Firmenansichten: Als die Schornsteine rauchten
Gemalte Firmenansichten aus der Vogelperspektive waren ein wichtiges Mittel unternehmerischer Selbstinszenierung. Denn „Wer nicht wirbt, der stirbt!“ Mit diesem Satz umschrieb der amerikanische Automobilpionier Henry Ford (1863–1947) schon vor hundert Jahren die Macht der Werbung.
Die durch die Industrialisierung entfesselte Konsumgesellschaft machte es für Unternehmen lebenswichtig, nicht nur ihre Produkte werbewirksam am Markt zu platzieren, sondern auch ein positives Erscheinungsbild ihrer Firma in der Öffentlichkeit zu zeichnen. Ein beliebtes Instrument waren großformatige, aus der Vogelperspektive gemalte Firmenansichten. Sie kamen gegen Ende des 19. Jahrhunderts als Mittel unternehmerischer Selbstinszenierung in Mode. Ihre Blütezeit reichte von 1880 bis 1930.
Die nicht selten über einen Quadratmeter großen Plakate waren aufwändig in der Herstellung und wurden von Kunstdruckanstalten gefertigt. Da sie der Selbstdarstellung dienten, waren rauchende Schlote unverzichtbar. Sie dokumentierten den fortschrittlichen Einsatz von Dampfmaschinen und standen generell als Zeichen für wirtschaftliche Prosperität – ganz im Gegensatz zum heutigen Umweltgedanken.
Zwar wurde mitunter bei der Darstellung des Gebäudeensembles durch zeichnerische Tricks manch bescheidenere Realität beschönigt. Dennoch sind die Druckwerke für die historische Forschung und die Denkmalpflege unverzichtbar. Denn die Wiedergabe der Firmenarchitektur im Ganzen erscheint meist stimmig. Und da nicht wenige Industriebauten im Laufe der Zeit stark verändert wurden oder gar völlig verschwunden sind und oftmals auch keine fotografische Dokumentation existiert, sind sie die einzig greifbare Quelle.
Das Bayerische Wirtschaftsarchiv verfügt über zahlreiche Firmenansichten in Plakatform.
Autor: Richard Winkler