Wo die Fäden zusammenliefen – Die Bayerische Textilindustrie im Wandel der Zeit
Lange Zeit prägte die Textilbranche die bayerische Industrie. Zeitweise zählte sie 115.000 Beschäftigte. Heute konzentrieren sich die Textilbetriebe in Bayern auf Nischenprodukte und technische Textilien. Das Bayerische Wirtschaftsarchiv zeichnet die Geschichte nach.
„Vom Spinnen und Weben“ titelte der bekannte Augsburger Textilunternehmer Friedrich Hassler in seinem Heftchen zur Geschichte der Textiltechnik 1952. Auf den ersten Blick scheint nur schwer greifbar, was sich hinter den darin enthaltenen Begriffen „Kammgarn“, „Appretur“ oder „Grammatur“ verbirgt. Über viele Jahrzehnte hinweg waren diese fremd anmutenden Schlagworte alltäglich für viele Menschen, da das Textilhandwerk ihnen ein regelmäßiges Auskommen verschaffte und eng mit ihrer Lebenswelt verknüpft war. Aus dem dezentralen Verlagswesen entwickelte sich im Kontext der fortschreitenden Industrialisierung im 19. Jahrhundert eine nach strengen Prinzipien organisierte und mechanisierte Textilindustrie. Einer der Pioniere auf diesem Gebiet war der Augsburger Unternehmer Johann Heinrich Edler von Schüle (1720-1811), der sich in seiner Kattunfabrik damals hochmoderner englischer Produktionsmethoden bediente. Die Textilbranche prägte lange Zeit die bayerische Industrielandschaft als bedeutender und größter Wirtschaftszweig, mit über zeitweise 115.000 Beschäftigten (Stand 1960). Ab Mitte der 1960er Jahre begann ein umwälzender Strukturwandel. Klassische Textilien verloren immer mehr an Bedeutung, ein Großteil der Produktion wurde ins weniger lohnkostenintensive Ausland verlagert und die Zahl der inländischen Betriebe schrumpfte kontinuierlich. Heute konzentrieren sich die vorhandenen Textilbetriebe auf Nischenprodukte und technische Textilien wie etwa für die Automobil- oder Sicherheitsbranche.
Das BWA dokumentiert die Geschichte der Textilbranche mit einer Vielzahl an Quellen und Beständen einzelner Textilunternehmen, u.a. der Buntweberei C. Seyffert in Naila, der Spinnerei und Weberei Pfersee oder der Augsburger Kammgarnspinnerei AG.