Mehrwegpflicht
Ab 1. Januar 2023 gilt: Für Speisen und Getränke zum Mitnehmen, die in Einweg-Kunststofflebensmittelverpackungen und Einweg-Getränkebechern gem. § 33, 34 VerpackG angeboten werden, muss verpflichtend eine Mehrwegverpackung als Alternative angeboten werden.
Inhalt
Mehrwegpflicht in Kürze
Seit 1. Januar 2023 besteht für Restaurants, Cafés, Bistros oder Lieferdienste die Pflicht, falls Einwegkunststoffverpackungen für Essen und Getränke zur Mitnahme verwendet wird, zwingend auch eine Mehrwegalternative anzubieten. Dies regelt die Novelle des Verpackungsgesetzes in § 33 und § 34.
Die Mehrwegalternative darf zu keinen schlechteren Bedingungen angeboten werden oder teurer sein als das gleiche Produkt in Einwegverpackungen. Eine Bepfandung ist erlaubt. Die Mehrwegverpackung, die man selbst in Verkehr bringt, ist auch wieder zurückzunehmen. Andere Verpackungen müssen nicht angenommen werden.
Die Kunden sind in der Verkaufsstelle durch deutlich sicht- und lesbare Informationstafeln oder -schilder auf die Möglichkeit hinzuweisen, dass sie die Waren in Mehrwegverpackungen erhalten können. Im Fall einer Lieferung von Waren ist dieser Hinweis in den jeweils verwendeten Darstellungsmedien entsprechend zu geben.
Ausnahme:
Ausnahmen gibt es für kleine Unternehmen wie z. B. Imbisse, die nicht mehr als fünf Beschäftigte aufweisen und deren Verkaufsfläche 80 m² nicht überschreitet. Dennoch können sie der Pflicht nachkommen, indem sie den Kunden anbieten, Speisen und Getränke in zur Verfügung gestellten Mehrwegbehältnisse abzufüllen.
Im Detail:
IHK-Merkblatt zur Mehrwegverpflichtung
Informationen des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz
Rechtlicher Rahmen
Hintergrund der Regelung ist die Einwegkunststoffrichtline ((EU) 2019/904) (EWKRL) über die Verringerung der Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt. Nach Art. 4 EWKRL soll der Verbrauch bestimmter Einwegkunststoffartikel bis 2026 signifikant verringert werden. Mit den Bestimmungen der §§ 33,34 VerpackG wird die entsprechende Anforderung in nationales Recht umgesetzt. Damit sollen weniger Einwegkunststoffbehältnisse für Essen und Getränke zum Mitnehmen verbraucht werden.
Welche Verpackungen sind betroffen?
Unter die Mehrwegpflicht fallen sowohl Einwegkunststofflebensmittelverpackungen sowie Einweggetränkebecher.
Materialart
Bezüglich der Materialart der betroffenen Behältnisse ist die Beschaffenheit aus „Kunststoff“ gem. Art. 3 Nr. 1 EWKRL maßgeblich1. Kunststofffreie Einwegbehältnisse im „to-go“-/„take-away“-Bereich verpflichten daher nicht zu einer Mehrwegalternative (bspw. Alufolie, Papiertüten, Pizzaschachteln, ...)
Abgrenzung Einweg / Mehrweg
Für die Einstufung als Mehrweg ist nach Art. 3 Nr. 2 EWKRL und § 3 Abs. 3 VerpackG maßgeblich, ob die Verpackung so konzipiert, entwickelt und in Verkehr gebracht wird, um entsprechend dem Verwendungszweck wiederbefüllt oder wiederverwendet zu werden und während der Lebensdauer mehrere Kreisläufe durchläuft. Gem. § 3 Abs. 4 VerpackG sind Einwegverpackungen Verpackungen, die keine Mehrwegverpackungen sind. Einwegartikel sind in der Regel dazu bestimmt, nur einmal oder nur kurzzeitig verwendet zu werden, bevor sie entsorgt werden.
Einweggetränkebecher
Von der Mehrwegpflicht werden sämtliche Einweggetränkebecher, unabhängig von der Materialart erfasst. Es wird hier daher nicht zwischen Einweggetränkebechern aus Kunststoff und solchen ohne Kunststoffanteil unterschieden. Damit geht die Regelung über die Vorgaben der EWKRL hinaus.
- Einwegbecher aus Kunststoff
- Einwegbecher aus Pappe
- Einwegbecher aus sonstigen Materialien (biobasierte Kunststoffe, Bagasse, etc.)
Einwegkunststofflebensmittelverpackungen
Von der Mehrwegpflicht sind Einwegkunststofflebensmittelverpackungen gem. § 3 Abs. 4b VerpackG erfasst. Darunter fallen Einwegkunststoffverpackungen, also Behältnisse wie Boxen mit oder ohne Deckel, für Lebensmittel, die
- dazu bestimmt sind, unmittelbar vor Ort oder als Mitnahme-Gericht verzehrt zu werden,
- in der Regel aus der Verpackung heraus verzehrt werden und
- ohne weitere Zubereitung wie Kochen, Sieden oder Erhitzen verzehrt werden können.
Keine Einwegkunststofflebensmittelverpackungen in diesem Sinne sind Getränkeverpackungen, Getränkebecher (weil sie gesondert geregelt sind), Teller sowie Tüten und Folienverpackungen wie Wrappers, mit Lebensmittelinhalt.
Nach Art. 12 der EWKRL ist für die Bestimmung, ob eine Lebensmittelverpackung als Einwegkunststoffartikel zu betrachten ist, auch entscheidend, ob diese Verpackungen aufgrund ihres Volumens oder ihrer Größe - insbesondere, wenn es sich um Einzelportionen handelt - tendenziell achtlos weggeworfen werden. Zur Konkretisierung hat die EU-Kommission Leitlinien zur Einordnung veröffentlicht.
Art der Mehrwegbehältnisse
Die Art und Beschaffenheit der Mehrwegalternativen ist in §§ 33,34 VerpackG nicht festgelegt. Hier besteht für die Verpflichteten freie Wahlmöglichkeit.→Behältnisse aus Kunststoff, Metall, Glas, Keramik etc
Welche Unternehmen sind betroffen?
Letztvertreiber gem. § 3 Abs. 13 VerpackG (also die Vertreiber, die direkt an den Endverbraucher verkaufen) müssen Mehrwegalternativen anbieten, sofern sie Speisen und Getränke zum unmittelbaren Verzehr anbieten.
Damit sind die Letztvertreiber, die diese Einwegverpackungen mit Ware befüllen, verpflichtet,
Mehrwegalternativen anzubieten, sofern sie verzehrfertige Speisen und Getränke vor Ort oder
zur Mitnahme anbieten („to-go“/ „take-away“).
- Restaurants, Cafés, Imbisse, Kioske
- Kantinen, Mensen
- Teilbereiche im Lebensmitteleinzelhandel Bsp.: Salat-Station, frische Sushi-Theke, Eis-
Theke - Lieferdienste
Vorabgefüllte Produkte
Vorabgefüllte/ vorverpackte Speisen oder Getränke, die durch die Letztvertreiber oder Dritte im Vorfeld bereits verpackt wurden, unterfallen nicht der Mehrwegpflicht.
Bsp: Vorbereitete, vorgeschnittene und abgepackte Obst-/Gemüse-Packungen, verpackte Sandwiches, abgepacktes Sushi.
Verkaufsautomaten
Die Abgabe von verzehrfertigen Speisen und Getränken in Verkaufsautomaten unterliegt ebenfalls der Mehrwegpflicht (Ausnahme siehe unten). Die Verkaufssituation aus dem Automaten wird damit der Abgabe durch den Letztvertreiber gleichgestellt.
Unternehmen können diese Pflicht gem. § 34 Abs. 2 VerpackG in diesem Fall dergestalt er-
füllen, dass sie dem Endverbraucher ermöglichen können, eigene Mehrwegbehältnisse zu
befüllen.
Dies gilt unabhängig von der Größe und Mitarbeiterzahl des Unternehmens, welches die
Verkaufsautomaten betreibt.
Ausnahme für Verkaufsautomaten in Betrieben
Von der Mehrwegpflicht ausgenommen sind nach § 33 Abs. 1 S. 3 VerpackG Verkaufsautomaten, die in Betrieben zur Versorgung der Mitarbeiter dienen und nicht öffentlich aufgestellt sind.
Ausnahmen für kleine Betriebe
Für Unternehmen mit einer Verkaufsfläche von bis zu 80 m² und maximal fünf Mitarbeitern gelten gem. § 34 VerpackG Ausnahmen von der Mehrwegpflicht. Beide Voraussetzungen müssen erfüllt sein. Diese Unternehmen haben die Möglichkeit, die Pflicht auch dadurch zu erfüllen, indem sie die Speisen und Getränke in vom Endverbraucher selbst mitgebrachte Mehrwegbehältnisse abfüllen.
Beispiele: Kioske, Tankstellen, Imbisse, Spätkauf-Läden, Food-Trucks, Schausteller, Marktstände usw.
Verkaufsfläche
Zur Verkaufsfläche zählen sämtliche für die Verbraucher frei zugänglichen Flächen wie Sitz- und Aufenthaltsbereiche. Im Fall von Lieferdiensten gelten als Verkaufsfläche auch alle Lager- und Versandflächen.
Filialen
Für die Anwendung der Ausnahme nach § 34 VerpackG ist die Größe des gesamten Unternehmens maßgeblich. Besteht ein Unternehmen aus mehreren Filialen, dann sind die Mitarbeiterzahl und Verkaufsfläche des gesamten Unternehmens entscheidend; die Filialen werden also nicht einzeln betrachtet.
Mitarbeiteranzahl
Nach § 34 Abs. 1 S. 2 VerpackG gilt für die Anzahl der Beschäftigten, dass Teilzeitbeschäftigte mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden als 0,5 Personen und nicht mehr als 30 Stunden als 0,75 Personen berücksichtigt werden. Saisonale Unterschiede bleiben außer Betracht.
Information
Es müssen gut sichtbare und lesbare Informationen zur Möglichkeit, eigene Behältnisse befüllen lassen zu können, in der Verkaufsstelle angebracht werden.
Wahlmöglichkeit der Befüllung mitgebrachter Mehrwegbehältnisse
Für Unternehmen mit max. 5 Mitarbeitern und max. 80 m2 Fläche gilt: Sie können Einweg
anbieten. Sie müssen dann außerdem wählen, ob sie zusätzlich Mehrweg anbieten oder ob
sie zusätzlich die Befüllung mitgebrachter Behältnisse ermöglichen oder ob sie alle genann-
ten Optionen anbieten.
Hygienevorschriften
Bei der Befüllung von durch Verbraucher selbst mitgebrachten Mehrwegbehältnissen sind Hygienevorschriften von den Letztvertreibern zu berücksichtigen. Diese haben die entsprechenden baulichen und technischen Voraussetzungen vorzuweisen, um eine unmittelbare Befüllung mitgebrachter Behältnisse in hygienisch unbedenklicher Weise vornehmen zu können.
Bestehen hier Bedenken bezüglich der mitgebrachten Behältnisse, kann die Befüllung im Einzelfall verweigert werden. Die o. g. Pflicht kann jedoch nicht mit pauschalen „Hygiene-Bedenken“ permanent abgelehnt werden. Verbände aus dem Lebensmittelbereich haben eine Leitlinie zur Hygiene beim Umgang mit kundeneigenen Bechern veröffentlicht.
Ausgestaltung des Mehrwegangebots
Bei dem Angebot von Mehrwegalternativen sind folgende Vorgaben zu beachten:
Preisgestaltung
Mehrwegbehältnisse dürfen nicht teurer sein als Einwegbehältnisse. Maßgeblich ist hier der Verkaufspreis, Pfand ist davon ausgenommen.
Angebot
Mehrwegbehältnisse dürfen nicht „zu schlechteren Bedingungen“ angeboten werden. Die Behältnisse müssen also hinsichtlich Größe und Volumen den Einwegverpackungen vergleichbar sein. Weiterhin dürfen für Einwegkunststoffverpackungen auch keine Anreize gegenüber Mehrwegverpackungen geschaffen werden (Treuepunktekarte etc.).
Pfandregelung
Eine Bepfandung der Mehrwegbehälter ist möglich. Die Höhe des Pfandes muss dabei angemessen sein. Es darf nicht unverhältnismäßig hoch angesetzt werden.
Informationen über Wahlmöglichkeit
Es müssen gut sicht- und lesbare Informationen in der Verkaufsstelle hinsichtlich der Wahlmöglichkeit von Mehrwegbehältnissen vorhanden sein.
Rücknahme
Die Letztvertreiber haben gem. § 33 Abs. 3 VerpackG nur die von ihnen ausgegebenen Mehrwegbehältnisse zurückzunehmen. Eine Verpflichtung, Mehrwegbehältnisse von anderen Unternehmen/Systemen zurückzunehmen, besteht damit nicht.
Die jeweiligen Annahmeregelungen können die Unternehmen/Systeme festlegen (bspw. Umgang mit verschmutzten/beschädigten Behältnissen)
Vollzug
Der Vollzug der Regelung obliegt den jeweiligen Bundesländern. Verstöße gegen §§ 33,34 VerpackG sind nach §§ 36 Abs.1 Nr. 28 - 30, Abs. 2 VerpackG mit bis zu 10.000 Euro bußgeldbewehrt.