Interview

Hubert Aiwanger: "Wir werden Produktion verlieren"

Hubert Aiwanger
© Andreas Gebert / IHK

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger spricht im Interview über die Lage der Wirtschaft, Standortwettbewerb, Probleme der Industrie und die Politik der Ampelkoalition. (März 2023)

Die Teilnehmer fanden das gut und ermutigend: Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) kam am 14. Februar ins Münchner IHK-Stammhaus zum 2. IHK-Selbstständigentag. Im anschließenden Interview mit Martin Armbruster sprach er Klartext.

Herr Aiwanger, die Konjunktur-Daten bessern sich. Sind wir endlich aus dem Gröbsten raus?

Aufgrund der Parameter, die bei mir ankommen, ist die Lage unserer Wirtschaft deutlich stabiler, als es draußen, in der öffentlichen Debatte den Anschein erweckt. Die Lage unserer Wirtschaft ist besser als die Stimmung im Land. Auch die jüngste BIHK-Konjunkturumfrage sieht ein Ende des Stimmungstiefs in der bayerischen Wirtschaft.

Woran machen Sie das fest?

Wir haben zum Beispiel den LfA-Liquiditätskredit. Mit dem würden wir Betrieben helfen und für die Kredite der Hausbank bürgen, sollten sie wegen der hohen Energiepreise in eine Schieflage kommen. Das ist ein typisches, gutes Krisen-Instrument. Dafür haben wir derzeit sehr wenig Nachfrage.

Wie groß ist bei Ihnen die Erleichterung über die sinkenden Energiepreise?

Ich glaube, in Bayern ist jeder froh darüber, dass Schluss ist mit dieser Weltuntergangsstimmung, die wir im Spätsommer und Herbst hatten. Die war auch berechtigt. Mit den damaligen Preisen hätten unsere Unternehmen nicht lange durchgehalten. Aber noch immer sind die Energiepreise zu hoch. Zum Glück hat sich die Lage etwas normalisiert. Von den Banken höre ich, dass es auch da wenig Nachfrage nach Krediten gibt, um Liquiditätslücken zu schließen. Leider kann es natürlich auch sein, dass der eine oder andere sagt, ich höre lieber ganz auf, bevor ich einen Kredit aufnehme.

Laut jüngster IHK-Konjunkturumfrage bewegt sich Bayerns Wirtschaft auf dünnem Eis. Könnten wir wieder einbrechen?

Ich will nichts schönreden, aber Fakt ist: Wir haben nicht den Flächenbrand, den viele befürchtet hatten. Das zeigt sich auch darin, dass Bayerns Unternehmen den Fachkräftemangel wieder als Problem Nr.1 bezeichnen. Die Unternehmen würden nicht nach Leuten suchen, wenn sie vor dem Untergang stünden. Wenn man sich die anderen Indikatoren anschaut, die geringe Zahl an Insolvenzen, die schwache Kreditnachfrage, gibt es ein Gesamtbild, das mich doch zuversichtlich stimmt.

Die EZB-Zinsschritte tun schon weh.

Hubert Aiwanger, bayerischer Wirtschaftsminister

Machen Ihnen die von der EZB gemachten und angekündigten Zinsschritte gegen die Inflation keine Sorgen?

Die tun schon weh. Ich weiß das von einem Betrieb konkret, der schon seit Jahren mit Schulden zu kämpfen hatte. Der hat jetzt Insolvenz angemeldet, weil irgendwann der Punkt kommt, an dem die Refinanzierung nicht mehr gelingt. Einen neuen Kredit gibt es jetzt halt nicht mehr für null Prozent Zins. Ich befürchte schon, dass von den Betrieben, die schon länger kränkeln, jetzt einige aufgeben.

Insgesamt hält sich Bayerns Wirtschaft wieder recht gut in der Krise. Welchen Anteil hatten die Hilfen der Bundesregierung daran?

Vieles von dem, was in Berlin groß angekündigt wurde, ist bei uns noch gar nicht angekommen. Die Energiepreis-Bremsen greifen zum Teil nicht richtig und werden vor allem von den größeren Betrieben noch kaum genutzt. Berlin hat hier ein halbes Jahr vertrödelt.

Die größte Sorge in Bayern war, dass die Bundeshilfen zu spät bei kleinen Betrieben ankommen.

Das ist das, was mich am meisten erschüttert. Die Härtefall-Hilfen für die KMUs, die wir Länder organisieren sollen, konnten erst im März scharf gestellt werden, weil der Bund immer neue Hindernisse in den Weg legt. Seit Oktober diskutieren wir darüber, zig-mal wurden die Kriterien verändert.

Agiert die Bundesregierung zu zögerlich?

In meinen Augen hätte die Bundesregierung gezielter und schneller auf die hohen Energiepreise reagieren müssen. Dann bräuchten wir jetzt nicht so viel Nothilfe hinten raus. Am wirkungsvollsten waren die Überbrückungshilfen in der Corona-Zeit und jetzt die einmalige Zahlung eines Gas-Abschlags. Das hat eine schnelle Entlastung gebracht. Berlin hätte sehr viel früher Gas- und Strompreis entkoppeln müssen. Das hätte den Betrieben viele Kosten erspart. So hat man ohne Not die Substanz der Betriebe verheizt.

IHK und Staatsregierung teilen die Sorge um den Bestand unserer energieintensiven Industrie. Für die machen sich die USA gerade unschlagbar attraktiv. Wird Produktion aus Bayern abwandern?

Die Sorge habe ich durchaus. Das gilt vor allem für die Chemie-Industrie. Schon aufgrund der hohen Energiepreise haben wir da einen Aderlass erfahren. Die Unternehmen haben weniger Erdgas verbraucht und dafür die Produktion heruntergefahren. Jetzt beginnt die Verlagerung ganz schleichend. Man hat die Firma noch hier, produziert aber nur noch mit angezogener Handbremse, investiert wird aber woanders. Deshalb braucht Deutschland dringend einen Industriestrompreis von circa 4 Cent.

Das ist ein politisches Selbstzerstörungsmanöver.

Hubert Aiwanger, bayerischer Wirtschaftsminister

Welche Folgen hat das vor kurzem beschlossene Verbot von Autos mit Verbrennungsmotor ab 2035?

Das ist ein politisches Selbstzerstörungsmanöver, das die EU da fährt. Verbrennerverbot für Neuwagen ab 2035, das ist ein fatales Signal an die Branche: Wir wollen Euer Produkt nicht mehr. Die Bundesregierung unterstützt das leider. Mit den Stimmen von Rot-Grün hat das EU-Parlament das beschlossen. Nur zur Erinnerung: Es sind bayerische Autos mit Diesel- oder Benzinmotor, die seit Jahrzehnten unser Exportgeschäft nach oben ziehen.

Die EU setzt mit dem Green Deal auch beim Schwerverkehr an.

Ja, bei den Lkws muss sich die Flottenbilanz bei den CO2-Emissionen bis 2030 halbieren. In meinen Augen ist auch das tödlich. Wir werden die Lkws in dem Tempo nicht umrüsten können. Was sollen unsere Spediteure jetzt machen? Ihre Flotten lahmlegen und im außereuropäischen Ausland anmelden? Das wird nicht funktionieren, wir können nicht bis 2030 in Deutschland 150.000 Lkws ersetzen. Die einzige Lösung ist jetzt, massiv in Wasserstoff zu gehen bei den LKW. Aber Berlin verzögert die Förderbescheide.

Was ist dran an Medienberichten, in denen es heißt, die Unternehmen wollten Produktion nach Deutschland rückverlagern?

Da mag es einzelne Fälle geben, aber an einen Trend glaube ich nicht. Dafür leisten wir uns zu viele hausgemachte Probleme, die die gesamte Wirtschaft runterziehen. Das wird dazu führen, dass wir unter dem Strich Produktion verlieren werden. Das gilt für die Industrie, die Automobilbranche, für die Chemie, Aluminium, Stahl, auch für den Pharmabereich. Biontech verlagert die Krebsforschung nach Großbritannien, weil dort die Bedingungen besser sind.

Die Chemie-Industrie sieht auch im Klimaschutz-Ziel der Staatsregierung eine Belastung. Klimaneutral bis 2040 – wie soll Bayern das schaffen?

Mit einer massiven Wasserstoff-Strategie. Das ist für mich die General-Antwort. Nur so können wir die Grundlastfähigkeit für die Wirtschaft herstellen. Das Ziel ist klar: Wir müssen unsere Wirtschaft im großen Stil dekarbonisieren. Die fatale Strategie der Grünen ist ja: Unseren Wohlstand zurückfahren, Industrie ins Ausland ziehen lassen, was ja auch Emissionen mindert. Das ist quasi eine Bilanzfälschung.

Klimaschutz geht nur mit Technik.

Hubert Aiwanger, Bayerischer Staatsminister für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie

Was schlagen Sie vor?

Klimaschutz geht nur mit Technik und Wirtschaftswachstum. Es ist der falsche Weg, uns mit Verzicht runterhungern. Das würde unsere Gesellschaft nicht mittragen. Damit würden wir auch die Klimaschutzziele nicht erreichen, weil wir uns dann die dafür nötige Technik nicht mehr leisten könnten. Wenn ich dazu noch ein Stichwort sagen darf …

Ja, bitte.

Ein Beispiel: Paul Nutzfahrzeuge bei Passau. Der hat viele Anfragen von Speditionen und Logistikunternehmen, weit über 1.000 Wasserstoff-Lkws bis 2027. Aber die Speditionen kriegen die Förderbescheide vom Wissing nicht (Bundesverkehrsminister Volker Wissing, FDP, die Red.) Wir haben in Berlin nachgefragt: Was macht Ihr da eigentlich? Betreibt Ihr Sabotage? Dann hieß es, nein, nein, vom BAML (für Logistik und Mobilität, die Red.) werden die Bescheide im ersten oder zweiten Quartal 2023 bearbeitet.

Sie kritisieren fehlende Planungssicherheit.

Ja, und in Berlin werden schon wieder die Förderkriterien verändert. Jetzt sollen wohl nur noch die besten 50 Prozent der Antragssteller Fördergeld bekommen und so weiter. Nach Stand der Dinge würden vielfach nicht einmal batterieelektrische Fahrzeuge den Zuschlag bekommen. Ja, wer denn dann? Das ist kompletter Unsinn. Erst baut man einen riesigen Druck auf, und dann kommen die Fördergelder nicht. Der Bund muss einfach ein paar Milliarden auf den Tisch legen, damit die Lkw-Flotte auch umgebaut werden kann. Siehe USA – fast 400 Milliarden!

Dafür schaffen wir lokale Ökosysteme.

Hubert Aiwanger, bayerischer Wirtschaftsminister

Wie bekommen wir es hin, schnell ein Netz mit Wasserstoff-Tankstellen hinzustellen?

Dafür schaffen wir lokale Ökosysteme. Niemand bestellt blind einen Lkw. Bevor einer in 30 Wasserstoff-Lkws investiert, sichert der sich ab. Dann geht der zu einem Betreiber eines Elektrolyseurs. Ob das die Kommune, ein Landwirt oder Investor ist, ist egal. Der Spediteur sagt: Ich brauche in den nächsten Jahren so und so viele Tonnen Wasserstoff. Sein Partner stellt dann seine Windräder, Photovoltaik-Anlagen und seinen Elektrolyseur hin und erzeugt die benötigte Menge.

Wie lange wird es dauern, bis solche Ökosysteme entstehen?

Diese Prozesse laufen schon. Paul produziert die Lkws, der MaierKorduletsch, ein großer Heizölhändler, baut gerade eine Wasserstoff-Tankstelle mit Zuschuss des Freistaats Bayern. Die wird im September eingeweiht und bezieht Wasserstoff, geplant vom Elektrolyseur in Wunsiedel. So hat man einen geschlossenen Kreislauf.

Für das Ziel Klima-Neutralität werden wir aber viel Wasserstoff brauchen.

Neben der heimischen Produktion brauchen wir auch die große Lösung. Die kommt als zweiter Schritt mit Pipelines aus Nordafrika, Norwegen, vielleicht auch aus der Ukraine, wenn der Krieg vorbei ist.

Sie waren schon mehrmals im Chemiedreieck in Südostbayern. Wie geht es dort weiter?

Die Investitionsbereitschaft ist nach wie vor gegeben. Gleichzeitig blinzeln die Akteure aber immer stärker in Richtung USA wegen der günstigen Energie.

Der Bund muss seine Strategie dringend ändern.

Hubert Aiwanger, Bayerischer Staatsminister für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie

Deshalb fordert Wacker in Burghausen auch zwei neue Stromleitungen.

Man muss da schon realistisch bleiben. In meinen Augen kann man dort vorerst nur in kleinen Mengen Wasserstoff erzeugen. Deshalb sollen dort jetzt 40 Windräder hinkommen und so weiter. Der große Befreiungsschlag kommt aber erst dann, wenn wir die heutigen Erdgas-Pipelines auf Wasserstoff umstellen. Da muss der Bund seine Strategie dringend ändern.

Wie sieht denn die Bundesstrategie dazu derzeit aus?

Die Bundesregierung besteht auf die strikte Trennung der Gas- und Wasserstoffnetze. Die Betreiber der Gasnetze dürfen über ihre Pipelines künftig keinen Wasserstoff leiten. Das ist für mich völlig irreal. Logischerweise müssen doch die heutigen Erdgasnetz-Betreiber die künftigen Wasserstoffnetz-Betreiber sein. Das ist, wie wenn man nach dem Krieg zum Schmied im Dorf gesagt hätte: Du darfst weiter Pferde beschlagen, aber kein Landmaschinen-Mechaniker werden. Für die Landmaschinen muss dann der Sohn vom Dorfpolizisten eine eigene Werkstatt aufmachen. Auch wenn der keine Ahnung hat.

Das klingt absurd.

Das ist auch völlig absurd. Wir müssen dem Bund die Augen öffnen und auch der EU, die bei dem Regulierungschaos mitmischt. Die Bayernwerk Netz, die lokalen Gasnetz-Betreiber, die kommunalen Stadtwerke, die müssen Wasserstoff in ihren Leitungen führen dürfen. Wer sonst soll das denn machen? Das sind doch die Fachleute.

Geht das denn technisch überhaupt?

Das ist kein abrupter Schnitt. Die gehen aus dem einen Geschäftsmodell fließend raus, mischen im ersten Schritt Wasserstoff bei. Teilweise hat man heute drei Erdgasleitungen parallel. Dann macht man halt zweimal Gas und einmal Wasserstoff – bis man dann irgendwann dreimal Wasserstoff hat. Auch die regionalen Verteilernetze können problemlos umgeswitcht werden. Selbst die großen Leitungen könnten wir zu 70 Prozent nutzen, so wie sie sind.

Was sagt denn die Bundesregierung zu dem Thema?

Die Unternehmen wollen, der Bedarf ist da, technisch geht es auch, aber dann kommt der Bund mit dem Staatssekretär Graichen (Patrick Graichen, Ex-Chef von Agora Energiewende, heute Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, die Red.) und ruft: Stopp! Wir machen das selbst. Wie bitte, soll das denn funktionieren?

Trauen Sie das der Bundesregierung nicht zu?

Wie gut das läuft, wenn der Bund eingreift, zeigt doch: Wir brauchen ein halbes Jahr, um einen einfachen Energie-Härtefallfonds auf den Weg zu bringen. Und dann will ich sehen, wer die Wasserstoff-Leitungen planen soll. Wenn der Bund das macht, werden wir in 50 Jahren nicht fertig.

Da herrscht Chaos mit Ansage.

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger

Wie nachteilig wirkt sich heute aus, dass Bayern keinen Bundesminister mehr hat?

Es kommt natürlich darauf an, wer dann in Berlin säße, aber den Schaden halte ich für immens. Ich muss schon sagen: Diese Ampel, ich tituliere sie mittlerweile als Ampel-Gehampel, das ist auf allen Ebenen ein Drama. Das betrifft die Gesundheitspolitik, wo die Krankenhaus-Landschaften massakriert werden. Das Elend setzt sich fort in der Energie- und Wirtschaftspolitik. Die in Berlin kriegen die Fäden einfach nicht zusammen. Da herrscht Chaos mit Ansage. Der Kanzler hat keinen Führungsanspruch, das Kabinett ist sich permanent uneinig. Man hat nicht den Eindruck, dass die irgendein Problem lösen wollen.

Gibt es etwas, das Sie gut finden, was die Bundesregierung gemacht hat? Die erleichterte Zuwanderung aus Drittstaaten zum Beispiel.

Auch das wird torpediert durch das Bürgergeld. Als die Ukrainerinnen kamen, hat es ja geheißen: Jetzt kommen endlich Leute, die wir in der Wirtschaft sofort einsetzen können. Aber die Geflüchteten aus der Ukraine, andere Menschen mit Migrationshintergrund und Arbeitslose fragen sich doch gerade: Warum soll ich in gewissen Branchen für einen Lohn arbeiten, der nicht höher ist als das Bürgergeld? Das ist ein falscher Anreiz, da stehen wir uns wieder selbst im Weg.

Wie geht es den Branchen, die Ihnen besonders am Herzen liegen: der Hotellerie und Gastronomie?

Ja, da läuft es wieder sehr gut. Wir hatten 2022 ein sehr gutes Jahr im Vergleich zu 2021, aber es fehlt einfach an allen Ecken an Personal. Im Tourismus haben wir wieder fast den Stand von vor Corona.

Was würde der Gastronomie jetzt helfen?

Wir brauchen dringend eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten. Die EU-Arbeitszeitvorgaben machen das möglich – die müssen nur auch in Deutschland umgesetzt werden. Wenn die Belegschaft das will, können dann zehn oder elf Stunden am Tag gearbeitet werden. Das ist wichtig, weil wir in der Gastro oft Spitzenbelastungen haben. In den nächsten Tagen wird dann etwas weniger gearbeitet. Alles wäre deutlich flexibilisiert. Aber das wollen die in Berlin nicht.

Sie haben vor den Selbstständigen auch die Notwendigkeit einer Steuerentlastung betont.

Ja, weil wir so, wie es jetzt läuft, nicht weiterkommen. Die Bundesregierung sagt jetzt ganz zynisch: Du als Arbeitgeber kannst Deinen Mitarbeitern ja 3.000 Euro Inflationsausgleichsprämie steuerfrei geben, wenn Du willst. Aber vom Rest kassieren wir trotzdem die volle Einkommensteuer. Wir brauchen für die Gastro dringend die Verstetigung der 7 Prozent Mehrwertsteuer und die Ausweitung auch auf Getränke.

Vielleicht weil der Staat gerade jetzt Geld braucht.

Wir haben eine Phase, in der der Staat massiv an der Inflation verdient, die Arbeitnehmer aber bluten lässt, weil ihr Gehalt mit der Preissteigerung nicht mitwächst. Das ist demotivierend. Ich mache jetzt mal die Rechnung auf …

Wir sind gespannt.

Wer für den Mindestlohn arbeitet, bekommt 12 Euro pro Stunde. Bei einer 40 Stundenwoche gibt das knapp 2.000 Euro im Monat. Davon zahlt der Arbeitnehmer 400 Euro Sozialabgaben und je nach Steuerklasse 150 Euro Steuern. Bleiben 1.450 Euro netto. Der Arbeitgeber zahlt aber nochmals 400 Euro Sozialabgaben. Von den 2.400 Euro kommen nur 1.450 Euro an.

Was müsste sich in dieser Rechnung ändern?

Wenn der Lindner (Bundesfinanzminister Christian Lindner, FDP, die Red.) Beschäftigung und Gastronomie fördern will, sollte er entweder die Einkommensteuer senken oder die Sozialabgaben bezuschussen. Die Gefahr ist doch, dass Niedriglohn-Empfänger bei der jetzigen Lage die Lust verlieren und Bürgergeld beantragen. Dann zahlt niemand die zweimal 400 Euro für die Sozialabgaben. Das zahlt dann nur noch der Staat. Also die anderen Steuerzahler.

Vielleicht steuert die Bundesregierung noch nach.

Da sehe ich in Berlin nicht den geringsten Ansatz, obwohl das aus FDP-Sicht doch ein gangbarer Weg wäre – und auch aus SPD-Sicht. Die sagen immer, sie wollen niedrige Einkommen entlasten, warum tun sie es dann nicht? Das wären Lösungen für mehr Personal in vielen Bereichen. Aber offenbar ist der Ampel lieber, auch die Normalverdiener hören zu arbeiten auf und beantragen Bürgergeld.

Es gibt viel zu tun in Bayern, habe ich jetzt gehört …

(lacht)

Wollen Sie im Oktober nochmals Wirtschaftsminister werden?

Ja, es ist schon mein Ziel, Bayerns Wirtschaftsminister zu bleiben.