Verteidigungsindustrie und Innovation

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München und Oberbayern gelten als wichtigster Standort der Verteidigungsindustrie in Deutschland, wenn nicht sogar in Europa. Ein Drittel der deutschlandweit direkt in den Unternehmen der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie erzeugten Wertschöpfung wird in Bayern erwirtschaftet. Im Jahr 2023 (Zeitraum Januar bis September) beliefen sich die bayerischen Rüstungsexporte auf 2,05 Mrd. Euro.

Insbesondere finden sich Hersteller von Kampfflugzeugen und -fahrzeugen sowie Rüstungselektronik in München und Oberbayern wieder.

Der Standort München spielt darüber hinaus eine entscheidende Rolle bei militärischen Innovationen und Neugründungen.

Inhalt

Die Gesamtverteidigung Deutschlands

Die Gesamtverteidigung umfasst alle Maßnahmen, die vom Staat und der Gesellschaft ergriffen werden, um die Widerstandsfähigkeit im Falle von Krisen oder militärischen Auseinandersetzungen zu gewährleisten. Sie betrifft nicht nur die Bundeswehr, sondern auch zivile Akteure, Unternehmen und öffentliche Institutionen.

Das 1955 entwickelte und 2024 ergänzte Konzept der Gesamtverteidigung beruht auf vier Säulen:

  • Die NATO und die ihr unterstellten Teilstreitkräfte der Bundeswehr
  • Die bodenständige Landesverteidigung
  • Die gemeinsam mit der NATO koordinierte Luftverteidigung
  • Die vom Bundesinnenministerium koordinierte zivile Verteidigung

Welche Rolle hat die Wirtschaft im Rahmen der Gesamtverteidigung?

Unternehmen sind entscheidend für die Vorbereitung und Bewältigung von Krisen. Es ist notwendig, dass Produktions- und Lieferketten widerstandsfähig sind, kritische Infrastrukturen geschützt werden und Unternehmen im Ernstfall die Grundversorgung sicherstellen können. Zudem müssen Unternehmen auf mögliche Einschränkungen und Herausforderungen vorbereitet sein.

Interne Notfallpläne sowie Vorsorgemaßnahmen sollten deshalb rechtzeitig getroffen werden. Dazu zählen u.a. Prozesse wie das Business Continuity Management (BCM), der Schutz vor hybriden Bedrohungen sowie der Schutz vor physischer Sabotage.

Leistungsverpflichtungen im Kontext der Gesamtverteidigung

Im Falle einer Krise oder eines Verteidigungsfalls wird die öffentliche Hand stärker auf die Unterstützung der Wirtschaft angewiesen sein. Unternehmen können durch öffentliche Aufträge zur Sicherstellung wichtiger Dienstleistungen und Güter beitragen. Besonders in den Bereichen Logistik, Versorgung, IT-Sicherheit, Bau und Infrastruktur kann zu großer Nachfrage kommen.

Beispielfälle für die Zusammenarbeit zwischen privater Wirtschaft und öffentlicher Hand sind der sogenannte Host Nation Support (HNS), die Convoy Support Center (CSC) oder Leistungsverpflichtungen im Rahmen der gesamtstaatlichen Verteidigung.

Der Begriff Host Nation Support (HNS) beschreibt die Unterstützung ausländischer Streitkräfte durch das Gastland, wobei innerhalb der Bundeswehr zwischen drei wesentlichen Arten dieser Unterstützung differenziert wird:

  • Erstens die Bereitstellung von Leistungen im Inland für ausländische Truppen
  • Zweitens die Unterstützung eigener Truppen während ihres Transits durch andere Länder
  • Drittens die Bereitstellung von Unterstützung in Einsatzgebieten Deutschland nimmt dabei eine doppelte Rolle ein: Es fungiert nicht nur als Gastgeber für internationale Streitkräfte, sondern nutzt auch die Gastfreundschaft anderer Nationen, um unsere eigenen Soldatinnen und Soldaten in Auslandseinsätzen zu unterstützen.

Die Convoy Support Center (CSC) sind im Grunde genommen Rast- und Sammelplätze für die marschierenden Truppen. Sowohl Mensch als auch Material bereiten sich dort mit logistischer Unterstützung durch Dritte auf ihre nächste Etappe vor. Vor Ort müssen sie mit Verpflegung, Betten, Treibstoff, Ersatzteilen und allem, was sie benötigen, versorgt werden.

Grundsätzlich können CSC auch in an der Marschroute liegenden militärischen Liegenschaften eingerichtet werden, weil dort die entsprechenden technischen und räumlichen Voraussetzungen ideal vorhanden sind. Für den Fall dringend benötigter CSC müssen daher jederzeit andere – zivile – Objekte mit vergleichbarem möglichen Wirkungspotenzial rechtzeitig identifiziert und betrieben werden, um zeitnah an jeder denkbaren Marschroute die erforderliche „Rastplatz-Unterstützung“ vollumfänglich leisten zu können. Für den Betrieb dieser CSC sind daher gerade zivile Behörden, Polizei und Blaulichtorganisationen sowie Vertragspartner aus der Wirtschaft erforderlich.

Bestandteile eines Convoy Support Centers CSC
© Grünbuch ZMZ 4.0

Die unterschiedlichen Leistungs- und Sicherstellungsgesetze ermöglichen es der öffentlichen Hand, die Unternehmen gegebenenfalls zu den notwendigen Leistungen zu verpflichten. Dazu zählen beispielsweise:

  • Arbeitssicherstellungsgesetz
  • Bundesleistungsgesetz
  • Energiesicherungsgesetz
  • Energiesicherungstransportverordnung
  • Erdölbevorratungsgesetz
  • Ernährungssicherstellungs- und -vorsorgegesetz
  • Landbeschaffungsgesetz
  • Postsicherstellungsgesetz
  • Schutzbereichgesetz
  • Telekommunikationsgesetz
  • Verkehrsleistungsgesetz
  • VerkehrssicherstellungsgesetzWassersicherstellungsgesetz
  • Wirtschaftssicherstellungsgesetz

Die IHK als Bindeglied zwischen Wirtschaft und öffentlicher Hand

Die IHK für München und Oberbayern bietet sich als Austauschplattform für Wirtschaft, Bundeswehr und Politik an und bezieht die Wirtschaft frühestmöglich in die Prozesse mit ein. Wir sensibilisieren die gewerbliche Wirtschaft für die Themen der Gesamtverteidigung und tragen somit einen Beitrag zur gesamtgesellschaftlichen Resilienz bei.