ifo Studie

Entgangene Wirtschaftsleistung durch hohen Bürokratieaufwand

ifo_studie_buerokratieaufwand

Durch die überbordende Bürokratie entgehen Deutschland bis zu 146 Milliarden Euro pro Jahr an Wirtschaftsleistung. Das zeigt eine Studie des ifo Instituts im Auftrag der IHK für München und Oberbayern.

Ausgangslage in Deutschland

Gesetze und Regelungen gewährleisten in einem Rechtsstaat einen einheitlichen und transparenten Rechtsrahmen. Doch ein Übermaß an Einzelverordnungen wird häufig als Bürokratie und damit als Belastung wahrgenommen. Insbesondere in den letzten Jahren wuchs bei Vertretern der Wirtschaft die Sorge um den Wirtschaftsstandort Deutschland, da der steigende bürokratische Aufwand mit erheblichen zusätzlichen Kosten für Unternehmen einhergeht. Die vorliegende Studie untersucht die gesamtwirtschaftlichen Kosten, die durch hohen Bürokratieaufwand entstehen. Zudem wird beleuchtet, ob und in welchem Ausmaß die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen dazu beitragen kann, die wirtschaftlichen Kosten durch Bürokratie zu verringern.

Untersuchungsergebnisse

Die Ergebnisse der internationalen Analyse zeigen, dass ein umfassender Bürokratieabbau mit einem Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Leistung bzw. des realen BIPs pro Kopf um 4,6% einhergeht. In Deutschland jedoch blieb ein solch tiefgreifender Bürokratieabbau aus; stattdessen nahm der bürokratische Aufwand weiter zu. Während andere Länder ihre Bürokratie deutlich reduzierten, verharrte Deutschland auf dem Niveau des internationalen Durchschnitts. Die ökonometrische Schätzung des ifo-Instituts zeigt die Effekte einer hypothetischen, umfassenden Verwaltungsreform im Jahr 2015, mit der Deutschland auf das Niveau Bürokratie-Niveau Schwedens gekommen wäre.

Hätte Deutschlandim Jahr 2015 einen umfassenden Bürokratieabbau durchgeführt, wäre das BIP pro Kopf 2022 um 2.449 € höher ausgefallen. Im Zeitraum von 2015 bis 2022 hätte dies einem jährlichen Zuwachs des realen BIPs pro Kopf von durchschnittlich 1.766 € entsprochen. Damit entging Deutschland eine Wirtschaftsleistung von durchschnittlich 146 Milliarden Euro jedes Jahr. Abgeleitet von Bayerns Anteil am deutschen BIP (18,6% in 2023) gehen uns jährlich 27 Milliarden Euro allein in Bayern verloren.

Zudem zeigen die Ergebnisse, dass ein Digitalisierungsschub in der öffentlichen Verwaltung
das reale BIP pro Kopf bei unverändertem Bürokratieaufwand um 2,7% steigern
könnte. Der positive Effekt der Digitalisierung ist besonders ausgeprägt in Ländern mit hohem bürokratischen Aufwand. In der Zusammenschau deuten die Ergebnisse darauf hin, dass ein signifikanter Bürokratieabbau in Deutschland entscheidend zur Senkung der gesamtwirtschaftlichen Kosten beitragen könnte und die Digitalisierung dabei eine entlastende Rolle spielen kann.

Handlungsfelder für die Politik

Um zu Ländern mit geringerem bürokratischem Aufwand aufzuschließen, ist zweifellos
eine umfassende Reform erforderlich. Der erwartete Nutzen dürfte den damit verbundenen
Aufwand rechtfertigen. Um die Vorteile einer schlanken Bürokratie voll auszunutzen, bedarf es einer zweigleisigen Strategie: Zum einen muss die Bürokratie grundlegend effizient gestaltet werden, zum zweiten sollten unverzichtbare bürokratische Prozesse konsequent digitalisiert werden. Die Dringlichkeit der Digitalisierung von Verwaltungsprozessen wird zudem durch den demografischen Wandel verstärkt. Die öffentliche Verwaltung sollte einerseits vermeiden, dem Arbeitsmarkt Fachkräfte zu entziehen. Andererseits wird sie ohne Digitalisierung möglicherweise Aufgaben wegen Personalmangels nicht mehr vollständig bewältigen können oder die Dauer von
Verwaltungsverfahren würde sich weiter verlängern.