© Bayerisches Wirtschaftsarchiv BWA
Das älteste erhaltene Wertpapier Bayerns bildet dieser „Gewährschein“ von 1797, ausgestellt auf den kurfürstlich-bayerischen Kriegskommissär Böhm. Er hielt damit einen Anteil im Umfang von „einer Kux“ an der im Jahr zuvor eröffneten Steinkohlenzeche „Carl Theodor“ in Penzberg. Dieses Investment war aber wenig nachhaltig. Denn schon 1806 wurde der Betrieb wegen Unrentabilität eingestellt und das Papier wertlos.
© Bayerisches Wirtschaftsarchiv BWA
1899 ging das „Eisenwerk München“ an die Börse. Doch schon 1910 erlosch das Unternehmen. Vom Bestand der Aktiengesellschaft zeugt noch heute die dekorative Gründer-Inhaberaktie: Früchtegirlanden im Stil der Neorenaissance bilden einen feingliedrigen Rahmen, flankiert von Vulkanus, dem antiken Gott der Schmiede, und Merkur, dem Gott des Handels, dazwischen grüßt das Münchner Kindl in einer Eichblattkartusche.
© Bayerisches Wirtschaftsarchiv BWA
Die Gründungs-Inhaberaktie der Maschinenfabrik Esterer AG in Altötting stammt aus dem Jahr 1900. Der seltene Anteilschein im Nennwert von 1000 Mark ist im zeitgenössischen Jugendstil mit rankenden Mohnblumen gestaltet.
© Bayerisches Wirtschaftsarchiv BWA
Als absolute Rarität gilt das Papier der „Actien-Gesellschaft für den Ludwig-Donau-Main-Canal“ von 1836. Die auf Initiative König Ludwigs I. von Bayern zustande gekommene und vom Frankfurter Bankhaus „Mayer Amschel von Rothschild & Söhne“ gegründete Gesellschaft besorgte die Finanzierung der künstlichen Wasserstraße zwischen Kelheim und Bamberg durch die Ausgabe von 20.000 Aktien zu je 500 Gulden. Die Papiere wurden europaweit angeboten, weshalb die Beschriftung auch in englischer und französischer Sprache erfolgte. Die Aktie mit der Nummer 7166 ist der einzige bislang bekannte noch erhaltene Anteilschein.
© Bayerisches Wirtschaftsarchiv BWA
1899 ging der Würzburger Landmaschinenhersteller „Gebrüder Buxbaum“ an die Börse. Die Gründeraktie besticht durch ihre künstlerische Gestaltung. In einem Rundbogenfenster steht Ceres, die antike Göttin des Ackerbaues. In der Linken hält sie eine Dampflokomobile – eine Antriebsmaschine, die auch Buxbaum lieferte. Im unteren Teil des Schmuckrahmens werden weitere Erzeugnisse präsentiert: eine Futterschneidmaschine, eine Fruchtpresse und eine von einer Lokomobile angetriebene Dreschmaschine.
© Bayerisches Wirtschaftsarchiv BWA
1858 begann in Fürth die Ära der Gasbeleuchtung. Dazu wurde ein Gaswerk in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft gegründet. Das aus Holz erzeugte Gas diente der Beleuchtung von Straßen und Wohngebäuden. Die kunstvoll gestaltete Gründeraktie veranschaulicht in Szenen am linken und rechten Rand die Anwendung der modernen Beleuchtung. Mittig am unteren Rand prangt die Außenansicht des Gaswerks, die flankierenden Innenansichten zeigen den Herstellungsprozess des Holzgases.
Die Industrialisierung führte auch in Bayern ab dem zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts vermehrt zur Gründung von Aktiengesellschaften. Diese Rechtsform ermöglichte es, durch die Ausgabe von Anteilscheinen an interessierte Investoren das notwendige Kapital für den Auf- und Ausbau von Unternehmen zu akkumulieren. 1890 wurden im weiß-blauen Königreich (mit Einschluss der Pfalz) bereits 294 Aktienunternehmen gezählt.
Feste Vorgaben für die in der Regel über die Börse emittierten und gehandelten Wertpapiere gab es anfänglich noch nicht. Auf den Aktiendruck spezialisierte Firmen entwickelten im Lauf des 19. Jahrhunderts bestimmte Gestaltungsformate. Sie dienten zum einen der Fälschungssicherheit, weshalb in der Regel Sicherheitspapier verwendet wurde. Zum anderen sollte die Aktie in ihrem Erscheinungsbild Wertigkeit und Solidität ausstrahlen, um sie für den Anleger auch optisch attraktiv zu machen. Dadurch erlangten Wertpapiere über ihren eigentlichen Zweck hinaus den Rang ikonographisch verschlüsselter Kunstwerke.
Das Bayerische Wirtschaftsarchiv verwahrt zwei ebenso umfangreiche wie bedeutende Sammlungen von historischen Wertpapieren. Darin finden sich, zurückreichend bis 1797, rund 10.000 Exemplare von in Bayern ansässig gewesenen Unternehmungen, die in der Vergangenheit Aktien oder Anleihen emittierten.
Richard Winkler