften und Regulierungen und die Hektik der Gesetzgebung spiegeln sich in diesen Antworten wider.
An vierter Stelle der Transformationshemmer stehen schließlich die hohen Energiepreise, gefolgt vom Fachkräftemangel und Schwierigkeiten bei der Finanzierung von Klimaschutzprojekten.Zurück zum Inhalt
5. Erwartungen der Wirtschaft an die Politik: mehr Perspektive, mehr Verlässlichkeit, weniger Bürokratie und Mobilität als Reaktion auf Entwicklungen in Energiewirtschaft und -politik
Die Unternehmen haben konkrete Erwartungen an die Politik, was in Zukunft aus ihrer Sicht besser laufen muss. Ganz oben auf der Agenda werden hierbei unter anderem konkrete Verbesserungen in Hinblick auf die Rahmenbedingungen für Eigenversorgung
und Direktlieferverträge genannt. Dies ist Ausdruck des großen Interesses, klimaneutral und unabhängig von schwankenden Marktpreisen zu wirtschaften. Es zeigt aber auch den Wunsch, die Chancen der Energiewende zu nutzen und unabhängiger von politischen
Entscheidungen zu werden.
Weitere drei Themen finden explizite Zustimmung von rund 80 Prozent der Unternehmen:
- Wirtschaftlichkeit, Freiwilligkeit und Technologieoffenheit sollten die Leitprinzipien für Energieeffizienzmaßnahmen sein,
- Engpässe bei Übertragungs- und Verteilnetzen sind ein zunehmendes Problem, welches durch eine stabile Energieversorgung gelöst werden muss, und
- Steuern und Abgaben auf den Strompreis sollten weiter gesenkt werden.
Auffällig sind zwei weitere Änderungen gegenüber dem Vorjahr: Die Zustimmung zu einer einheitlichen Strompreiszone hat deutlich zugenommen und die Zustimmung zum Emissionshandel hat eher abgenommen.
Zu den politischen Maßnahmen im Einzelnen:
5.1 Energieeffizienz
Fast 85 Prozent aller Unternehmen in Bayern fordern inzwischen, dass Wirtschaftlichkeit, Freiwilligkeit und Technologieoffenheit die Leitprinzipien für Energieeffizienzmaßnahmen sein sollten (Abb. 10). Freiwilligkeit sollte vor Detailregelung gehen.
Davon ist die Bundesregierung mit dem Energieeffizienzgesetz weit entfernt. Auch das neue Wachstumspaket der Bundesregierung enthält hierzu keine Erleichterungen.
Eine Unternehmerstimme dazu:
„Der Wille zur Vermeidung von CO2-Emissionen ist bei den meisten Unternehmen vorhanden. Zur Erreichung der Ziele sollten Empfehlungen im Gesetz genügen.“
5.2 Strom
Eigenversorgung:
Verbesserungen bei Strom-Eigenversorgung und Direktlieferverträgen werden für alle Unternehmen in Bayern immer wichtiger. Die aktuellen Beschlüsse der Bundesregierung in der Wachstumsinitiative setzen bei den erneuerbaren Energien mehr auf Investitionsförderung und Vermarktung. Das ist ein erster richtiger Ansatz.
Netze:
Wie schon eine DIHK-Kurzumfrage „Betriebe verzeichnen hohe Zahl an Stromunterbrechungen (dihk.de)“ aus dem Frühjahr 2024 gezeigt hat, erleben viele Betriebe Probleme durch Stromunterbrechungen. Die Stabilität der Energieversorgung wird im diesjährigen Energiewende-Barometer von 85 Prozent der bayerischen Unternehmen als wichtig angesehen. Eine zunehmende Bedeutung einer stabilen Energieversorgung kommt dadurch mehr als deutlich zum Ausdruck (Abb. 12).
Ein Unternehmen dazu:
„Stabilität in der Energieversorgung muss oberste Priorität haben, noch vor den Kosten. Ohne Strom funktioniert nichts.“
Mehr erneuerbare Energie bedeutet mehr Netzbelastung, wenn der Netzausbau nicht Schritt hält. Und auch sensiblere Technik bedeutet mehr Anfälligkeit für Netzschwankungen. Die Bundesregierung muss darauf reagieren. Nach dem Abschalten der letzten Kernkraftwerke und dem geplanten Ausstieg aus der Kohle wird das Thema Versorgungssicherheit in Hinblick auf eine stabile Stromversorgung immer größer. Allerdings dürfte es mit Abschaltung von weiteren Kraftwerken immer schwieriger werden, diese zu gewährleisten.
Steuern und Abgaben:
Branchenübergreifend plädieren Unternehmen dafür, Steuern und Abgaben auf den Strompreis zu senken. Zwar wurde die Stromsteuer für die Industrie gesenkt, aber das reicht noch nicht aus. Die Entlastung muss deshalb branchenunabhängig und somit für alle gelten.
Dass die Bundesregierung in ihrem Maßnahmenpaket zum Haushalt Maßnahmen zur Stabilisierung der Netzentgelte ankündigt, ist richtig; dass sie die Stromsteuersenkung für das produzierende Gewerbe dauerhaft verlängern will, schafft Verlässlichkeit. Dass Handel und Dienstleistung weiterhin ausgeschlossen sind, bleibt problematisch.
Strompreiszone:
Der deutsche Strommarkt ist als ein Strommarktgebiet bzw. eine Gebotszone gemeinsam mit Luxemburg organisiert. In dieser Zone gilt ein einheitlicher Strompreis, der sich über Angebot und Nachfrage bildet. Eine Aufteilung des Strommarkts kann negative Auswirkungen auf die Energiewirtschaft und die Industrie haben, insbesondere für stromintensive Unternehmen. Bereits die Ankündigung einer solchen Teilung würde die Investitionssicherheit und damit die Investitionsbereitschaft der Industrie, sowie den Ausbau der Erneuerbaren im Norden Deutschlands massiv einbrechen lassen. Auch in der diesjährigen Umfrage fordern gut zwei Drittel der bayerischen Unternehmen einen Erhalt der Strompreiszone.
Um die Wichtigkeit der Thematik noch weiter zu verdeutlichen, wurde ein gemeinsames Papier von den anderen bayerischen IHKs, sowie darüber hinaus mit den IHKs in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Saarland, den Übertragungsnetzbetreibern Amprion und TransnetBW aufgesetzt. Das Papier sowie das IHK-Positionspapier „Erhalt der deutschen Stromgebotszone“ finden Sie auf der Homepage derIHK-München.
5.3 Wasserstoff
Zugang zu Wasserstoff:
Der Zugang zu Wasserstoff als Energieträger ist in allen Regionen und allen Branchen von hoher Bedeutung. Fast 58 Prozent der Unternehmen fordern Planungssicherheit. Im letzten Jahr lag der Wert bei ca. 55 Prozent (Abb. 15).
Ein zentraler Punkt beim Thema Wasserstoffversorgung sind die hohen Kosten. Die dezentrale Wasserstofferzeugung am Betriebsgelände ist teuer und für viele Unternehmen ohne staatliche Unterstützung finanziell nicht tragbar. Die (auch in der Zukunft) hohen Preise machen Wasserstoff wenig wettbewerbsfähig, insbesondere für Unternehmen, die energieintensiv sind. Hier ist die Politik gefragt, um bezahlbare Lösungen zu schaffen.
5.4 Klimastrategie und Treibhausgasbilanzierung
CO2-Abscheidung, -Nutzung und -Speicherung
Besonders in der Bauindustrie, aber auch in den energieintensiven Branchen wie Glas, Chemie und Stahl, wird eine breite CO2-Abscheidung, -Nutzung und -Speicherung (Carbon Capture and Utilization / Storage, CCU/S) als notwendig angesehen. Dies ist nachvollziehbar, denn bei der Zementherstellung fallen im Herstellungsprozess große Mengen unvermeidbarer CO2-Emissionen an, sodass der Betrieb nur durch Abspaltung und Speicherung klimaneutral werden kann. Bisher ist in Deutschland in der Carbon- Management-Strategie nur die Speicherung in tiefen geologischen Schichten unter dem Meeresboden der Nordsee vorgesehen, es sei denn, die Bundesländer beschließen für sich eine Speicherung an Land. Das gibt zu wenig Rechtssicherheit für die emissionsintensive Industrie. Auch in der Breite der Wirtschaft stimmt über die Hälfte der Unternehmen dafür, eine CO2-Nutzung möglich zu machen.
Vereinzelte kritische Stimmen halten sowohl die Wasserstoff- als auch die CCU/S-Technologie für noch zu teuer, so ein Industrieunternehmen:
„Ich halte Wasserstoffenergie und CCS/CCU für zu teure Irrwege, wenn es keinen internationalen Konsens zu Verwendung und Kosten gibt.“
Emissionshandel:
Eine deutlich gestiegene Ablehnung erhält bei den politischen Forderungen der weitere Ausbau des Emissionshandels, derzeit geplant als Rücknahme der freien Zuteilung und Verknappung der Zertifikate beim europäischen Emissionshandelssystem 1 sowie als Einbeziehung weiterer Sektoren beim Emissionshandel 2.
Die Befürchtung der Unternehmen geht dahin, dass der Ausbau des europäischen Emissionshandels zu einer Belastung in den energieintensiven Branchen und der Übergang in den Emissionshandel 2 für Transport und Wärme zu steigenden Preisen für fossile Energie in alle Branchen führen wird. Auch wenn ein Ausbau des CO2- Grenzausgleichsmechanismus CBAM die Wettbewerbssituation zwischen der EU und dem Drittland teilweise ausgleichen kann, sind viele Unternehmen skeptisch.
EinIndustrieunternehmen formuliert es so:
„Wir stehen im internationalen Wettbewerb. Die Diskussion über den CO2-Preis springt zu kurz. Wenn die Einhaltung der Klimaziele bedeutet, dass unsere Chemie- und Schwerindustrie verschwindet und die CO2-intensiven Vorprodukte aus Drittländern bezogen werden, ohne dass dort gleichermaßen Klimaschutz betrieben wird, dann hilft uns das nicht weiter.“
Hier sind vor allem die Europäische Kommission, aber auch Deutschland über den Europäischen Rat und das Europäische Parlament gefragt: Der Emissionshandel ist ein zentrales klimapolitisches Instrument. Die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie muss dabei erhalten bleiben.Zurück zum Inhalt
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