Zusätzliche Arbeitskräfte gewinnen und Arbeitsmarkt flexibilisieren
Allein in Bayern könnten bis 2037 rund 630.000 Beschäftigte auf dem Arbeitsmarkt fehlen. Der Grund liegt in der demografischen Entwicklung. Das verschärft nicht nur den schon heute in vielen Bereichen akut spürbaren Personalmangel. Auch das Wirtschaftswachstum wird spürbar gedämpft.
Auf einen Blick
Der Arbeitskräftemangel wird sich im Zuge der demografischen Entwicklung weiter verschärfen. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, müssen alle Potenziale auf dem Arbeitsmarkt genutzt, Anreize für eine höhere Erwerbsbeteiligung gesetzt und Flexibilisierungsspielräume geschaffen werden. Ansatzpunkte hierfür sind:
- Ältere für eine längere Erwerbstätigkeit gewinnen
- Erwerbstätigkeit von Frauen steigern
- Zuwanderung von Arbeitskräften weiter vereinfachen
- Beschäftigung von Geflüchteten leichter ermöglichen
- Arbeitsanreize stärken
- Flexibles und mobiles Arbeiten erleichtern
Ältere für eine längere Erwerbstätigkeit gewinnen
In Bayern werden bis 2037 aufgrund der Altersstruktur rund 635.000 weniger Personen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Wenn es gelingt, die Anreize für die Frühverrentung konsequent abzubauen und das Arbeiten jenseits des gesetzlichen Renteneintrittsalters attraktiver zu gestalten, kann diese Lücke deutlich reduziert werden. Konkrete Ansatzpunkte sind:
- „Rente mit 63“ für besonders langjährig Versicherte abschaffen
- Abschlagfaktor für den vorzeitigen Renteneintritt anheben
- Mindestalter für Inanspruchnahme von Altersteilzeit erhöhen und steuerliche und beitragsrechtliche Vorteile abschaffen
- Befristungsmöglichkeit von Rentenbeziehenden beim bisherigen Arbeitgeber schaffen
33,5 Prozent der Führer/-innen von Fahrzeug- undTransportgeräten sind älter als 55 Jahre
Erwerbstätigkeit von Frauen steigern
In Deutschland und Bayern arbeitet etwa die Hälfte aller Frauen in Teilzeit. Es braucht stärkere Anreize für eine höhere, bestenfalls vollzeitnahe Erwerbsbeteiligung von Frauen und
bessere Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf:
- Beitragsfreie Familienmitversicherung für Ehepartner in der gesetzlichen Kranken- und
Pflegeversicherung perspektivisch aufheben - Steuer- und abgabenfreien Betrag für freiwillige Arbeitgeber-Betreuungszuschüsse ausweiten und Kinder bis 14 Jahren einbeziehen
- Kostengünstige und ganzjährige Betreuung für Kinder bis zum Ende der Grundschule und
ausreichend Pflegeplätze sicherstellen
Zuwanderung von Arbeitskräften weiter vereinfachen
Lediglich fünf Prozent der interessierten ausländischen Fachkräfte kommen nach Deutschland. Damit mehr ausländische Fachkräfte nach Deutschland kommen, braucht es Folgendes:
- Image und Anwerbekampagnen ausbauen
- Bei erfahrenen Fachkräften soll der ortsübliche Lohn gelten und Ausnahmen bei der staatlich anerkannten Ausbildung möglich sein
- Dauer der befristeten Beschäftigungsmöglichkeit für Unqualifizierte ausweiten und für
nicht-tarifgebundene Unternehmen öffnen - Berufsbezogenen Deutschunterricht im In- und Ausland durch personelle, finanzielle und digitale Mittel ausweiten
Beschäftigung von Geflüchteten leichter ermöglichen
Asylsuchende und Geduldete erhalten frühestens nach 3 Monaten eine Arbeitserlaubnis. Geflüchteten sollten einen einfacheren Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen:
- Sofortige Beschäftigungserlaubnis ohne Wartezeiten ausstellen
- Rücknahme des Asylantrags zugunsten einer Ausbildung oder Fachkrafttätigkeit gemäß dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz unbürokratisch ermöglichen
Arbeitsanreize stärken
Bei Beziehenden von Transferleistungen erhöht ein zusätzlicher Verdienst das verfügbare
Einkommen oft nur geringfügig. Der Bezug mehrerer Sozialleistungen nicht ausreichend aufeinander abgestimmt. Für erwerbsfähige Leistungsbeziehende müssen stärkere Anreize geschaffen werden, eine möglichst existenzsichernde Beschäftigung aufzunehmen:
- Hinzuverdienstgrenzen neu justieren und bestehende Parallelförderungen besser aufeinander abstimmen und Transferentzugsrate absenken
- Regelsätze beim Bürgergeld verantwortungsvoll gestalten und das Lohnabstandsgebot wahren
- Vermittlungsvorrang beachten und Sanktionsmöglichkeiten konsequent anwenden
Flexibles und mobiles Arbeiten erleichtern
Zeitlich flexibles Arbeiten ist in Deutschland nur beschränkt möglich. Die Spielräume der
EU-Arbeitszeit-Richtlinie zur Arbeitszeitgestaltung werden nicht in vollem Umfang ausgenutzt. Arbeitszeiterfassung und mobiles Arbeiten sind gesetzlich unzureichend geregelt. Unternehmen brauchen:
- Die Umstellung auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit und mehr Gestaltungsmöglichkeiten bei den Ruhezeitregelungen
- Eine klare und praxistaugliche Regelung der Arbeitszeiterfassung schaffen, damit unter anderem Vertrauensarbeitszeit möglich bleibt
- Kein gesetzlicher Anspruch auf mobiles Arbeiten und die Klarstellung, dass bei freiwilliger mobiler Arbeit eine Information des Arbeitnehmers über eine sicherere Arbeitsplatzgestaltung ausreicht, um die Anforderungen des Arbeitsschutzes zu erfüllen