Wann kommt Crowdfunding in Frage?
Crowdfunding ist ein faszinierender Weg für ein Unternehmen, eine Idee, die Gründung oder das Wachstum zu finanzieren. Aber es ist kein Allheilmittel. Wann kommt Crowdfunding in Frage, und wie läuft es ab?
Neuartig, nutzbringend, emotional
Nicht jede Geschäftsidee ist gleichermaßen für eine Finanzierung durch den Schwarm geeignet. Am erfolgversprechendsten sind innovative Geschäftsideen, die aus Sicht der (zukünftigen) Nutzer einen klaren Mehrwert bieten. Außerdem heben sie sich durch ein Alleinstellungsmerkmal hervor, welches sie von bereits Bestehendem abgrenzt und auf diese Weise besonders macht. Nur interessante und neuartige Projekte haben das Potenzial, das Interesse der Crowd zu wecken.
Im Idealfall begeistert das Projekt und schafft eine emotionale Bindung des potenziellen Unterstützers, sodass dieser Ihr Projekt gerne weiterempfiehlt und so wiederum neue Unterstützer anzieht. Ebenso wichtig ist es, dass sich Ihre Idee prägnant darstellen lässt. Je komplexer eine Geschäftsidee ist, desto schwieriger wird es, die Unterstützer zu überzeugen. Beim Crowdinvesting sollte das Geschäftsmodell außerdem skalierbar sein, sodass eine Rendite für die Investoren auch realisierbar ist.
Crowdfunding erst dann, wenn die Umsetzung in greifbarer Nähe ist
Crowdfunding/-investing ist für junge Unternehmen vor allem in der Frühphase interessant, in der die Produktentwicklung größtenteils abgeschlossen ist und zusätzliches Kapital für die Markteinführung, die Weiterentwicklung des Produkts, für Marketing und/oder für den Ausbau von Kapazitäten benötigt wird. In dieser Phase gibt es bereits ein gut darstellbares Geschäftsmodell und einen funktionierenden Prototypen des Produkts, mit dem Sie Ihre Idee für potenzielle Unterstützer greifbar machen. Ist die Zeit zwischen Finanzierung und Umsetzung des Projekts zu lange, besteht die Gefahr, die Geduld der Crowd unnötig zu strapazieren, und positive Effekte gehen verloren.
Crowdfunding als ein Baustein in der Finanzierung
Überlegen Sie sich, wie viel Geld Sie benötigen und wie viel Sie durch Crowdfunding erreichen können, um ein realistisches Funding-Ziel zu setzen. Helfen kann dabei die Orientierung an anderen, ähnlichen Projekten, die bereits erfolgreich finanziert wurden.
Untersuchungen erfolgreich finanzierter Projekte haben gezeigt, dass es ratsam ist, das Funding-Ziel nicht zu hoch anzusetzen. Erscheint eine erfolgreiche Finanzierung in den Augen der Unterstützer von Anfang an unwahrscheinlich, sinkt deren Bereitschaft, das Projekt zu unterstützen. Trotz allem sollten Sie berücksichtigen, dass durch das eingesammelte Kapital auch eine Umsetzung der Idee sichergestellt werden kann. Oft ist Crowdfunding nur ein Baustein im Finanzierungsplan und wird z.B. durch Eigenkapital oder Fördergelder ergänzt. Weitere Quellen sind vor allem dann hilfreich, wenn die Finanzierung über die Crowd scheitert.
Die richtigen Anreize setzen
Gegenleistungen für reward-based Crowdfunding
Reward-based Crowdfunding unterscheidet sich vom bekannten Spendensammeln in erster Linie durch konkrete Gegenleistungen für die getätigte Unterstützung. Die Gestaltung dieser Gegenleistungen ist dabei vollkommen Ihnen überlassen. Machen Sie sich Gedanken, welche Art von Gegenleistungen zu Ihrem Projekt passen und was für Ihre Unterstützer attraktiv wäre. Dazu müssen Sie sich im Klaren sein, wer Ihre Zielgruppe ist. Gegenleistungen, die das Interesse der Zielgruppe nicht treffen, bleiben wirkungslos. Außerdem ist es wichtig, darüber nachzudenken, wie sich die Dankeschöns entsprechend dem Wert sinnvoll staffeln lassen.
Realisierbare Rendite beim Crowdinvesting
Crowdinvesting, auch equity-based Crowdfunding genannt, geht einen Schritt weiter und macht Unterstützer zu Investoren. Das heißt, diese verfolgen mit ihrem Einsatz eine Gewinnabsicht und partizipieren am Unternehmensgewinn. In der Regel werden hier deutlich größere Summen als beim reward-based Crowdfunding eingesammelt. Üblicherweise handelt es sich dabei um partiarische Darlehen mit erfolgsabhängiger Verzinsung. Hier müssen Sie den Investoren Anreize (z.B. Aussicht auf Gewinnbeteiligung, Beteiligung am Exit) bieten, damit diese bereit sind, ihr Geld für eine feste Zeitspanne an Ihr Unternehmen zu binden. Dies setzt aber auch voraus, dass Ihr Geschäftsmodell skalierbar ist und das Potenzial hat, hohe Renditen zu erwirtschaften und an die Crowdinvestoren weiterzugeben. Das ist nicht bei jedem Geschäftsmodell der Fall.
Lassen Sie sich nicht von der Vorstellung täuschen, Geld aus dem Internet wäre leicht verdientes Geld. Der Aufwand, der hinter erfolgreichen Crowdfunding-Kampagnen steckt, wird oft unterschätzt. Sie müssen sich also fragen, ob Sie und Ihr Team die nötigen Ressourcen für eine Crowdfunding-Kampagne aufbringen. Einige Punkte, die es zu beachten gilt, haben wir hier zusammengestellt:
- Ressourcen
Eine Crowdfunding-Runde, also der Zeitraum, in dem Unterstützer Ihr Projekt finanzieren können, läuft gewöhnlich mehrere Wochen. Während dieser Zeit – und am besten schon bevor die eigentliche Fundingphase beginnt – sind eine intensive Kommunikation mit der Zielgruppe und eine fortlaufende Betreuung notwendig, um das Interesse der Crowd zu gewinnen und auch zu halten! Planen Sie hier genügend Zeit und Manpower ein.
- Social Media-Affinität
Crowdfunding wird erst durch den Schwarm möglich, und dieser trifft sich vor allem im Netz. Soziale Vernetzung ist der Dreh- und Angelpunkt jeder Crowdfunding-Kampagne. Ihre potenziellen Unterstützer vernetzen sich online z.B. über soziale Netzwerke, tauschen sich aus, kommentieren, empfehlen und kritisieren. Das heißt, Sie müssen die Spielregeln von Social Media verstanden haben, um diese erfolgreich zu nutzen.
- Netzwerk früh aktivieren
Dieser Punkt geht Hand in Hand mit dem vorherigen. Die Gruppendynamik spielt bei der Schwarmfinanzierung eine wesentliche Rolle. Projekte, die es schaffen, relativ schnell eine große Menge an Unterstützern zu gewinnen, haben eine größere Aussicht auf Erfolg. Um dies zu erreichen, ist es von Vorteil, wenn Sie bereits am Anfang des Funding auf eine bestehende Fan-Community zurückgreifen können. Versuchen Sie also so früh wie möglich, Ihr bestehendes Netzwerk aus Freunden und Familie für Ihr Projekt zu aktivieren, damit der Unterstützerkreis möglichst schnell wächst, viele in Ihr Projekt investieren und so wiederum andere Unterstützer anziehen.
- Kommunikationsgeschick und -affinität
Erzählen Sie die Geschichte hinter Ihrer Idee: Wo kommt sie her, und was treibt Sie an? Hören Sie gleichzeitig der Crowd zu. Treten Sie in Dialog mit Ihren Unterstützern, und nehmen Sie Rückmeldungen ernst. So können Sie wertvolles Feedback erhalten, das Ihnen dabei hilft, Ihre Idee weiterzuentwickeln und zu verbessern. Versuchen Sie außerdem, immer zeitnah zu antworten und immer nah an der Crowd zu sein.
Besonders wichtig: Bei allem, was Sie tun – kommunizieren Sie authentisch und transparent über Ihr Vorhaben und Ihre Ziele. Nichts wird im Social Web so übel genommen wie der Versuch zu täuschen. Diese Auflistung ist bei weitem nicht vollständig, soll Ihnen aber einen ersten Eindruck vermitteln, auf welche wesentlichen Punkte es beim Crowdfunding ankommt. Eine Garantie für den Erfolg gibt es nicht. Viele Crowdfunding-Plattformen geben selbst umfangreiche Tipps, Checklisten bis hin zu Schulungen, wie man eine Crowdfunding-Kampagne plant und umsetzt. WICHTIG: Bevor Sie sich für eine Plattform entscheiden, informieren Sie sich genau über deren Modalitäten.
Voraussetzungen der Plattformen prüfen
Es gibt unterschiedliche Plattformen, die sich als Vermittler zwischen Crowd und Gründer anbieten. Anders als bei Projekt-Plattformen sind die Auswahlkriterien bei Crowdinvesting-Plattformen in der Regel strenger, was in erster Linie mit dem höheren Risiko für die Geldgeber zusammenhängt. Im Falle von Crowdinvesting für Startups erfolgt häufig eine Vorauswahl der Geschäftsmodelle durch die Plattformbetreiber. Nach welchen Kriterien diese stattfindet und wie intensiv die Geschäftsidee geprüft wird, variiert je nach Plattform.
Kostenstruktur und Ausrichtung der Plattform
Wichtig ist auch das Finanzierungsmodell, das hinter der Plattform steht. Wie ist dieses ausgestaltet? Für welche Dinge fallen Kosten an? Schauen Sie auch, welche Art von Projekten Sie auf der Plattform finden und ob Ihr Projekt dazu passt. Dann ist die Chance größer, dass sich die Besucher der Plattform auch für Ihr Projekt interessieren.
Für und Wider von Crowdfunding aus Unternehmenssicht
- Kapital in der Frühphase der Gründung
Klassische Finanzierungswege bleiben Startups mit innovativen Geschäftsmodellen häufig versperrt. Crowdfunding kann die Finanzierungslücke schließen, die zwischen Produktentwicklung und Markteintritt entsteht. - Kurzfristige Finanzierung
Eine Crowdfunding-Runde läuft meistens über einen Zeitraum von wenigen Wochen. Insofern steht das benötigte Kapital bei Erreichen des Mindestfinanzierungsbetrags (Funding-Schwelle) relativ schnell zur Verfügung. - Gewinn von Multiplikatoren
Überzeugte Unterstützer tragen ihre Begeisterung nach außen, besonders wenn diese bereits investiert und damit am Erfolg des Vorhabens interessiert sind. Das Startup profitiert von den Empfehlungen und kann seine Bekanntheit über die bestehende Community hinaus ausbauen. Spannende Crowdfunding-Projekte können außerdem einflussreiche Meinungsführer erreichen und so noch mehr Reichweite erzielen. - Test des Geschäftsmodells
Durch das Alles oder nichts-Prinzip wird eine Crowdfunding-Kampagne gleichzeitig zu einem ersten Markttest für das Produkt bzw. das Geschäftsmodell. Wird die Fundingschwelle nicht erreicht, so erfolgt auch keine Umsetzung der Geschäftsidee. Der Gründer kann somit sanft scheitern ohne große finanzielle Verpflichtungen. - Crowd als zukünftige Kunden
Unterstützer sind oft auch potenzielle Kunden, d.h., der Gründer kann sich durch Crowdfunding eine erste Kundenbasis beim Markteintritt schaffen. Durch die Beteiligung der Unterstützer entsteht eine enge Kundenbindung an das Unternehmen. - Signalwirkung für Investoren
Ein erfolgreiches Crowdfunding hat Signalwirkung nach außen. Gelingt es, die Crowd zu aktivieren und so zu demonstrieren, dass das Geschäftsmodell auch zukünftig Erfolg verspricht, kann das der Türöffner für größere Investitionen sein. - Großer Gestaltungsspielraum
Crowdfunding ist bislang wenig reglementiert. D.h. Startups sind in der Ausgestaltung ihrer Crowdfunding-Kampagne relativ frei. - Gewinn von Know-how und Kontakten
Unterstützer können Startups nicht nur finanziell unter die Arme greifen, sondern mitunter auch wertvolles Feedback für die Weiterentwicklung und Verbesserung der Geschäftsidee liefern. Auch Unterstützung durch Know-how oder Kontaktnetzwerke ist denkbar.
- Hoher Betreuungsaufwand
Das Planen und Umsetzen einer Crowdfunding-Kampagne ist für Startups mit hohem Zeit- und Arbeitsaufwand verbunden. Schon im Vorfeld der eigentlichen Kampagne muss ein entsprechend großer Unterstützerkreis aufgebaut werden. Dieser ist wichtig, damit das Projekt erfolgreich starten kann. Projekte, die bereits kurz nach dem Start des Funding eine hohe Unterstützerzahl aufweisen, sind in der Regel erfolgreicher als andere. Außerdem ist eine intensive und kontinuierliche Kommunikation mit der Crowd nötig, um das Vertrauen der potenziellen Investoren nicht zu gefährden. - Reputationsverlust
Nicht nur Erfolge, sondern auch Misserfolge werden beim Crowdfunding nach außen sichtbar. Schafft es ein Startup nicht, genügend Unterstützer zu organisieren, hat das eine negative Signalwirkung. Auf der anderen Seite bietet ein Misserfolg des Startups aber auch die Chance, das eigene Geschäftsmodell zu überarbeiten. Eine nicht erfolgreiche Kampagne sollte nicht dramatisiert werden, bietet sie doch die Chance am eigenen Produkt oder der Geschäftsidee zu feilen und sie an den Markt anzupassen. Was Crowdfunder jedoch unbedingt vermeiden sollten, ist durch Fehlkalkulation oder Misswirtschaft die versprochene Gegenleistung nicht an die Unterstützer ausliefern zu können. Hier geht Vertrauen verloren, das nur schwer wieder hergestellt werden kann. - Veröffentlichung von Interna
Um potenzielle Investoren oder Unterstützer von dem eigenen Vorhaben zu überzeugen, müssen, insbesondere beim Crodinvesting, viele Informationen aus dem Unternehmen (z.B. über das Geschäftsmodell, den Businessplan, die Finanzierung beim etc.) öffentlich gemacht werden. Diese werden beim Crowdfunding einer größtenteils unbekannten Crowd zugänglich gemacht, was insbesondere für Startups mit leicht kopierbarem Geschäftsmodell eine Gefahr sein kann. - Unzuverlässige Investoren / Widerruf
Investoren haben z.B. beim reward-based Crowdfunding gemäß dem Fernabsatzrecht §312 Abs. 1+2 BGB das Recht, ihre Entscheidung in den ersten zwei Wochen zu widerrufen und die Investition rückgängig zu machen. Außerdem gibt es Fälle, in denen Investoren säumig werden und die zugesagten Investitionen ausbleiben.