Sustainable Finance: „Wir brauchen Aufklärung“
IHK-Präsident Klaus Josef Lutz (im Bild rechts) und Bayerns Banken-Präsident Michael Diederich sprechen über Sinn und Folgen der EU-Taxonomie.
Ein sonniger Freitag, herrlicher Blick aus dem BayWa-Hochhaus am Arabella-Park – es war der passende Rahmen für das Gipfelgespräch zwischen Prof. Klaus Josef Lutz, BayWa-Chef und IHK-Präsident, und Dr. Michael Diederich, Sprecher des Vorstands der UniCredit Bank AG und Präsident des Bankenverbandes Bayern, zum Thema Thema EU-Taxonomie.
Anlass der Diskussion über das Regelwerk: Falls EU-Ministerrat und EU-Parlament bis Anfang August keinen Einspruch erheben, gilt der delegierte Rechtsakt der EU-Kommission als erlassen und kann wie geplant 2023 in Kraft treten. Spätestens ab dann werden sich Oberbayerns Unternehmen mit ihren Banken ernsthaft über ihre Nachhaltigkeits-Einstufung unterhalten müssen.
Aus Brüssel hört man derzeit wenig, die Öffentlichkeit kümmert es nicht, die Atomkraft gilt als nachhaltig - wie ernst muss man die Taxonomie noch nehmen?
Diederich: Wer das Thema nicht ernst nimmt, hat es wirklich nicht verstanden. Die Taxonomie wird nicht verschwinden, sie wird bleiben. Deshalb brauchen wir Aufklärung. Und deshalb führen wir auch dieses Gespräch.
Was wollen Sie denn unseren Unternehmen sagen?
Diederich: Es geht um die Transformation hin zur Klimaneutralität. Es geht nicht nur um Klimaschutz. Das Thema ist viel umfassender. Wir reden über ESG. E steht für Environmental, also die Umwelt insgesamt, S für das Soziale und G für Governance, das heißt gute Unternehmensführung. Wir müssen den Unternehmen sagen: Versucht nicht, das Thema zu ignorieren, sondern beschäftigt Euch damit und überlegt, was Ihr daraus machen könnt – und wo sich vielleicht sogar neue Chancen eröffnen.
Lutz: Meine große Sorge ist: So wie die ESG-Umsetzung von der EU angedacht ist, wird es nicht gutgehen. Ich erwarte Verwerfungen und harte geschäftliche Konsequenzen. Offensichtlich sind die Klassifizierungen, was unter S und G zu verstehen ist, noch nicht in Stein gemeißelt. Jedenfalls hat die Kommission die Sozial-Taxonomie vorerst zurückgestellt. Bleibt das E, also die komplexe ökologische Taxonomie über mehrere hundert Seiten. Das müssen wir politisch weiter diskutieren mit dem Ziel, den ganzen Prozess zu entschärfen.
Der Ukraine-Krieg ist auch ein wake-up call.
Hat sich das mit Beginn des Ukraine-Krieges nicht erledigt?
Diederich: Nein, im Gegenteil. Jeder hat jetzt festgestellt, wie abhängig unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft von der Versorgung mit fossilen Brennstoffen sind. Und nun geht es darum, wie kommen wir davon los. Das ist im Kern dieselbe Frage, die wir – wenn auch unter anderen Vorzeichen – vor dem Krieg gestellt haben: Wie fahren wir die hohe Karbonisierung unserer Gesellschaft herunter? Und wenn das schon vorher ein Riesen-Thema war, muss jetzt mit dem Ukraine-Krieg erst recht das Ziel heißen: die Wirtschaft diversifizieren und nachhaltiger machen.
Lutz: Der Ukraine-Krieg ist auch ein wake-up call, weil nun klar wird, wie absurd die ESG- Vorschriften der EU sind. Wir haben das Thema Wehrtechnik, die wird von einigen Banken bereits nicht mehr finanziert, weil sie vor dem Krieg als sozial schädlich und deshalb als nicht nachhaltig eingeschätzt wurde. Jetzt haben wir ein völlig anderes sicherheitspolitisches Ziel: Waffen schnell und kostengünstig produzieren, um die Ukraine und auch uns zu verteidigen.
Greenwashing verhindern, grüne Investitionen fördern - halten Sie den Ansatz der EU für richtig?
Diederich: Die Idee ist, die EU zum ersten klimaneutralen Wirtschaftsraum der Welt zu machen, hierfür Gelder zu mobilisieren und gezielt in grüne oder nachhaltige Investitionen zu lenken. Die EU hat sich überlegt, wie lässt sich unsere Wirtschaft so ausrichten, dass wir in 30 Jahren Klimaneutralität erreichen. Dann wurde das in ein Rahmenwerk für die Industrie und das Finanzwesen aufgenommen – damit klar wird: Worüber reden wir eigentlich? Welche Unternehmen sind drin? Wie schaffen wir die nachhaltige Transformation?
Wie Planwirtschaft in ihren schlimmsten Zeiten.
Das klingt nach Fortschritt.
Diederich: Ja, wir unterstützen das. Es wäre auch wenig überzeugend, wenn wir gegen die Nachhaltigkeit wären.
Lutz: Über das Ziel der Nachhaltigkeit sind wir uns einig. Es geht um Frage, wie man sie wirksam erreicht. Mit Marktwirtschaft von unten oder Planwirtschaft von oben. Der Ansatz der EU ist meines Erachtens deshalb grundsätzlich verfehlt, weil er von den Prinzipien einer nachhaltig sozialen Marktwirtschaft abweicht. Statt auf CO2-Bepreisung und Innovationsförderung setzt Brüssel auf einen Dirigismus, der an die Planwirtschaft in ihren schlimmsten Zeiten erinnert. Zugespitzt: Wir sind auf dem Weg zu einer DDR 2.0.
Die EU behauptet, sie fördere Transparenz, Wettbewerb, den Markt.
Lutz: Ich nenne Ihnen andere Beispiele. In den Sektoren Handel, Transport und Logistik gibt es Unternehmen, die im Sinne der Taxonomie nicht als nachhaltig gelten. Dabei gibt es ohne Logistik, Transport und Distribution schlicht kein Wirtschaftsleben. Wenn man Solarpanels von A nach B transportiert, ist das laut EU derzeit nicht Taxonomie-fähig. Das ist doch absurd.
EU-Präsidentin Ursula von der Leyen versteht die Aufregung nicht. Die Taxonomie sei in ihren Worten nur eine „freiwillige Orientierungshilfe für private Investoren“.
Diederich: Natürlich ist die Klassifizierung ein Signal. Wer als nicht nachhaltig eingestuft wird, hat perspektivisch Nachteile, er muss sich ändern. Das ist das Ziel der Taxonomie. Nur besteht die Gefahr, dass bestimmte Unternehmen und Branchen so angeprangert werden, dass sie quasi schon aus Image-Gründen benachteiligt würden. Das müssen wir gemeinsam verhindern und die Unternehmen beim Übergang in eine nachhaltige Wirtschaft begleiten.
Lutz: Entweder versteht die Kommissionspräsidentin die Sachlage nicht, oder sie leugnet sie: Die Taxonomie hat eine massive Wirkung im Geschäftsleben. Der entscheidende Hebel ist die EZB. Die EZB prüft jetzt EU-weit, wie nachhaltig die Kreditvergabe ist. Maßstab ist dabei die Taxonomie. Die Banken werden in eine Konfliktsituation gebracht, die nicht zu rechtfertigen ist. Es wird Zeit, dass wir über die Rolle der EZB diskutieren.
Die EZB überschreitet ihre Kompetenzen.
Was werfen Sie der EZB vor?
Lutz: Ich teile die Meinung von ifo-Chef Professor Clemens Fuest, wonach die EZB ihre Kompetenzen überschreitet. Es ist nicht Aufgabe der EZB-Präsidentin Christine Lagarde, die Wirtschaft umzugestalten. Es ist nicht Aufgabe der EZB, CO2-Analysen in den Kreditbüchern der Banken zu machen. Die EZB hat als vorrangiges Ziel für Geldwertstabilität im Euro-Raum zu sorgen. Und Aufgabe der Banken ist, die gesamte Wirtschaft zu finanzieren und Kreditrisiken gut zu managen.
Lagarde sagt, sie müsse handeln. Nach einer Klimakatastrophe würde das Finanzsystem kollabieren.
Lutz: Für Klimaschutz müssen wir Klimapolitik betreiben – etwa mit einem CO2-Preis als Leitinstrument, möglichst über alle Sektoren – Energie, Industrie, Wärme und Verkehr - einheitlich. Das ist für die Wirtschaft okay, weil ein marktwirtschaftlicher Weg. Was absolut nicht geht ist aber, dass die EZB über ihr demokratisch legitimiertes Mandat der Geldwertstabilität hinaus operiert und über die Banken Manager unter Druck setzt. Die EZB will auch Unternehmen außerhalb des Finanzsektors vorschreiben, was wir tun, und was wir nicht tun sollen. Ich halte das für einen Skandal. Das muss in einer Demokratie politisch adressiert werden.
Werden ESG-Kriterien so viel Einfluss auf die Finanzierung haben?
Diederich: Ja, es wird keine drei oder vier Jahre dauern, dann ist das Nachhaltigkeitsrating genauso bedeutsam wie das klassische Kreditrating.
Lutz: Da stimme ich voll zu. Ob man dies mit KPIs (Key Perfomance Indicators, also Kennzahlen für den Erfüllungsgrad bestimmter Ziele, die Red.) oder Öko-Ratings oder wie auch immer macht - das wird so kommen. Der Weg dahin ist sehr steinig und leider viel zu ideologisiert.
Wir helfen Unternehmen, besser zu werden.
Welche Rolle spielen künftig die Banken – Schiedsrichter, Partner oder Werkzeuge der EZB?
Diederich: Das gesellschaftliche Ziel ist doch die Transformation. Nur sieben Prozent aller wirtschaftlicher Tätigkeiten sind bisher als nachhaltig klassifiziert. Schon das zeigt, wie viel sich ändern muss. Die Banken werden diesen Wandel begleiten. Aber wir lassen doch jetzt niemanden im Stich, weil er noch ein Stück Braunkohle hat. Wir helfen Unternehmen, besser zu werden, die Transformation erfolgreich zu bewältigen.
Lutz: Mir ist diese Sichtweise zu positiv. So wie die EU-Kommission arbeitet, wird es schwer, das gut zu begleiten. Der ganze Ansatz ist nach meiner Überzeugung falsch. Und weil das so ist, wird man keine vernünftigen Lösungen erzielen können. Ich halte das für gefährlich für den Mittelstand.
Was passiert, wenn ein Unternehmen den Wandel nicht schafft?
Diederich: Weil die Finanzindustrie selbst von der EZB geprüft wird, müssen die Banken dann mit dem Unternehmen sprechen und aufzeigen, welche Kriterien erfüllt werden und welche nicht. Natürlich wird es auch irgendwann ein Gespräch über die Finanzierungskosten geben. Deshalb ist der einzig vernünftige Ansatz, die Thematik aktiv anzugehen und die Unternehmen frühzeitig abzuholen und zu sensibilisieren. Deshalb gibt es seitens der Banken auch viele Initiativen in diesem Bereich.
Lutz: Das bedeutet höhere Kreditkosten genau dann, wenn ich viel Geld brauche. Als BayWa sind wir im Heizöl-Handel einer der Großen auf dem Markt. Ölheizungen werden in Deutschland verboten ab 2024. Was mache ich jetzt als CEO? Wir haben die Taxonomie, kündigen wir jetzt unseren Leuten im Heizöl-Sektor? Zum Glück haben wir die Möglichkeit, unseren Heiz- und Energiesektor umzubauen. Andere haben das nicht. So greift die Taxonomie in Strukturen ein.
Scheitert der grüne Wandel am fehlenden Geld?
Lutz: Wenn meine Kreditkosten steigen, verringert das die Chance, mein Geschäftsmodell zu verändern. Unsere Wirtschaftsprüfer haben bestätigt, dass aktuell nur 5,5 Prozent des BayWa-Umsatzes Taxonomie-fähig sind. Und das gilt für ein Unternehmen, das ein Vorreiter der Energiewende ist, das einen grünen Profit-Anteil von 60 bis 70 Prozent hat! Da kommt man doch aus dem Kopfschütteln nicht mehr raus.
Jede Bank und Rating-Agentur legt Nachhaltigkeit anders aus. Schafft die Taxonomie nicht zumindest mehr Transparenz?
Diederich: Wenn man in etwas investieren will, in ein Wertpapier oder eine Anlage, schafft die Taxonomie ein Stück Klarheit. Das stimmt. Gleichzeitig geht es um die Finanzierung von Unternehmen. Da geht es um die Frage: Machen sich die Unternehmen auf den Weg, um diesen Nachhaltigkeitsgedanken wirklich zu erfüllen? Die Überlegung halte ich für richtig.
Lutz: Ich sage: Die Taxonomie schafft noch mehr Verwirrung. Sind Elektroautos, Solarpanels oder Windkraftanlagen über die gesamte Lieferkette nachhaltig? Wenn ich mir die Zutatenliste anschaue, sicher nicht. Kobalt, Lithium, Seltene Erden – ich mag mir nicht vorstellen, wie die Arbeitsbedingungen in den Minen sind. Bosch-Chef Stefan Hartung beschwert sich zurecht. Das E-Auto ist grün, aber sein Antriebsstrang dafür nicht. Wer soll da noch durchblicken?
Kann das Bosch nicht wurscht sein? Mehr verkaufte E-Autos bedeuten für Bosch auch mehr Geschäft.
Lutz: Das schafft aber unendlich viel Bürokratie. Weil die Antriebsachse nicht grün ist, muss Bosch den CO2-Fußabdruck des Antriebs von der Herkunft der Rohstoffe über die Herstellung im Unternehmen bis hin zur Entsorgung der Abfälle dokumentieren. Mehr Aufwand haben auch die Banken, die das jetzt prüfen müssen.
Die Frage lautet: Schaffst Du es, Dich weiterzuentwickeln?“
Was bedeutet das für die Firmen?
Diederich: Der Punkt, den viele nicht verstanden haben, ist: Es geht nicht darum, einmal zu sagen, Du bist nachhaltig oder nicht. Die Frage lautet: Schaffst Du es, Dich weiterzuentwickeln, um nachhaltiger zu werden? Deswegen schaut sich der Hersteller von E-Antrieben nicht nur die eigene Produktion an, sondern die komplette Wertschöpfungskette - wenn es sein muss bis hin zum kleinen Dichtungsring, um besser zu werden. Das betrifft dann auch Vorlieferanten, auch diejenigen, für die Taxonomie vermeintlich kein Thema ist. Die müssen wissen, was sie uns Banken nachweisen müssen. Die EZB wird uns prüfen, deshalb müssen wir die Firmen prüfen. Lutz: Damit sind wir bei den kommenden Lieferketten-Regularien. Das Sorgfaltspflichtengesetz macht das zu einer Mission Impossible – und unser Bundeswirtschaftsminister macht den Kotau in Katar. Ich will von der Politik wissen: Wie gehen wir mit Diktaturen und autoritären Staaten um, die die Rohstoffe haben, die wir brauchen? Die Regulierung wird an dieser physischen Abhängigkeit ja nichts ändern. Was sich erhöht, ist das Risiko, in der Lieferkette Fehler zu machen.
Unternehmer fürchten als Folge der Taxonomie mehr Bürokratie. Was ließe sich dagegen tun?
Lutz: Den Systemfehler beseitigen, damit aufhören, Unternehmen bis ins Detail vorzuschreiben, was sie zu tun haben. Keine Frage: Der Markt braucht Leitplanken. Aber die unternehmerische Freiheit muss der Motor der Veränderung bleiben.
Diederich: Was wir dringend brauchen, ist ein einheitlicher Maßstab für das, was die Unternehmen den Banken nachweisen müssen. Wenn jede Bank andere Fragen stellt und Daten haben will, wird der Aufwand uferlos.
Wie akut ist das Problem?
Diederich: Von 2023 an prüft die EZB die Institute, ob das Kreditportfolio nachhaltiger wird. Das geht im Zweifel runter bis auf den einzelnen Firmenkredit. Deswegen ist das Thema jetzt auf der Tagesordnung, nicht erst irgendwann in ferner Zukunft.
Bilden Sie Ihre Firmenkundenberater für diese Aufgabe aus?
Diederich: Ja, massiv. Allein in den vergangenen 18 Monaten wurden bei der HypoVereinsbank 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Sustainable Finance Experts ausgebildet, inklusive Zertifizierung, um sie darauf vorzubereiten, mit den Unternehmen – unseren Kunden – die ESG-Themen auf Augenhöhe qualifiziert zu erörtern.
Dann schauen Sie häufig in ratlose Gesichter.
Wie messen Sie, ob ein Unternehmen grüne Fortschritte macht?
Diederich: Dafür muss man als erstes den Status ermitteln, den das Unternehmen aktuell hat. Wenn Sie heutzutage mit Unternehmern darüber reden und fragen, wie es denn um den CO2-Fußabdruck ihrer Firma bestellt sei, dann schauen Sie häufig in ratlose Gesichter. Da besteht unfassbar viel Aufklärungsbedarf. Das ist auch eine Riesenaufgabe für die IHKs.
Oberbayern hat viele nachhaltige Firmen. Werden die profitieren?
Diederich: Der Punkt ist ganz wichtig. Die Unternehmen, die sich früh nachhaltig aufzustellen, verschaffen sich einen klaren Wettbewerbsvorteil, weil der Trend so dynamisch ist.
Lutz: Hier in der BayWa finanzieren wir grüne Start-ups, die werden Geschäft machen, dass es nur so kracht. Nur brauchen die dafür keine Taxonomie, weil der Markt und die Kunden danach fragen. In Tel-Aviv und im Silicon Valley gibt es keine Taxonomie - und trotzdem sind dort grüne Start-ups dabei, die Märkte zu erobern, einfach weil sie die Chance dafür sehen. Innovation, neue Produkte - das müssen wir fördern. Dafür brauchen wir diese Hyperbürokratie nicht, ganz im Gegenteil.
Das führt unweigerlich zu einer Best-in-Class-Wertung.
Gibt es EU-Vorgaben, wie viel besser ein Unternehmen werden muss?
Diederich: Nein, es gibt keine Vorgabe, die einem Unternehmen das Maß der Einsparungen vorschreibt. Damit wäre eine Bank auch überfordert. Es liegt doch auf der Hand: Ich kann keine milchverarbeitende Industrie zur Rohstoffbeschaffung und den Produktionsverfahren beraten, aber ich kann einem Unternehmen sagen: Da stehst Du gerade. Du musst uns zeigen, dass Du besser wirst. Wie Du das machst, ist Deine Sache.
Lutz: Auch das macht uns Sorgen. Das führt unweigerlich zu einer Best-in-Class-Wertung. Das beste Unternehmen schafft vielleicht eine 30-Prozent-Einsparung beim CO2. Aber was ist mit den anderen, die „nur“ fünf oder acht Prozent schaffen? Da wächst das Risiko der Mono-Finanzierung, so dass nur noch die Nr. 1 günstig an Kredite kommt.
Wie fit sind die Unternehmen für Sustainable Finance?
Diederich: Das ist komplett unterschiedlich und größenunabhängig. Es gibt kleine Unternehmen, die schon sehr weit sind, und Großunternehmen, die immer noch glauben, sie seien von der Taxonomie nicht betroffen.
Leisten Sie Überzeugungsarbeit?
Diederich: Wir sind mit der Botschaft flächendeckend bei den Unternehmen unterwegs. Wir haben einen smarten Milchunternehmer als Kunden. Der hat mir gedroht, wenn ich noch einmal „nachhaltig“ sage, kriege ich von ihm keinen Joghurt mehr. Dann aber hat er sehr schnell erkannt: Ablehnung führt ins Abseits, gegen den Trend kommt er nicht an. Er hat sich ein Wasserkraftwerk gekauft, ist heute energiemäßig völlig autark und nachhaltig.
Welche Folgen hat das Ganze für die Wirtschaft Oberbayerns?
Lutz: Auf jeden Fall viel mehr Bürokratie. Und wir bekommen eine Wettbewerbsverzerrung gegenüber Unternehmen in Großbritannien oder in den USA oder in Asien, die sich ganz ohne Taxonomie oder mit viel offeneren Vorgaben günstig finanzieren können.
Diederich: Unternehmen, die nachhaltig gut unterwegs sind, werden super erfolgreich sein. Nachzügler können in Schwierigkeiten kommen. Der Großteil der hiesigen Unternehmen ist aber bereits auf einem sehr guten Weg.
Die Fragen stellte Martin Armbruster
IHK-Ansprechpartner
Bernhard Eichiner,
Tel. 089 5116-2087
eichiner@muenchen.ihk.de