Günes Seyfarth: „Ich bin eine Macherin“
Günes Seyfarth, neu in der IHK-Vollversammlung, engagiert sich für den Wandel der Wirtschaft: Der Mensch soll wieder im Fokus stehen, ihr Start-up das Klima schützen und die Gemeinschaft fördern.
Ein Ergebnis der IHK-Wahl 2021: Noch nie war eine Vollversammlung so jung und so weiblich. Günes Seyfarth ist eine der Unternehmerinnen, die erstmals in das Plenum gewählt wurden. Kurz nach der konstituierenden Sitzung der Vollversammlung hat sich die Unternehmerin zum Interview mit IHK-Redakteur Martin Armbruster getroffen.
Günes Seyfarth erklärte in diesem Gespräch, wie sie mit ihrem neuen Projekt Community Kitchen für einen globalen Impuls im Klimaschutz sorgen will – und für welche Themen sie sich in der IHK stark machen will. Ihre Leidenschaft tat auch diesem Interview gut. Das Ganze verlief im unkomplizierten Du.
Du bist in vielen Projekten aktiv. Was brachte Dich auf die Idee, Dich in der IHK zu engagieren?
Seit Jahren sagen die Leute zu mir: Hör mal Günes, wann gehst Du in die Politik? Da bin ich aber nicht der Typ dafür. Ich bin eine Macherin, ich will Dinge umsetzen. Das dauert in der Politik viel zu lange, die ist auch vom realen Leben leider oft sehr weit weg. Deshalb fand ich die Idee, mich in der IHK zu engagieren, so spannend. Die Vollversammlung, so wie ich das verstehe, verbindet Politik und Wirtschaft.
Hattest Du mit Deiner Wahl gerechnet?
Nein, gar nicht. Ich hatte nicht erwartet, dass ich das schaffe. Aber ich habe ich mich total gefreut, dass das geklappt hat. Das verdanke ich meinem Netzwerk, das ich mir in vielen Jahren aufgebaut habe. Das ist ein schönes Gefühl, die Gewissheit, die stehen hinter mir, die wissen, ich bin authentisch. Ich freue mich total auf diese Aufgabe.
„Ich bin Unternehmerin mit Leib und Seele“
Auf der ersten Sitzung der neuen Vollversammlung hast Du gleich für das nächste Amt beworben: Du wolltest die erste Präsidentin der IHK-Geschichte werden. Was waren deine Beweggründe?
Ich bin Unternehmerin mit Leib und Seele. Ich weiß aufgrund meiner vielen unternehmerischen Projekte, was uns Unternehmer am meisten drückt: Steuergesetze, die uns zum Teil überlasten, Bürokratie, die uns lähmt, und ein schlechtes Bild, das die Gesellschaft von uns Unternehmern hat, das aber nicht der Realität entspricht. Von der Politik hören wir oft: Ihr seid das Rückgrat der Wirtschaft, nur spüren wir davon fast nichts. Das will ich ändern. Dafür wollte ich mich auf systemischer Ebene einsetzen.
Du hast die Wahl nicht gewonnen. Bist Du enttäuscht?
Natürlich wollte ich gewinnen, aber enttäuscht ist nicht das richtige Wort. Ich habe ja immerhin 23 Stimmen bekommen. Hinterher haben mir einige Vollversammlungsmitglieder gesagt, wie gut und mutig sie meine Bewerbung fanden. Das ist doch ein schöner Anfang. In der IHK ist die Zeit vermutlich noch nicht ganz reif für eine paritätische Führungsspitze. Aber daran werde ich arbeiten.
Was willst Du im Ehrenamt der IHK inhaltlich bewirken?
Ich werde mich für eine Wirtschaft einsetzen, die den Sprung in die Zukunft schafft. Ich bin für Radical Simplicity, zukunftsfähiges Wirtschaften, weil das notwendig und spannender ist als Business as usual. Es geht um eine grundlegende Kurskorrektur. Ich kenne viele Firmen, die über Nacht auf nachhaltige Produktion umstellen könnten. Das aber nicht tun, weil das unter heutigen Marktbedingungen ihre Marge verkleinern würde. Das kann auf Dauer kein Zustand sein.
Wie sieht eine zukunftsfähige Wirtschaft aus?
Ich stehe für das Social-Eco-Entrepreneurship. Ich kämpfe dafür, dass die Wirtschaft wieder mehr für die Menschen da ist. Wir müssen wieder genau hinschauen, welche Folgen unser unternehmerisches Handeln für Mitarbeiter und Kunden hat. Dazu kommt der ökologische Aspekt. Ich habe drei Kinder. Ich stelle mir oft die Frage: Was hinterlassen wir denen für eine Zukunft? Es ist nicht so schön, darüber nachzudenken.
Alle spüren doch: Wir könnten so viel mehr.
Es wird viel über Wandel und Aufbruch diskutiert. Siehst Du Chancen zur Veränderung?
Ich glaube schon. Alle spüren doch: Wir könnten so viel mehr. Leider sind wir in Deutschland bequem geworden, weil wir Strukturen haben, mit denen wir viele Jahre lang gut gefahren sind. Mir fällt auf, in anderen Ländern müssen die Menschen mehr agieren. In Deutschland sind wir zu passiv. das hat man auch jetzt in der Corona-Zeit sehr stark gespürt. Da brach bei vielen Panik aus, weil sie für ein paar Wochen vielleicht 10 oder 20 Prozent weniger verdient haben.
Versprichst Du Dir von Deinem IHK-Ehrenamt auch neue Kontakte?
Die Chance werde ich sicher nutzen, auch um mit anderen Unternehmern neue Projekte anzustoßen. Wir alle kennen dieses Ohnmachtsgefühl, der Gedanke: Ich alleine kann nichts bewirken. Dagegen wehre ich mich. Ich will selbst aktiv sein, mit anderen Unternehmen neue Projekte anstoßen, ein Vorbild sein. Ich stehe für Mut, Spaß und Initiative. So will ich auch mein Ehrenamt ausfüllen.
Muss unsere Wirtschaft insgesamt weiblicher werden?
Das wünsche ich mir tatsächlich. Ich fürchte nur, dass wir Frauen und Unternehmerinnen immer noch in einer Blase sind. Mir fällt das immer wieder auf, wenn ich ein neues Projekt starte oder über Verträge verhandle: Da sitzen Männer, und ich bin meist die einzige Frau am Tisch.
Es gibt viele Studien, die sagen, das kostet uns viel Potenzial.
Ja, auch deshalb muss unsere Wirtschaft weiblicher werden. Weil wir nur Ying-Yang-mäßig richtig geniale Visionen entwickeln können. Frauen und Männer sind gemeinsam Teil unserer Probleme – also müssen Frauen und Männer gemeinsam Teil der Lösungen sein.
Trotzdem fällt das Umdenken schwer. Gründerinnen bekommen immer noch weniger Kredit als Männer.
Ja, weil uns Strukturen lähmen, die in Jahrzehnten gewachsen sind. Typisch ist doch diese UEFA-Entscheidung bei der Fußball-EM (EM-Arena in München durfte nicht in Regenbogenfarben strahlen, die Red.), wo ich mir dachte: In welchem Jahrhundert leben wir eigentlich? Da ging es zwar um Diversity, aber das Problem ist das gleiche. Wenn eine alte Institution wie die UEFA das verbietet, ist das für mich ein Zeichen, dass in unserer Gesellschaft noch immer vieles falsch läuft.
Die Digitalunternehmerin Fränzi Kühne sagt, viele Unternehmen könnten untergehen, weil sie den nötigen Kulturwandel nicht schaffen.
Ich fürchte, das kommt so. In unserer Gesellschaft herrscht die Angst vor dem Verlieren. Die lähmt alles. Dann kommt die Frage: Meine Güte, was passiert, wenn jetzt auch noch die Frauen Ansprüche stellen? Warren Buffet hat das ja schön erklärt, wie einfach es für ihn ist, Erfolg zu haben: Weil er nur mit einer Hälfte der Menschheit konkurriert – mit den Männern.
Bist Du für eine Frauenquote?
Ich war nicht für die Frauenquote, habe aber heute die Überzeugung: Wir müssen das jetzt mit Quoten erzwingen, bis Gleichbehandlung von Frauen und Männern zur Normalität wird. Da nur auf Freiwilligkeit zu setzen – das würde einen sehr, sehr langen Weg bedeuten.
Du bezeichnest Dich selbst als Sozialunternehmerin. Was ist das?
Ich würde mich als Social-Eco-Entrepreneur bezeichnen. Das heißt: Ich will betriebswirtschaftlich so erfolgreich wie möglich sein, um das Geld sozial und nachhaltig zu reinvestieren – entweder in das Produkt oder in neue Projekte. Für mich ist der wirtschaftliche Erfolg nur ein Vehikel, mit ich etwas bewirken kann.
Ich denke immer unternehmerisch.
Was unterscheidet Dein Modell von anderen sozialen und ökologischen Projekten?
Ich denke immer unternehmerisch, ich will nicht abhängig sein von Sponsoren und Spenden. Ich muss und will schauen, ein Business-Modell ins Laufen zu bringen, das sich finanziell trägt und monetarisieren lässt. Nur das garantiert, dass ich das, was ich erwirtschafte, auch sozial benutzen kann, und dass ich nebenbei auch Steuern zahlen kann.
Deine Geschäftsidee findet unser IHK-Ehrenpräsident Eberhard Sasse cool. Kannst Du uns erklären, was ihn überzeugt hat?
Viele halten ein Business-Modell, vor allem für Gründerinnen, nur für gut, wenn es simpel und leicht zu verstehen ist. Männer trauen Frauen eine Boutique oder ein Nagelstudio zu. Ich will aber viel mehr als das. Ich denke, Herr Sasse hat eines verstanden: Wie vielschichtig dieses neue Projekt von mir ist, weil es auf vielen Ebenen Wirkung erzielen kann.
Was hast Du denn vor mit Deiner Community Kitchen?
Wir machen aus geretteten Lebensmitteln leckere Mahlzeiten.
Das klingt jetzt aber nicht komplex, sondern sehr einfach.
Ja, aber Du unterschätzt, welche Tragweite diese Idee hat. Damit rüttle ich an ganz vielen Spinnweben. Die Banane ist vielleicht braun, aber wenn ich sie schäle und als Bananenbrot verarbeite und einen geilen Aufstrich daraus mache, ist das so was von lecker! Dann denkt keiner mehr darüber nach, dass diese Banane Abfall hätte werden sollen. Das bedeutet nicht nur weniger Müll. Ein Stopp der Lebensmittelverschwendung ist die drittwirksamste Maßnahme für den Klimaschutz.
Warum macht das noch kein anderes Unternehmen?
Es gibt Startups, die nehmen unverarbeitet gerettete Lebensmittel und geben die weiter. Die Banane bleibt braun. Daran ändern sie nichts.
„Wir wollen das nicht nur lokal machen“
Welchen sozialen Effekt hat Deine Community Kitchen?
Ich will die Menschen integrieren, die in unserer Gesellschaft auf dem Abstellgleis stehen, weil sie alt, Flüchtlinge, Migranten oder Arbeitslose sind. Die bringe ich zusammen mit Normalos wie Du und ich. Wir wollen das nicht nur lokal machen. Unsere finale Vision sieht so aus: Wir bauen Container, die ausgelegt sind für die Verarbeitung und Lagerung geretteter Lebensmittel. Die können weltweit genutzt werden, um eine Community Kitchen aufzumachen. Genau das, diesen globalen Effekt, hat Herr Sasse verstanden.
Was hat Dich auf diese Geschäftsidee gebracht?
Ich habe schon immer nach Lösungen gesucht, die sofort einen spürbaren Nutzen bringen, aber längerfristig zu einem Systemwandel führen. Diesen Effekt spüre ich schon jetzt. Viele Menschen sagen zu mir: Kann ja wohl nicht sein, wie viel weggeschmissen wird. Andere fragen mich, wie kann das sein, dass Du abgelaufene Lebensmittel verkaufen darfst? Dann antworte ich: Weil es jeder darf, das ist gesetzlich erlaubt. Ich habe offensichtlich viele Prozesse ins Laufen gebracht.
Mag sein. Aber wollen die Leute das auch essen?
2019 habe ich mit dem Bayerischen Ernährungsministerium eine Food Truck-Aktion (Imbisswagen, die Red.) gemacht. Da haben wir abgelaufene Lebensmittel verarbeitet. Wir hatten da altes Brot, so trocken, dass man sich die Zähne daran ausbeißen würde. Daraus haben wir eine altbayerische Brotsuppe gemacht – und das garniert mit frischen Toppings. Die Leute haben diese Suppe geliebt.
Die Bundesbürger gelten in Sachen Verfallsdatum als besonders heikel. Die Lebensmittel müssen besonders frisch und makellos sein.
Ja, es wird ein Riesen-Wirbel aus dem Mindesthaltbarkeitsdatum gemacht. Was völlig übersehen wird, ist, dass das MHD überhaupt nichts über die Verzehrbarkeit von Produkten aussagt. Es geht da um mehr, wie z.B. die Optik. Einem Joghurt-Hersteller geht es beim MHD um das Ziel und sein Qualitätsversprechen: Der Erdbeer-Joghurt muss genauso riechen, aussehen und die gleiche Konsistenz haben, wie das dem Kunden in der Werbung versprochen wird.
Du versprichst ja auch etwas: Gemeinschaft.
Das stimmt. Ich mache jedes Jahr ein Heiligabend-Essen am 24. Dezember von 18 bis 20 Uhr. Dafür kochen wir zwei Tage vorher. Jeder, der Lust hat, kann kommen. Vorletztes Jahr, also noch vor Corona, hatten wir 250 Gäste. Ich mache das seit sechs Jahren. Ich habe eines feststellen müssen: Dass ganz viele Menschen in unserer Gesellschaft einfach nicht sichtbar sind. Sie sind ausgeschlossen, weil sie kein Geld haben, um zu konsumieren, eine magere Rente haben, arbeitslos sind, oder wegen Sprachproblemen isoliert sind.
Das heißt, dass unsere Gesellschaft auseinander fällt.
Wir vermischen uns nicht mehr. Was ich mir wünsche in unserem Lokal in München: Dass sich Menschen aller Colours treffen, die Oma Rita und die Oma Erna an einem Tisch bei Kaffee und Kuchen stricken; dass ein Tisch weiter ein paar Jugendliche quatschen; dass über Mittag Businessleute von der Ergo-Versicherungsgruppe und Polizisten aus der Polizeistation in der Nachbarschaft reinschauen; dass ein Freelancer in der Ecke an einem Text tippt. Diese Menschen sollen alle in einem Raum koexistieren und interagieren. Essen ist das Verbindungselement für eine diverse Gesellschaft.
„Eine Mahlzeit kostet fünf Euro“
Das ist das Gegenmodell, zu dem was wir jetzt in der Gastronomie haben. Im Stehimbiss und im Sterne-Lokal – es treffen sich nur Menschen aus der gleichen Bubble.
Stimmt genau. Deshalb biete ich drei Formen der Bezahlung an. Standard: Wer mehr bezahlt, kann einem anderen ein Essen spenden. Wir werden zudem einen Verteiler aufstellen für Lebensmittel, die wir nicht verarbeiten, weil die Menge nicht reicht. Die gibt es gratis. Ich setze das um, was für meine Familie gilt: Keiner geht hungrig aus dem Haus. Leitungswasser gibt es umsonst.
Wo soll das denn starten?
Hier in Neuperlach. In einer ehemaligen Kantine. Ich finde es total genial, dass wir diese Räume hier gefunden haben. In Neuperlach leben 50.000 Menschen. Ein enormes Potenzial.
Wann bekomme ich bei Dir Spaghetti Bolognese?
Im September geht es los.
Was steht denn sonst noch auf der Karte?
Was wir immer haben werden, sind Paninis lecker belegt zum Toasten, Kaffee, Kuchen, dann werden wir zwei warme Mahlzeiten haben eine vegane Variante, dann eine mit Milch, Fleisch oder Fisch. Es ist eine echte Familienküche mit leckerem Eintopf in der Bowl.
Du willst sieben Tonnen am Tag verkochen. Wie geht das denn rein logistisch?
Deshalb bin sich so glücklich, dass wir die Großküche gefunden haben mit Lager- und Schnittflächen, die Geräte, es ist alles da. Wir sind gerade dabei, die Beschaffungswege aufzubauen. Mein Ziel ist, dass im Umkreis von 50 bis 100 Kilometer um München Erzeuger, Hersteller Großmarkthändler grundsätzlich erst uns anrufen, bevor sie etwas wegschmeißen. Wir haben schon einige Kontakte.
Wir erfahren die Münchner von Deinem Angebot?
Wir haben über unsere Crowdfunding-Kampagne viel Presse bekommen. Das hilft uns sicher. Wenn in Neuperlach die Menschen weggehen wollen, gehen sie ins Zentrum ihres Stadtteils. Da sitzen wir. Das passt ideal.
Mir geht es um die Lösung eines globalen Problems.
Okay, das ist der Anfang. Wann kommt der globale Effekt?
Wir arbeiten an einem Franchise-System, wir entwickeln ein Handbuch und einen speziellen Container mit dem unsere Idee in Kapstadt, Istanbul und Berlin leicht umsetzbar wird. Mir geht es um die Lösung eines globalen Problems. Fast die Hälfte der weltweit produzierten Lebensmittel wird weggeschmissen. Das ist komplett irre. Das müssen wir ändern.
Es gibt aber mächtige Strukturen, die diesen Wandel blockieren.
Ja, die Pandemie hat sehr deutlich gemacht, wie sehr uns die Angst vor Veränderung lähmt. Das Krisenmanagement der Bundesregierung hatte nur ein Ziel: mit Hunderten von Milliarden den Status quo zu erhalten. Als Mutter von drei Kindern habe ich schockiert festgestellt, wie undemokratisch unser Schulsystem ist. Das Kultusministerium hat die Chance verspielt, kreativ auf den Lockdown zu reagieren. Stattdessen hat man eisern an Lehrplänen und Abi-Prüfungen festgehalten. Alle waren gestresst. Wir haben leider auch gespürt, wie gut wir digitalisiert sind (lacht).
Wie willst Du Menschen, die sich mit aller Kraft gegen Veränderung stemmen, überzeugen?
Ich würde sie fragen: Warum machst Du das, warum investierst Du so viel Energie dafür, an alten Strukturen festzuhalten? Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man Menschen mit rationalen Argumenten nicht mehr abholen kann. Menschen reagieren emotional, deshalb schaffe ich gerne Bilder: Wie könnte eine Wirtschaft aussehen, die wieder den Menschen dient und das Klima nicht zerstört?
Was müsste eine Partei vor der Bundestagswahl tun, um Dich zu überzeugen?
Hinter jedem Partei-Programm muss auch ein Plan stehen, wie das umgesetzt werden kann. Das vermisse ich schon mal. Zweitens fehlt mir der politische Mut, Dinge zu verändern. Seit Jahrzehnten reden wir über den Fachkräftemangel in Hotels und Krankenhäusern, aber nichts passiert. Ich höre immer: Der Mittelstand ist das Rückgrat unserer Wirtschaft. Nur spüre ich davon nichts.
Glaubst Du nicht an die Entfesselung der Wirtschaft, die man jetzt schon verspricht?
Versprochen wurde schon immer viel, geändert hat sich wenig. Ein Beispiel: Die Abgabenordnung des Finanzministeriums, die regelt, was gemeinnützig ist. Mir wird das aberkannt, weil das Finanzamt München der Wissenschaft widerspricht. Anders als die Klimaforschung sieht der Fiskus keinen direkten Zusammenhang zwischen dem Retten von Lebensmitteln und Naturschutz gibt. Da sage ich schon: Liebe Politik, das muss bitte zeitgemäßer gehen!
Zur Person
Günes Seyfarth gründete 2010 mit anderen Eltern die Krippe Karl & Liesl e.V. in München, 2012 dann die Online-App Mamikreisel für gebrauchte Baby- und Kindersachen. Seit 2017 berät sie mit ihrem Team von „Die MacGyvers“ Gründer, StartUps und kleinere Unternehmen. Günes Seyfarth ist Gründerin des Vereins Foodsharing München, der die Verschwendung von Lebensmitteln bekämpfen will. Derzeit läuft ihre Crowdfunding-Kampagne für das Community Kitchen.