Wegweiser Ausbildung - Tipps für die berufliche Integration
Dem Fachkräftemangel in Bayern begegnen Unternehmen immer öfter mit der Ausbildung von Geflüchteten oder Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Dieser Ratgeber unterstützt Sie dabei - von den rechtlichen Voraussetzungen über die Auswahl der Bewerbung bis zur Begleitung der Prüfung.
Inhalt
Wie Sie das Handbuch einsetzen können
Der „Wegweiser Ausbildung“ gibt Ihnen einen Überblick und Anregungen, wie sich der Weg von Geflüchteten und Migrant/-innen in Ausbildung von den rechtlichen Voraussetzungen bis zur Auswahl passender Bewerber/-innen gestalten lässt.
Darüber hinaus enthält das Booklet konkrete Tipps für die Einarbeitung und erfolgreiche betriebliche Integration sowie Handlungsempfehlungen für die Stabilisierung der Ausbildung.
Der Weg in die Ausbildung: Passende Bewerber/-innen finden
Sie sind bereits als Ausbildungsbetrieb bei Ihrer IHK registriert, und Sie haben eine oder mehrere freie Ausbildungsstelle(n), die Sie gerne mit Geflüchteten oder Migrant/-innen besetzen möchten? Was sind jetzt die wichtigsten Schritte, um geeignete Bewerber/-innen zu finden? Worauf muss Ihr Betrieb achten, damit die Ausbildung erfolgreich starten kann?
Schritt 1: Wie finde ich einen passende Azubis?
Der Fachkräftemangel hat längst auch den Ausbildungsmarkt erreicht. Die Konkurrenz um potenzielle Auszubildende nimmt stetig zu. Damit rücken Geflüchtete und Migrant/-innen immer stärker in den Fokus der Akquise. Regionale, bundesweite und internationale Stellen helfen bei der Suche nach geeigneten Bewerber/-innen:
- Integrationsberatung und Bildungsberatung Ihrer regionalen IHK: Sie stehen im direkten Austausch mit weiterführenden Schulen (u. a. auch mit Berufsintegrationsklassen) sowie den jeweiligen regionalen Netzwerkpartner/-innen, die Bewerber/-innen zuleiten können.
- Online-Ausbildungsstellen-Börse oder regionale Ausbildungsmessen der Agentur für Arbeit.
- Mit Bildungspartnerschaften zu Schulen, Schülerpraktika oder auch dem Einsatz von eigenen Azubis als IHK AusbildungsScouts kann Ihr Unternehmen auf sich als Ausbildungsbetrieb aufmerksam machen.
- Über die Internetplattformen "Eures"(EURopean Employment Services) und "Make it in Germany" können Sie innerhalb der EU bzw. weltweit für Ihr Ausbildungsplatzangebot
werben.
Schritt 2: Was braucht es für eine erfolgreiche Ausbildung von Geflüchteten und Migranten/-innen?
Die Bewerbung stößt auf Ihr Interesse, und der Termin für ein Vorstellungsgespräch ist vereinbart. Neben der Motivation und Begeisterung für den Beruf rücken bei der Ausbildung von Geflüchteten und Migrant/-innen zusätzliche Faktoren in den Fokus, damit die Ausbildung starten und vor allem auch erfolgreich gemeistert werden kann:
- Ist der Zugang zum Arbeitsmarkt gestattet?
- Welche Schulbildung und Lernerfahrungen werden mitgebracht?
- Welche Sprachkenntnisse sind vorhanden?
- Wo besteht Förderbedarf?
Rechtliches – Zugang zur Ausbildung
Wer darf wann eine Ausbildung beginnen?
Grundsätzlich sollten Sie im Vorstellungsgespräch fragen, welchen Aufenthaltsstatus Ihre zukünftigen Auszubildenden haben. Je nach Aufenthaltsstatus – Aufenthaltserlaubnis, Gestattung oder Duldung – kann es notwendig sein, dass eine Arbeitserlaubnis bzw. Ausbildungserlaubnis beantragt werden muss.
Hier ein Überblick über die unterschiedlichen Aufenthaltsdokumente und den jeweiligen Arbeitsmarktzugang:
Aufenthaltstitel
Dieser Aufenthaltsstatus bedeutet, dass der/die Dokumenteninhaber/-in aus einem bestimmten Grund nach Deutschland einreist. Folgende Aufenthaltstitel sind u. a. zu unterscheiden:
Befristeter Aufenthalt
Schutzberechtigte Person
Sie haben in der Regel freien Zugang zum Arbeitsmarkt und können ohne Einschränkungen eine Ausbildung aufnehmen. Das Asylverfahren ist positiv beschieden.
§ 25 Abs. 1 (Asylberechtigte)
§ 25 Abs. 2 (anerkannte Flüchtlinge)
§ 25 Abs. 2 (subsidiär Schutzberechtigte)
§ 25 Abs. 3 (Personen mit festgestelltem Abschiebeverbot)
Einreise mit einem Visum
Die Einreise ist nur für einen bestimmten Zweck beantragt. Hier ist darauf zu achten,
dass die Arbeitserlaubnis auf dem Aufenthaltstitel oder Zusatzblatt vermerkt ist.
Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens
Personen mit diesem Papierdokument dürfen so lange in Deutschland bleiben, wie das Asylverfahren dauert. Sie haben in der Regel einen eingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt. Um eine Ausbildung beginnen zu können, muss eine Ausbildungserlaubnis bei der zuständigen Ausländerbehörde beantragt werden. Hierzu muss der von der IHK eingetragene Ausbildungsvertrag bei der Ausländerbehörde eingereicht werden. Wenn die Ausbildungserlaubnis erteilt wird, steht einer dualen Ausbildung nichts mehr im Wege.
Achtung! Eine Ausbildungserlaubnis kann in der Regel erst sechs Monate vor Ausbildungsbeginn beantragt werden.
Aussetzung der Abschiebung (Duldung)
Personen, die dieses Papierdokument besitzen, müssen Deutschland eigentlich verlassen. Aber es gibt Gründe, warum dies gerade nicht möglich ist. Die Gültigkeit der Duldung variiert. Sie kann für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten, aber auch für die gesamte Dauer der Ausbildungszeit ausgestellt werden.
Übersicht der Duldungen
§ 60a AufentG: Vorübergehende Aussetzung der Abschiebung
§ 60b AufentG: Personen mit ungeklärter Identität (Beschäftigungsverbot)
§ 60c AufentG: Ausbildungsduldung („3+2-Regelung“)
§ 60d AufentG: Beschäftigungsduldung
In der Duldung ist der Arbeitsmarktzugang stärker beschränkt. Es muss eine Beschäftigungserlaubnis oder Ausbildungserlaubnis beantragt werden. Auch hier muss auf Nebenbestimmungen geachtet werden.
Die „3+2-Regelung“ und der Weg in die Ausbildungsduldung
Die „3+2-Regelung“, d. h. 3 Jahre Ausbildungsdauer und im Anschluss 2 Jahre Beschäftigung als Fachkraft, ermöglicht es Personen mit abgelehntem Asylantrag, für die restliche Dauer ihrer Ausbildung in Deutschland zu bleiben sowie auf Antrag ggf. im Anschluss zwei Jahre als Fachkraft im erlernten Ausbildungsberuf zu arbeiten. Ihre Auszubildenden müssen die Ausbildungsduldung bei der zuständigen Ausländerbehörde beantragen. Die Inanspruchnahme der 3+2-Regelung kann in verschiedenen Phasen der Ausbildung beantragt werden. Je nach Phase liegen unterschiedliche Erteilungsvoraussetzungen vor.
Erteilungsvoraussetzungen
Von der (Ermessens-)Duldung in die Ausbildungsduldung § 60c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
Die Beantragung der Ausbildungsduldung erfolgt durch die Auszubildenden bei der Ausländerbehörde vor Beginn der Ausbildung. Dies kann frühestens 7 Monate vor Beginn der Ausbildung geschehen – genehmigt wird sie frühestens 6 Monate vor Beginn der Ausbildung. Das Dokument ist in der Regel bis zum Ende der Ausbildung gültig.
Von Gestattung in die Ausbildungsduldung § 60c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
Vor der Ausbildung können Inhaber einer Gestattung eine Ausbildungserlaubnis beantragen.
Die Erlaubnis zur Aufnahme einer Ausbildung wird dann ggf. in die Gestattung eingetragen. Die Gestattung und auch die Ausbildungserlaubnis sind in der Regel 6 Monate gültig. Eine Verlängerung muss vor Ablauf beantragt werden. Während der Ausbildung können Auszubildende, die sich noch im Asylverfahren befinden, eine Ablehnung erhalten. Mit dieser wird zur Ausreise aufgeforder. Hier muss gehandelt und ggf. sofort eine Ausbildungsduldung beantragt werden
Voraussetzungen Ausbildungsduldung
- Ablehnung des Asylantrags / Inhaber/-in einer Ermessensduldung nach § 60a
- Die Ausbildung muss eine staatlich anerkannte betriebliche oder schulische oder vergleichbare Berufsausbildung sein, die mindestens zwei Jahren dauert. NEU: Auch Ausbildungen in staatlich anerkannten Assistenz- und Helferberufen sind möglich.
- Einhaltung der Identitätsklärungsfristen: Bei Einreise nach dem 31.12.2019 muss die Identität innerhalb der ersten sechs Monate nach Einreise geklärt werden.
Keine Ausbildungsduldung
- Es liegen Versagensgründe vor, wie z. B. vorsätzliche Straftaten (§ 19d Abs. 1 Nr. 7 AufenthG), oder die Identität wurde nicht fristgerecht geklärt.
- Der/Die Bewerber/-in kommt aus einem sicheren Herkunftsland, und der Asylantrag wurde nach dem 31.08.2015 gestellt; hierzu kann es auch Ausnahmen geben. Nehmen Sie Kontakt zu einer Rechtsberatung auf.
- Es liegt eine Duldung nach § 60b vor.
- Die vorhandene Duldung besteht weniger als drei Monate.
- Es wurden bereits aufenthaltsbeendende Maßnahmen eingeleitet (z. B. Buchung von Transportmittel für die Abschiebung).
Auszubildende aus Drittstaaten – Neuerungen durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz
Für die Einreise ist ein nationales Visum für die Ausbildung erforderlich. Dies muss bei der zuständigen Auslandsvertretung (z. B. Botschaft) am Wohnsitz beantragt werden. Das Visum wird in der Regel ausgestellt, wenn:
- der unterschriebene Ausbildungsvertrag vorgelegt wird
- Deutsch-Sprachkenntnisse nachgewiesen werden
- die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit (BA) vorliegt (Vorrangprüfung)
- der Nachweis für den Krankenschutz und Sicherung des Lebensunterhalt (Höhe orientiert sich am BAföG-Satz, weitere Infos unter: bafoeg-aktuell.de
Nach der Einreise müssen Ihre künftigen Azubis bei der jeweils zuständigen Ausländerbehörde am Wohnort eine Aufenthaltserlaubnis zu Ausbildungszwecken beantragen.
Weitere Informationen zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz finden Sie hier.
Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz eröffnet jetzt die Möglichkeit, für die Suche eines Ausbildungsplatzes nach Deutschland einzureisen. Um dazu ein Visum zu erhalten, müssen in der Regel bereits vorab einige Qualifikationen nachgewiesen und Anforderungen erfüllt werden:
- Hochschulzugangsberechtigung im Heimatland oder Schulabschluss an einer
- deutschen Auslandsschule
- gute Sprachkenntnisse (in der Regel B2-Niveau)
- Deckung des Lebensunterhalts für den gesamten Zeitraum des Aufenthaltstitels
- Dieser richtet sich nach dem aktuellen BAföG-Satz + 10 %.
Altersgrenze 25 Jahre
Bei Einreise in Deutschland muss ein Aufenthaltstitel zur Ausbildungsplatzsuche nach § 17 AufentG beantragt werden. Dieser ist sechs Monate gültig. Für den Ausbildungsstart in Ihrem Betrieb ist als nächster Schritt die Beantragung der Ausbildungserlaubnis bei der zuständigen Ausländerbehörde notwendig. Dazu muss der unterschriebene und bei der IHK eingetragene Ausbildungsvertrag vorgelegt werden.
Weitere Informationen zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz finden Sie hier.
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Ausbildungsreife
Worauf sollten Sie achten?
Unterschiedliche Schulsysteme und unterschiedliche Zugänge zur Schulbildung in den Heimatländern, aber auch die persönlichen Lernkompetenzen und Sprachfähigkeiten spielen eine große Rolle, ob Ihre Bewerber/-innen in der Lage sind, eine duale Ausbildung zu meistern. Nach dem Blick auf den Arbeitsmarktzugang ist der nächste Schritt, die Ausbildungsreife abzuklopfen.
Auch die folgenden Angebote helfen Ihnen, die beruflichen Vorerfahrungen und Potenziale zu ermitteln und einzuordnen:
Das kostenlose Online-Kompetenz-Tool „check.work“ der bayerischen IHKs unterstützt Sie, Stärken und Fähigkeiten potenzieller Ausbildungsbewerber/-innen mit Flucht- oder Migrationshintergrund objektiv zu ermitteln. Die Online-Anwendung besteht aus einem Leistungstest und einem Persönlichkeitsfragebogen zur Selbsteinschätzung. Lizenzen können Sie kostenfrei bei Ihrer IHK anfordern. Einen Übungstest finden Sie unter: check.work/uebungen/start
Sollten Ihre Bewerber/-innen bereits berufliche Qualifikationen im Heimatland erworben haben, helfen die Anerkennungsstelle der bayerischen IHKs in enger Zusammenarbeit mit der IHK-FOSA bei der Bewertung von im Ausland absolvierten Berufsausbildungen. Für Erstberatungen kontaktieren Sie Ihre IHK.
Darüber hinaus können Sie weitere Testungen anwenden, um ein genaueres Bild von den schulischen Leistungen zu erhalten, z. B. berufliche Eignungstestungen, Matheaufgaben oder Abschlussprüfungen für Mittelschule oder den qualifizierten Mittelschulabschluss.
Überblick Deutschkenntnisse
Sprache ist der Schlüssel für die Teilhabe am Arbeitsleben in Deutschland. Der Anspruch an das Sprachvermögen ist in Betrieb und Berufsschule oftmals unterschiedlich und steigt im Laufe der Ausbildungszeit. Spätestens bei den Abschlussprüfungen muss der komplette berufsbezogene Sprachschatz abrufbar sein, und der/die Auszubildende muss gelernt haben, die komplexe Bildungssprache zu entziffern.
Dazu ist ein Sprachniveau von mindestens B1 (Fortgeschrittene Sprachanwendung – gut in der Alltagssprache im Betrieb), besser B2 (selbstständige Sprachanwendung – Fachsprache in Berufsschule und Prüfungen) notwendig, in manchen Berufen, die sprachintensiver sind und in denen u. a. Briefe oder E-Mails selbstständig geschrieben oder beantwortet werden müssen, bedarf es sogar eines Sprachniveaus von C1 (kompetente Sprachanwendung).
GUT ZU WISSEN: Bei Sprachzertifikaten gibt es große Unterschiede. Die erreichte Punktzahl spiegelt nicht immer das für den jeweiligen Beruf benötigte Sprachvermögen wider. Eine Teilnahmebestätigung allein sagt noch nichts über den tatsächlichen Sprachstand aus.
Check Sprachkenntnisse
Wenn Sie sich ein Bild von dem tatsächlichen Sprachstand der Bewerber/-innen machen wollen, gehen Sie selbst in die Testung. Neben dem Sprechen sind folgende Bereiche der Sprachbeherrschung wichtig:
- Schreiben (schnell, sicher, Inhalte zusammenfassen können)
- Lesen (Lückentexte erarbeiten, Definitionen erkennen, Notizen lesen)
- Hören (sinngemäß wiedergeben können)
Alle vier Bereiche (Sprechen, Schreiben, Lesen und Hören) sollten gleich stark und auf die Erfordernisse des jeweiligen Berufs abgestimmt sein. Dabei sollten Sie stets auch die Anforderungen der Berufsschule (diverse mündliche und schriftliche Prüfungen) im Blick haben.
TIPP: Informationen zu kostenlosen Berufssprachkursen des BAMF für Azubis finden Sie hiernuif.de/flyer-berufssprachkurse
Zusammenfassung Ausbildungsreife
Mit dem Blick auf die schulische Vorbildung und die persönlichen Kompetenzen sowie mit der Überprüfung des tatsächlichen Sprachniveaus haben Sie sich einen Eindruck von der Ausbildungsreife Ihrer Bewerber/-innen verschafft. Bei einem Praktikum können Sie sich zusätzlich von den praktischen Fähigkeiten und der Motivation überzeugen, bevor Sie Ihre Entscheidung treffen. Für beide Möglichkeiten – noch förderbedürftig oder ausbildungsreif – zeigen wir Ihnen die nächsten Schritte auf:
Zwischenschritte auf dem Weg zur Ausbildung
Sollte die Ausbildungsreife an der einen oder anderen Stelle noch nicht im vollen Umfang vorhanden sein, können folgende Maßnahmen helfen, die für eine Ausbildung notwendigen Fertigkeiten und Kenntnisse auszubauen:
Integrationsberatung der IHKs - Lotsen im regionalen Maßnahmenangebot
Viele Angebote zur Unterstützung der Integration von Geflüchteten und Neuzugewanderte in Ausbildung sind bundes- oder bayernweit aufgestellt. Die jeweiligen Anforderungen des regionalen Arbeitsmarktes und zusätzliche Maßnahmen regionaler Akteur/-innen führen oftmals zu unterschiedlich ausgestalteten Angeboten. Im Gespräch mit der Integrationsberatung Ihrer IHK können gemeinsam die bestehenden Möglichkeiten ermittelt werden.
Starten mit einer Einstiegsqualifizierung (EQ) - Türöffner für den Beruf
Mit dieser von der Bundesagentur für Arbeit (BA) geförderten Maßnahme haben Sie die Möglichkeit, Ihre Bewerber/-innen intensiver in Betriebsalltag und Berufsschule kennenzulernen, bevor diese eine Ausbildung starten. Weitere Infos finden sie hier.
Ausbilden im Kombimodell - mehr Zeit für den Erwerb der Berufssprache
Das „Kombimodell“ verbindet die Ausbildung in Betrieb und Berufsschule mit dem intensiven Erwerb der Berufssprache direkt an der Berufsschule. Es handelt sich um eine Teilzeitausbildung mit zusätzlicher Sprachförderung von Anfang an. Die klassische Berufsausbildung wird je nach Ausbildungsberuf um 6 bis 12 Monate verlängert, der Einstieg in das Berufsleben erleichtert, und Sprachbarrieren werden frühestmöglich abgebaut. Die Auszubildenden können so intensiver im Lernprozess unterstützt und Sie als Ausbilder/-in stärker entlastet werden.
Start in die Ausbildung
Passt alles, steht dem Abschluss des Ausbildungsvertrags nichts mehr im Wege. Unsere To-do-Liste hilft Ihnen, alle jetzt noch notwendigen Formalitäten vor dem Start der Ausbildung im Auge zu behalten:
Ausbildung erfolgreich meistern
Einarbeitung
Jeder Ausbildungsbetrieb arbeitet anders und organisiert seine Abläufe individuell. In der Praxis ist es das Zusammenspiel mehrerer Faktoren und Partner/-innen, die zu einer erfolgreichen Ausbildung und damit zu eigenständigem beruflichem Handeln führen. Daher ist der regelmäßige Austausch aller in der dualen Ausbildung Beteiligten besonders wichtig.
Gezielte Organisation und Planung
Sie als Ausbilder/-in können den Start von Geflüchteten und Neuzugewanderten eigenverantwortlich und zielorientiert mit zusätzlichen Impulsen unterstützen. Von Anfang an sind auch Ihre neuen Azubis gefordert, sich in den Lernprozess einzubringen.
Wertvolle Tipps für ein gemeinsames Gelingen des Einstiegs ins Berufsleben liefert das Workbook „Endlich in Ausbildung – und jetzt?“. In das Booklet sind die Erfahrungen der Integrationsexpert/-innen der bayerischen IHKs rund um das Thema Ausbildungsstart eingeflossen. Das Heft gibt Tipps aus der Praxis für die Praxis.
Stabilisierung der Ausbildung
Der größte Organisations- und Arbeitsaufwand kommt am Ausbildungsanfang auf Sie zu. Hier legen Sie das Fundament für den möglichst reibungslosen Verlauf der Ausbildung. Nach und nach verringert sich der Unterstützungsaufwand. Unser Überblick zeigt Ihnen, welche Maßnahme wann am wirkungsvollsten ist, um den Ausbildungsverlauf zu stabilisieren.
Übersicht: Wann ist welche Fördermaßnahme am wirkungsvollsten
Hier finden Sie die Übersicht.
Weitere Informationen auf einen Klick, welche staatlichen Förderangebote zur Verfügung stehen und wie diese dabei helfen können, die Ausbildung in Ihrem Betrieb erfolgreich zu gestalten, finden Sie hier.
Was hilft beim Lernen? – Tipps aus der Praxis
Als Betrieb können Sie Ihre Auszubildenden beim Lernen, insbesondere beim Erwerb der Fachsprache aktiv unterstützen und somit wesentlich zum Prozess der Ausbildungsstabilisierung beitragen.
- Ermuntern Sie Ihre Auszubildenden, eigene Checklisten zu Arbeitsabläufen und Arbeitsanweisungen zu erstellen.
- Schaffen Sie im Arbeitsalltag gezielt Sprech- und Schreibanlässe, um frühzeitig die eigenständige Anwendung der Fachsprache zu trainieren.
- Erteilen Sie Arbeitsaufträge und sprechen Sie diese direkt im Anschluss durch.
- Setzen Sie Bildwörterbücher für die Unterweisungen ein.
- Überlegen Sie sich Quizfragen zu Fachthemen.
- IHK-Lernguide „Einfach smarter lernen“ nutzen. Er gibt wichtige Tipps zu wirkungsvollen Lernstrategien.
Tipps von Geflüchteten und Neuzugewanderten
Prüfungen meistern
Mit dem ersten Tag in der Ausbildung sollte auch die Vorbereitung auf die Prüfungen starten. Ziel ist es, dass Ihre Azubis sprachlich so fit werden, dass sie die komplexe Bildungssprache verstehen und die Prüfungsfragen in der Berufsschule und bei den IHK-Prüfungen beantworten kann. Mit folgenden Schritten können Sie den Lernprozess unterstützen:
- Gemeinsam mit Ihrem Azubi Pläne für Prüfungsvorbereitung erstellen
- Lerntempo- und -kompetenzen überprüfen
- Alte IHK-Prüfungen bestellen (z.B. Christiani- oder U-Form-Verlag) und gemeinsam durcharbeiten
- Prüfungsaufgaben verstehen und knacken
- Aufgabenstellung und Art der Aufgaben besprechen
- Signal- und Schlüsselwörter ( z. B. „nennen“, „erläutern“, „begründen“…) identifizieren und durchsprechen
- Multiple-Choice-Aufgaben durchgehen und üben
- Einsatz eines zweisprachigen Wörterbuchs üben
(Auf Antrag ist in den Prüfungen der Einsatz eines zweisprachigen Wörterbuchs in Druckform möglich). - Checkliste für die wichtigsten Dinge, die am Prüfungstag selbst vorhanden sein sollten, anfertigen
Sollten Sie während der Prüfungsvorbereitung merken, dass Ihr Azubi große Lücken im Fachwissen haben, sollten Sie Kontakt mit der Ausbildungsberatung oder Integrationsberatung Ihrer IHK aufnehmen, um die Möglichkeit einer Verlängerung der Ausbildungszeit zu besprechen.
Ausbildungsprüfung nicht bestanden – was nun?
Der Fokus liegt jetzt auf der Nachbereitung: Wo lagen die Schwierigkeiten, wo gibt es Lücken, und wie können diese gefüllt werden? Es gibt jedoch auch einige formale Dinge, die beim Nicht-Bestehen der IHK-Abschlussprüfung beachtet werden müssen.
1) Antrag auf Verlängerung der Ausbildung. Er wird dem Ausbildungsbetrieb automatisch bei Nicht-Bestehen zugesandt.
2) Mit verlängertem Vertrag bei der Ausländerbehörde die Verlängerung des entsprechenden Aufenthaltstitels und der Arbeitsgenehmigung beantragen.
3) Gemeinsame Analyse der Prüfung – woran lag es? Einsicht in die Prüfungsunterlagen kann bei der zuständigen IHK beantragt werden.
Bei der gemeinsamen Durchsicht der Prüfungsunterlagen sollten die möglichen Ursachen für den Misserfolg beleuchtet werden. Nehmen Sie auch Kontakt zu den Beratern Ihrer IHK auf, um Unterstützungsmöglichkeiten zu besprechen.
GUT ZU WISSEN: IHK-Abschlussprüfungen können zweimal wiederholt werden. Wenn insgesamt dreimal erfolglos an der Prüfung teilgenommen wurde, gibt es keine Möglichkeit mehr, die Abschlussprüfung in diesem Ausbildungsberuf abzulegen.
Herausforderungen
Drohende Abschiebung
Häufig befinden sich Auszubildende mit Fluchthintergrund hinsichtlich ihres Asylantrags in einem Schwebezustand und erhalten erst in der Ausbildungszeit einen „Negativbescheid“ oder eine „Ablehnung ihrer Klage gegen den Negativentscheid“ des Asylantrags. In der Regel ist damit eine schriftliche Aufforderung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zum Verlassen der Bundesrepublik zu einem bestimmten Termin verbunden. Das bedeutet jedoch nicht automatisch das Ende der Ausbildung.
Was ist zu tun?
- Ruhe verbreiten und Ängste nehmen.
- Termin bei der zuständigen Ausländerbehörde so schnell wie möglich nach Eingang des Abschiebeschreibens vereinbaren und einen Antrag auf Ausbildungsduldung stellen.
- Freistellung für den Termin in der Ausländerbehörde bewilligen.
Ausbildungsabbruch
Ausbildungsabbrüche können immer wieder passieren. Hierfür gibt es diverse Gründe: private, betriebliche oder auch schulische Probleme. Bevor es zu einem Abbruch der Ausbildung kommt, gibt es Möglichkeiten, dem vorab aktiv entgegenzuwirken. Zuerst sollten Sie das Gespräch mit Ihrem/Ihrer Auszubildenden und den Berufsschullehrer/-innen suchen.
Suchen Sie zunächst das Gespräch mit den Ausbildungsberater/-innen Ihrer IHK. Eine Möglichkeit kann auch ein Mediationsverfahren, sein das die IHK für München und Oberbayern anbietet. Die Mediation in der Ausbildung ermöglicht, Auszubildenden und Ausbilder/-innen, schwierige Situationen mit Hilfe einer Mediatorin/ eines Mediators freiwillig und ergebnisoffen zu lösen.
Die nachfolgende Übersicht zeigt Ihnen, welche Schritte bei Änderungen im Ausbildungsverhältnis von Geflüchteten und Drittstaatlern, wann erforderlich sind:
Generell für alle Ausbildungsbetriebe | Zusätzliche „to do“ bei Ausbildungsvisum oder Duldung | |
---|---|---|
Wechsel des Ausbildungsberufs innerhalb des Ausbildungsbetriebes (in einer qualifizierten Berufsausbildung) | Eintragung des neuen Ausbildungsvertrages oder Berufsänderung bei der zuständigen IHK | Beantragung der neuen Ausbildungsgenehmigung bei der zuständigen Ausländerbehörde mit dem neuen Ausbildungsvertrag oder mit der Berufsänderung der IHK. |
Kündigung oder Auflösungsvertrag | schriftliche Benachrichtigung der zuständigen IHK | Innerhalb von zwei Wochen muss die Beendigung des Ausbildungsverhältnisses bei der zuständigen Ausländerbehörde mitgeteilt werden. Der Betrieb hat die Meldepflicht. Der Azubi hat sechs Monate Zeit, sich einen neuen Ausbildungsplatz zu suchen. |
Ausbildungsabbruch vonseiten des Azubis | schriftliche Benachrichtigung der zuständigen IHK | Innerhalb von zwei Wochen muss die Beendigung des Ausbildungsverhältnisses bei der zuständigen Ausländerbehörde mitgeteilt werden. Der Betrieb hat die Meldepflicht. Dies gilt auch für Azubis mit Ausbildungsvisum. |
Wechsel in Beschäftigung | Kontakt mit der zuständigen Ausländerbehörde aufnehmen und Beschäftigungserlaubnis beantragen. | |
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Ausbildung erfolgreich absolviert - was jetzt?
Der Übergang von „3“ zu „2“
Ist die Ausbildung geschafft, besteht die Möglichkeit, in einen „sichereren Aufenthalt“ zu wechseln. Erste Erfahrungen zeigen, dass es auch hier Hürden geben kann.
Von der Ausbildungsduldung in die Aufenthaltserlaubnis
In den Fällen, in denen Ihre/Ihr Auszubildende/-r eine Ausbildungsduldung besitzt und die Abschlussprüfung erfolgreich bestanden hat, kann nun die zweijährige Aufenthaltserlaubnis für qualifizierte Geduldete („+2“) nach § 19d AufenthG beantragt werden.
Dazu muss Folgendes nachgewiesen werden:
- eine abgeschlossene Berufsausbildung und ein Arbeitsvertrag
- eine geklärte Identität
- ausreichende Sprachkenntnisse
- ausreichender Wohnraum
- Außerdem darf keine Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Straftat vorliegen.
Von der Aufenthaltsgestattung in die Aufenthaltserlaubnis
Im laufenden Asylverfahren (in der Aufenthaltsgestattung) ist nach der erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung ein Wechsel in die Aufenthaltserlaubnis („+2“) nicht ohne Weiteres möglich. Grund: Das Asylverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Dennoch kann die Fachkraft beschäftigt werden. Dafür muss jedoch die Aufenthaltsgestattung gemeinsam mit der Arbeitserlaubnis laufend bei der zuständigen Ausländerbehörde verlängert werden.
Eine „+2“-Regelung kann erst beantragt werden, wenn das Asylverfahren bestandskräftig oder das Klageverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist. Sollte eine Ablehnung kommen, müssen für die Beantragung der Aufenthaltserlaubnis auch hier die erforderlichen Kriterien erfüllt werden. Weitere Infos finden Sie im Handbuch auf Seite 28 ff.
Welche Qualifizierungsmöglichkeiten gibt es?
Weiterkommen durch die Stufenausbildung
Die Stufenausbildung gibt es bei den drei- bzw. dreieinhalbjährigen Ausbildungsberufen. Der Vorteil: Bereits nach zwei Jahren kann ein Berufsabschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf erlangt werden. Gleichzeitig besteht für die/den Auszubildende/-n und den Betrieb die Option, nach erfolgreichem Abschluss einer zweijährigen Ausbildung diese fortzusetzen und einen weiteren Berufsabschluss zu erlangen (Grafik DQR, Stufen 3–4).
Weiterqualifizierung im jeweiligen Beruf
Nach der Ausbildung bestehen vielfältige Möglichkeiten, sich beruflich zu qualifizieren. In dem bundesweit einheitlichen System der gestuften Weiterbildung kann über Abschlüsse wie Fachmeister/-in und Industriemeister/-in, Fachwirt/-innen sowie Fachkaufleute (Bachelor-Niveau) und die aufbauenden Betriebswirt/-innen (Master-Niveau) der Aufstieg zu höchsten Führungsaufgaben gelingen. Bei Fragen zur Weiterqualifizierung nehmen Sie Kontakt zu den Bildungsberater/-innen Ihrer IHK auf.
Gemeinsam kann so der jeweilige Qualifizierungsbedarf in Ihrem Unternehmen ermittelt werden:
- Welche Qualifikationen brauchen Ihre Mitarbeiter/-innen heute und in Zukunft?
- Wo gibt es passende Weiterbildungsangebote?
- Welche Fördermöglichkeiten bestehen?
Einen ersten Überblick gibt das Weiterbildungs-Informations-System (WIS) der IHK-Organisation.