IHK-Interview

Klaus Josef Lutz:„Ich sehe mich als Teamplayer“

Karl Josef Lutz
© Goran Gajanin / Das Kraftbild

Der neue IHK-Präsident Prof. Klaus Josef Lutz spricht im Interview über Ziele seiner Arbeit, Stärke der IHK und die Besinnung auf die Marktwirtschaft.

Herr Prof. Lutz, Glückwunsch zu Ihrer Wahl. Sie haben sich gegen vier Mitbewerber durchgesetzt. War das der Auftakt, den Sie sich gewünscht hatten?

Zunächst möchte ich mich auch bei meinen Mitkandidatinnen und Mitkandidaten bedanken, dass sie sich zur Wahl gestellt haben. Das zeigt, wie vielfältig die IHK ist. Diese hohe Bereitschaft für das Ehrenamt finde ich gut. Fünf Kandidaten - das hat es noch nie gegeben. Das ist ermutigend, das ist gut. Noch besser ist, dass ich gewählt wurde. Das freut mich sehr. Es ehrt mich, dass ich diese Aufgabe übertragen bekommen habe.

Wie sehen Ihre ersten Schritte in als IHK-Präsident aus?

Ich bin bereit, viel dazu zu lernen. Das ist meine erste Aufgabe in diesem Umfeld, an dieser neuen Position. Ich sehe mich als Teamplayer. Im Alleingang können sie heute nichts bewegen. Ich brauche die Unterstützung meiner Vizepräsidenten. Im Tagesgeschäft werde ich mit Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl - dem Boss, wie ich immer sage – als Tandem zusammen arbeiten, wie das Gesetz das auch vorsieht. Mit ihm gemeinsam will ich dazu beitragen, dass es der bayerischen Wirtschaft gut geht.

Gab es in den Statements Ihrer Konkurrenten und der Bewerber für das Präsidium Punkte, die Sie aufgreifen werden?

Was für mich interessant war, ist die Bandbreite an Unternehmen, die wir in unserer Vollversammlung haben. Angefangen bei Einzelunternehmen geht es über Startups, die zum Teil völlig neue Geschäftsideen haben, bis hin zu Großkonzernen. Ich glaube, genau diese Vielfalt macht auch die Stärke der IHK aus.

Aber das war bei der IHK eigentlich schon immer so. Das stimmt. Aber welchen Spagat wir da hinbekommen müssen – das ist mir erst auf dieser Vollversammlung richtig klar geworden, als sich die Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidium vorgestellt haben. Das finde ich sehr, sehr spannend. Allerdings erhöht das auch den Druck für uns, die die IHK nach außen vertreten.

Wir haben die Verantwortung, gemeinsam mit der Politik zu wirtschaftspolitischen Entscheidungen zu kommen, die wirklich dem Gesamtinteresse der Wirtschaft dienen.

Klaus Josef Lutz, Präsident der IHK für München und Oberbayern

Wurden im Plenum auch Themen angesprochen, die Sie überrascht haben?

Inhaltlich überrascht hat mich, wie sehr die Themen Nachhaltigkeit und SDGs (UN-Nachhaltigkeitsziele, die Red.) in den Vordergrund gerückt sind. Das hat sich in den vergangenen fünf Jahren drastisch verändert. Die Frage wird sein, wie kann man das, was da an Ideen artikuliert wurde, in Einklang bringen mit der sozialen Marktwirtschaft.

Wie kamen Sie auf die Idee, für die Sitze im Präsidium ein „Team Vielfalt“ vorzuschlagen?

Die Idee ist einfach. Wenn etwa die Hälfte der Mitglieder der Vollversammlung Frauen sind, liegt es doch auf der Hand, auch das Präsidium paritätisch zu besetzen. Das gleiche gilt für Branchen und Betriebsgrößen, wir haben einen guten Mix aus langjährigen und neuen Plenumsmitgliedern.

Das Konzept hat überzeugt. Alle Unternehmerinnen und Unternehmer Ihres Teams wurden ins Präsidium gewählt.

Ja, das freut mich. Ich denke, unser Präsidium ist deutlich vielfältiger besetzt als in der Vergangenheit. Ich freue mich auf die kommenden fünf Jahre intensiver Zusammenarbeit.

Wie überrascht waren Sie vom Überraschungsgast Markus Söder?

Das war eine Ehre für die IHK, dass er gekommen ist. Das war eine große Geste: Ministerpräsident Markus Söder hat sich die Zeit genommen, um persönlich dem neuen IHK-Präsidenten zu gratulieren. Ich empfand das auch für mich persönlich ehrenvoll.

Söder hat Ihnen die gute Zusammenarbeit angeboten. Hatten Sie Gelegenheit, ihm einige Wünsche mit auf den Weg zu geben? I

ch habe ihm gesagt, dass wir nicht mit allem glücklich sind, was die Staatsregierung macht, aber eines klar ist: Die Aufgaben, die wir jetzt zu managen haben, sind so komplex, die stemmen wir nur gemeinsam im Schulterschluss. Zwei Punkte habe ich angesprochen. Sustainable Finance, weil das die Finanzierung der mittelständischen Wirtschaft bedroht.

Und wir brauchen Bürokratieabbau, gerade für unsere kleineren Betriebe.

Klaus Josef Lutz, Präsident der IHK für München und Oberbayern

Sieht man das in der Staatskanzlei genauso?

Da hatte ich schon den Eindruck, auf offene Ohren zu stoßen. Söder hat in seiner Rede deutlich gemacht, dass er genau wie die Wirtschaft in der Energiepolitik akuten Handlungsbedarf sieht. Wir hatten in den vergangenen Monaten explodierende Energiepreise. Das ist sicher kein Wettbewerbsvorteil für unsere Unternehmen.

Die Arbeit als Bewilligungsstelle für die Überbrückungshilfen hat der IHK viel Anerkennung gebracht. Macht Ihnen das die politische Überzeugungsarbeit leichter?

Es geht da gar nicht um mich. Zudem war die Basis schon vor der Krise gut. Das IHK-Hauptamt hatte schon immer einen direkten Draht zur Politik. Was oft vergessen wird: Die IHK ist eine der größten Ausbildungszentren, die wir haben. Ich wüsste nicht, wer sich sonst um die berufliche Ausbildung kümmern würde.

Sechs Milliarden Euro bewilligt, 250.000 Anträge genehmigt – die Zahlen haben aber richtig beeindruckt.

Natürlich sind wir alle stolz auf das, was die IHK da geschafft hat. In der Krise hat jeder hat gesehen, welchen Wert die IHK hat. Das empfinde ich für die kommende Arbeit als sehr ermutigend.

Klimaschutz und Wohlstand zusammenbringen: Das hat Söder vor dem Plenum gefordert. Sehen Sie das auch so?

Ja. Wenn Maßnahmen beschlossen werden, die unser Leben unmittelbar verändern, die einen signifikanten Wohlstandsverlust bedeuten, aber keinen erkennbaren Effekt für das Weltklima haben, dann wird es sehr schwierig. Das haben wir auch in der Pandemie gesehen. Wenn die Menschen den Sinn von Regeln nicht verstehen, kippt die Akzeptanz. Söder hat da Recht.

Wir müssen Klimaschutz, Wirtschaft und das Soziale zusammenbringen.

Klaus Josef Lutz, Präsident der IHK für München und Oberbayern

Die Krise klingt ab, ist aber noch nicht zu Ende. Was wäre der richtige Schritt, um die Wirtschaft auf Touren zu bringen?

Die Besinnung auf die soziale Marktwirtschaft. Während der Krise hat fast nur der Staat gehandelt. Jetzt brauchen wir mehr unternehmerische Freiheit. Nachhaltigkeit, Klimawandel, Digitalisierung – dafür brauchen wir neue Geschäftsmodelle, Produkte und Dienstleistungen. Die Arbeitsplätze der Zukunft schafft nur die Wirtschaft. Die Antworten auf den Klimawandel liefern unsere Unternehmen, nicht die Politik.

Martin Armbruster

Lebenslauf Prof. Klaus Josef Lutz