Was tun, wenn Crowdfunding-Projekte scheitern?
Vom gestrickten Bierkühler über Kartoffelsalat bis zum abgefahrenen Hightech-Gadget hat die Crowd schon vieles finanziert. Nichts scheint unmöglich, und gerade darin liegt der Reiz für viele Projektstarter. Doch nicht alle Projekte, die über die Crowd finanziert werden, halten am Ende, was sie in der Kampagne versprechen. Crowdfunding ist nun mal kein Online-Shop: Nur, wie viele Projekte scheitern tatsächlich in der Umsetzung trotz erfolgreicher Finanzierung? Genau diese Frage stellte sich auch die US-Plattform Kickstarter und gab hierzu eine unabhängige Studie in Auftrag.
Ein Forscherteam der Universität Pennsylvania befragte im Rahmen der Studie 500.000 Unterstützer, die Projekte auf Kickstarter finanziert hatten, nach dem Erhalt der versprochenen Gegenleistungen. Ein Projekt galt als gescheitert, wenn die Unterstützer keine Gegenleistungen erhielten, unabhängig davon, ob das Projekt letztlich umgesetzt wurde oder nicht.
Bei einem von zehn Projekten gehen die Unterstützer leer aus
Im Ergebnis der Studie bleibt einer von zehn Projektstartern seinen Unterstützern die Gegenleistung schuldig. Die Häufigkeit des Scheiterns ist dabei in den verschiedenen Projektkategorien relativ ähnlich. Etwas häufiger waren Unterstützer von Projekten der Kategorien Technologie, Film & Video und Theater mit den erbrachten Gegenleistungen unzufrieden und bezeichneten das Projekt als gescheitert. Interessant ist die Tatsache, dass Projekte, die kleinere Summen einsammelten, öfter ein Dankeschön schuldig blieben.
Kommunikation schafft Verständnis
Trotz der Enttäuschung über ein ausgebliebenes Dankeschön würde der Großteil der Unterstützer weiterhin Crowdfunding-Projekte unterstützen. Es zeigte sich auch, dass gescheiterte Projekte nicht zwangsläufig zu einer großen Enttäuschung werden müssen. Projektstarter, die transparent kommunizierten, warum ein Projekt nicht, wie versprochen, umgesetzt werden konnte oder ihre Unterstützer entschädigten, können oft auf Verständnis hoffen.
Dafür sollten Projektstarter im Falle eines absehbaren Scheiterns aber schnell reagieren und gegenüber ihren Unterstützern ehrlich kommunizieren, was schief lief. Auch die Verwendung des gesammelten Geldes muss hier nachvollziehbar sein. Im Idealfall kann eine (Teil-)Rückzahlung der Gelder an die Unterstützer erfolgen bzw. das Projekt in einer anderen Form realisiert werden.
So vermeiden Projektstarter die häufigsten Stolperfallen
Am besten lässt man es gar nicht erst dazu kommen. Natürlich ist nicht jedes Scheitern selbstverschuldet, z.B. wenn äußere Umstände wie eine Krankheit die Umsetzung verhindern. Doch so mancher „Risiko-Faktor“ lässt sich durch gute Vorbereitung sicher umschiffen.
- Zielsumme richtig kalkulieren und Puffer einplanen
Viele Projekte scheitern, weil bereits am Anfang die benötigten Summen falsch oder zu knapp kalkuliert wurden. Dann müssen Löcher in der Finanzierung durch eigene Mittel gestopft werden. Das ist oft schwierig. Wer Kosten unterschlägt oder „schön rechnet“, damit das Erreichen der Zielsummer leichter wird, schadet am Ende nicht nur sich selbst, sondern verspielt auch das Vertrauen seiner Unterstützer. Stattdessen lieber ehrlich kalkulieren und etwa zehn bis 15 Prozent der Zielsumme als Puffer für den Notfall einplanen. Dann ist man auch auf Unerwartetes gut vorbereitet. Und Überraschungen gibt es immer. Ganz wichtig: Auch wenn es verlockend ist und nach außen toll aussieht, seine Zielsumme um das Zehnfache zu übertreffen: Wer zehnfach einsammelt, muss auch zehnfach ausliefern. Und hier muss, gerade wenn es um die Herstellung haptischer Produkte geht, ganz anders kalkuliert werden (z.B. bedingt durch Verschleiß der Produktionsmittel, Materialaufwand, höheren Logistikaufwand usw.)
- Den Fokus behalten
Oft kommen über eine Crowdfunding-Kampagne nicht nur Geld, sondern auch Ideen und Wünsche der Unterstützer, denen die Projektstarter gerne gerecht werden möchten. Allerdings sollte man aufpassen, nicht zum Wunscherfüllungsautomaten zu werden. Dann besteht die Gefahr, sich zu verzetteln und das ganze Projekt zu gefährden. Besser ist, sich fürs Erste auf das Wesentliche zu konzentrieren. Nur wenn es das Budget und der gesetzte Zeitplan zulassen, können auch Sonderwünsche erfüllt werden.
- Den richtigen Zeitpunkt wählen
Erfolgreiche Projekte sind auch eine Frage des Timings. Wer noch einen sehr langen Weg vor sich hat, bevor sein Projekt Wirklichkeit wird, sollte überlegen, ob eine Crowdfunding-Kampagne nicht zu einem späteren Zeitpunkt sinnvoller ist. Denn von der ersten Idee bis zur tatsächlichen Umsetzung warten noch viele Hindernisse. Wer die Auslieferung der Gegenleistung immer wieder nach hinten verschieben muss, macht sich selbst unnötigen Druck und erhöht den Kommunikationsaufwand enorm. Denn auch die Geduld der Unterstützer hat ihre Grenzen.
Projektstarter sollten immer auf den „Ernstfall“ vorbereitet sein und wissen, was zu tun ist, wenn es mal kriselt. Und nie vergessen, wie im Leben gilt auch beim Crowdfunding: Ehrlich währt am längsten. Offenheit und Transparenz gegenüber den Unterstützern sind nur fair, schließlich haben sie neben dem Geld auch ihr Vertrauen geschenkt. Und die Crowd ist verständig, aber nur wenn man die Erklärung nicht schuldig bleibt.