Gewerbeabfall
Inhaltsnavigation
- Das Wichtigste im Überblick
- Warum ein Infopaket zur Gewerbeabfallverordnung
- Die Gewerbeabfallverordnung im Überblick
- Schema zur Trennung und Entsorgung von gewerblichen Siedlungsabfällen
- Allgemeine Fragen zur Gewerbeabfallverordnung
- Musterfall 1: Herr Schreiber
- Fragen zur Berechnung der Getrenntsammlungsquote und Verbesserung der Abfalltrennung
- Musterfall 2: Herr Neumann
- Fragen zur getrennten Sammlung in Mietsgebäuden
- Musterfall 3: Frau Sattler
- Fragen zur Umsetzung der Dokumentationspflichten
- Musterfall 4: Frau Winter
- Fragen zur Bestätigung der Getrenntsammlungsquote und separate Sammlung von Bioabfällen
- Musterfall 5: Herr Valentino
- Fragen zur gemeinsamen Erfassung und Entsorgung von Kleinmengen
- Fragen zu Bau- und Abbruchabfällen
- Neue Arbeitshilfe des Landesamtes für Umwelt: "Umgang mit Bodenmaterial"
Das wichtigste im Überblick
Dieser Leitfaden soll Ihnen dabei helfen, die Anforderungen der Gewerbeabfallverordnung zu verstehen und umzusetzen. Die sieben wichtigsten Empfehlungen dieses Leitfadens sind deshalb an dieser Stelle für Sie zusammengefasst:
1. Informieren Sie sich! Lesen Sie diesen Leitfaden und nutzen Sie die Angebote Ihrer Industrie-und Handelskammer oder Ihres Entsorgungsunternehmens.
2. Trennen Sie Ihre Abfälle! Das gilt für alle Abfälle soweit technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar.
3. Bestimmen Sie die Verantwortlichkeiten in Ihrem Betrieb! Details hierzu finden Sie im Praxistipp 6 auf Seite 20. Wenn Sie einen Schritt weiter gehen möchten: Denken Sie über die Installation eines Umweltmanagementsystems (EMAS, ISO 14001) nach!
4. Nehmen Sie Ihren Entsorgungspartner in die Pflicht! Dieser hilft Ihnen bei Fragen gerne weiter. Ziehen Sie die Beauftragung eines zertifizierten Entsorgungsfachbetriebs in Betracht!
5. Dokumentieren Sie: Legen Sie eine aussagefähige Dokumentation über Ihre
Entsorgungsvorgänge an und halten Sie diese aktuell!
6. Suchen Sie sich zuverlässige Geschäftspartner, insbesondere bei Bau- und Abbrucharbeiten, und klären Sie vorab mit diesen die Fragen zur Abfalltrennung! Ziehen Sie die Vergabe an einen Generalauftragnehmer in Betracht. Beachten Sie, dass Sie als Abfallerzeuger auch in diesem Fall für die ordnungsgemäße Entsorgung verantwortlich sind! Bitten Sie Dienstleister, die bei Ihnen tätig sind, ihre Abfälle wieder mitzunehmen.
7. Fragen Sie Ihre Behörde oder einen Berater! Es kann unter Umständen bei speziellen Fragen hilfreich sein, Ihre Behörde, d. h. das Landratsamt oder das Umweltamt von kreisfreien Städten, oder einen externen Berater zu kontaktieren.
Warum ein Infopaket zur Gewerbeabfallverordnung?
Rohstoffe sind die Basis der gesamten Wertschöpfungskette in der deutschen Wirtschaft. Die Förderung heimischer Rohstoffe wie Kiese, Sande oder Salze bildet ein wichtiges Versorgungsstandbein für viele Betriebe. Bei anderen Rohstoffen – wie zum Beispiel Metallen – ist Deutschland zum großen Teil auf den Import angewiesen. Aus diesem Grund besteht seit vielen Jahren das Bestreben, Materialkreisläufe zu schließen und Abfälle weitgehend zu vermeiden oder stofflich zu verwerten.
Die Verantwortung für die Rohstoffversorgung liegt in erster Linie bei den Unternehmen. Hochwertiges Recycling kann nicht nur ein Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit beim Umgang mit Rohstoffen sein, sondern auch wirtschaftliche Anreize geben. Konsequente Trennung der Abfallströme und hohe Verwertungsquoten können bei gängigen Stoffströmen das Aufkommen gemischter Restmüllfraktionen deutlich reduzieren. Die Gewerbeabfallverordnung hat das Ziel, den Anteil der stofflichen Verwertung zu erhöhen und legt dazu Anforderungen an gewerbliche Abfallerzeuger fest. In der Praxis zeigen sich jedoch verschiedene Probleme bei der Umsetzung dieser Anforderungen.
Zur Beantwortung der wichtigsten Fragen hat die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall („LAGA“) im Frühjahr 2018 eine Mitteilung veröffentlicht. Diese Vollzugshilfe (M34) enthält Hinweise zur Gewerbeabfallverordnung, die sich in erster Linie an Behörden richten und für viele Abfallerzeuger nicht oder nur schwer verständlich sind.
Unsere IHK-Mitgliedsunternehmen wünschen sich bei der Umsetzung der Gewerbeabfall-verordnung Unterstützung und benötigen Hilfe. Vorhandene Informationen sind oft nicht umfassend genug, um alle auftretenden Fragen ausreichend zu klären. Mit dem vorliegenden Leitfaden schließen wir diese Lücke. Er richtet sich vor allem an die Abfallerzeuger, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen. Fragen, die vor allem die Abfallentsorger oder die Betreiber von Vorbehandlungsanlagen betreffen, werden in diesem Leitfaden nur am Rande behandelt, da für diese Gruppe andere Informationsquellen zur Verfügung stehen, wie z. B. der Leitfaden des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE).
Der vorliegende Leitfaden will den Akteuren in unseren Mitgliedsbetrieben, insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen, auf verständliche und anschauliche Art und Weise aufzeigen, welche Anforderungen mit der Gewerbeabfallverordnung verbunden sind und welche Möglichkeiten bestehen, diese umzusetzen. Dazu werden Beispiele anhand von Musterunternehmen beschrieben, damit die Zusammenhänge besser nachvollzogen werden können.
Die Herausgeber und die mit dem Leitfaden beauftragte OmniCert Consulting GmbH möchten Ihnen Rat und Hilfe geben, wünschen eine interessante Lektüre und viel Erfolg beim Umsetzen der erforderlichen Maßnahmen.
Die Gewerbeabfallverordnung im Überblick
- Abfallerzeuger und -besitzer haben gewerbliche Siedlungsabfälle sowie Bau- und Abbruchabfälle soweit möglich getrennt zu sammeln und zu befördern.
- Die getrennte Sammlung und der Verbleib der Abfälle sind zu dokumentieren.
- Wenn Abfälle nicht getrennt gesammelt werden können, ist dies zu begründen und zu dokumentieren. Für die Begründung existieren deutliche Hürden.
- Abfälle, die nicht getrennt entsorgt werden können, müssen einer Vorbehandlungsanlage zugeführt werden. Nur wenn dies nicht möglich ist, können andere Wege beschritten werden.
- Für Kleinmengen gibt es eine Ausnahmeregelung.
- Wer bereits sehr gut trennt und dies über eine entsprechende Dokumentation und Prüfung nachweisen kann, darf die übrigen gemischten Abfälle ohne Vorbehandlung (thermisch) verwerten lassen. Wer Abfälle einer Vorbehandlungsanlage über-gibt, muss sich bestätigen lassen, dass die Anlage hierfür geeignet ist.
Die Gewerbeabfallverordnung in der Fassung von August 2017 umfasst 15 Paragraphen in vier Abschnitten. Sie kann hier abgerufen werden.
Im ersten Abschnitt der Gewerbeabfallverordnung findet sich eine Beschreibung darüber, für was und für wen sie gilt (§ 1). Ebenfalls im ersten Abschnitt werden wichtige Begriffe definiert (§ 2), wie z. B. „Was ist gewerblicher Siedlungsabfall?“. Für Abfallerzeuger sind die wichtigsten Vorgaben im zweiten Abschnitt enthalten. Sie stellen den Fokus dieses Leitfadens dar. Die Kernaussagen der Gewerbeabfallverordnung sind – vereinfacht dargestellt im blauen Kasten oben.
Der zweite Abschnitt der Verordnung umfasst die §§ 3-7 mit Vorgaben für die getrennte Sammlung von Siedlungsabfällen und zur Vorbehandlung von Siedlungsabfällen, die nicht getrennt werden können, sowie eine Ausnahmeregelung für Kleinmengen.
Der dritte Abschnitt der Verordnung umfasst die §§ 8 und 9 und damit die getrennte Sammlung bestimmter Bau- und Abbruchabfälle und ihrer Vorbehandlung und Aufbereitung.
Der vierte und letzte Abschnitt umfasst die §§ 10-15 mit Vorgaben zur Eigen- und Fremdkontrolle bei Vorbehandlungsanlagen sowie zum Betriebstagebuch von Vorbehandlungsanlagen. Informationen zu Ordnungswidrigkeiten, zu Übergangsvorschriften und zum Inkrafttreten der Verordnung finden Sie ebenfalls in diesem Abschnitt.
Schema zur Trennung und Entsorgung von gewerblichen Siedlungsabfällen
Allgemeine Fragen zur Gewerbeabfallverordnung
Die Gewerbeabfallverordnung betrifft jedes Unternehmen – auch solche, die kein Gewerbe anmelden müssen, wie z. B. Freiberufler, denn jedes Unternehmen ist entweder Erzeuger oder Besitzer von gewerblichen Siedlungsabfällen. Unternehmen sind jedoch auf unterschiedliche Art und Weise betroffen. Privathaushalte sind nicht betroffen.
Die wichtigsten Kernaussagen der Gewerbeabfallverordnung sind in der Einleitung dieses Leitfadens beschrieben. Für die Umsetzung der Anforderungen reicht die Kenntnis dieser Kernaussagen meist nicht aus. Für viele Unternehmen kann eine intensive Beschäftigung mit diesem Leitfaden ausreichen, um das nötige Wissen zu erlangen.
Bei komplexeren Fragen kann die Teilnahme an Schulungen und Workshops oder die Kontaktaufnahme mit Abfallentsorgern, Behörden oder auf Umweltfragen spezialisierten Beratern helfen.
Die Abfallentsorgungsbranche beschäftigt sich seit langem und sehr intensiv mit Fragen der Gewerbeabfallverordnung. Viele Abfallentsorger bieten ihren Kunden kostenlose Beratungsgespräche vor Ort. Einige Abfallentsorger haben auf ihren Internetseiten ferner Rechner zur Ermittlung der Getrenntsammlungsquote hinterlegt. Ebenso werden elektronische Portale angeboten, die den Kunden bei der Erfassung und Auswertung der Daten unterstützen. Das Bereitstellen der nötigen Dokumentation ist ebenso Service vieler Entsorgungsunternehmen.
Viele Abfallentsorger wenden sich aktiv an ihre Kunden und informieren mit Schreiben über die Anforderungen der Gewerbeabfallverordnung.
Einige Entsorgungsunternehmen achten möglicherweise weniger darauf, dass der Kunde die Vorgaben der Gewerbeabfallverordnung vollständig einhält. Wird im Fall einer behördlichen Überwachung dann eine Ordnungswidrigkeit festgestellt, wird diese mit einem Bußgeld geahndet.
Wer rechtskonform und umweltfreundlich agieren möchte, sucht sich deshalb am besten einen geeigneten Entsorgungspartner. In Deutschland ist die Zertifizierung als „Entsorgungsfachbetrieb“, kurz EfB, ein geeignetes Qualitätsmerkmal für die Auswahl des Entsorgers. Entsorgungsunternehmen, die eine EfB-Zertifizierung ha-ben, stellen das entsprechende Zertifikat meist auf ihrer Internetseite zur Verfügung.
Wenn ein Abfallentsorger keine Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb oder wahlweise ein geprüftes Umweltmanagement besitzt, sollte man genau hinsehen. Wenn zudem noch die Anforderungen der Gewerbeabfallverordnung sehr lax gesehen werden, ist ein gesundes Misstrauen angebracht.
Praxistipp 1: Zusammenarbeit mit Entsorgungsfachbetrieben
Der Begriff des Entsorgungsfachbetriebes existiert in Deutschland schon seit einigen Jahren. Er entstand unter anderem durch einen Umweltvorfall in Neuendettelsau in den 90er Jahren. Bei diesem wurden flüssige Abfälle rechtswidrig auf Wiesen und Äcker verteilt.
Um sich als Entsorgungsfachbetrieb bezeichnen zu dürfen, müssen sich Entsorgungsunternehmen gemäß Entsorgungsfachbetriebsverordnung regelmäßigen Kontrollen unterziehen. Geprüft werden dabei unter anderem die gerätetechnische Ausstattung, das Betriebstagebuch, der Versicherungsschutz, das aktuelle Führungszeugnis und die Fachkunde des Inhabers sowie weitere Kriterien.
Mit der Wahl eines Entsorgungsfachbetriebes haben Abfallerzeuger somit eine gewisse Sicherheit, einen guten und seriösen Geschäftspartner an ihrer Seite zu haben. Unternehmen sollten also bei der Auswahl ihrer Entsorgungspartner nicht nur auf den Preis schauen.
Einige Entsorgungsunternehmen verfügen zudem über ein geprüftes Umweltmanagementsystem nach ISO 14001 oder EMAS. Die Zertifikate hierzu finden Sie in der Regel auf der Homepage der Firma.
Entsorgungsfachbetriebe sind im Fachbetriebsregister gelistet (eEFBV). Die Webseite findet sich unter: fachbetrieberegister.zks-abfall.de.
Am 21.02.2020 waren dort für Bayern 2.711 Standorte von Entsorgungsfachbetrieben gelistet, darunter 85 Standorte mit der Tätigkeit „Verwertung“ für gemischte gewerbliche Siedlungsabfälle. Im Register können Sie auch die EfB-Zertifikate aufrufen. Eine genauere Betrachtung der Internetseiten dieser Betriebe ergab, dass augenscheinlich nur eine Handvoll Betriebe in Bayern Anlagen zur Vorbehandlung von Siedlungsabfällen betreibt. Einige Entsorgungspartner bedienen sich ggfs. Anlagen anderer Bundesländer.
Entsorgungsfachbetriebe können auch in der Umweltfirmen-Datenbank der IHK-Organisation gefunden werden unter: ihk-ecofinder.de
Wie viele Vorbehandlungsanlagen für gewerbliche Siedlungsabfälle es in Bayern gibt, die die Anforderungen nach § 6 Gewerbeabfallverordnung erfüllen, war zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Leitfadens nicht zweifelsfrei bekannt. Der einzige, den Erstellern bekannte und bestätigte Betrieb mit einer Vorbehandlungsanlage für gemischte gewerbliche Siedlungsabfälle, ist im Anhang dieses Leitfadens aufgeführt.
Musterfall 1: Herr Schreiber
Berechnung der Getrenntsammlungsquote und Verbesserung der Abfalltrennung
Die Getrenntsammlungsquote ist nicht identisch mit der herkömmlichen Verwertungsquote. Die Verwertungsquote beinhaltet auch Abfälle, die einer thermischen Verwertung zugeführt werden. In diesen Abfallfraktionen befinden sich häufig noch Abfälle, die bei einer entsprechenden Trennung stofflich verwertet werden können. Vereinfacht gesagt: als „Verwertung“ wird alles eingestuft, was nicht deponiert wird. Das Ziel der Gewerbeabfallverordnung ist jedoch, Stoffkreisläufe weitgehend zu schließen und möglichst viele Abfälle einer stofflichen Verwertung zuzuführen.
Nachdem Herr Schreiber sich die Verordnung genauer angesehen hat und Herrn König mitteilt, dass seiner Ansicht nach die Getrenntsammlungsquote etwas anderes ist als die Verwertungsquote, entgegnet Herr König, dass sein Restmüll schon seit vielen Jahren nachsortiert werde und deshalb eine weitere Trennung nicht nötig sei.
Die Gewerbeabfallverordnung verwendet statt dem umgangssprachlichen Begriff „Nachsortierung“ den Begriff „Vorbehandlung“. Die früher gängige Meinung, dass man Abfälle nicht trennen müsse, weil der Restmüll nachsortiert wird, ist nicht richtig. Denn der Weg in die Vorbehandlung soll nur gegangen werden, wenn eine getrennte Sammlung von bestimmten Abfällen technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht zumutbar ist. Was dies genau bedeutet, wird später erläutert.
In der Gewerbeabfallverordnung gibt es den Begriff „thermische Verwertung“ nicht, dort wird der Begriff „energetische Verwertung“ verwendet. Manche Personen verwenden den Begriff „thermische Verwertung“. Dieser wird oft mit der „thermischen Behandlung“ verwechselt. Damit eine Abfallfraktion energetisch verwertet werden kann, muss sie eine gewisse Energiedichte besitzen. Die Nutzung der Energie erfolgt meist durch die Versorgung von Betrieben und Haushalten mit Fernwärme und ggf. Strom. In der folgenden Tabelle sind einige Charakteristika der beiden Begriffe gegenübergestellt.
Tab. 1: Unterscheidung „energetische Verwertung“ zu „thermische Behandlung“
ENERGETISCHE VERWERTUNG | ENERGETISCHE VERWERTUNG |
---|---|
Abfälle mit hohem Heizwert (> 11.000 kJ/kg) | Abfälle mit geringem Heizwert (< 11.000 kJ/kg) |
Hauptzweck: Energieumwandlung, d. h. Verbrennungsverfahren auf die Gewinnung von Energie ausgerichtet | Hauptzweck: Abfallbeseitigung, d. h. Verbrennungsverfahren auf die Hygienisierung und Volumenverringerung ausgerichtet |
Verbrennung mit Energieüberschuss | Verbrennung ohne Energieüberschuss |
Freigesetzte Energie wird genutzt und dadurch werden andere Rohstoffe eingespart | Keine Nutzung freigesetzter Energie, sondern Zuführung von Brennstoffen |
Abfälle zur Verwertung | Abfälle zur Beseitigung |
Gemäß der Abfallhierarchie des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, die sich auch im Bayerischen Abfallgesetz wiederfindet, hat die stoffliche Verwertung Vorrang vor der energetischen Verwertung. Eine stoffliche Verwertung ist soweit möglich zu bevorzugen.
Stoffliche Verwertung hat dabei die gleiche Bedeutung wie Recycling, d. h. die Abfälle werden zu Erzeugnissen, Materialien oder Stoffen aufbereitet, die wieder für einen stofflichen, nicht-energetischen Zweck eingesetzt werden können. Es werden also Sekundärrohstoffe hergestellt.
Wenn eine stoffliche Verwertung technisch nicht möglich oder wirtschaftlich unzumutbar ist, darf eine Abfallfraktion einer energetischen Verwertung zugeführt werden. Dabei muss regelmäßig betrachtet werden, ob die Voraussetzungen für den Entfall von Pflichten fortbestehen.
Die Priorität und das angestrebte Verhältnis der Mengen sind in der folgenden Grafik
schematisch dargestellt.
Der Gesetzgeber möchte mit der Gewerbeabfallverordnung erreichen, dass mehr Abfälle stofflich verwertet werden. Das ist nur möglich, wenn die Abfallfraktionen bereits beim Erzeuger möglichst sortenrein getrennt werden. Aus diesem Grund ist eine getrennte Sammlung vom Abfallerzeuger, soweit technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar, vorgeschrieben.
Herr Schreiber erkennt aus der Verordnung, dass er einige Abfälle genauer betrachten muss, andere aber nicht. Daraus ergibt sich für ihn die nächste Frage.
Herr Schreiber findet in der Gewerbeabfallverordnung einen Verweis auf das Kapitel 20 der Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV). Dort sind sowohl ungefährliche als auch gefährliche Abfälle aufgelistet. Letztere sind dort mit einem Sternchen (*) gekennzeichnet. Herr Schreiber weiß, dass gefährliche Abfälle schon immer getrennt zu sammeln sind und dass dies in seiner Firma auch verlässlich praktiziert wird. Er muss sich nun auf die Trennung der nicht-gefährlichen Abfälle fokussieren. Die nicht-gefährlichen Abfälle im Kapitel 20 der Abfallverzeichnis-Verordnung entsprechen im Wesentlichen denen, die auch unter Paragraph 3 der Gewerbeabfallverordnung aufgelistet sind:
Tab. 2: Grobe Skizzierung des Geltungsbereichs der Gewerbeabfallverordnung nach Abfallkategorien
IM GELTUNGSBEREICH | AUSSERHALB DES GELTUNGSBEREICHS |
---|---|
Papier, Pappe und Karton (Ausnahme: Hygienepapier) | Bestimmte Verpackungen |
Glas | Altöle |
Kunststoffe | Elektro- und Elektronikgeräte |
Metalle | Batterien |
Holz | Abfälle, die einem öffentlich-rechtlichen Entsorger überlassen werden müssen (z. B. verbrauchte Hygieneartikel, Kehricht, Zigarettenstummel) |
Textilien | Bestimmte Küchen- und Speiseabfälle |
Bioabfälle | |
Abfälle, die im Kapitel 20 der Abfallverzeichnisverordnung aufgeführt sind | |
Abfälle, die denen aus privaten Haushalten ähnlich sind | Abfälle zur Beseitigung |
Herr Schreiber kann sich gut vorstellen, dass in anderen Betrieben noch weitere gefährliche oder nicht-gefährliche Abfälle anfallen, die im Kapitel 20 aufgelistet sind. Für seine Firma sieht er aber keine weiteren Abfälle. Er erkennt in der Verordnung, dass einige Abfälle ausgenommen sind und möchte genau betrachten, welche das sind.
Abfälle, für die es aufgrund bestehender rechtlicher Regelungen bereits Rücknahmepflichten gibt, fallen nicht in den Anwendungsbereich der Gewerbeabfallverordnung. Für viele Verpackungen besteht bereits gemäß Verpackungsgesetz die Pflicht, die Verpackungen getrennt zu sammeln. Das gilt im Wesentlichen für Verpackungen, die bei vergleichbaren Stellen wie privaten Haushalten anfallen. Wenn Verpackungen nach diesen Regelungen zurückgegeben werden, fallen sie nicht in den Anwendungsbereich der Gewerbeabfallverordnung. Beispiele sind von Mitarbeitern mitgebrachte Getränkeverpackungen oder Joghurtbecher.
Aber Achtung: Verpackungsabfälle, die im Betrieb anfallen und nicht zurückgegeben werden, fallen hingegen schon in den Geltungsbereich der Gewerbeabfallverordnung.
Für Altöle gelten die Regelungen der Altölverordnung, die ebenfalls eine getrennte Sammlung vorschreiben. Für Elektro- und Elektronikgeräte bestehen Rücknahmepflichten aus dem Elektro- und Elektronikgesetz, sowie für Batterien aus dem Batteriegesetz. Deshalb sind diese Abfälle aus dem Anwendungsbereich der Gewerbeabfallverordnung ausgenommen. Küchen- und Speiseabfälle fallen unter bestimmten Bedingungen in den Geltungsbereich des Tiernebenproduktegesetzes und der Tiernebenprodukteverordnung, z. B. wenn diese für die Fütterung bestimmt sind. Damit soll die Verbreitung von Seuchen verhindert werden. Diese Abfälle sind ebenfalls vom Anwendungsbereich der Gewerbeabfallverordnung ausgenommen.
Abfälle, die einem öffentlich-rechtlichen Entsorger überlassen werden müssen, fallen nicht in den Geltungsbereich der Gewerbeabfallverordnung. Gewerbebetriebe werden von ihrer zuständigen Behörde in der Regel dazu aufgefordert, eine sogenannte „Pflichtmülltonne“ zu benutzen. Sie wird stellenweise auch als Restabfallbehälter (RAB) bezeichnet. Diese Tonnen werden durch den jeweiligen öffentlich-rechtlichen Entsorger (abgekürzt örE), analog zu den Restmülltonnen privater Haushalte, geleert. Das Bundesverwaltungsgericht entschied (Aktenzeichen 7 C 25.03), dass diese Verpflichtung nur für Abfälle gilt, die beseitigt und nicht verwertet werden sollen.
Wenn ein Gewerbebetrieb belegen kann, dass bei ihm keine Beseitigungsabfälle anfallen, muss er keine Pflichtmülltonne benutzen. In der Praxis wird dies in den meisten Fällen nicht möglich sein, da z. B. Aschenbecherinhalte oder Kehricht zu entsorgen sind und diese Abfälle in der Regel nicht verwertet werden können. Ausgenommen sind ebenso Gewerbebetriebe, die Abfälle in eigenen Anlagen beseitigen.
Die über die Pflichtmülltonne entsorgten Mengen sind bei der Berechnung der Getrenntsammlungsquote bei der Gesamtmasse zu berücksichtigen. [Achtung: Korrektur gegenüber der Print-Version des Leitfadens, 02/2023]
Die Größe und Anzahl der Tonnen richten sich meist nach der Anzahl der Mitarbeiter. Abfälle, die über diese Tonnen entsorgt werden, fallen nicht in den Geltungsbereich der Gewerbeabfallverordnung und gehen auch nicht in die Berechnung der Getrenntsammlungsquote ein.
Ja, sofern diese nach Art, Zusammensetzung, Schadstoffgehalt und Reaktionsverhalten mit Abfällen aus privaten Haushalten vergleichbar sind. Zudem werden einige Abfälle auch mit anderen Schlüsselnummern entsorgt, wie z. B. verschiedene Verpackungsabfälle mit den 15er-Nummern, wie die 15 01 03 für Verpackungen aus Holz. Altholz kann zudem unter der 17 02 01 entsorgt werden, wenn es von Bau und Abbrucharbeiten stammt.
Bei privaten Haushaltungen wird die Restmülltonne oft vom selben Unternehmen abgeholt, das auch die Biotonne und die Papiertonne entleert. Für gewerbliche Siedlungsabfälle bestehen bei Papier, Pappe und Kartonage oder Bioabfällen aber keine Überlassungspflichten. Das heißt, das Unternehmen hat die Wahl, welchen Abfallentsorger es mit der Entsorgung beauftragt.
Wenn es keine Überlassungspflicht gibt, fallen gewerbliche Siedlungsabfälle in den Geltungsbereich der Gewerbeabfallverordnung. Für die Einstufung, ob ein Abfall unter die Vorgaben der Gewerbeabfallverordnung fällt oder nicht, ist es unerheblich, von welchem Unternehmen der Abfall abgeholt wird. Ein Abfallentsorger kann also bei einem Unternehmen sowohl im Auftrag als öffentlich-rechtlichen Entsorger tätig sein, als auch in Bezug auf andere Abfälle als privates Entsorgungsunternehmen handeln.
Die Nutzung des „Gelben Sacks“ ist über das Verpackungsgesetz geregelt. Die so genannten systembeteiligungspflichtigen Verpackungen sind von den Systembetreibern flächendeckend auch an Anfallstellen zu erfassen, die den privaten Haushalten ähnlich sind. Auf der Internetseite der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister ( verpackungsregister.org) befindet sich eine Übersicht dieser Anfallstellen. An diesen Anfallstellen wird meist eine gelbe Tonne mit 1,1 Kubikmeter Volumen eingesetzt. Für einige dieser Anfallstellen, wie z. B. Gaststätten und Großküchen, gibt es keine Mengengrenze. Für andere, wie z. B. Bäcker und viele andere Handwerker, gibt es eine Mengengrenze. Die Mengengrenze besagt, dass maximal die 1,1 Kubikmeter in den üblichen Frequenzen erfasst werden.
Ganz am Ende dieser Liste findet Herr Schreiber den Eintrag „Verwaltungseinheiten, -zentralen der Industrie“. Er fragt deshalb seinen Abfallentsorger und erfährt, dass er zumindest für die im Verwaltungsgebäude anfallenden „systembeteiligungspflichtigen“ Abfälle, d. h. die haushaltsüblichen Verpackungsabfälle wie beispielsweise Getränkeverpackungen oder Joghurtbecher diesen Entsorgungsweg wählen kann.
Er wird aber von seinem Entsorgungspartner darauf hingewiesen, dass über diesen Weg keine anderen Abfälle erfasst werden dürfen.
Die Getrenntsammlungsquote muss nicht ermittelt werden. Die Ermittlung und Bestätigung ist nur nötig, wenn die Vorbehandlungspflicht für eine Restfraktion umgangen werden soll. Da die Ermittlung jedoch in der Regel mit wenig Aufwand verbunden ist, kann es sich lohnen, die Möglichkeit dieser Option zu prüfen.
Herr Schreiber liest in der Verordnung, dass man für die Berechnung der Getrenntsammlungsquote die Masse2 aller Siedlungsabfälle zusammenzählen muss, die getrennt gesammelt werden, und diese durch die Gesamtmenge aller Siedlungsfälle teilt (siehe Formel).
Herr Schreiber sucht im Internet nach Werkzeugen, mit denen er die Quote leicht ermitteln kann. Tatsächlich findet er auf den Webseiten von gleich mehreren Entsorgungsdienstleistern entsprechende Hilfsmittel. Dort trägt er die Mengen der entsprechenden Abfallfraktionen ein und ermittelt so die Getrenntsammlungsquote für sein Unternehmen.
Im Unternehmen von Herrn Schreiber werden einige Abfälle vom Entsorgungsunternehmen nach der Anzahl der Entleerungen angerechnet. Herr Schreiber kennt also nur das Volumen der Abfallfraktion. Es stellt sich die Frage, wie er damit die Quote berechnen soll.
Herr Schreiber ruft den Entsorger an, um zu erfahren, ob diese Abfälle bei der Abholung gewogen werden. Er erfährt, dass dies nicht der Fall ist und auch nicht nötig sei.
Gemäß den Vollzugshinweisen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft (LAGA M34) darf die Masse der Abfälle aus dem Volumen mit Hilfe der Dichte ausgerechnet werden. Auf ihren Internetseiten bieten einige Entsorgungsunternehmen Rechner für die Bestimmung der Getrenntsammlungsquote an. Diese Rechner bieten neben der Berechnung über die Masse oft auch eine Möglichkeit an, das Volumen einzutragen und daraus die Masse zu berechnen. Der entsprechende Umrechnungsfaktor ist dort angegeben.
Eine weitere mögliche Quelle sind die Umrechnungsfaktoren des Bayerischen Landesamtes
für Statistik und Datenverarbeitung (LfStaD). Zu finden sind diese unter: statistik.bayern.de
> Rubrik: Service – Erhebungen – Bauen, Wohnen, Umwelt, Energie – Abfallwirtschaft
und Luftreinhaltung.
Umrechnungsfaktoren können von den tatsächlichen Gegebenheiten stark abweichen, z. B. wenn Folien lose oder gepresst gesammelt werden. Herr Schreiber überlegt deshalb, ob er nicht die Behälter auf der Waage im Versand wiegen lassen sollte, um eigene Faktoren zu ermitteln bzw. den Umrechnungsfaktor gegenzuprüfen.
Herr Schreiber stellt fest, dass seine berechnete Getrenntsammlungsquote erst bei 75 % liegt. Ein Teil der Abfälle wird also noch nicht getrennt. Diese Abfallfraktion wird im Unternehmen von Herrn Schreiber als „Restmüll“ bezeichnet und wird in der Produktion in grauen Tonnen gesammelt. Diese Tonnen stehen überall bereit und werden regelmäßig in eine große Abfallpresse auf dem Hof entleert.
Auf den Rechnungen ist diese Abfallfraktion folgendermaßen ausgewiesen:
- 20 03 01 gemischte Siedlungsabfälle
Herr Schreiber weiß, dass Entsorgungsunternehmen diese Abfallfraktion auch als „GSA“ abkürzen, was für „Gemischte gewerbliche Siedlungsabfälle“ steht. Die Kennung „20 03 01“ ist die Abfallschlüsselnummer aus der Abfallverzeichnisverordnung. In der Firma von Herrn Schreiber macht diese Abfallfraktion noch rund ein Viertel der Abfälle aus. Sein Ziel muss also darin bestehen, die Menge dieser ge-mischten Siedlungsabfälle deutlich zu verringern, sodass sie maximal ein Zehntel beträgt (d. h. Getrenntsammlungsquote von mindestens 90 %). Damit er die Quote zukünftig leichter ermitteln kann, will Herr Schreiber auch seine Dokumentation anpassen.
Damit er den Verlauf der Getrenntsammlungsquote über die Zeit schnell erneut berechnen kann, erstellt Herr Schreiber eine Tabelle, in der er regelmäßig Daten über die Abfälle erfasst. Die Daten kann er den Wiegescheinen und Abrechnungen der verschiedenen Entsorger entnehmen. Seine Tabelle hat die folgende Form:
Tab. 4: Beispielhafter Aufbau einer Datenerfassung zur Berechnung der Getrenntsammlungsquote
DATUM DER RECHNUNG | ABFALLSCHLÜSSEL NACH AVV | BESCHREIBUNG | MENGE [T] | VOLUMEN [M3] | DICHTE [T / M3] | KLASSIFIZIERUNG [GEFÄHRLICH / NICHT GEFÄHRLICH] |
---|---|---|---|---|---|---|
01.01.2020 | 170405 | Eisen und Stahl | 1 | nicht gefährlich | ||
05.01.2020 | 170405 | Eisen und Stahl | 4 | nicht gefährlich | ||
05.01.2020 | 150101 | Verpackungen aus Papier und Pappe | 2 | nicht gefährlich | ||
05.01.2020 | 170405 | Eisen und Stahl | 3 | nicht gefährlich | ||
08.01.2020 | 150102 | Verpackungen aus Kunststoff | 1 | nicht gefährlich | ||
08.01.2020 | 200301 | gemischte Siedlungsabfälle | 3 | nicht gefährlich | ||
10.01.2020 | 150101 | Verpackungen aus Papier und Pappe | 10 | nicht gefährlich |
Das Rechnungsdatum hilft Herrn Schreiber, schnell zu prüfen, ob er eine Abrechnung bereits eingetragen hat oder nicht. Die Spalten Volumen sowie Dichte sind optional und werden nur benötigt, wenn die Masse vom Entsorger nicht direkt in Tonnen angegeben wurde. Über die Zeit wird Herr Schreiber eventuell merken, dass es sinnvoll wäre, weitere Angaben zu erfassen, z. B. welchem Standort die Menge zuzuordnen ist. Für den Anfang reicht eine Datenerfassung in dieser Form jedoch völlig aus, da sie eine Summenbildung nach Abfallschlüssel und/oder Zeitraum erlaubt. Nachdem er eine gewisse Zeit die obige Datenlage geführt hat, entscheidet Herr Schreiber sich, die Getrenntsammlungsquote erneut zu berechnen.
Insgesamt hat Herr Schreiber demnach ein Abfallaufkommen von 130 Tonnen, das sich aus 100 Tonnen getrennt gesammelter Abfälle und 30 Tonnen gemischter Siedlungsabfälle zusammensetzt. Für die Getrenntsammelquote wendet Herr Schreiber nun die oben genannte Formel an.
Er stellt damit fest, dass sich seine Getrenntsammlungsquote von 75 % auf 77 % verbessert hat.
Da gefährliche Abfälle schon seit vielen Jahren immer getrennt zu sammeln sind, würden sie in der Berechnung die Getrenntsammlungsquote erhöhen, denkt sich Herr Schreiber. In den Abfallrechnern auf den Internetseiten der großen Entsorgungsbetriebe sind diese Abfälle aber nicht erwähnt. Herr Schreiber hat von der Mitteilung 34 der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) gehört. Dort steht auf Seite 39: „Hierunter zählen auch gefährliche gewerbliche Siedlungsabfälle, soweit sie unter den Anwendungsbereich der Gewerbeabfallverordnung fallen.“
Wieso sind bei den Rechnern diese dann nicht aufgeführt? Herr Schreiber erinnert sich an den Abschnitt 20 der Abfallverzeichnisverordnung und daran, dass es für viele, insbesondere die gängigen dort aufgeführten Abfälle Sonderregelungen gibt (siehe Tabelle 2). Diese zählen damit nicht in den Anwendungsbereich. Die anderen aufgeführten gefährlichen Abfälle spielen in der Praxis aber wahrscheinlich meist keine große Rolle. Herr Schreiber vermutet deshalb, dass diese aus Gründen der Vereinfachung im Online-Rechner nicht erwähnt wurden. Für ihn gibt es auch keine entsprechenden Abfälle, die seine Quote wesentlich verbessern würden.
Gemäß den Vorgaben der Gewerbeabfallverordnung müssen gewerbliche Siedlungsabfälle soweit möglich getrennt gesammelt werden. Wenn die bisherige Trennung nicht ausreicht, muss diese verbessert werden. Um eine Verbesserung der Abfalltrennung zu erreichen, haben sich in der Praxis folgende Maßnahmen bewährt:
- 1. Analyse der Abfallfraktionen
- 2. Evtl. Veränderung der Prozesse, um Abfälle zu vermeiden und zu vermindern
- 3. Evtl. Einholen externer Hilfe
- 4. Bereitstellen weiterer Abfallbehälter
- 5. Festlegen von Verantwortlichkeiten und Regeln
- 6. Schulen und Unterweisen der Mitarbeiter
- 7. Kontrollen und Korrekturmaßnahmen
Diese Maßnahmen werden in den folgenden Praxistipps näher erläutert. Bevor man sich zu sehr auf die Abfalltrennung fokussiert, sollte man sich die Abfallhierarchie in Erinnerung rufen, d. h. vorrangig Abfälle zuerst vermeiden.
Erst wenn alle Überlegungen zur Abfallvermeidung betrachtet und umgesetzt wurden, sollten die nächsten Schritte angegangen werden.
Wenn die entsprechenden Analysen dokumentiert und Maßnahmen umgesetzt werden, lässt sich über einen Zeitstrahl oft eine Verbesserung darstellen. Da die Restmüllfraktion meist mit höheren Entsorgungskosten verbunden ist, können so auch Kosten eingespart werden.
Die Notwendigkeit der Bereitstellung geeigneter Behälter ergibt sich direkt aus den Vorgaben der Gewerbeabfallverordnung. Entsprechende Lagepläne und Lichtbilder sind gemäß § 3 der Verordnung der Behörde auf Verlangen vorzulegen.
Unternehmen, die ein Umweltmanagementsystem nach ISO 14001 oder EMAS installiert haben, verfügen meist bereits über weitere Festlegungen, da der Abfallprozess oft mit wesentlichen Umweltauswirkungen oder -risiken verbunden ist. Für Firmen mit Sitz in Bayern, die ein Umweltmanagement einführen, stehen Förderprogramme zur Verfügung (BUMAP).
Ein Abfallwegweiser kann auch als Beleg gemäß § 3 der Gewerbeabfallverordnung genutzt werden, wenn die Behörden die Vorlage der Dokumentation verlangen.
Wie bereits bei der Festlegung von Verantwortlichkeiten und Regeln beschrieben, gilt auch für die Korrekturmaßnahmen, dass Unternehmen, die ein Umweltmanagementsystem nach ISO 14001 oder EMAS installiert haben, hierzu bereits oft über entsprechende Erfahrungen verfügen. Auch Industrie- und Handelskammern können durch ihre Netzwerke dabei helfen, dass Kontakte zwischen Unternehmen geknüpft werden und somit Wissen vermittelt werden kann. Herr Schreiber hat diese Maßnahmen mit den Verantwortlichen in seinem Unternehmen besprochen und diese haben erste Maßnahmen eingeleitet. Man ist sich aber nicht sicher, ob die Maßnahmen ausreichen werden. Deshalb stellt ein Kollege die folgende Frage.
Abfälle, die einem öffentlich-rechtlichen Entsorger überlassen worden sind, sind vom Anwendungsbereich der Gewerbeabfallverordnung ausgenommen. Die Masse der Abfälle der Restmülltonne vom öffentlich-rechtlichen Entsorger geht deshalb nicht in die Berechnung der Getrenntsammlungsquote ein. Insofern würde eine weitere Restmülltonne wohl rechnerisch die Getrenntsammlungsquote verbessern. Dies ist aber nicht zulässig!
Denn zum Zeitpunkt, an dem die Abfälle anfallen, sind die Pflichten zur vorrangigen Getrenntsammlung und zur Vorbehandlung noch zu beachten. Wer sich eine überdimensionierte Restmülltonne bereitstellen lässt, läuft Gefahr, die Getrenntsammlungsflicht zu umgehen und damit eine Ordnungswidrigkeit zu begehen, weil er die Abfallhierarchie missachtet. Mit anderen Worten: Die Restmülltonne ist nur für den Restmüll gedacht, also die Abfälle, die nicht getrennt gesammelt werden können,genauso wie die Restmülltonnen von privaten Haushalten. Nicht zu verwechseln ist diese Pflichttonne mit den über private Abfallerzeuger entsorgten gemischten gewerblichen Siedlungsabfällen (AVV 20 03 01).
Die Gewerbeabfallverordnung besagt zudem, dass Abfälle, die nicht getrennt gesammelt werden können, einer Vorbehandlungsanlage zuzuführen sind. Auch diese Verpflichtung würde mit einer überdimensionierten Restmülltonne umgangen. Denn die Abfälle aus der Erfassung der Restmülltonnen durch die öffentlich-rechtlichen Entsorger werden Müllverbrennungsanlagen zugeführt. Demgegenüber sind die gemischt gewerblichen Siedlungsabfälle soweit möglich und zumutbar einer Vorbehandlung zuzuführen, um zumindest einen Teil stofflich zu recyceln.
Kommunale Wertstoffhöfe sind in erster Linie für die getrennte Entsorgung von besonderen Abfällen aus privaten Haushaltungen vorgesehen. Die Regelungen dazu sind meist in der jeweils gültigen Abfallwirtschaftssatzung (Landkreise und kreisfreie Städte) beschrieben. Üblicherweise dürfen Unternehmen Abfälle, die in der Art und Menge denen aus privaten Haushaltungen ähnlich sind, auch über den Wertstoffhof entsorgen. Dies trifft häufig für Kleingewerbebetriebe zu.
Kleingewerbetreibende werden häufig unter die Kleinmengenregelung nach § 5 der Gewerbeabfallverordnung fallen. Dann ist die Berechnung der Getrenntsammlungsquote nicht relevant. Für größere Unternehmen sind die Mengen, die sie über Wertstoffhöfe entsorgen dürfen, für die Berechnung der Getrenntsammlungsquote meist von untergeordneter Bedeutung. Zumal Wertstoffhöfe üblicherweise nur für Anlieferungen von Restmüll – sofern sie diesen auch annehmen – Gebühren erheben und Belege ausstellen. Es kann aber evtl. trotzdem günstig sein, über die im Wertstoffhof abgelieferten Mengen selbst Aufzeichnungen anzufertigen und diese aufzubewahren, um eine ordnungsgemäße Entsorgung nachweisen zu können.
Der Transport von Abfällen ist in der Abfallanzeige- und Erlaubnisverordnung (AbfAEV) geregelt. Gemäß § 7 Absatz 9 dieser Verordnung gibt es eine Kleinmengenregelung für den Abfalltransport. Betriebe, die Abfälle nicht gewerbsmäßig transportieren und die nicht mehr als 20 Tonnen nicht-gefährliche Abfälle oder nicht mehr als zwei Tonnen gefährliche Abfälle im Jahr transportieren, sind von der Anzeigenpflicht beim Landratsamt befreit. Dabei hat man besonders Handwerksbetriebe im Blick. Werden die Mengen überschritten, gelten die Vorgaben der oben genannten Verordnung. Diese Vorgaben betreffen unter anderem die Zuverlässigkeit und die Fachkunde der Sammler, Beförderer, Händler und Makler von Abfällen, sowie die Sachkunde des sonstigen Personals.
Die Vorbehandlungsanlagen zielen – anders als die thermische Verwertung – auf eine Rückführung der Wertstoffe in den stofflichen Kreislauf ab. Voraussetzung hierfür ist eine größtmögliche Trennung nach Abfallstoffen. Darauf weisen auch weitere Bezeichnungen für Vorbehandlungsanlagen hin:
„Gewerbeabfallsortierung“, „Wertstoffsortierung“ oder „Wertstoffaufbereitungsanlagen“. Um die Wertstoffe effektiv und effizient zu trennen, haben sich verschiedene Abläufe etabliert. Einer dieser Abläufe soll der Anschaulichkeit halber an dieser Stelle in kurzer Form dargestellt werden:
Nachdem die Sammelfahrzeuge die Abfälle in der Aufgabeeinheit (das ist eine Art großer Trichter) abgeladen haben, werden diese zuerst nach ihrer Größe sortiert. Das erfolgt durch eine große Siebtrommel. Die in der Siebtrommel verbleibenden, größeren Stücke werden in einem nächsten Schritt manuell an einem Förderband aussortiert. Die kleineren hingegen werden ab diesem Punkt vollautomatisch verarbeitet. Dabei werden unterschiedliche Technologien eingesetzt, wie die Trennung nach Größe in der erwähnten Siebtrommel, oder eine Unterscheidung verschiedener Kunststoffe beispielsweise über deren unterschiedliche optische Eigenschaften unter Infrarotlicht.
Nach der Trennung nach Sorten werden die Wertstoffe zu Ballen gepresst und zum eigentlichen Recyclen – dem Beimischen in der Herstellung zum Ersatz von Ressourcen – bereitgestellt.
Abfallentsorger berichten vor allem von zwei häufigeren Problemen mit Abfallfraktionen: Zum einen erschwert feuchtes oder nasses Material wie zum Beispiel Bioabfall häufig die Prozesse der Sortierung von Wertstoffen. Problematisch sind auch Abfälle, die Lithium-Ionen-Akkumulatoren enthalten. Diese führen häufig zu Bränden, die nur schwer zu löschen sind. Gemäß dem Batteriegesetz sind Batterien
und Akkumulatoren getrennt zu sammeln.
Musterfall 2: Herr Neumann
Getrennte Sammlung in Mietsgebäuden
Gemäß Gewerbeabfall-Verordnung ist eine Erfassung von Abfällen in gemeinsamen Behältern nur dann zulässig, wenn die Abfälle gemeinsam mit im selben Gebäude ansässigen privaten Haushalten erfasst werden und die Abfälle unter die Kleinmengenregelung fallen, d. h. nicht mehr als 10 kg pro Woche von der jeweiligen Abfallfraktion anfallen. Beide Kriterien treffen auf das Unternehmen von Herrn Neumann nicht zu. Die Kleinmengenregel von 10 kg pro Woche ergibt sich aus der durchschnittlichen Abfallmenge von privaten Haushaltungen (siehe auch Antwort auf Frage 45).
Eine Nutzung eigener Abfallbehälter wird vom Gesetzgeber gefordert, da nur über diesen Weg die verursacherbezogene Kostenverrechnung sowie die Prüfung der Einhaltung der Getrenntsammlungspflichten möglich sind. Das Unternehmen muss für die Entsorgung eigene Behälter nutzen.
Platzprobleme können als Begründung für eine technische Unmöglichkeit herangezogen werden. Ob die Begründung stichhaltig ist, muss im Einzelfall geprüft werden. Man spricht hier häufig von beengten Innenstadtanlagen oder von beschränkten baulichen Gegebenheiten.
Im Fall von Herrn Neumann müsste das Unternehmen wie oben beschrieben auf jeden Fall eigene Behälter nutzen. Eine Nutzung der Abwurfschächte gemeinsam mit anderen Unternehmen wäre damit ausgeschlossen. Die Abfälle müssten auf anderem Wege, d. h. über die Aufzüge, in den Keller transportiert werden. Anstatt eines großen Behälters für alle Mieter könnten mehrere kleinere Behälter aufgestellt werden, sodass jeder gewerbliche Mieter seinen eigenen Behälter bekommt.
Möglicherweise können Flächen, die bisher anders genutzt werden, wie z. B. Parkplätze, für die Bereitstellung von Abfallbehältern genutzt werden.
Musterfall 3: Frau Sattler
Umsetzung der Dokumentationspflichten
Für eine ausreichende Trennung von Abfällen im Sinne der Gewerbeabfallverordnung ist eine entsprechende Infrastruktur nötig. Es müssen also geeignete Behälter vorgehalten werden, um die Abfälle getrennt sammeln zu können. Damit die Trennung auch ordnungsgemäß erfolgt, ist es nötig oder hilfreich, dass die Behälter in ausreichender Anzahl und an den richtigen Stellen zur Verfügung stehen. Zudem werden meist Container oder größere Behälter benötigt, in denen die Abfälle für die Abholung durch den Abfallentsorger bereitgestellt werden.
Die im § 3 genannte Dokumentation soll zeigen, dass im Unternehmen geeignete Behälter in ausreichender Anzahl und an geeigneten Stellen zur Verfügung stehen. Die Dokumentation ist der Behörde auf Verlangen vorzulegen. Damit soll erreicht werden, dass die Behörde auch ohne einen Besuch vor Ort erkennen kann, ob Anstrengungen unternommen wurden, Abfälle ausreichend zu trennen.
Die Auflistung in § 3 enthält ein „oder“. Das heißt, es können wahlweise verschiedene Arten der Dokumentation zur getrennten Sammlung gewählt werden. Ein Lageplan wird als Nachweis der getrennten Sammlung nicht immer notwendig sein, Lieferund Wiegescheine sollten üblicherweise schon vorliegen. Das Unternehmen muss also nur darauf achten, diese auch zu finden, wenn die Behörde sich meldet. Insgesamt muss die Behörde anhand der Dokumentation die Umsetzung der Getrenntsammlungspflicht beurteilen können.
Wenn sich die Gegebenheiten und Rahmenbedingungen nicht verändern, muss die Dokumentation nicht aktualisiert werden. Wenn es eine Änderung gibt, sollte die Dokumentation zeitnah angepasst werden.
Ein Kollege von Frau Sattler schlägt vor, die nötige Dokumentation erst dann anzufertigen,
wenn die Behörde diese auch wirklich verlangt. So könne man sich evtl. diese unnötige Arbeit sparen. Frau Sattler weist zum einen auf das anstehende Zertifizierungsaudit des Umweltmanagementsystems hin, welches sie bestehen will. Zum anderen möchte sie gute Arbeit leisten. Da die Erstellung der Dokumentation in ihren Augen keinen großen Aufwand darstellt, entscheidet sie sich, diese Dokumentation lieber gleich anzulegen. Vielleicht käme die Anfrage der Behörde ja gerade dann, wenn sie beispielsweise im Urlaub ist.
Im Unternehmen von Frau Sattler werden alle getrennt erfassten Siedlungsabfälle von demselben Entsorgungsunternehmen abgeholt. Sie vermutet, dass sich bei den Dokumentationspflichten die Erklärung aus § 3 Abs. 3 Nr. 2 der Gewerbeabfallverordnung auf diesen Entsorgungsdienstleister bezieht.
Die Erklärung des Abfallerzeugers ist an keine Form gebunden. Sie muss aber die im
§ 3 genannten Angaben enthalten:
- 1. den Namen und die Anschrift desjenigen, der die Abfälle übernimmt.
- 2. die Masse4 (wenn diese aus dem Volumen berechnet wird, sollte die Grundlage der Umrechnung angegeben werden).
- 3. den beabsichtigten Verbleib: Hier sind Angaben zur Art der Verwertung und der Anlage ausreichend (z. B. Bioabfallkompostieranlage, Papierfabrik, etc.).Die Benennung einer konkreten Entsorgungsanlag e ist nicht erforderlich.
Die Angabe der Masse lässt vermuten, dass die Erklärung jedes Jahr erneut ausgestellt werden muss. Aus den Vollzugshinweisen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft (LAGA M34) zur Aufbewahrungsdauer lässt sich aber schließen, dass dies nicht der Fall ist. Im Leitfaden des BDE wird deshalb davon ausgegangen, dass die Erklärung beiÄnderungen neu abzugeben ist.
Die Bestätigungen sollten mindestens für die Dauer der Entsorgungssituation sowie für drei weitere Jahre aufgehoben werden.
Die anfallenden Folien im Unternehmen von Frau Sattler können aufgrund der Verschmutzung nicht recycelt werden. Es wäre zwar möglich, diese getrennt zu sammeln, eine solche Getrenntsammlung würde aber nicht zum Ziel der stofflichen Verwertung beitragen. Aufgrund der Verschmutzung können die Folien nur thermisch verwertet werden. Dafür ist keine getrennte Sammlung nötig.
In den Vollzugshinweisen der Bund / Länder-Arbeitsgemeinschaft (LAGA M34) wird auch aufgeführt, dass Verschmutzungen in Form von Lichtbildern dokumentiert werden können. Frau Sattler fertigt also Fotos von den Folien an, auf denen die Verschmutzungen gut zu erkennen sind. Frau Sattler protokolliert zudem das Gespräch mit ihrem Entsorgungsunternehmen, in dem von diesem gesagt wurde, dass für die verschmutzten Folien kein Abnehmer zur stofflichen Verwertung gefunden werden kann.
Das Abweichen von der Getrenntsammlungspflicht in Bezug auf die verschmutzten Folien entbindet das Unternehmen aber nicht von der Pflicht, die anderen Abfälle getrennt zu sammeln!
Musterfall 4: Frau Winter
Bestätigung der Getrenntsammlungsquote und separate Sammlung von Bioabfällen
Die Getrenntsammlungsquote kann sowohl von Umweltgutachtern als auch von Sachverständigen bestätigt werden. In diesem Fall stellt sich aber für Frau Winter die Frage, ob alle Umweltgutachter die Quote bestätigen können.
Die Antwort auf diese Frage findet sich in § 4 Abs. 6 Nr. 2 der Gewerbeabfallverordnung. Dieser ist für Laien jedoch kaum oder nur schwer verständlich. In § 4 ist festgelegt, dass der Nachweis zur Getrenntsammlungsquote nur von Umweltgutachtern ausgestellt werden darf, wenn sie die Zulassung für den Wirtschaftszweig 38 „Sammlung, Behandlung und Beseitigung von Abfällen, Rückgewinnung“ haben. Diese Regelung gilt unter Experten als Fehler, da Umweltgutachter in EMAS-Verfahren auch Abfalldaten prüfen müssen, wofür die gleichen Kompetenzen nötig sind. Es ist angedacht, die bestehende Regelung entsprechend zu ändern. Ob und wann diese Änderung kommt, konnte zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Leitfadens nicht ermittelt werden.
Wenn der Gutachter, der das EMAS-Verfahren durchführt, also auch die Zulassung für den Wirtschaftszweig 38 hat, könnte er während der EMAS-Validierung auch gleichzeitig die Getrenntsammlungsquote bestätigen. Wahrscheinlich würden dabei keine oder nur geringe Mehrkosten anfallen.
Frau Winter weiß, dass ihr Umweltgutachter die Zulassung für den Wirtschaftszweig 29.32 „Herstellung sonstiger Teile für Kraftfahrzeuge“ hat. Ob er auch die Zulassung für den Wirtschaftszweig 38 hat, ist ihr nicht bekannt.
Auf der Webseite der Deutschen Akkreditierungs- und Zulassungsstelle für Umweltgutachter kann in einer Datenbank nach Umweltgutachtern gesucht werden. Frau Winter gibt dort den Namen ihres Umweltgutachters ein. In der Anzeige sieht sie, dass der Gutachter die Zulassung für ihren Wirtschaftszweig hat, nicht aber die Zulassung für den Wirtschaftszweig 38. Deshalb löscht sie den Namen wieder heraus und gibt im Feld „Zulassungsbereich“ die Zahl 38 ein. Die Suche ergibt eine große Anzahl von Umweltgutachterinnen und -gutachtern. Diese sind jeweils mit Zulassungsnummer, Namen, Anschrift, Telefonnummer und zugelassenen Wirtschaftszweigen aufgelistet.
Weiterhelfen kann hier auch Ihre IHK, denn sie ist gemäß Umweltauditgesetz registerführende Stelle für EMAS-Organisationen.
Da Frau Winter mit ihrem jetzigen Umweltgutachter sehr zufrieden ist, möchte sie nicht wechseln und keinen zweiten Gutachter einbinden, sondern stattdessen lieber einen Sachverständigen mit der Prüfung der Getrenntsammlungsquote beauftragen.
Wie oben bereits erwähnt, können nicht nur Umweltgutachter mit der Zulassung für den Fachbereich 38 die Getrenntsammlungsquote bestätigen, sondern auch öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige.
Die Liste der öffentlich bestellten Sachverständigen ist im Internet unter der Adresse svv.ihk.de zu finden. Wichtig ist dabei die Unabhängigkeit des Gutachters oder Sachverständigen in Bezug auf das Unternehmen, für das er prüfend tätig wird, d. h. der Gutachter oder Sachverständige darf beispielsweise innerhalb der letzten zwei Jahre nicht beratend für das Unternehmen tätig gewesen sein.
Sachverständige, die die Getrenntsammlungsquote bestätigen dürfen, müssen für das Sachgebiet 110 „Verpackungsentsorgung“ gelistet sein. Dort ist genannt: „In der Verordnung über die Bewirtschaftung von gewerblichen Siedlungsabfällen und von bestimmten Bau- und Abbruchabfällen (Gewerbeabfallverordnung) ist ein Nachweisverfahren vorgesehen, für das der Nachweis der Getrenntsammlungsquote von einem zugelassenen Sachverständigen geprüft werden muss. Zugelassen dafür sind auch die öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen der um diese Aufgabe erweiterten Sachgebiete Altautoverwertung (230), Elektrogeräteentsorgung (2375) und Verpackungsentsorgung (110).“
Um die entsprechenden Sachverständigen zu finden, gibt Frau Winter als Suchbegriff zuerst „Gewerbeabfall“ ein und setzt dann den Haken bei „Verpackungsentsorgung“. Zudem trägt sie den Ortsnamen ein, um die Suche weiter einzuschränken. Sie findet mehrere Sachverständige in ihrem Umkreis.
Bei der Beantwortung dieser Frage ist zwischen der Berechnung der Getrenntsammlungsquote
und der Bestätigung dieser durch einen zugelassenen Sachverständigen zu unterscheiden. Prinzipiell ist der Aufwand von der Anzahl der unterschiedlichen Abfälle und der Qualität der Datenlage abhängig.
Die reine Berechnung oder Ermittlung wird von verschiedenen Dienstleistern anhand zugesandter Dokumente vollzogen. Dafür werden häufig pauschale Preise von 150,- bis 500,- Euro veranschlagt. Die Getrenntsammlungsquote kann jedoch in vielen Fällen auch ohne fremde Hilfe ermittelt werden. Dafür stehen im Internet verschiedene Rechner zur Verfügung, z. B. auf den Webseiten großer Entsorgungsunternehmen.
Für die Bestätigung der Getrenntsammlungsquote ist – gemäß der Vollzugshinweise der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft (LAGA M34) – zumindest im ersten Jahr ein Besuch vor Ort nötig. Bei diesem Termin sollen auch die Verhältnisse vor Ort betrachtet werden, um zu prüfen, ob Belege wie Liefer- oder Wiegescheine plausibel sind. Gegenüber der reinen Ermittlung der Quote ist die Bestätigung auch von der Größe des Unternehmens und der Anzahl der unterschiedlichen Stellen abhängig, an denen die Abfälle anfallen. In den meisten Fällen werden sich die Kosten für den Sachverständigen im ersten Jahr in einer Größenordnung von 500 bis 5.000 Euro bewegen. In den Folgejahren können sich diese Kosten deutlich reduzieren, da der Termin vor Ort nicht mehr nötig ist. In einigen Fällen wird die Getrenntsammlungsquote relativ leicht zu prüfen sein, wie z. B. in dem beschriebenen Musterfall, wenn einerseits bereits sehr gute Daten vorliegen und andererseits eine Abfallfraktion wie Metalle mehr als 90 %
der Gesamtmasse ausmacht.
Die Frage kann folgendermaßen beantwortet werden: Die Bestätigung der Getrenntsammlungsquote hebt – wenn die Quote mindestens 90 % beträgt – die Verpflichtung auf, die restlichen Abfälle einer Vorbehandlungsanlage zuzuführen. Stattdessen dürfen diese restlichen Abfälle dann direkt einer sonstigen Verwertungsanlage, d. h. in der Regel einer thermischen Verwertung zugeführt werden. Damit können die Entsorgungskosten für den Abfallerzeuger sinken. Ob sich die Bestätigung der Getrenntsammlungsquote lohnt, hängt demnach vor allem von den Abfallmengen, von den Entsorgungskosten der beiden unterschiedlichen Wege und von den Kosten für die Bestätigung der Getrenntsammlungsquote ab.
Wer den Nachweis führen kann, dass die Getrenntsammlungsquote im vorangegangenen Jahr mindestens 90 Masseprozent betragen hat, und dies durch einen zugelassenen Sachverständigen hat prüfen lassen, kann Abfälle, die er nicht trennen kann, einer thermischen Verwertung zuführen. Ohne die Bestätigung hat er sie hingegen einer geeigneten Vorbehandlungsanlage zuzuführen.
In vielen Fällen wird sich die Bestätigung also nicht lohnen, weil die Kosten für die Bestätigung insbesondere im ersten Jahr höher sind als die mögliche Einsparung durch Umgehung der Vorbehandlung.
Die Bestätigung der Getrenntsammlungsquote kann insbesondere für größere Unternehmen in Preisverhandlungen mit Entsorgern hilfreich sein, da sich damit weitere Optionen eröffnen. Wenn der Umweltgutachter, der das EMAS-Verfahren durchführt, die Zulassung für den Wirtschaftszweig 38 hat, kann und darf er während der EMAS-Validierung mit sehr geringem Mehraufwand auch die Getrenntsammlungsquote bestätigen.
Eine Faustformel gibt es hier nicht, weil die Gegebenheiten im Einzelfall zu unterschiedlich sind (siehe nachfolgende Ausführungen).
Generell bewegten sich zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Leitfadens die preislichen Unterschiede zwischen der Vorbehandlung von gemischten, gewerblichen Siedlungsabfällen (GSA) und Abfällen zur Verwertung (AsV), d. h. Abfällen, die nicht vorbehandelt in die thermische Verwertung gehen, unabhängig von der absoluten Höhe, meist in einem Bereich von etwa 35,- bis 50,- Euro Differenz pro Tonne. Hiervon kann es aber Ausnahmen geben, wie es unten beschrieben wird.
Um die Entscheidung optimal vorzubereiten, sollten sich Betriebe deshalb am besten von einem Entsorgungsfachbetrieb beraten lassen. Frau Winter hat ihren Entsorger kontaktiert und mit seinen Angaben eine Rechnung erstellt:
Tab. 6: Beispielrechnung zur Wirtschaftlichkeit der Bestätigung der Getrenntsammlungsquote
Menge der gemischten gewerblichen Siedlungsabfälle | Rund 24 t/a |
Kosten für die Bestätigung der Getrenntsammlungsquote | Im ersten Jahr: 1.200 € (aufgrund des nötigen Vor-Ort-Termins) In den Folgejahren: 600 € |
Entsorgungspreis über die Vorbehandlungsanlage (GSA) | 220 €/t |
Entsorgungspreis bei Nutzung der 10 %-Regel für die thermische Verwertung (AzV) | 180 €/t |
Preisdifferenz pro Tonne | 220 €/t - 180 €/t = 40 €/t |
Preisdifferenz im ersten Jahr | 24 t x 40 €/t - 1.200 € = -240 € (Mehrkosten) |
Preisdifferenz in den Folgejahren | 24 t x 40 €/t - 600 € = 360 € (Einsparung) |
Frau Winter erkennt, dass es sich in ihrem Fall, d. h. bei den aktuellen Abfallmengen und -preisen, lohnt, sich die Getrenntsammlungsquote bestätigen zu lassen. Denn schon im zweiten Jahr gleichen die Einsparungen die Mehrkosten aus dem ersten Jahr mehr als aus. Sie ist sich aber bewusst, dass sich sowohl die Abfallmenge als auch die Preise verändern können und sie diese Berechnung in den nächsten Jahren wiederholen muss.
Die Kosten für die Entsorgung von Abfällen hängen von sehr vielen Faktoren ab, zum Beispiel von der Frage, ob alle Logistikleistungen beinhaltet sind, also der gesamte Transport vom Abfallerzeuger bis zur Vorbehandlungslage oder Leistungen für den Umschlag von Abfällen.
Wesentlich für die Kalkulation des Preises ist die durchschnittliche, zu entsorgende Menge an gemischten, gewerblichen Siedlungsabfällen eines Entsorgers. Die Preise hier können von Monat zu Monat schwanken. Zudem haben die Preise ein regional unterschiedliches Niveau, das unter anderem von der Entfernung zur nächsten Vorbehandlungsanlage abhängt. Die Kosten für die Entsorgung hängen auch von der Art des eingesetzten Behältersystems ab und der Anzahl der Behälter sowie der Frequenz der Leerung.
Gewerbliche Abfallmengen, die bei Abfallerzeugern mit Inanspruchnahme der 10 %-Regel anfallen, also Abfälle zur Verwertung (AzV), dürfen nicht in einer gemeinsamen Tour mit gemischt gewerblichen Siedlungsabfälle (GSA) gefahren werden. Sie dürfen nicht vermischt werden, z. B. beim Einsatz sogenannter „Umleerfahrzeuge“. Damit benötigen die Entsorger für die genannten Abfälle eine separate Tour. Dies kann zu erheblichen Steigerungen bei den Logistikkosten führen. Der Vorteil des günstigeren Tonnagepreises für Abfälle zur Verwertung wird damit evtl. wieder zunichtegemacht.
Weiter werden die Preise von der Auslastung der verschiedenen Anlagen abhängen, und diese werden wiederum davon beeinflusst, inwieweit einige Anlagen von den Behörden geduldet werden, obwohl sie (noch) nicht alle Anforderungen aus Anlage 1 der Gewerbeabfallverordnung erfüllen.
Die Frage entsteht aus einem häufigen Missverständnis. Im Gespräch mit Abfallerzeugern fällt häufig der Satz „Wir müssen mindestens 90 % der Abfälle trennen. Die restlichen 10 % dürfen wir wie bisher entsorgen.“ Im Internet findet sich auch folgende Aussage:
"Wenn Sie alle Ihre Gewerbeabfälle bereits zu 90 % fachgerecht trennen, dürfen die restlichen 10 % als Abfallgemisch entsorgt werden."
Diese Aussagen sind NICHT richtig! Die Gewerbeabfallverordnung fordert, dass, soweit möglich und zumutbar, alle Abfälle getrennt gesammelt werden. Im Fall der Firma von Frau Winter bedeutet das, dass Anstrengungen unternommen werden müssen, Abfälle zu trennen, obwohl allein mit den Metallabfällen schon eine Getrenntsammlungsquote von mehr als 90 % erreicht wird. Anders ausgedrückt: auch für die Firma von Frau Winter ist es zumutbar, weitere Abfälle wie Papier, Holz, und
Plastik zu trennen – unabhängig davon, welchen Prozentsatz die Metallabfälle bereits ausmachen.
Die Antwort scheint klar, denn Bioabfälle sind explizit im § 3 Abs. 1 der Gewerbeabfallverordnung genannt und müssen getrennt gesammelt werden. In diesem konkreten Fall sieht Frau Winter einige Schwierigkeiten: Denn Bioabfälle können an sehr vielen Stellen anfallen. Die Mengen sind meist sehr gering, die Behälter müssten aus hygienischen Gründen aber trotzdem häufig geleert werden. Frau Winter ist der Ansicht, dass dieser Aufwand wirtschaftlich nicht zumutbar ist. Um dies zu belegen, erstellt Frau Winter die folgende Rechnung (beachten Sie die Korrektur hier gegenüber dem PDF-Leitfaden hinsichtlich der Einheit der Bioabfalldichte):
Tab. 7: Beispielrechnung zum Nachweis unzumutbaren Aufwandes
Anfallende Abfälle | Obst-, Gemüse- und sonstige Lebensmittelreste, Kaffeesatz, Teebeutel, hin und wieder Blätter von Pflanzen oder Blumensträußen |
Aufstellort der Behälter | Teeküchen, Pausenräume, Großraumbüros |
Anzahl der benötigten Behälter | 18 (einer pro 24 Mitarbeiter) |
Anfall an Bioabfällen | 40 Gramm / Mitarbeiter / Tag in der Produktion 60 Gramm / Mitarbeiter / Tag in den Büros = 12,4 kg + 7,2 kg = 19,6 kg pro Tag 19,6 kg / Tag x 5 Tage / Woche = 98 kg / Woche 98 kg / Woche x 52 Wochen / Jahr = 5.096 kg / Jahr |
Entleerungsfrequenz – intern | 2 Leerungen / Woche |
Zeitaufwand für die Leerungen | 2 Stunden pro Leerung = 4 Stunden pro Woche |
Reinigungsfrequenz | 1 Reinigung pro Woche |
Zeitaufwand für Reinigungen | 2 Stunden pro Woche |
Gesamter wöchentlicher Zeitaufwand | 6 Stunden pro Woche |
Personalkosten | 7.800 € pro Jahr (bei 25 € / h) |
Entleerungsfrequenz – extern | Wöchentlich |
Dichte von Bioabfall | 0,366 t / m3 |
Benötigtes Volumen / Menge | 98 kg / Woche bei 0,366 t / m3 = 0,268 m3 / Woche |
Anzahl der benötigten Tonnen | 3 Stück (à 120 Liter) = 360 Liter |
Kosten für die Bereitstellung und Leerung der Biotonnen | 1,60 € / Woche x 3 Tonnen x 52 Wochen / Jahr = 250 € pro Jahr |
Gesamtkosten Getrenntsammlung | 8.050 € pro Jahr |
Bisherige Kosten über den Restmüll: | 5.096 kg / a x 175 € / t = 892 € pro Jahr |
Mehrkosten Getrenntsammlung: | 7.158 € |
Die getrennte Sammlung der Bioabfälle würde also zu Mehrkosten von rund 7.200 Euro führen oder die Kosten für die Entsorgung der Bioabfälle um etwa den Faktor 9 erhöhen. Dabei hat Frau Winter ihrer Ansicht nach noch konservativ kalkuliert. Ihre Kollegin meint, dass die Behälter eigentlich noch öfter geleert werden müssten, um unangenehme Geruchsentwicklungen zu vermeiden.
Frau Winter präsentiert die Zahlen der Geschäftsführung vor. Diese bittet Frau Winter noch um eine schriftliche Darstellung der Rechtslage. Sie recherchiert und schreibt der Geschäftsleitung Folgendes:
"Bioabfälle sind gemäß § 3 Absatz 1 der Gewerbeabfallverordnung grundsätzlich getrennt zu sammeln, außer wenn dies technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht zumutbar ist. Eine technische Unmöglichkeitist im Fall unserer Firma nicht zu erkennen. Als wirtschaftliche Unmöglichkeit werden unangemessen hohe Mehrkosten verstanden. BloßeMehrkosten reichen für eine Unzumutbarkeit nicht aus. Nur wenn die Mehrkosten für die getrennte Sammlung und Verwertung außer Verhältnis
zu den Kosten für eine gemeinsame Erfassung und Verwertung stehen, kann von einer wirtschaftlichen Unzumutbarkeit ausgegangen werden. Dabei kommt es nicht auf einen bloßen Kostenvergleich an. Eine pauschale Herangehensweise gibt es nicht. Die Mehrkosten entstehen dabei weniger durch die Kosten für die Bereitstellung und Leerung der Biotonne, als vielmehr durch Personalkosten für die Entleerung und Reinigung der Behälter an den Anfallstellen. Dies bewirkt eine Erhöhung der Entsorgungskosten circa um den Faktor 9, was ich als unverhältnismäßig ansehe."
Die Geschäftsleitung entscheidet, bis auf Weiteres auf die getrennte Sammlung von Bioabfällen zu verzichten.
Im Leitfaden des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE) wird eine „100 %-Regel“ angeführt. Sie besagt, dass eine Steigerung der Mehrkosten um 100 % oder mehr als wirtschaftliche Unzumutbarkeit gewertet werden könne. In den Vollzugshinweisen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft (LAGA M34) ist diese Kommentierung nicht mehr enthalten. Vielmehr wird jetzt von unverhältnismäßigen und unüblichen Mehrkosten gesprochen, die in einem Missverhältnis zum Umweltrisiko bzw. Umweltnutzen stehen.
Der BDE-Leitfaden kann als Orientierung dienen. Behörden werden sich aber im Zweifelsfall
wahrscheinlich nach den Hinweisen der LAGA M34 richten.
Musterfall 5: Herr Valentino
Gemeinsame Erfassung und Entsorgung von Kleinmengen
Firmen müssen unter bestimmten Umständen keine eigenen Abfallbehälter vorhalten. Dies ist der Fall, wenn auf dem Grundstück in den dafür vorgesehenen Abfallbehältern auch Abfälle aus privaten Haushaltungen erfasst werden und eine getrennte Sammlung aufgrund der geringen Menge nicht zumutbar ist. Dies ist im § 5 der Gewerbeabfallverordnung geregelt. Herr Valentino nutzt dieselben Abfallbehälter wie die Wohneinheiten und erfüllt so das erste Kriterium. Nun stellt sich die Frage, ob er auch das zweite Kriterium, „geringe Menge“, erfüllt.
Als „Kleinmengen“ werden gemäß der Vollzugshinweise der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft (LAGA M34) haushaltsübliche Mengen verstanden. Das Gesamtaufkommen an Abfall darf sich also nicht erheblich von dem eines Privathaushaltes unterscheiden. Herr Valentino sieht auch dieses Kriterium als erfüllt an.
Da nach Angaben des Statischen Bundesamtes bei privaten Haushalten durchschnittlich rund 500 kg Abfälle pro Jahr anfallen, spricht man häufig von Kleinmengen, wenn Einzelfraktionen nicht mehr als 10 kg pro Woche betragen.
Nein, die Ausnahmeregelungen nach § 5 gelten nur für Kleinmengen. Größere Mengen gewerblicher Siedlungsabfälle dürfen nicht mit Abfällen aus privaten Haushaltungen vermischt werden. Im Fall größerer Abfallmengen muss das Unternehmen also eigene Abfallbehälter vorhalten und nutzen, da die Vermischung unzulässig wäre.
Die getrennte Sammlung von Papier, Pappe, Karton und Glas wird grundsätzlich als zumutbar und damit verpflichtend eingestuft. Auch als Kleinmengenerzeuger muss Herr Valentino seine Angestellten demnach für die Trennung dieser Abfälle sensibilisieren. Bei anderen Abfällen entfällt die Pflicht zur Getrenntsammlung, wenn diese aufgrund der geringen Menge nicht zumutbar ist.
Herr Valentino möchte aber auch umweltbewusst handeln. Deshalb bespricht er mit seinen Mitarbeitern, welche Abfälle sie trotz der Ausnahmeregelung separat sammeln können. Da Glasabfälle nur sehr selten anfallen, sie diese aber nicht im Restmüll entsorgen wollen, wird beschlossen, die wenigen leeren Einwegflaschen auf dem Nachhauseweg im Glascontainer zu entsorgen.
Sein Büro arbeitet viel mit Farbausdrucken für Klienten; entsprechend hoch ist das Aufkommen an leeren Patronen für Tintenstrahl- und Laserdrucker. Ein Mitarbeiter meint, dass diese leeren Patronen gefährlich wären und gefährliche Abfälle ja immer getrennt zu entsorgen seien.
Herr Valentino ruft den Hersteller der Patronen an und fragt nach. Dieser erklärt ihm, dass man sich beim Einsetzen von Tonerkartuschen vor dem Einatmen des Staubes schützen solle, die konkreten leeren Kartuschen aber kein gefährlicher Abfall seien. Der Hersteller erklärt aber, dass diese Einstufung nicht für Kartuschen aller Hersteller gelte und man sich deshalb im Zweifelsfall immer informieren solle. Diese leeren Kartuschen dürften zwar über den Restmüll entsorgt werden, aber da die Patronen und Kartuschen sehr gut recycelt werden können, sei es besser dies nicht zu tun. Wenn man keine großen Mengen hat, bei denen sich eine Rücknahme über den Händler lohnt, wäre als eine umweltfreundliche Alternative die Entsorgung über den Wertstoffhof möglich. Dort stehen meist entsprechende Behälter bereit.
Bau- und Abbruchabfälle
Hier findet der § 22 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes Anwendung. Dort ist geregelt, dass man sich zur Erfüllung der Pflichten Dritter bedienen kann. Allerdings behält man trotzdem so lange die Verantwortung für die Abfälle, bis die Entsorgung endgültig und ordnungsgemäß abgeschlossen ist.
Konkret heißt dies, dass man bei Bau- und Abbrucharbeiten im Vertrag die ordnungsgemäße Trennung der Abfälle festlegen kann. Damit das gewünschte Ergebnis erzielt wird, ist man aber zum einen erst einmal verpflichtet, den richtigen Geschäftspartner auszuwählen, das heißt, sich zu fragen: „Ist mein Auftragnehmer zuverlässig?“. Zum anderen ist man, wie auch bei anderen Pflichtenübertragungen,dazu verpflichtet, den Auftragnehmer zu überwachen, das heißt zu fragen: „Macht mein Auftragnehmer das, was er tun soll?“. Der Bauherr wird mit einer Übertragung der Pflichten nicht komplett aus seiner Verantwortung entlassen.
Hinweis: in diesem Abschnitt gibt es eine Korrektur gegenüber der PDF-Version: im vorletzten Satz wurde der Begriff "Auftraggeber" zu "Auftragnehmer" korrigiert.
Am besten sollte bereits in der Ausschreibung eines Bauherrn die Vorgabe stehen, dass alle abfallrechtlichen Vorgaben einzuhalten sind, insbesondere die Vorgaben der Gewerbeabfallverordnung. Noch besser ist es, wenn konkret gefordert wird, dass das Laden und Abfahren von Abfällen vorrangig zur Vorbereitung zur Wiederverwendung oder zum Recycling zu erfolgen hat.
Im Auftrag sollte der Auftragnehmer dazu verpflichtet werden, die Gewerbeabfallverordnung einzuhalten und bei Abbrucharbeiten „selektiv zurück zu bauen und dies nachzuweisen oder schriftlich zu begründen, wenn dies nicht möglich ist“. Der Auftragnehmer sollte zudem dazu verpflichtet werden, dem Bauherrn die entsprechende Dokumentation, wie z. B. Übernahmescheine, zu übergeben.
Eine ähnliche Fragestellung ergibt sich regelmäßig aus Sicht der Arbeitssicherheit. Dort gibt es unter bestimmten Voraussetzungen gemäß Baustellenverordnung die Vorgabe, einen sogenannten Sicherheitskoordinator (SIGEKO) zu benennen.
Eine Lösungsoption ist der Vertragsabschluss mit einem Generalunternehmer, der sich vertraglich dazu verpflichtet, die ordnungsgemäße Abfalltrennung und Entsorgung der gesamten Baustelle zu koordinieren, zu überwachen und zu dokumentieren.
Ansonsten kann auch ein Ansprechpartner des beauftragenden Unternehmens Fragen zur Abfalltrennung in regelmäßigen Besprechungen mit allen Beteiligten klären. Diese Person kann die Abholung der Abfallcontainer (mit) koordinieren und vor der Abholung prüfen (lassen), ob die Abfallfraktionen ausreichend getrennt wurden.
Auf vielen Baustellen ist der Platz für auf das Aufstellen von Abfallcontainern begrenzt. Sie können auch nur dort aufgestellt werden, wo das Fahrzeug des Entsorgers sie gut ab- und aufladen kann. Da unterschiedliche Abfälle anfallen, die möglichst getrennt erfasst werden sollen, können die Platzverhältnisse ein Problem darstellen.
Ein Lösungsansatz ist in einem solchen Fall die gute zeitliche Koordination der Arbeiten und der Entsorgung der dabei anfallenden Abfälle. So kann beispielsweise an einem Tag ein Container für die Entsorgung von alten Fensterrahmen aufgestellt werden, der noch am selben Abend mit dem Ausbau der letzten Fenster abgeholt wird. Am nächsten Tag wird dann beispielsweise ein Container für die Innenausbauplatten bereitgestellt.
Ein Beispiel für Bau- und Abbruchabfälle, die meist nicht wirtschaftlich aufbereitet werden können, sindmit Dämmstoffen gefüllte Ziegel. Wenn die Aufbereitung nicht wirtschaftlich ist und der Bauherr dies dokumentiert, entfällt die Pflicht zur getrennten Sammlung dieser Abfälle.
Die Inhalte der Dokumentation der Getrenntsammlung von Bau- und Abbruchabfällen sind in § 8 Abs. 3 der Gewerbeabfallverordnung beschrieben. Die Form der Dokumentation ist nicht vorgeschrieben. Dokumentationshilfen bzw. Musterhilfen finden sich im Merkblatt des Landesverbands Bayerischer Bauinnungen (LBB).
Wenn Bau- und Abbruchabfälle nicht getrennt gesammelt werden können, weil dies technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht zumutbar ist, müssen die Abfälle einer Vorbehandlungs- oder Aufbereitungsanlage zugeführt werden, ähnlich den Regelungen für gewerbliche Siedlungsabfälle. Ebenfalls ähnlich den Regelungen für gewerbliche Siedlungsabfälle müssen auch für Bau- und Abbruchabfälle Dokumentationen angefertigt werden. Die Inhalte sind in § 9 Abs. 3 der Gewerbeabfallverordnung beschrieben. Diese Pflicht entfällt, wenn das Volumen der insgesamt anfallenden Abfälle 10 Kubikmeter nicht überschreitet.
Bei vielen Bautätigkeiten fällt Bodenaushub an. Wie dieser zu entsorgen ist, richtet sich vor allem nach der Frage, ob dieser Aushub mit Schadstoffen belastet ist. Bei größeren Baustellen wird deshalb bereits häufig vor Ort ein kleines Schnelllabor eingerichtet, mit dem der Bodenaushub noch vor der Abholung durch den Entsorger analysiert wird. Die Ergebnisse werden dokumentiert und zudem wird von jedem Container eine Rückstellprobe aufgehoben.
Da es insbesondere bei Bau- und Abbrucharbeiten leichter oder häufiger zu Problemen mit der Abfalltrennung kommt oder kommen kann, hat es sich zudem bewährt, alle Abholungen über eine zentrale Person zu koordinieren. Im Sinne des „Vier-Augen-Prinzips“ kann zudem der Abfallbeauftragte des Auftraggebers hier vermehrt Sichtkontrollen durchführen. Wenn eine unzureichende Trennung festgestellt wird, sollte diese auch mit Fotos dokumentiert werden und der Auftraggeber sollte zeitnah einen entsprechenden Hinweis erhalten, damit er geeignete Maßnahmen ergreifen kann.
Zielführend kann auch sein, bereits bei der Beauftragung solche Themen mit dem Auftragnehmer zu klären.
Wenn bei Bau- und Abbrucharbeiten Abfälle nicht ausreichend getrennt werden, sind zwei Szenarien in der Praxis festzustellen: A) Der Container wird abgeholt und der Entsorger stellt die unzureichende Trennung erst später fest. B) Die unzureichende Trennung wird schon vor dem Aufladen des Containers vom Fahrer festgestellt.
Wenn der Container mit unzureichend getrennten (Bau- und Abbruch-)abfällen schon abgeholt wurde, versucht der Abfallentsorger diesen meist bei sich nach zu sortieren. Er wird den Abfallerzeuger dann in der Regel auf diesen Mangel hinweisen und den Zusatzaufwand eventuell gesondert in Rechnung stellen. Wenn die unzureichende Trennung bereits durch den Fahrer vor Ort festgestellt wird, gibt es Fälle, in denen der Container nicht mitgenommen wird. Häufig wird der Fahrer sich dann gleich bei seinem Ansprechpartner in der Firma melden. Dieser kann den Container noch vor Ort durch die Baufirma nachsortieren lassen. Welche Lösung vom Unternehmen bevorzugt wird, kann gemeinsam besprochen und festgelegt werden.
Beide Fälle können für den Bauherren zusätzliche Kosten verursachen oder zu Verzögerungen führen. Deshalb kann es sinnvoll sein, dass eine Person benannt wird, die jeden Container vor der Abholung noch einmal prüft. Sollten die Fehlwürfe ein tolerierbares Maß überschreiten, kann das Gespräch mit den Auftragnehmern und Arbeitern gesucht werden. Eventuell müssen die Beteiligten noch einmal auf die richtige Trennung hingewiesen werden.
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