Best-Practice: Familienfreundlichkeit bei der Bergader Privatkäserei GmbH
Der Familienpakt besuchte die Bergader Privatkäserei
Anlässlich eines Firmenbesuch des Familienpakts Bayern stellte die Bergader Privatkäserei GmbH in Waging am See ihre vielfältigen Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf vor. Die rund 25 Teilnehmenden nahmen viele betriebspraktische Impulse mit. Begleitet wurde die Veranstaltung von der IHK für München und Oberbayern.
„Familienfreundlichkeit ist uns sehr wichtig. Wir stehen aus Überzeugung, Verantwortungsbewusstsein und Tradition voll dahinter. Als positiver Nebeneffekt hilft sie uns auch bei der Mitarbeiterbindung“, betont Felix Kress, Geschäftsführer der Bergader Privatkäserei GmbH in Waging am See. Mit diesem engagierten Plädoyer für eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf startete am 17. Mai die neue Firmenbesuchsreihe „Familienfreundlichkeit im Wandel: Neue Impulse aus der Corona-Zeit“, die der Familienpakt Bayern gemeinsam mit den Bayerischen IHKs in ganz Bayern umsetzt. Auftakt war der Besuch bei Bergader in Oberbayern.
Tradition der Verantwortung
In einer spannenden Betriebsführung erfuhren die rund 25 Teilnehmenden – Unternehmerinnen, Unternehmer sowie Personalverantwortliche – zunächst viel Wissenswertes über die Käserei: Dass sie bereits vor 120 Jahren vom Urgroßvater des jetzigen Geschäftsführers gegründet wurde, dass täglich 450.000 Kilogramm Milch von 1200 Landwirten angeliefert und zu Käse verarbeitet werden. Im Anschluss stellte der Traditionsbetrieb dann seine Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf vor. Wichtige Wegbereiterin und treibende Kraft, sagt Felix Kress, sei seine Mutter gewesen, die vor ihm den Betrieb führte. „Unser Betrieb hat die Verantwortung für die Mitarbeiter immer schon großgeschrieben, hat ihnen schon von Anbeginn an eine warme Mahlzeit pro Tag ermöglicht. Meine Mutter hat dann aus ihrer eigenen Erfahrung als Mutter und Geschäftsführerin in Vollzeit viele Maßnahmen eingeführt, um Familien jeder Konstellation, ob alleinerziehend oder Patchwork, die Vereinbarkeit zu erleichtern.“ Er setze diesen Weg aus Überzeugung fort.
Betriebskita vom Feinsten
Ein Kernstück ist der Betriebskindergarten „Käsemäuse“. Aktuell werden dort 13 Kita- und 25 Kindergarten-Kinder von 5:30 bis aktuell 18:00 Uhr – bei Bedarf auch bis 22:30 Uhr – betreut. So können die Eltern produktiv arbeiten, weil sie ihre Kinder in guten Händen wissen. „Das Angebot, das das Mütterzentrum Traunstein e.V. als Träger und Betreiber für uns umsetzt, wird so gut von den Mitarbeitenden angenommen, dass die Kita ab dem Sommer nur noch Bergader-Kinder betreuen kann. Bislang stand sie auch Kindern aus der Gemeinde offen, deren Eltern nicht bei uns angestellt sind“, erklärt Elisabeth Völkl, Verantwortliche für das Personalmanagement bei Bergader. Die Kitaplätze werden vom Betrieb bezuschusst. Die Hol- und Bringzeiten sind flexibel und damit sehr bedarfsgerecht.
Flexible Arbeitszetmodelle
Eine weitere wesentliche Vereinbarkeitsmaßnahme sind die flexiblen Arbeitszeiten. Hier gibt es die unterschiedlichsten Teilzeitarbeitsmodelle. „Die Herausforderung bestand und besteht vor allem darin, auch in der Produktion, im Schichtbetrieb größtmögliche Flexibilität zu erreichen“, erzählt Völkl. Das ist gelungen. „Voraussetzung ist hier, dass Tagesschichten komplett geleistet werden: also acht Arbeitsstunden. Die Beschäftigten können dann je nach Wochenarbeitszeit beispielsweise drei Tage arbeiten und zwei Tage frei machen oder auch drei Wochen durchgängig in der Produktion sein und dann eine Woche Freizeitausgleich nehmen.“ Organisiert wird die Verteilung von speziellen Schichtplanern oder auch von den Teams selbst. Dabei ist die Schichtverteilung nicht in Stein gemeißelt, sondern kann immer wieder angepasst werden. In einigen Abteilungen gibt es sogar Wunschschichtpläne, die wochen- oder monatsweise neu geplant werden. Unterstützend wirken Gleitzeit- und Jahresarbeitszeitkonten. Die Teilzeit kann ein Jahr befristet genommen werden, alle anderen flexiblen Schichtmodelle sind dauerhaft. Das Teilzeitmodell, sagt Völkl, werde auch von den männlichen Beschäftigten gut angenommen. „Das hat uns zunächst überrascht, weil bislang eher Mütter Teilzeit nachgefragt haben. Jetzt ist es auch für viele Männer eine Option geworden.“
Corona gibt Impulse
Von der Coronazeit wird vor allem das Homeoffice bleiben. Hier ist dem Betrieb eine flexible Aufteilung zwischen mobilen Arbeiten und Präsenz wichtig. „Homeoffice können wir natürlich nur im Verwaltungsbereich anbieten, dort stößt es auf gute Resonanz.“ Zugleich wurde in der Coronazeit proaktiv auf das Kinderkrankengeld hingewiesen. „Das hat den Eltern im Infektionsfall den Rücken freigehhalten.“
Zukunftsaufgaben im Blick
Und was sind die Zukunftsaufgaben? Aktuell werden neue Modelle erprobt, um insbesondere den Wiedereinstieg von Müttern nach der Geburt zu beschleunigen. „Grundsätzlich informieren wir proaktiv über die Elternzeit, organisieren Elternzeitschulungen, die Väter beteiligen sich und nehmen regelmäßig rund zwei Monate Elternzeit“, betont Völkl. „Die längeren Elternzeiten liegen aber bei den Müttern. Hier versuchen wir über den Kindergarten, individuelle Teilzeitarbeitsmöglichkeiten sowie Homeoffice einen schnelleren Wiedereinstieg zu ermöglichen.“ Die Mütter seien ein wertvolles Potenzial, man wolle auf sie nicht verzichten. „In individuellen Gesprächen ergeben sich oft ganz individuelle Lösungen und plötzlich ist ein früherer Wiedereinstieg ganz unproblematisch. Zum Beispiel kann ein Umschwenken auf die Spätschicht ein wichtiger Baustein sein. Dann können die jungen Eltern ihre Betreuungszeiten besser aufeinander abstimmen.“ Und auch die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf steht auf dem Plan. „Bislang informieren wir zu dem Thema, merken aber, dass das Thema noch sehr tabuisiert ist. Wir sind aber vorbereitet, wenn Anfragen kommen und können unsere Beschäftigten begleiten“, so Völkl.
Mehrwerte schaffen
Mit all diesen Maßnahmen kann das Unternehmen bei seinen Beschäftigten gut punkten. Die Maßnahmen werden gut angenommen. „Sie sind sogar schon recht selbstverständlich geworden, neue Mitarbeiter fragen danach“, sagt Felix Kress. Zugleich seien dem Unternehmen weitere Angebote wichtig: eine eigene Betriebskantine, Obstkörbe für die Spätschicht, das kostenlose Wochenkäsepäckchen für zu Hause, Gesundheitsangebote, Deutschkurse für Mitarbeitende mit Migrationshintergrund, betriebliche Altersvorsorge, zusätzliche Arbeitsschutzmaßnahmen oder auch Appartements, in die neue zugereiste Beschäftigte ziehen können, solange sie noch keine eigene Wohnung gefunden haben. „Auch diese Maßnahmen zahlen auf die Zufriedenheit ein, auf das Vertrauen in uns als Geschäftsführung. Die Beschäftigten erfahren so, dass wir unsere Verantwortung ernst nehmen“, betont Kress.
Unterstützung für Fachkräftesicherung
„Die Teilnehmenden nehmen viele praktische Impulse für ihren Betriebsalltag mit“, freut sich auch Jens Wucherpfennig, Leiter der IHK-Geschäftsstelle Rosenheim. „Familienfreundlichkeit ist ein entscheidender Aspekt der Fachkräftesicherung. Beschäftigte legen darauf Wert. Bergader ist ein gutes Beispiel dafür, wie sie umgesetzt werden kann, wie sie sich positiv auf Mitarbeiterzufriedenheit auswirkt und somit auch tatsächlich Fachkräfte sichert.“
Familienpakt Bayern
Der Familienpakt Bayern ist eine Initiative der Bayerischen Staatsregierung und der bayerischen Wirtschaft: dem Bayerischen Industrie- und Handelskammertag, dem Bayerischen Handwerkstags und der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft. Es gibt ihn seit 2014. Er setzt sich für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein. Mit seiner Servicestelle, dem Wettbewerb „Erfolgreich. Familienfreundlich.“ sowie vielen Veranstaltungen und Webinaren begleitet er die Mitgliedsunternehmen kostenlos auf dem Weg zu mehr Familienfreundlichkeit.
Siehe auch: