Strom für Bayern - vor 100 Jahren ging das Walchenseekraftwerk ans Netz
1924 nahm im oberbayerischen Kochel das Walchenseekraftwerk seinen Betrieb auf, damals das größte Speicherkraftwerk der Welt. Es gilt als Wiege der industriellen Stromerzeugung im Freistaat.
Ein Münchner Ingenieurbüro hatte die Idee bereits 1897: Die Nutzung des natürlichen Höhenunterschieds zwischen Walchen- und Kochelsee zur Gewinnung elektrischer Energie. Doch bis zur schlussendlichen Verwirklichung des kühnen Plans sollten noch 27 Jahre vergehen.
Ab 1907 machte sich der Münchner Bauingenieur Oskar von Miller (1855–1934) für die Errichtung eines Walchensee-Kraftwerks in staatlicher Regie stark. Aber erst nach langen Diskussionen und Planungen gab das bayerische Parlament im Juni 1914 dazu seine Zustimmung. Durch sechs gewaltige, über 400 Meter lange Druckrohrleitungen sollte das Wasser im von der Isar gespeisten Walchensee zu den Turbinen im 200 Meter tiefer gelegenen Kochelsee stürzen und Strom in großem Maßstab erzeugen.
Der Erste Weltkrieg verzögerte das Projekt erneut, bevor im November 1918 endlich die Bauarbeiten begannen. Zeitweise waren bis zu 2.000 Arbeiter über fünf Jahre mit der Errichtung der ausgedehnten Kraftwerksanlagen beschäftigt.
Am 24. Januar 1924 speiste die erste Turbine Energie ins Stromnetz ein. Weitere sieben Turbinen folgten im Verlauf des Jahres. Im ersten Betriebsjahr erreichte die Stromerzeugung bereits 130 Megawattstunden. Den Betrieb des Kraftwerks und die weiträumige Stromverteilung in ganz Bayern übernahm die 1921 gegründete staatliche Bayernwerk AG.
Noch heute produziert das Walchenseekraftwerk umweltfreundlichen Strom. Das seit 1983 geschützte Industriedenkmal zieht mit seinem Informationszentrum jährlich fast 100.000 Besucher an.
Das Bayerische Wirtschaftsarchiv verfügt über eindrucksvolle Fotoaufnahmen von den Bauarbeiten.
Autor: Richard Winkler