Denise Amrhein „Der Mensch ist entscheidend“
Hotel-Chefin und IHK-Ausschussvorsitzende Denise Amrhein über Sommergeschäft, Fachkräfte, Ehrenamt und den Wert persönlicher Kontakte.
In einem Jahr der Krisen und Katastrophen tat die Meldung richtig gut: Bayerns Hotels, Gästehäuser und Pensionen haben im Juni 2022 rund 3,6 Millionen Gäste und knapp 9,8 Millionen Übernachtungen verzeichnet. Damit hat das Übernachtungsgeschäft im Freistaat fast das Vor-Corona-Niveau wieder erreicht.
Da poppt natürlich sofort die Frage auf, wie es Oberbayerns Tourismusbetrieben insgesamt geht. Niemand weiß das besser als Denise Amrhein, studierte Betriebswirtin, Chefin des Hotels Fuchsbräu in Beilngries und Vorsitzende des IHK-Tourismusausschusses. Also rufen wir doch mal in Beilngries an. Denise Amrhein sagt sofort ein Interview zu. Es wird ein spannendes Gespräch über Hotel-Strategie und die Themen, die Oberbayerns Tourismusbranche bewegen: Fachkräfte, verödende Innenstädte, E-Bike-Boom, Social Media, Booking.com und die Konkurrenz von Österreich und Südtirol.
Frau Amrhein, was hat Sie bewogen, den Vorsitz des IHK-Tourismusausschusses zu übernehmen?
Ganz einfach: Ich wurde vorgeschlagen. Mein Vorgänger war eine Münchner Größe, der Peter Inselkammer. Er hatte das Amt abgegeben, weil er ins IHK-Präsidium gewählt wurde und den Vorsitz für den Regionalausschuss München übernommen hat. So bekannt bin ich natürlich nicht. Und dann komme ich aus dem nordöstlichsten Zipfel Oberbayerns – aus Beilngries im Altmühltal.
Sie sind trotzdem einstimmig gewählt worden.
Offenbar war ich ein gutes Gesamtpaket (lacht). Ich bin schon seit ein paar Jahren im Tourismusausschuss, habe in München studiert, dort lange gelebt und leite heute das Hotel Fuchsbräu, einen Familienbetrieb in fünfter Generation. Ich denke, das war der Punkt: Die IHK wollte eine Unternehmerin als Vorsitzende haben. Wir haben im Ausschuss auch Mitglieder, die als Angestellte für Bergbahnen, Touristik-Verbänden und für Reisebüros arbeiten.
Die sind alle nahe dran am Geschäft.
Ja, das ist auch das, was das Thema Tourismus für alle so attraktiv macht. Es geht da nicht um hoch-komplexe Produktionsprozesse. Jeder fährt einmal in den Urlaub, geht mal schön zum Essen und kann sich unter Tourismus etwas vorstellen. Damit kann man alle Leute ansprechen und Emotionen wecken.
Es kommen auch die Tagungen wieder.
Urlaub dahoam, das zieht offenbar noch immer. Bayerns Übernachtungszahlen im Sommer waren gut. Wie läuft Ihr Geschäft in diesen Tagen?
Wir hatten eine super Sommersaison, noch einmal besser als 2021. Und der vergangene Sommer war schon top. Was uns beruhigt: Es kommen auch die Tagungen wieder.
Sie machen Ihr Geschäft also mit Urlaubern und Firmenkunden.
Ja, wir haben wieder sehr viele klassische Touristen im Haus, die meisten sind Radlfahrer. Auch die Firmen kommen zurück. Die holen ihre Weihnachtsfeier nach, machen bei uns Sommerevents mit Rahmenprogramm. Wir haben viele Stammfirmen, es sind auch viele neu dazu gekommen, die Seminare bei uns machen wollen.
Zu Beginn des Corona-Lockdowns gab es die Sorge, die Tagungshotels könnten für immer schließen.
Ja, das hat uns auch beunruhigt. Es gab Prognosen und Befürchtungen, dass die Unternehmen die Tagungen einstellen und Mitarbeiter nicht mehr auf Geschäftsreise schicken. Zum Glück ist es nicht so gekommen. Nur bei den Geschäftsreisen haben wir noch nicht das Vor-Corona-Niveau erreicht.
Haben Sie die Wirtschaftshilfen in Anspruch genommen?
Ja, die Soforthilfe gleich am Anfang und danach die Überbrückungshilfen. Wir hatten einen guten Steuerberater, der sich gekümmert hat. Mein Mann Christian ist auch Betriebswirt. Wir haben beide das Gleiche studiert und uns im Studium kennengelernt. Er war viele Jahre lang nur für Finanzen tätig. Der kennt sich da wirklich gut aus. Das war extrem hilfreich. Ich hatte zu keinem Zeitpunkt wirkliche Existenzsorgen.
Wo kommen Ihre Gäste her?
Vorwiegend aus dem näheren Einzugsgebiet, also Bayern, Baden-Württemberg und Hessen. Wir haben relativ wenig Gäste aus anderen Bundesländern. Wir machen unser Geschäft mit Kurztrips, mit Gästen, die hier ihren Zweit- oder Dritturlaub machen – und häufig für ein verlängertes Wochenende zum Radelm ins Altmühltal kommen. Wir richten bei uns auch viele Familienfeiern aus.
Seminare sind unser Hauptgeschäft.
Welche Unternehmen buchen bei Ihnen ein?
Seminare sind tatsächlich unser Hauptgeschäft. Wir haben 100 bis 200 Firmenkunden, die für ihre Seminare zu uns kommen. Da sind ein paar Große dabei, die sehr viel bei uns buchen. 10 bis 15 Firmen machen 80 Prozent des Geschäfts. Die Autoindustrie macht sehr viel bei uns. Es kommen auch Versicherungen und Unternehmensberatungen, die bei uns Konflikttrainings und Kommunikationstrainings machen.
Sind Sie stolz darauf, dass auch Audi und BMW zu Ihnen kommen?
Das sind natürlich tolle Referenzkunden. Aus dem Umfeld der Auto-Konzerne haben wir weitere Kunden: Zulieferfirmen, Ingenieurs-Dienstleister, neulich hatten wir den IT-Dienstleister von Audi hier zu Gast.
Wie schaffen Sie es, Firmen zu Stammkunden zu machen?
Das liegt definitiv an unseren Mitarbeitern. Das ist unser wertvollstes und am besten gepflegtes Gut. Mir war das von Anfang an wichtig, dass wir hier ein gutes Betriebsklima und gute Leute haben. Wir bieten unseren Mitarbeiteren viel Weiterbildung an, wir wollen, dass die auch Spaß bei der Arbeit haben.
Woher wissen Sie, dass das von Ihren Gästen wahrgenommen wird?
Weil genau das von unseren Kunden am meisten gelobt wird: Dass wir so ein freundliches Team haben. Bei uns gibt es wenig Fluktuation. Es gibt einen Wiedererkennungseffekt, wenn Gäste wieder zu uns kommen, da sind fast freundschaftliche Beziehungen entstanden. Die Firmen haben feste Ansprechpartner bei uns im Haus. Auch das wirkt sich positiv auf die Kundenbindung aus.
Wir gelten als Top-Adresse für gutes Essen.
Sie tragen doch sicher auch zu dieser Teamleistung bei.
Ich glaube schon, dass unsere Leitung ganz gut ist. Was auch ein wichtiger Punkt ist: Wir haben ein für sich stehendes Restaurant auch unter dem Namen Fuchsbräu. Das läuft sehr gut. Wir gelten im Umkreis von 50 Kilometern um Beilngries als Top-Adresse für gutes Essen.
Bringt das auch mehr Hotelgäste?
Ja, das zieht Leute an. Wir stehen im Slow Food Genussführer Deutschland, wir haben im Wettbewerb „Ausgezeichnete Bayerische Küche“ mit drei Rauten die höchste Wertung bekommen. Wir haben deshalb wahnsinnig viele private Feiern. Wenn wir hier in Beilngries Firmung und Kommunion haben, gibt es immer gleich mehrere Familien, die bei uns reservieren. Das ist auch ein starkes Argument für Hotel- und Tagungsgäste, dass unser Essen so gut schmeckt.
Hört sich gut an. Fachkräfte brauchen Sie also keine.
Doch, es ist schon so, dass auch wir Leute suchen. Aber es ist bei uns nicht so gravierend wie in anderen Betrieben. Die müssen zusätzliche Ruhetage einrichten oder haben nur noch abends offen, weil sie zu wenig Personal haben.
Gott sei dank habe ich wieder neue Azubis.
Kommen Sie ohne solche Notmaßnahmen aus?
Wenn alle gesund sind, ja, dann haben wir genügend Leute. Aber jetzt hatten einige Corona oder Sommergrippe. Dann wird es auch bei uns eng, dann müssen die Gesunden noch mehr arbeiten. Gott sei dank habe ich wieder neue Azubis, die im Herbst bei uns anfangen.
Das IHK-Magazin schreibt, Nachhaltigkeit sei der Mega-Trend im Tourismus. Spüren Sie den auch?
Ja, die Nachfrage ist da, aber sie ist derzeit noch nicht kaufentscheidend. Man muss da auch authentisch und glaubwürdig sein. Was wir nachweisen können: Wir sind EMAS-zertifiziert (Umweltmanagesystem zur Reduzierung des Ressourcenverbrauchs auf Basis der internationalen ISO 14001-Norm, die Red.).
Verlangen Ihre Firmen-Kunden von Ihnen solche Nachweise?
Bislang haben nur VW und Siemens danach gefragt. Die wollten wissen, was wir für Nachhaltigleit tun. Wir mussten uns auf einer Supplyer-Datenbank registrieren. Da gab es die Frage: „Haben Sie ein Umweltzertifitat? Und wenn ja, welches?“ Da haben wir dann EMAS eingetragen. Ich weiß jetzt nicht, ob die auf Basis dieser Kriterien entscheiden. Absagen hatten wir jedenfalls noch keine.
Kommen wir zu Ihrem Ehrenamt. Mit welchen Themen beschäftigt sich der IHK-Ausschuss?
Absoluter Spitzenreiter ist das Thema Fachkräftemangel. Das wird rauf und runter diskutiert. Gemeinsam mit anderen Ausschuss-Vorsitzenden haben wir virtuelle Gespräche mit der Politik und auch mit dem Bundesarbeitsministerium geführt. Im Kern ging und geht es um die Frage, wie wir unsere Unternehmen mit mehr Fachkräften aus dem Ausland versorgen können.
Haben diese Gespräche erste Ergebnisse gebracht?
Es geht derzeit erst einmal darum, bei den Politikern das nötige Bewusstsein zu schaffen. Die müssen verstehen, wie dringend das Problem ist – und dass unsere Nachbarländer das gleiche Problem haben. Wir bekommen diese Leute aus dem Ausland nur, wenn wir ihnen gute Bedingungen bieten.
Was verstehen Sie unter guten Bedingungen?
Wir brauchen für diese Leute bezahlbaren Wohnraum. Wenn der Lohn für die Miete draufgeht, gibt es null Anreiz zum Arbeiten nach Deutschland zu gehen. Einen Führerschein haben auch nicht alle. Viele wollen oder können sich kein Auto leisten. Also brauchen wir ein gutes ÖPNV-Angebot für diese Leute.
Ist die Sprache kein Problem?
Doch, natürlich. Man braucht das Sprachniveau von B1, um als Fachkraft arbeiten zu können. Uns fehlen aber auch Arbeitskräfte für einfache Tätigkeiten, für die das B1-Niveau nicht erforderlich ist. Da brauchen wir einfache Lösungen.
Die Innenstädte verlieren brutal an Attraktivität.
Wie steht es um den Städte-Tourismus?
Das Innenstadt-Thema ist ein weiterer großer Punkt für unsere Ausschuss-Arbeit. Wir sehen das leider in vielen bayerischen Städten: Die Innenstädte verlieren brutal an Attraktivität. Die schönen Fachgeschäfte, die Traditionshäuser verschwinden. Das Problem ist, dass alles zusammenhängt - Einzelhandel, Tourismus, Hotellerie und Gastronomie.
Gibt es dazu erste Ideen in Ihrem Ausschuss?
Wir diskutieren das seit Jahren, weil wir alle lebendige, bunte Innenstädte wollen. Ideen gibt es viele, aber für unsere Innenstädte braucht es ein Gesamtkonzept. Das hat noch keiner. Corona hat das Sterben des Einzelhandels noch beschleunigt. München hat noch eine attraktive Innenstadt. Ich war vor einigen Tagen dort und habe leider gesehen: Den Kaut-Bullinger gibt’s nicht mehr. Wieder ein Stück weniger von dem, was die Stadt ausmacht. Das finde ich schade.
Ist Overtourism noch ein Thema?
Im ersten Pandemie-Sommer kam die Debatte auf, da sind einige Orte in Oberbayern fast überrannt worden.
Ein Konfliktgebiet war der Kochelsee. Dort wollten Kommunalpolitiker die Region für Münchner sperren.
Ja, genau. Man hat damals über die Lenkung von Besucher-Strömen diskutiert. Heute steht das Thema nicht mehr so weit oben auf der Agenda, weil nur einige Gemeinden und Gebiete Oberbayerns vom Massentourismus betroffen sind.
Wir sind ein Ausflugsziel, aber kein Urlaubsgebiet.
Gibt es ein touristisches Nord-Süd-Gefälle in Oberbayern?
Ja, schon. Im nördlichen Oberbayern haben wir das Problem Overtourism überhaupt nicht. Wir sind hier ein Ausflugsziel, aber kein Urlaubsgebiet. Am Tegernsee zum Beispiel sieht das völlig anders aus. Dort machen die Leute Sommer-Urlaub, wer es sich leisten kann, errichtet dort seinen Altersruhesitz, die Hotellerie ist hochpreisig.
Ein nachhaltiger Tourismus sieht wohl anders aus.
Deshalb hatten die Eichstätter Tourismusgespräche in diesem Jahr genau das als Schwerpunkt: die Akzeptanz des Tourismus bei den Einheimischen. Ich finde es alarmierend, dass es Gebiete gibt, in denen die Menschen den Tourismus schon ablehnen. In einigen Alpenregionen ist das wirklich krass, da ist die Stimmung aggressiv. Dort werden sich Urlauber nicht mehr wohl fühlen.
Ukraine-Krieg, Inflation, Gas-Krise, Pandemie – das sorgt ja alles nicht für Urlaubsstimmung. Fürchten Sie, dass das Geschäft wieder einbricht?
Ja, natürlich macht uns das Sorgen. Aber ich weiß momentan nicht, ob und wie stark sich das auf unser Geschäft auswirkt.
Wir haben für den Winter relativ gut Tagungen gebucht.
Haben Sie schon Stornierungen?
Nein, im Gegenteil. Wir haben für den Winter relativ gut Tagungen gebucht. Das hatten wir für den Herbst 2021 aber auch. Dann kam wieder ein Lockdown, und die Firmen kamen nicht. Momentan sieht es nicht nach einem großen Einbruch aus. Kann sein, dass es überhaupt nicht schlimm wird. Aber ich gebe zu, ich bin unsicher, wie es weitergeht.
Das Altmühltal ist eine Radfahr-Region. Steigen viele E-Biker im Fuchsbräu ab?
Ja, das ist tatsächlich ein extremer Boom. Wir haben seit dieser Saison eigens Ladeschränke für die Akkus. Mehr als die Hälfte der Radler, die bei uns übernachten, sind E-Biker. Ihre größte Sorge ist, dass man ihnen nachts die Akkus klaut. Weil wir nicht wollen, dass die abends alle ihre Akkus mit auf das Zimmer nehmen, haben wir jetzt das Angebot Ladeschrank. Da können insgesamt 32 Akkus geladen werden. Jeder Slot ist abschließbar, da wird nichts geklaut. Der Service kommt extrem gut an bei unseren Gästen.
Das Altmühltal vermarktet sich gut mit dem Naturpark und den Radwegen. Sind Sie zufrieden mit dem Teamwork in Ihrer Region?
Ja, total. Der Naturpark Altmühltal ist eine super gute Organisation. Das liegt maßgeblich an den beiden Personen, die das verantworten: Heike Baumgärtner und Christopf Würflein. Die machen das beide schon seit vielen Jahren. Die sind hier auch aus der Ecke, die stecken da viel Herzblut rein. Genau das bringt unsere Region weiter.
Wir kommen aus dem Spiel auch nicht raus.
Reden wir über einen Player, der das Hotelgeschäft verändert hat: Booking.com. Viele Hoteliers klagen über die Schattenseiten dieser Plattform.
Natürlich gibt es die. Wir kommen aus dem Spiel auch nicht raus. Wir sind auf Booking.com, versuchen aber ziemlich erfolgreich, die Leute dazu zu bringen, auf unserer eigenen WebSite zu buchen.
Machen sich die Konsumenten darüber überhaupt Gedanken?
Die Oberfläche von Booking ist ja ganz schön zu bedienen, die arbeiten aber mit Methoden – meine Güte. Wenn es heißt, nur noch zwei Zimmer verfügbar oder jetzt sofort buchen, sonst ist das Quartier weg, das stimmt ja alles gar nicht, und das weiß doch heute jeder. Ich denke, mittlerweile wissen auch einige Gäste, wie hoch die Provisionssätze von Booking sind. Die etwas kritischeren Gäste nutzen die Plattform zur Hotelsuche – und kontaktieren dann direkt das Hotel.
Die Masse bucht aber weiter auf Booking.com, weil das eben so bequem ist.
Ja, das ist das, was ich so schlimm finde: Booking ist so übermächtig. Früher gab es zumindest einige Mitbewerber, aber die sind fast verschwunden. Heute gibt nur noch Booking. Bei den Hotel-Bewertungen ist es genauso. Vor einigen Jahren waren da HolidayCheck und TripAdvisor noch feste Größen. Jetzt zählt nur noch die Bewertung auf Google.
Einen Rest von Wettbewerb gibt es zumindest noch: Die Preisbindung gibt es nicht mehr.
Das war ein Riesenerfolg für uns. Es gab vor Jahren die gerichtliche Auseinandersetzung um die Bestpreis-Klausel, die stand sogar in den AGBs drin. Hotels durften ihre Zimmer einem Gast nicht günstiger anbieten als die Buchungsplattform, mit der sie kooperierten. Zum Glück ist das weg. Bei uns kostet die Nacht weniger, wenn man auf unserer Website bucht, als auf Booking.com.
Spüren Sie die Konkurrenz von Airbnb oder billigen 5-Sterne-Hotels an der türkischen Riviera?
Ich glaube, die Leute, die in Oberbayern Urlaub machen, fliegen nicht für ein paar Tage in die Türkei oder nach Marokko. Unsere Zielgruppe sind eher Ältere, die es gerne komfortabel und sicher haben wollen. Die wollen es nicht zu heiß, die wollen Erholung ohne Risiko. Unsere Konkurrenten sitzen in Österreich und Südtirol.
Ich gebe zu: Ich war mit der Familie auch deshalb im Salzkammergut, weil Österreich für die Region perfekt geworben hatte.
Ja, das stimmt leider. Im Marketing sind die uns immer einen Schritt voraus. Das gilt auch für den ÖPNV. In Südtirol können Sie mit Mini-Bussen jedes Bergdorf ohne Auto erreichen. Da haben wir viel nachzuholen. Es gibt aber immerhin ein Projekt in der Region 10, das ist das Gebiet um Ingolstadt, Eichstätt und Pfaffenhofen. Die wollen sich an Südtirol orientieren. Die wollen sich besser vernetzen und mit Info-Screens oder Website den Leuten zeigen, was man in der Region machen kann.
Unser größtes Übel ist die Bürokratie.
Ist nicht genau das das Problem? Es geht wieder nur um sehr kleine Schritte. Südtirol ist weltweit ein fester Begriff auf dem Tourismusmarkt. Schweiz, Frankreich und Italien vermarkten gemeinsam die Mont Blanc-Region.
Das stimmt schon. Alle wissen, dass man Oberbayern als Gesamtpaket besser verkaufen müsste. Aber unser größtes Übel ist die Bürokratie. Es dauert alles ewig. Die erste Frage ist: Wer ist denn überhaupt zuständig? Dann muss man 1.000 Formulare ausfüllen, bis man überhaupt einen Antrag stellen kann. Man verliert einfach die Lust. Wir haben zu viele Bedenkenträger. In Österreich und Südtirol sind die für neue Ideen aufgeschlossener.
Ihre Gäste sind vorwiegend ältere, gesetzte Leute. Wie kommen Sie denn an die Jungen ran? Welche Bedürfnisse haben die?
Das ist jetzt echt eine gute Frage (lacht). Wir haben selbst Kinder im jungen Erwachsenenalter. Wenn ich mir anschaue, wie die so ticken: Die sind sehr Sport-affin und mögen gutes Essen.
Das sind doch schon einmal gute Ansatzpunkte.
Beim Thema Essen und Trinken haben wir sicher keine Nachwuchssorgen. Junge Leute gehen gerne mit ihren Partnern schön zum Essen. Wir haben hier die Kaiserbeck-Bar, die hat viele jüngere Gäste. Aber Sie haben schon recht, mit den Freizeitaktivitäten im Altmühltal spricht man nicht unbedingt junges Publikum an.
Was ist mit Instagram? Wenn Influencer Videos von sich auf Hängebrücken, Sandstränden oder Berghütten hochladen, fahren danach Tausende da hin. Die wollen an den gleichen Stellen ein Selfie machen.
Ich finde es verwerflich, wenn man sich so inszeniert. Aber klar, man muss auf Social Media etwas machen. Das Altmühltal ist zumindest auf Facebook ziemlich aktiv.
Die Staatsregierung sieht in der Digitalisierung große Chancen für den Tourismus. Wie viel versprechen Sie sich davon?
Digitalisierung klingt ja gut. Das Problem ist nur, dass jeder etwas anderes darunter versteht. Digitalisierung kann für bestimmte Aufgaben und Tätigkeiten eine Entlastung sein, aber letztlich ist der Mensch entscheidend. Es geht nichts über gute persönliche Kontakte. Anonymes, digitales Einchecken und mit seinem Smartphone die Zimmertür öffnen - das will einfach keiner.
Die Fragen stellte Martin Armbruster
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