Hans Conrad: "Gott, Leute, wacht endlich auf!"
Hans Conrad, Chef von Sport Conrad, spricht im Interview über seine Initiative „Wir denken um“, die Zukunft des Wintersports und das, was die Politik ändern muss. Der Sportfachhändler stützt sich vor allem auf den Online-Handel, hat aber auch Filialen in Garmisch-Partenkirchen, Penzberg, Weilheim und Wielenbach.
Herr Conrad, beim CSR-Tag der IHK waren Sie so etwas wie die Stimme des Mittelstands. Welche neuen Erkenntnisse hat Ihnen die Veranstaltung gebracht?
Ehrlich gesagt hatte ich erwartet, dass eine Veranstaltung der IHK mehr Bezug zur Praxis hat. Ich fand die Diskussion etwas zu akademisch. Das war aber nicht uninteressant. Der Professor Wallacher (Prof. Dr. Johannes Wallacher, Präsident der Hochschule für Philosophie München, die Red.) hat da einen wichtigen Punkt angesprochen: das Gerechtigkeitsthema.
Gerechtigkeit - inwieweit sind Sie als Unternehmer davon betroffen?
In dem Punkt muss man schon ehrlich sein. Was in unseren Läden und in unserem Online-Shop ganz nett daherkommt, können sich viele Leute nicht kaufen, weil ihnen das Geld fehlt. Man darf den Aspekt nicht vergessen: Nachhaltigkeit muss für die Leute auch erschwinglich sein.
Offenbar konnten sich die Leute bislang Ihre Preise leisten. Ihr Familienunternehmen gibt es ja schon lange …
Ja, seit 1897.
Das ist für alle eine Riesen-Aufgabe.
Es gibt Handelspartner, die der Industrie die Daumenschrauben anziehen
Ist das, für sich genommen, nicht schon nachhaltig genug?
Es zeigt zumindest, dass Familienunternehmen sehr langfristig denken. Aber der Nachhaltigkeitsgedanke war nicht immer da. Wir haben jahrzehntelang rein wirtschaftliche Interessen verfolgt. Jetzt aber haben wir einen Punkt erreicht, wo wir viele Dinge ändern und bestimmte Limits einhalten müssen. Sonst werden wir die Nachhaltigkeitsziele nicht erreichen. Das ist für alle eine Riesen-Aufgabe.
Was hat Sie als Sportartikel-Händler zum Handeln gebracht?
Also ganz neu ist das ja nicht. Ich habe das schon in den 90er Jahren miterlebt, als Unternehmen wie Patagonia und Vaude da sehr mutig und konsequent vorangegangen sind. Die beiden Unternehmen waren ihrer Zeit nur leider weit voraus. Damals haben das die Kunden einfach nicht angenommen. Da ging es um Nischenprodukte. Wirtschaftlich hatte es damals noch überhaupt keinen Effekt.
Wann und wie sind Sie in das Thema eingestiegen?
Vor drei Jahren haben wir das Projekt „Wir denken um“ angegangen. Nach vielen Diskussionen hier im Betrieb kam das Thema auf. Die Grundüberlegung war: Es reicht nicht, darauf zu warten bis die Industrie uns nachhaltige Produkte liefert. Wir haben gemerkt, wie groß die Kluft zwischen dem Sagen und dem Machen häufig ist.
Haben Sie Ihren Lieferanten nicht mehr vertraut?
Man hatte einfach das Gefühl, es ändert sich nichts oder zu wenig. Die Autoindustrie ist ein gutes Beispiel. Die hat schon seit 2010 immer mal wieder Nachhaltigkeit versprochen. Dann gab es Fortschritte, aber die richtige Umsetzung fand nicht statt. Ich wollte einen Hebel haben, um mit der Industrie ins Gespräch zu kommen. Nach dem Motto: Hey Leute, so können wir nicht weitermachen.
Dieser Hebel ist nun Ihr Label „Wir denken um“.
Ja, genau. Wir haben dieses Logo implementiert bei uns. Unternehmen, die sehr viel für Nachhaltigkeit tun, werden damit ausgezeichnet. Die müssen bestimmte Kriterien erfüllen, die werden industrieweit abgefragt. Das ist ein einheitlicher Standard. Wer diese Kriterien erfüllt, wird mit unserem Logo ausgezeichnet.
Wie hat die Industrie darauf reagiert?
Das wurde schon sehr stark beachtet, das wurde sehr viel besprochen - bei vielen Firmen bis in die Chef-Etage rauf. Das hat selbst im Adidas-Vorstand zu Diskussionen geführt, weil die Industrie sehr wohl registriert hat: Da gibt es jetzt Handelspartner, die die Daumenschrauben ein wenig anziehen. Wir waren damit auch nicht alleine. Globetrotter und Bergzeit haben in unserer Branche ähnliche Initiativen gestartet.
Viele Industriepartner fragen uns heute um Rat.
Haben Sie die Industrie kalt erwischt?
Für die Industrie war es zumindest neu, dass die Initiative vom Handel kam. Der Handel hat plötzlich Informationen verlangt, die die Industrie liefern musste.
Wie viele Hersteller haben Ihre Vorgaben erfüllt?
Von unseren 300 Lieferanten haben knapp 40 im ersten Jahr unser Siegel bekommen, aktuell sind es 60. Das Schöne war für uns, mit der Industrie in einen Dialog zu kommen, der anders aussah als „Was kosten 100 Skibindungen?“ und „Was kosten 1.000 Skibindungen?“ Heute diskutierten wir die Fragen „Wie wird das produziert? Wie kann man in der Herstellung besser werden?“ Viele Industriepartner fragen uns heute um Rat. „Hey, wie sollen wir da weitermachen? Was können wir für Initiativen machen? Wie können wir Prozesse verändern?“ Das ist sehr angenehm geworden.
Gab es da auch Widerstände oder Proteste?
Nein, die gab es zum Glück nicht. Es gab und gibt Firmen, bei denen man merkt, die sind da wahnsinnig schlecht aufgestellt. Das betrifft vor allem kleinere Hersteller. Für die ist der Aufwand zu groß.
Aber noch einmal die Frage: Was ist Ihre Motivation? Was treibt Sie an?
Ganz einfach: Ich habe drei Kinder. Das ist meine Motivation. Ich hoffe, dass sie nach mir den Betrieb übernehmen. Ich bin selbst viel in den Bergen unterwegs. Ich hoffe, dass das meine Kinder auch noch können. Das ist meine ureigene Motivation. Wir wissen doch alle: So wie bisher können wir nicht weiter wirtschaften.
Das werden in Garmisch-Partenkirchen und im übrigen Bayern nicht alle so sehen.
Das ist richtig. Aber ich für meinen Teil will nichts unversucht lassen. Das Thema ist weitaus wichtiger als wirtschaftlicher Erfolg und alles, was uns sonst so im Alltag bewegt. Und das will ich angehen.
Ich habe drei Kinder. Das ist meine Motivation.
Was hat Sie zu dieser Überzeugung gebracht? Hatten Sie ein Schlüssel-Erlebnis?
Ich habe ein großes Vorbild gehabt, den Yvon Chouinard, Gründer und den Besitzer von Patagonia. Der hat mir immer gesagt, es ist alles nicht wichtig, was wir hier machen, wir müssen alles dafür tun, diesen Planeten unseren Kindern zu erhalten. Schon Anfang der 90er Jahre hat Patagonia angefangen, das komplette Sortiment umzustellen.
Bei Ihnen hat es etwas länger gedauert …
Ja, ich habe mir damals gesagt, dass ist aber weit hergeholt, muss das jetzt sein? Erst später habe ich erkannt, wie weitsichtig dieser Mann damals schon war. Und man muss auch sehen: Der wirtschaftliche Erfolg war bei ihm lange nicht da. Die Firma war viele Jahre lang in einer ganz prekären Situation, eben weil Chouinard ihren Umbau so radikal betrieben hat.
Wie haben Ihre Mitarbeiter auf Ihren nachhaltigen Kurs reagiert?
Meine Mitarbeiter sind so etwas wie das Spiegelbild unserer Gesellschaft. Manche wissen, dass das Thema wichtig ist, manche weniger. Beschäftigen tut sich jetzt irgendwo jeder damit. Handeln danach tut etwa ein Drittel.
Wie haben Sie den Prozess in Ihrem Unternehmen organisiert?
Wir haben ein Wir-denken-um-Team zusammengestellt aus sieben, acht Personen, die diese Prozesse angeschoben haben. Es ging um Klimaneutralität, aber auch um viele kleine Schritte: Mülltrennung, weniger Verpackung, solche Sachen. Dieses Team war wahnsinnig hilfreich. Wir sind alle Abteilungen durchgegangen, um zu sehen, was wir wo verbessern können. Nach einem Jahr haben wir aber gemerkt, dass das die Leute teilweise überfordert hat. Für die Team-Mitglieder war das eine Zusatzbelastung zu ihren normalen Aufgaben im Geschäft.
Wie haben Sie das Problem gelöst?
Wir haben eine CSR-Beauftragte eingestellt, die Stefanie Buchacher. Sie wohnt hier in der Gegend und hat das seit zehn Jahren für verschiedene Industrieunternehmen gemacht. Mit der Frau Buchacher hat das jetzt einen professionellen Charakter bekommen. Sie beschäftigt sich sehr stark mit diesen Themen und treibt im engen Austausch mit der Industrie da alle Prozesse voran.
Wir motivieren Sie Ihre normalen Mitarbeiter zum Mitmachen?
Wir machen einmal im Jahr einen Wir-denken-um-Tag. Wir haben gemeinsam mit den Bayerischen Staatsforsten Aktionen gemacht wie die Freilegung von Almflächen. Und wir veranstalten ein Mobilitätslotto nach dem Motto „lasst mal Euer Auto daheim“. Wer mindestens fünfmal im Monat zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem ÖPNV in die Arbeit kommt, kann bei diesem Lotto mitmachen und kleine Preise gewinnen. Das hat sehr viele Mitarbeiter dazu motiviert, tatsächlich das Auto stehen zu lassen. Das ist in unserer Region schwierig, weil es kaum ÖPNV gibt.
Nutzen Sie die Sozialen Medien um das transparent zu machen?
Ja, die nutzen wir natürlich, um dem Thema mehr Schwung zu geben. Ein großes Ziel ist, klimaneutral zu werden. Die ersten Schritte dazu haben wir erst einmal durch Kompensation erreicht.
Sie kaufen also so eine Art Zertifikate ein.
Ja, wir investieren in Aufforstungsprojekte in Peru und in ein Windkraftwerk in Indien. Wir machen das gemeinsam mit einer Firma aus Starnberg, Fokus Zukunft, die uns in Zukunft begleiten wird. Zunächst ermittelten wir, wie hoch unser CO2-Ausstoß 2019 gewesen ist, und jetzt schauen wir, wie wir da runter kommen.
Man muss das selbst leben.
Von mittelständischen Unternehmern kommt häufig der Einwand, der Aufwand für Nachhaltigkeit sei einfach zu groß. Wie bekommen Sie das mit Ihren 250 Mitarbeitern hin?
Viele Mittelständler können das stemmen. Nachhaltigkeit ist auch für Familienbetriebe machbar, weil oft schon kleine Dinge Wirkung bringen. Es funktioniert aber nur, wenn die Firmenleitung den festen Willen hat: Wir müssen das Thema stemmen. Wenn Sie in unser Zentrallager schauen, wenn da im Winter 60.000 Paar Ski angeliefert werden, wie die verpackt sind, was das für Berge von Müll sind, das ist unbeschreiblich. Solche Probleme kann man nicht auf die Mitarbeiter abschieben. Da muss man als Chef Entscheidungen treffen. Und man muss Vorbild sein. Dann fahre ich halt nicht mit meinem SUV zum Geschäft. Man muss das selbst leben.
Was sagen Ihre Kunden dazu?
Die Kundenkommentare sind sehr positiv – das gilt für unseren Katalog und unsere nachhaltigen Initiativen.
Wie wirkt sich das auf Ihr Geschäft aus?
Wir haben sehr schöne Läden, aber das eigentliche Geschäft wird online gemacht. Unser Online-Shop sorgt für 70 Prozent unseres Umsatzes. Und da merken wir schon, dass das Wir-denken-um-Label Wirkung hat. Marken mit diesem Label haben eine deutlich höhere Sichtbarkeit – in unseren Social-Media-Kanälen, auf unserer Website und in unseren Newslettern. Folglich werden diese Marken stärker gekauft. In den jüngsten drei Jahren, haben die ein exorbitantes Wachstum hingelegt. Wir verschieben unser Sortiment deutlich in diese Richtung. Lieber verkaufe ich mehr Patagonia, da weiß ich, wie es produziert wird. Und da weiß ich, dass es nicht zum Schaden des Planeten ist. Dann kaufe ich eben weniger von Herstellern, von denen ich nichts weiß oder keine Daten habe.
Das beweist doch, wie gut sich Nachhaltigkeit rechnet.
Das rechnet sich absolut. Gerade wenn sich der Verbraucher nur latent damit beschäftigt, hilft so ein Label. Viele Kunden wollen nachhaltig einkaufen, sich aber nicht zu sehr damit beschäftigen. Es ist unglaublich komplex und diffizil, in die Produktionsprozesse der Firmen reinzuschauen.
Was ich ändern kann, mache ich: Unser Sortiment umbauen.
Aber die Masse steht beim Aldi oder Lidl am Wühltisch und kauft billige Crane-Winterlaufhosen.
Das ist die Teilung der Gesellschaft. Die haben wir sowieso schon. Der eine kann sich Nachhaltigkeit leisten, der andere muss halt glauben, was der C&A an die Schaufensterscheibe schreibt. Das kann ich nicht verhindern. Was ich ändern kann, mache ich: Unser Sortiment nachhaltig umbauen. Hersteller, die mir keine vernünftigen Daten liefern über Produktion, Herstellung und Versandbedingungen fallen bei mir irgendwann durch den Gitterrost.
Scheint so, als ob der Markt die Öko-Pioniere Patagonia und Vaude doch noch belohnt.
Ja, das sehen wir sehen ganz deutlich. Die Unternehmen, die sehr viel in das Thema einbezahlt und sehr früh etwas dafür getan haben, sind mit uns in einem sehr engen Austausch. Die stehen heute ganz anders da als Unternehmen, die sehr wenig für Nachhaltigkeit tun. Dann gibt es eine dritte Gruppe Unternehmen, die sehr aktiv sind, damit aber überhaupt nicht an die Öffentlichkeit gehen.
Hat Corona an Ihrem Kurs etwas geändert?
Nein, Corona hatte da überhaupt keinen Einfluss darauf. Wir sind ja auch ein starker Online-Händler. Ich denke, Corona hat die Idee der Nachhaltigkeit noch gestärkt. Corona hat uns ja allen gezeigt, was eine globale Krise auslösen kann. Das wäre bei einer Klimakatastrophe ganz ähnlich der Fall. Schauen wir mal, was die neue Regierung da anstellt.
Was erhoffen Sie sich von der neuen Bundesregierung?
Natürlich muss die Politik jetzt die richtigen Rahmenbedingungen schaffen. Ansonsten werden wir mit noch so gut gemeinten Einzelinitiativen die nötige Wende nicht schaffen. Das Problem ist doch: Die Masse der Bevölkerung weiß grundsätzlich, wie wichtig Nachhaltigkeit ist, nur gelebt wird das nicht. Deshalb müssen wir an den großen Stellschrauben drehen.
Was müsste die Politik Ihrer Ansicht nach ändern?
Natürlich brauchen wir endlich saubere Energie und mehr ÖPNV. Hier in Garmisch-Partenkirchen ist in den vergangenen zehn Jahren kein einziger Kilometer Radweg gebaut worden. Das sagt viel aus. Wir sind hier eine Tourismusregion, aber versuchen Sie mal hier bei uns einen Radweg zu finden. Da sage ich mir dann auch: Gott, Leute, wacht endlich auf!
Wie steht es mit dem Skitourismus?
Das gleiche Thema. Hier wird immer noch ganz stark auf den Skitourismus gesetzt. Aus der Historie heraus ist das auch verständlich. Der Tourismus und die Gemeinde müssten jetzt aber umdenken. Die große Frage ist doch: Macht es noch Sinn, dass weiter viele Millionen Euro in diesen Skibetrieb gesteckt werden?
Das ist von vorgestern, das ist alles von vorgestern.
Was halten Sie von der Image-Kampagne „Dein Winter. Dein Sport“, an der sich Ski-Orte, Ski-Hersteller und Bergbahnbetreiber beteiligen?
Das ist von vorgestern, das ist alles von vorgestern. Ich kenne diese Diskussionen und muss leider sagen: Die Skiindustrie bekleckert sich da nicht mit Ruhm. Das tut mir persönlich weh, weil wir auch mit Leib und Seele Skihändler sind. Wir machen 60 Prozent unseres Geschäfts mit Wintersport und verkaufen pro Jahr etwa 40.000 Paar Ski - Langlaufski, Tourenski und Alpinski. Ich will den Skisport auch überhaupt nicht verteufeln. Aber natürlich muss sich auch der Alpin-Skisport fragen: Wie wollen wir denn ins nächste Jahrzehnt gehen? Wie wollen wir mit Nachhaltigkeit umgehen?
Auf dem Titel Ihres Winterkatalogs geben Sie eine Antwort. Da sieht man einen E-Biker, der seine Ski mit auf sein Rad gepackt hat.
Ja, das Foto haben wir bewusst gewählt. Das stammt aus dem Corona-Winter, in dem die meisten Skigebiete geschlossen waren. Das war der erfolgreichste Winter, den wir als Skihändler je hatten.
Wie das? Die Skigebiete waren doch alle geschlossen.
Die Einheimischen hier haben sehr schnell umgeschaltet, die sanften Wintersportarten sind förmlich explodiert: Skitouren, Langlauf, Schneeschuh-Gehen, Winterwandern, Winter-Running, Winter-Biken. Es war ein fantastischer Skitouren-Winter. Es war superschön zu sehen, wie viele Leute mit ihren Familien hier die gesperrten Pisten hochmarschiert sind. Viele Familien haben selbst für ihre kleinen Kinder Skitouren-Ausrüstung gekauft. Wir konnten die Nachfrage nicht decken. Die Produkte waren nicht in der Masse verfügbar.
Warum ein E-Bike auf dem Cover eines Wintersport-Katalogs?
Weil das der Trend im Corona-Winter war. Die haben uns die Türen eingerannt wegen der letzten E-Bikes. Die Leute haben sich E-Bikes gekauft und sind damit zum Skifahren gefahren. Bis Mai und Anfang Juni sind die hier hochgeradelt und haben ihre Skitouren gemacht.
Der Alpin-Skisport wird sicher neue Wege gehen müssen.
Hat der Wintersport überhaupt noch Zukunft?
Es wird immer Wintersport geben. Aber der Alpin-Skisport wird sicher neue Wege gehen müssen. Ist es in der heutigen Zeit noch richtig, Pisten für Hunderttausende von Euro und mit einem unsäglichen Energieaufwand künstlich zu beschneien? Darüber sollte zumindest diskutiert werden.
Macht Ihnen das Unternehmersein mit Nachhaltigkeit auch mehr Spaß?
Es hat mir schon immer Spaß gemacht, Spaß gemacht hat das jedem in unserer Familie. Aber bei Nachhaltigkeit geht es ja nicht nur um Spaß. Man spürt schon auch, wie sehr man da auf Entscheiderseite gefordert ist. Da gibt es keine gelernten Prozesse wie beim Einkauf oder Marketing. Da braucht es sehr viel Herz und Mut, weil manche Entscheidungen natürlich auch wehtun. Da geht es als letzte Konsequenz darum, auf bestimmte Umsatzteile zu verzichten.
Haben Sie deswegen schon Umsatzverluste hinnehmen müssen?
(denkt nach) Nein, kann ich jetzt so nicht sagen. Wir hatten bislang keine Umsatzverluste, aber die werden kommen. Das liegt nicht am Thema Nachhaltigkeit, sondern am Klimawandel. Wir leben sehr stark vom Wintergeschäft. Wenn die Winter noch milder werden, wird uns das treffen. Das ist unvermeidlich. Darauf müssen wir uns einstellen und unser Geschäftsmodell entsprechend anpassen.
Conrad setzt auf Nachhaltigkeit im Sportfachhandel
Mit der Verbindung zweier weltbekannte Skiorte könnte die Adresse für einen Wintersport-Spezialisten nicht passender sein: Das Ladengeschäft von Sport Conrad in Garmisch-Partenkirchen liegt an der Chamonixstraße. Sport Conrad hat sich bundesweit unter Skisportlern einen Namen gemacht. Und dies vor allem mit Komplettpaketen – Ski, Skistiefel, Stöcke, Bindung, Anzug, also alles, was man braucht, zum fairen Preis.
Die Räume sind so, wie sie in einem guten Fachgeschäft sein sollten. Hell, viel Holz, auch Naturstein, großzügig geschnitten. Da wirkt nichts beengt oder in die Regale gestopft. Man sieht sofort, weshalb das Sportgeschäft den Ruf hat, bestens sortiert zu sein.
Geschäftsführer Hans Conrad hat sein Familienunternehmen nicht nur sehr erfolgreich auf E-Commerce ausgerichtet. Unter dem Slogan „Wir denken um“ setzt Conrad sehr konsequent Nachhaltigkeit im Sportfachhandel um. Deswegen saß Conrad auch als Referent beim 9. Bayerischen CSR-Tag mit auf dem Podium.
Wie ernst es Conrad mit der Nachhaltigkeit meint, zeigt sich im Detail, einem roten Rennrad. Das steht in seinem Büro nicht als Deko rum, es ist das Rad, mit dem er zu seinen Läden fährt. Conrad hat nachhaltige Bewegung in den Sportfachhandel gebracht. Gleichwohl präsentiert sich der Firmenchef nicht als Pionier oder Trendsetter. Er gibt sich bescheiden und betont, dass letztlich nur die Politik die großen Weichen stellen kann.
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