Wirtschaftsstandort

Konjunktur Herbst 2024: Bayerische Wirtschaft im Gegenwind

24_61_064_konjunkturbericht_h24_web_grafik_1_titel

Stimmung in der bayerischen Wirtschaft fällt im Herbst erneut zurück. Der BIHK-Konjunkturindex sinkt um 8 Zähler auf 99 Punkte und liegt etwa auf dem Niveau des Herbstes 2023, deutlich unterhalb des langjährigen Durchschnitts von 112 Punkten. Sowohl die Geschäftslage der Unternehmen als auch ihre Erwartungen für die kommenden Monate sind deutlich gedämpft. Fehlende Nachfrage aus dem In- und Ausland sowie eine hohe Verunsicherung hinsichtlich der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen lassen die Hoffnungssignale vom Frühjahr verstummen.

Inhalt

Die Geschäftslage als erste Komponente der Indexberechnung geht per Saldo um 6 Zähler auf 9 Punkte zurück und liegt deutlich unterhalb des langjährigen Durchschnitts von 17 Punkten. Der Abstand zum bisherigen Höchstwert vom Jahresbeginn 2018 beträgt mittlerweile 46 Zähler. Industrie, Dienstleister und Handel melden schlechtere Geschäfte als zuletzt. Bessere Rück?meldungen kommen lediglich aus der Tourismusbranche. Im Baugewerbe bleiben die Geschäfte
nahezu unverändert auf niedrigem Niveau.

Trotz Zinswende, rückläufiger Inflation, gesunkener Energiepreise und steigender Kaufkraft der privaten Konsumenten keimt bei den Unternehmen keine Zuversicht auf. Im Gegenteil, die Geschäftserwartungen brechen per Saldo um 10 Zähler auf -10 Punkte ein und liegen fern des langjährigen Durchschnitts von 7 Punkten. Lediglich im Vergleich zum Vorjahr ist der Pessimismus weniger stark ausgeprägt (Saldo Herbst 2023: -15 Punkte). Dies gilt insbesondere für Dienstleister, Handel und Baugewerbe. In der Industrie sind die Aussichten hingegen ähnlich düster wie im Herbst 2023, im Tourismus gar noch pessimistischer.

Das anhaltend trübe Konjunkturbild spiegelt sich auch in den Investitions- und Beschäftigungs?plänen der Unternehmen wider. Per Saldo sinken die geplanten Inlandsinvestitionen auf den niedrigsten Wert seit der Energiekrise im Herbst 2022, die Beschäftigungspläne gar auf den schlechtesten Wert seit der Corona-Pandemie im Herbst 2020.

Die hohe Unzufriedenheit mit den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen zeigt die struktu?rellen Probleme und den eformstau auf. Mit der Wachstumsinitiative setzt die Bundesregierung ein richtiges Zeichen. Erfolgsentscheidend ist nun die zügige und konsequente Umsetzung der Maßnahmen noch in dieser Legislaturperiode. Für ein dauerhaft höheres Wachstumspotenzial sind jedoch größere Kraftanstrengungen in den Feldern Besteuerung, soziale Sicherungssysteme, Energieversorgung, Verteidigung und Verwaltung notwendig.

Industrie

  • Die schwache Nachfrage aus allen zentralen Märkten (EU, China, USA) beschert der Industrie die schlechteste Geschäftslage seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020. Bei über 40 % der Industrieunternehmen sind die Kapazitäten nicht ausreichend ausgelastet. Auch die Aussichten für die kommenden Monate sind angesichts der schwachen Auftragsperspektive düster.
  • Die zentralen Risiken sehen die Industrieunternehmen in der fehlenden Inlandsnachfrage und den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen. Auch die Energie und Rohstoffpreise bleiben ein relevantes Risiko.

Dienstleistungen

  • Auch bei den Dienstleistern – bislang Fels in der konjunkturellen Brandung – verschlechtern sich die Geschäfte. Vor allem die konsumnahen Dienstleister sind unzufrieden. Der Blick auf die kommenden Monate fällt innerhalb der Dienstleistungsbranche verschieden aus. Insgesamt halten sich Optimisten und Pessimisten die Waage, was für eine Stabilisierung, aber gegen Wachstumsimpulse spricht.
  • Risiken sehen die Betriebe in den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, in der fehlenden Inlandsnachfrage und im Arbeitskräftemangel.

Handel

  • Der Einzelhandel ist aufgrund des nicht anspringenden privaten Konsums unzufriedener mit seinen Geschäften als noch im Frühjahr. Auch der Großhandel meldet schlechtere Geschäfte als zuletzt. Die Schwäche der Industrie und des Baugewerbes dürfte hier zusätzlich belasten. Auf die kommenden Monate blicken beide Handelsbereiche äußerst pessimistisch.
  • Als zentrales Risiko sehen die Unternehmen die schwache Inlandsnachfrage an. Auch die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen und die Arbeitskosten dämpfen die Aussichten.

Baubranche

  • Die Geschäfte im Baugewerbe bleiben insgesamt stabil auf niedrigem Niveau. Allerdings gibt es Unterschiede: während der Hochbau nach wie vor äußerst schlecht läuft, melden der Tiefbau und das Ausbaugewerbe gute Geschäfte. Mit Blick auf die kommenden Monate verschärft sich der Pessimismus, zum Teil auch saisonbedingt, erneut. Das Niveau ist aber angesichts der sinkenden Zinsen nicht mehr so düster wie noch im Herbst 2023.
  • Hohe Risiken sehen die Unternehmen in den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen und im Arbeitskräftemangel. Auch die fehlende Inlandsnachfrage bleibt ein zentrales Risiko.

Tourismus

  • Im Tourismus laufen die Geschäfte deutlich besser als zuletzt. Die Branche profitiert von der guten Sommersaison. Für die kommenden Monate sind die Betriebe aber äußerst skeptisch. Der Rückgang geht über die durchschnittliche saisonbedingte Verschlechterung im Herbst hinaus.
  • Als Hauptrisiko sehen die Unternehmen die hohen Arbeitskosten. Auch der Arbeitskräftemangel und die Energie- und Rohstoffpreise bereiten Sorgen.

Liquidität und Risiken

Die Finanzlage in der bayerischen Wirtschaft bleibt nahezu unverändert. Insgesamt melden 51 % der Betriebe eine gute, 37 % eine befriedigende und 9 % eine schlechte Liquiditätslage. Mit 3 % bleibt der Anteil an Unternehmen, der eine existenzbedrohende Liquiditätslage meldet, gering.