Handelsvertreter: Vertrag und Rechte
Handelsvertreter schließen als selbständige Gewerbetreibende für Unternehmen Geschäfte ab. Was ist beim Handelsvertretervertrag zu beachten?
Inhalt
- Wer ist Handelsvertreter?
- Gewerbeanmeldung und Anmeldung im Handelsregister
- Handelsvertreter im Nebenberuf
- Abgrenzung zu Vertragshändler, Handelsmakler, Franchisenehmer, Kommissionär
- Einfirmen- und Bezirksvertreter, Gebietsschutz und Internethandel
- Vertrag für Handelsvertreter
- Aufgaben und Befugnisse des Handelsverteters
- Pflichten des Unternehmers
- Pflichten des Handelsvertreters
- Wettbewerbsverbote während und nach der Vertragszeit
- Provision und Auslagen
- Vertragsdauer und Kündigung
- Ausgleichsanspruch
- Berechnung des Ausgleichsanspruchs
- Weitere Tipps für Handelsvertreterverträge
- Alternative und Außergerichtliche Konfliktlösung
Wer ist Handelsvertreter?
Selbständige die als Handelsvertreter tätig sind und Unternehmer, die für Ihren Betrieb Handelsvertreter einsetzen, sollten sich über die Rechte und Pflichten eines Handelsvertreters informieren. Der Handelsvertreter ist abzugrenzen insbesondere vom Vertragshändler, aber auch vom angestellten Reisenden, freien Mitarbeiter, Handelsmakler und Franchisenehmer. Näheres hier.
Die gesetzlichen Regelungen sind in den §§ 84 bis 92c des Handelsgesetzbuches (HGB) festgelegt. In den wesentlichen Aspekten dieser gesetzlichen Bestimmungen handelt es sich um zwingendes Recht, was bedeutet, dass vertragliche Abweichungen davon nicht wirksam sind. Es gibt eine Unterscheidung zwischen Warenvertretern einerseits und Versicherungs- sowie Bausparkassenvertretern andererseits. Aufgrund der unterschiedlichen Natur dieser Bereiche gibt es auch einige rechtliche Besonderheiten für letztere Gruppe.
Die folgenden Erläuterungen beziehen sich ausschließlich auf hauptberufliche Warenvertreter, die für Waren und Dienstleistungen aller Art zuständig sind.
Handelsvertreter gibt esin verschiedenen Branchen, beispilesweise für Elektronikprodukte, Mode, Sportartikel, Kosmetik, Lebensmittel, Bürobedarf etc.. Diese Beispiele verdeutlichen, wie vielfältig die Rolle eines Warenvertreters sein kann, da sie Produkte in verschiedenen Branchen und Märkten vertreten und fördern.
Handelsvertreter ist, wer:
- in ständiger Vertragsbeziehung zu einem Unternehmen steht,
- Geschäfte im Namen und für Rechnung des vertretenen Unternehmens vermittelt oder abschließt,
- ein eigenes Gewerbe betreibt,
- eigenes Unternehmer- und Kostenrisiko trägt,
- seine Tätigkeit frei gestaltet und die Arbeitszeit frei bestimmt,
- die Provision ohne Abzug von Steuern und Sozialabgaben ausbezahlt bekommt.
Es ist nicht wichtig, ob ein Vertrag eine falsche Überschrift hat (zum Beispiel "Vertrag für freie Mitarbeit") oder ob der Handelsvertreter sich selbst auf Visitenkarten oder anderswo als "Vertreter", "Handelsagentur" oder "Vertriebsberater" bezeichnet, sei es absichtlich oder aus Versehen. Was wirklich zählt, ist, wie der Vertrag aussieht und vor allem, wie er in der Praxis umgesetzt wird.
Selbst juristische Personen wie GmbH oder UG (haftungsbeschränkt), aber auch AG, OHG, KG, usw., können Handelsvertreter sein. Die Wahl der Rechts- oder Gesellschaftsform kann der Handelsvertreter frei bestimmen. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass ein Wechsel der Gesellschaftsform während eines laufenden Vertrags nur mit der Zustimmung des Vertragspartners erfolgen kann.
Handelsvertreter gibt es in allen Branchen und Unternehmensbereichen. Die IHK unterstützt Sie bei Fragen zur Rechtsform der Handelsvertretung und bei der Abgrenzung zum angestellten Handelsvertreter bzw. zur sogenannten Scheinselbstständigkeit.
Gewerbeanmeldung und Eintragung ins Handelsregister
Vor Aufnahme seiner Tätigkeit muss der Handelsvertreter das Gewerbe beim zuständigen Gewerbeamt anmelden.
Einen vorgeschriebenen Berufsweg gibt es für den Handelsvertreterberuf nicht. Wer sich als Handelsvertreter selbstständig macht, sollte eine kaufmännische oder eine technische Ausbildung absolviert haben, sowie Kenntnisse in der jeweiligen Branche vorweisen können.
Eine Eintragung im Handelsregister wird erst erforderlich, wenn das Geschäft eine bestimmte Größe hat oder wenn die gewählte Unternehmensform (z. B. GmbH) dies vorschreibt. Dennoch kann ein Handelsvertreter, der als Kaufmann nach dem HGB gilt, sich jederzeit freiwillig ins Handelsregister eintragen lassen.
Handelsvertreter im Nebenberuf
Wird die Handelsvertretertätigkeit im Nebenberuf ausgeübt, bestehen einige gesetzliche Besonderheiten. So gelten kürzere Kündigungsfristen, der Anspruch auf Vorschusszahlung kann vertraglich ausgeschlossen werden und dem Handelsvertreter im Nebenberuf steht kein Ausgleichsanspruch zu.
Der Unternehmer kann sich auf diese Besonderheiten allerdings nur dann berufen, wenn er den Handelsvertreter ausdrücklich als solchen im Nebenberuf beauftragt hat.
Abgrenzung zu Vertragshändler, Handelsmakler, Franchisenehmer, Kommissionär
Der Handelsvertreter unterscheidet sich von anderen im Vertriebsbereich eingesetzten Personen wie folgt:
- Angestellter Handelsreisender: Der Handelsreisende kann im Gegensatz zum Handelsvertreter seine Arbeitszeiten sowie seine Tätigkeit nicht selbst frei bestimmen. Er ist ein Angestellter, der Weisungen u.a. hinsichtlich Arbeitszeit, Reiseroute und Kundenbesuche erhält. Er vermittelt oder schließt als Angestellter Geschäfte im Namen seines Arbeitgebers ab. Als Vergütung erhält er ein Gehalt. Die IHK unterstützt bei Fragen zur Abgrenzung. Lesen Sie mehr!
- Handelsmakler: Wer gewerbsmäßig Geschäfte im fremden Namen abschließt ist Handelsmakler. Anders als der Handelsvertreter steht der Handelsmakler in keinem dauerhaften Vertragsverhältnis zu einem Auftraggeber und ist daher auch nicht zur ständigen Kundenbetreuung und Geschäftsvermittlung verpflichtet.
- Kommissionär: Wer Waren im eigenen Namen aber für fremde Rechnung verkauft (Beispiel: Zeitschriftenhändler) ist Kommissionär.
- Franchisenehmer: Handelsvertreter arbeiten als selbstständige Gewerbetreibende im Namen von Unternehmen und auf deren Rechnung. Franchisepartner hingegen werden von den Unternehmen eingesetzt, um deren Ziele zur Umsatzsteigerung und zur Standorterweiterung umzusetzen. Dabei arbeitet der Franchisenehmer im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Vom Mutterunternehmen erwirbt der Franchisepartner gegen Entgelt die Erlaubnis dazu, das Geschäftskonzept in einer bestimmten Region oder an einem bestimmten Ort zu nutzen. Dazu zählt z.B. auch die Warenzeichen-Nutzung (Corporate Identity), für die der Franchisenehmer eine Gebühr zahlen muss.
- Vertragshändler: Wer aufgrund eines dauernden Vertrages mit einem Hersteller Waren einkauft, die er in eigenem Namen und auf eigene Rechnung weiterverkauft ist Vertragshändler. Der Vertragshändler wird teilweise auch als Eigenhändler bezeichnet. Typischerweise ist der Vertragshändler in die Vertriebsorganisation des Herstellers eingegliedert. Damit unterscheidet sich der Vertragshändler vom Handelsvertreter, der Geschäfte im Namen des Unternehmers, also im fremden Namen, abschließt. Anders als der Kommissionär verkauft der Vertragshändler für eigene Rechnung. Grundsätzlich sind Vertragshändler nicht an die Verwendung einheitlicher Geschäftsbezeichnungen und Vertriebsmethoden gebunden. Das unterscheidet den Vertragshändler insoweit vom Franchisenehmer. Anders als der Franchisenehmer zahlt der Vertragshändler auch keine Einstiegsgebühr für die Eingliederung im Vertrieb.
Einfirmen- und Bezirksvertreter, Gebietsschutz und Internethandel
Der Einfirmenvertreter darf nur für dieses eine Unternehmen tätig werden. In der Regel verfügt dieses Unternehmen über ein so vielfältiges Sortiment, dass er damit voll ausgelastet ist.
Dem Bezirksvertreter wird ein bestimmter räumlicher Bezirk oder ein bestimmter Kundenkreis vom Unternehmer fest zugewiesen. Der Handelsvertreter kann Provision verlangen für alle in seinem Bezirk oder Kundenkreis abgeschlossenen Geschäfte des Unternehmers. Er hat auch dann Anspruch auf Provision, wenn ohne seine Mitwirkung in seinem Bezirk Verträge abgeschlossen werden.
Ein Alleinvertreter ist ein Bezirksvertreter, dem sein Unternehmen zusätzlich einen erhöhten Kundenschutz einräumt. Nur er allein ist berechtigt, in dem ihm zugewiesenen Bezirk Geschäfte für das vertretene Unternehmen zu vermitteln und abzuschließen. Der Begriff des Alleinvertreters geht in seinen Auswirkungen über den Begriff der Bezirksvertretung hinaus. Die Alleinvertreterstellung muss sich eindeutig aus dem Vertrag mit dem Unternehmen ergeben. Allein die Bezeichnung „Generalvertreter“ genügt nicht ohne weiteres.
Grundsätzlich steht es dem Unternehmer frei, seine Vertriebswege- und -strukturen zu ändern, wobei er allerdings ein etwa vereinbartes echtes Alleinvertriebsrecht seines Handelsvertreters berücksichtigen muss. Wenn der Unternehmer den Internethandel aufnimmt, über eigene oder fremde Internetplattformen, so schmälert das die eigenen Vertriebschancen des Vermittlers dramatisch.
Tipp:
Das Thema des Online-Handels sollte zur Vermeidung böser Überraschungen unbedingt in neue Verträge mit aufgenommen und eigenständig geregelt werden, laufende Verträge sollten im Verhandlungsweg an die Situation angepasst werden.
- Für den Handelsvertreter:
Er sollte sich für die durch (jetzige oder künftige) Direktverkäufe eintretenden Einbußen eine angemessene Entschädigung (je nach Fallkonstellation einmalig/laufend) einräumen lassen. - Für den Unternehmer:
Ein echtes Alleinvertriebsrecht/Exklusivität des Handelsvertreters kann zu einem Direktlieferungsverbot des Herstellers führen, von dem auch der Parallelvertrieb per Internet erfasst wird. Insofern sollte der Unternehmer sich im Vertrag die Inanspruchnahme des Internetvertriebsweges vorbehalten, gegebenenfalls gegen angemessene Kompensation für den Handelsvertreter.
Vertrag für Handelsvertreter
Verträge mit Handelsvertretern müssen nicht schriftlich abgeschlossen werden. Ein Vertrag kann auch mündlich oder stillschweigend geschlossen werden. Ein Vertrag wird stillschweigend geschlossen, wenn der Handelsvertreter mit Wissen des Unternehmens seine Tätigkeit aufnimmt. Ein schriftlicher Vertrag ist dennoch zu empfehlen. Er bringt Klarheit über den Vertragsinhalt und hilft getroffene Absprachen zu beweisen. Die IHK unterstützt Sie mit einem Mustervertrag!
Aufgaben und Befugnisse des Handelsvertreters
Der Handelsvertreter muss sich ständig um die Vermittlung oder den Abschluss von Geschäften bemühen. Er muss neue Kunden werben und den Umsatz mit bereits vorhandenen Kunden erhalten bzw. steigern. Der Handelsvertreter hat stets die Interessen des Unternehmens wahrzunehmen. So hat er zum Beispiel Kunden nach Vertragsschluss weiter zu betreuen oder die Liquidität von Kunden zu überprüfen.
Es gehört zu den Pflichten des Handelsvertreters, dass er den Unternehmer über jede Geschäftsvermittlung und über jede sonstige wichtige Gegebenheiten informiert. Auch darf der Handelsvertreter während seiner Tätigkeit für das Unternehmen keine Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens verwerten oder an Dritte weitergeben.
Der Handelsvertreter hat verschiedene Aufgaben, die je nach Vereinbarung reichen können, von der Teilnahme an Fachmessen bis zur Entwicklung von maßgeschneiderten Lösungen für technische Kunden. Der Handelsvertreter kann auch die Erlaubnis erhalten, Verträge im Namen des Unternehmens abzuschließen, und ihm kann die Zuständigkeit für die Einziehung von Zahlungen übertragen werden.
In seiner Arbeit muss der Handelsvertreter immer die Interessen des Unternehmens sorgfältig und professionell vertreten, so wie es von einem verantwortungsvollen Kaufmann erwartet wird.
Pflichten des Unternehmers gegenüber dem Handelsvertreter
Grundsätzlich steht es dem Unternehmer frei, ob er ein vom Handelsvertreter vermitteltes Geschäft abschließt oder nicht.
Kommt es zum Vertragsschluss erhält der Handelsvertreter eine Provision. Die Provisionen sind in der Regel monatlich, spätestens bis zum Ende des nächsten Monats abzurechnen. Längstens auf drei Monate kann der Abrechnungszeitraum ausgedehnt werden, wenn Handelsvertreter und Unternehmer das vertraglich vereinbaren.
Es gehört zu den Pflichten des Unternehmers den Handelsvertreter ausreichend zu informieren und alle für die Vermittlung erforderlichen Unterlagen zu übergeben. Er muss den Handelsvertreter informieren über Lieferbedingungen und Preise, Änderungen der Produktpalette oder einzelner Produkte und über die Annahme bzw. Ablehnung eines Geschäfts, sowie über die Stornierung bereits abgeschlossener Geschäfte. An den Handelsvertreter sind zu übergeben: Preislisten, Muster, Zeichnungen, Werbematerial etc..
Pflichten des Handelsvertreters
Der Handelsvertreter arbeitet selbstständig und kann seine Arbeitszeit nach eigenem Ermessen gestalten. Dennoch ist es im Interesse beider Seiten ratsam, eine Regelung für den Urlaub und für den Fall von Krankheit zu treffen, um die Kommunikation aufrechtzuerhalten und gegebenenfalls eine Vertretung zu organisieren.
Der Handelsvertreter muss den Anweisungen des Unternehmers folgen, solange sie seine grundlegende Selbstständigkeit nicht beeinträchtigen. Er muss dem Unternehmen wichtige Informationen mitteilen, insbesondere über Geschäftsvermittlungen oder -abschlüsse. Es kann auch vereinbart werden, dass der Handelsvertreter regelmäßige Berichte einreicht (Berichtspflicht).
Der Handelsvertreter muss auch nach Beendigung des Vertrags Stillschweigen über die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse des Unternehmers bewahren. Er muss dem Unternehmen alle Unterlagen und Kundenlisten zurückgeben, die ihm während seiner Tätigkeit überlassen wurden. Dabei ist es grundsätzlich nicht erlaubt, diese Kundenlisten zu kopieren oder Notizen davon zu machen.
Allerdings gilt eine Ausnahme für die Kundenkartei, die der Handelsvertreter während seiner Tätigkeit selbst erstellt hat. In diesem Fall ist er nicht verpflichtet, sie im Original oder als Kopie herauszugeben, es sei denn, dies wurde ausdrücklich vertraglich geregelt.
Wettbewerbsverbote während und nach der Vertragszeit
Ein Handelsvertreter kann grundsätzlich mehrere Unternehmen gleichzeitig vertreten, es sei denn, es gibt vertragliche Einschränkungen. In jedem Fall darf der Handelsvertreter nicht gleichzeitig Unternehmen vertreten, die miteinander im Wettbewerb stehen, selbst wenn im Vertrag kein ausdrückliches Wettbewerbsverbot vorhanden ist. Dies gilt auch für Mehrfirmenvertreter. Der Handelsvertreter darf Produkte anderer Unternehmen nur dann vermitteln, wenn diese Produkte nicht mit den Produkten des bereits vertretenen Unternehmens konkurrieren. Ausnahmen sind nur möglich, wenn beide Parteien im Handelsvertretervertrag zustimmen und dies ausdrücklich geregelt ist.
Nach Beendigung der Zusammenarbeit mit dem Unternehmen ist der Handelsvertreter nicht mehr an das Wettbewerbsverbot gebunden. Allerdings können in den Verträgen Wettbewerbsverbote enthalten sein, die über das Ende des Vertrages hinausreichen. Solche nachvertraglichen Wettbewerbsverbote sind jedoch nur begrenzt zulässig. Sie dürfen nicht länger als zwei Jahre dauern, und der Handelsvertreter muss während dieser Zeit angemessen entschädigt werden.
Es ist unzulässig, nach Beendigung der Vertragsbeziehung unlauteren Wettbewerb zu betreiben, der dem ehemaligen Vertragspartner schadet. Dies kann Abmahnungen und rechtliche Schritte nach sich ziehen, beispielsweise wenn der Handelsvertreter negative Aussagen über seinen ehemaligen Auftraggeber oder dessen Produkte verbreitet oder umgekehrt.
Provision und Auslagen
Die übliche Vergütung des Handelsvertreters ist die Provision. Die Provisionshöhe hängt von der vertraglichen Vereinbarung ab und variiert in den einzelnen Branchen stark.
Der Handelsvertreter bekommt grundsätzlich nur dann eine Provision, wenn das Geschäft auf seine Aktivität zurückzuführen ist. Eine Ausnahme hiervon gilt beim Bezirksvertreter, der auch ohne sein aktives Zutun für Geschäftsabschlüsse in seinem Bezirk eine Provision bekommt. Auch für Nachbestellungen des Kunden, die der Handelsvertreter für das Unternehmen geworben hat, erhält er eine Provision.
Der Provisionsanspruch entsteht bereits mit der Lieferung der Ware. Wird im Vertrag die Provision von der Bezahlung der Rechnung durch den Kunden abhängig gemacht, hat der Handelsvertreter einen Anspruch auf einen angemessenen Vorschuss, sobald die Ware vom Unternehmer ausgeliefert wird. Dieser Vorschussanspruch darf vertraglich nicht ausgeschlossen werden.
Für die Berechnung gilt folgendes:
- Nachlässe bei Barzahlung/Skonto mindern nicht die Provision,
- Nebenkosten für Fracht, Porto, Verpackung, Zoll, Steuern, Versicherungskosten etc. können nur bei vertraglicher Vereinbarung abgezogen werden,
- Rabatte mindern die Provision, wenn sie dem Kunden von vorneherein zugesagt wurden. Nachträgliche Nachlässe reduzieren die Provision nicht.
- Mehrwertsteuer mindert trotz gesonderter Ausweisung auf der Rechnung nicht die Provision. Mangels besonderer Vereinbarung ist die Provision deshalb aus dem Mehrwertsteuerbetrag zu bezahlen.
Der Unternehmer ist verpflichtet die Abrechung zu erstellen, auch ohne ausdrückliche Aufforderung des Handelsvertreters. Sie erfolgt schriftlich und muss klar, verständlich und übersichtlich sein.
Der Handelsvertreter kann vom Unternehmer Auskunft über alle wichtigen Umstände sowie einen Buchauszug fordern. Bei Zweifeln über die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszugs, hat der Handelsvertreter auch einen Anspruch auf Einsicht in die Geschäftsbücher. Der Unternehmer kann diese Rechte im Vertrag nicht ausschließen.
Die Regelungen zur Erstattung der Auslagen des Handelsvertreters sind weitgehend frei vereinbar. Das bedeutet, dass die Vertragspartner die Höhe der Auslagenrückerstattung in Abhängigkeit von den voraussichtlichen Provisionszahlungen einerseits und den vorhersehbaren Auslagen andererseits festlegen können.
Der Zeitraum, über den abzurechnen ist, beträgt einen Monat. Dieser Abrechnungszeitraum kann auch auf drei Monate verlängert werden, § 87c Absatz 1 HGB. Nach Ablauf des Abrechnungszeitraums hat der Unternehmer unverzüglich, jedoch spätestens innerhalb eines Monats abzurechnen.
Der Abrechnungsanspruch des Handelsvertreters ist klar geregelt. Das Gesetz gewährt dem Handelsvertreter starke Rechte, wenn die Provisionsabrechnung verspätet, unvollständig oder unübersichtlich ist.
Dauer und Beendigung des Vertragsverhältnisses
Die Vertragsdauer können Handelsvertreter und Unternehmer frei vereinbaren. Legen sie keine feste Frist für die Zusammenarbeit fest, gilt der Vertrag als für unbestimmte Zeit geschlossen. Der Vertrag endet dann mit der ordentlichen Kündigung.
Die Fristen, die für die Kündigung einzuhalten sind, können im Vertrag geregelt werden, anderenfalls richten sie sich nach dem Gesetz. Dort sind die Kündigungsfristen gestaffelt nach der Dauer der Zusammenarbeit und betragen mindestens einen Monat und maximal sechs Monate, jeweils zum Monatsende. Liegt ein wichtiger Grund für die Kündigung vor, müssen die Fristen nicht eingehalten werden.
Verträge mit Handelsvertretern können auch befristet werden. Diese Verträge enden automatisch mit ihrem Zeitablauf und müssen nicht ausdrücklich gekündigt werden, es sei denn die Befristungsabrede ist an eine Verlängerungsoption gekoppelt. Befristete Verträge können vorzeitig nur gekündigt werden, wenn ein außerordentlicher Grund für eine Kündigung besteht.
Zum Ausgleich finanzieller Nachteile dient der Ausgleichsanspruch.
Ausgleichsanspruch für Handelsvertreter
Der Ausgleichsanspruch ist ein zentrales Institut des deutschen Handelsvertreterrechts und kann nicht im Voraus ausgeschlossen werden. Ein Ausgleichsanspruch ist grundsätzlich nicht nur beim Handelsvertreter möglich, sondern, unter Vorliegen bestimmten Voraussetzungen, auch bei anderen Vertriebsmittlern. § 89b HGB ist dementsprechend analog für den Vertragshändler wie auch den Franchisenehmer anwendbar, wenn ein Vertragshändler/Franchisenehmer einerseits wie ein Handelsvertreter in die Absatzorganisation des Herstellers/Franchisegebers eingegliedert ist und zum anderen verpflichtet ist, den Kundenstamm nach Beendigung des Vertrages dem Hersteller/Franchisegeber zu überlassen. Denkbar ist ein Ausgleichsanspruch unter bestimmten Voraussetzungen auch beim Kommissionagenten, nicht aber beim Handelsmakler.
Der Handelsvertreter kann nach seinem Ausscheiden in der Regel für den von ihm aufgebauten oder intensivierten Kundenstamm, den er dem Unternehmer zurücklässt, eine angemessene Ausgleichszahlung verlangen. Dieser Anspruch kann von den Vertragsparteien im Vorhinein weder wirksam ausgeschlossen noch in Abweichung vom Gesetz qualitativ beschränkt werden. Er ist innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend zu machen.
Es empfiehlt sich, alle erhaltenen Provisionsabrechnungen Woche für Woche, Monat für Monat, Jahr für Jahr geordnet aufzubewahren, und zwar so, dass jeder einzelne provisionsauslösende Abschluss, soweit die Provisionsabrechnung des Unternehmers nicht ohnehin eine lückenlose Auflistung enthält, einer Provisionsabrechnung zugeordnet werden kann. Dies sollte strikt für die gesamte Dauer der Zusammenarbeit eingehalten werden. Ansonsten kommt es zu Zeitverlusten von Wochen oder Monaten, bis nach dem Ausscheiden der Ausgleichsanspruch halbwegs - wenn überhaupt noch - berechnet werden kann. Es droht Anspruchsverlust, soweit Provisionszahlungen nicht mehr nachverfolgt werden können.
Eine Klärung von unklaren oder möglicherweise falschen Provisionsabrechnungen sollte zeitnah und nicht erst bei Vorleigen der Kündigung, ggf. durch Geltendmachung der Ansprüche auf Auskunft, Buchauszug und Bucheinsicht nach § 87c HGB, angestrebt werden, da beim Auseinandergehen zumindest ein Teil des für den Ausgleichsanspruch interessierenden letzten Fünfjahreszeitraums bereits verjährt sein dürfte.
Zeichnet sich die Notwendigkeit einer Eigenkündigung aus Krankheitsgründen ab, sollten nach dem Auftreten der Erkrankung ärztliche Atteste, die sich insbesondere auch auf die Zumutbarkeit der Fortführung der konkreten Handelsvertretertätigkeit beziehen, eingeholt und verwahrt werden. Werden Erkrankung und Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Tätigkeit nachher im Prozess bestritten, ist der Gesundheitszustand anderenfalls rückwirkend nur sehr schwer nachzuweisen.
Es empfiehlt sich, dass bei Beginn der Zusammenarbeit ein Altkundenverzeichnis mit den aktuellen Jahresumsätzen der vorhandenen Kunden erstellt und dem Vertrag beigefügt wird, um damit bereits im Vorfeld späterem Streit und Beweisschwierigkeiten bei der Ermittlung des Ausgleichsanspruchs bestmöglich vorzubauen.
Ein Handelsvertreter, der Jahre hauptberuflich für ein Unternehmen tätig gewesen ist, sollte sich davor hüten, sich am Ende der Zusammenarbeit in ein nebenberufliches Handelsvertreterverhältnis nach § 92b HGB abschieben zu lassen, weil sonst der Ausfall des Ausgleichsanspruchs droht!
Im Hinblick auf die steuerlich ohnehin erforderlichen und vorstehend auch aus rechtlicher Sicht beiden Parteien eines Handelsvertreterverhältnisses dringend nahegelegten Aufbewahrungs- und Aufzeichnungsobliegenheiten (Provisionsabrechnungen, Kundenlisten etc.) sind beide Seiten, die Daten über (eine Vielzahl von) Geschäftspartner, Kunden etc. erhaben und aufbewahren, gefordert, stets den Grundsätzen der DSGVO zu entsprechen, was sich auf die Aufbewahrung der persönlichen Daten sowohl in EDV-Dateien als auch in den Ausdrucken bezieht.
Definition des Ausgleichsanspruchs
Der Handelsvertreter kann von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich nach § 89b Absatz 1, Satz 1 HGB verlangen, wenn und soweit
- der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat,
und - die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit diesen Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht.
Man kann den Ausgleichsanspruch vertraglich nicht ausschließen, er muss immer gewährt werden.
Die Voraussetzungen des Ausgleichsanspruchs sind:
- Beendigung des Vertragsverhältnisses
- Werbung neuer Kunden oder Intensivierung von Altkunden
- Erhebliche Unternehmervorteile
- Billigkeitsprüfung.
Vertragsbeendigung
Der Vertrag mit dem Handelsvertreter kann beendet werden durch Kündigung durch den Unternehmer, einverständliche Vertragsaufhebung, Tod (dann Anspruch der Erben) und unter bestimmten Voraussetzungen auch durch Eigenkündigung des Handelsvertreters.
Werbung neuer Kunden oder Intensivierung von Altkunden
Der Ausgleichsanspruch entsteht, wenn der Handelsvertreter neue Kunden wirbt, die zu Beginn des Vertrags noch keine Kunden waren und die während der Zusammenarbeit vom Handelsvertreter akquiriert wurden. Die Ausgleichspflicht gilt auch für "intensivierte" Altkunden, was bedeutet, dass ein solcher Altkunde ausgleichspflichtig ist, wenn der Handelsvertreter die Geschäftsbeziehung mit diesem Kunden so stark ausgebaut hat, dass dies wirtschaftlich einer Neukundenakquise entspricht.
Die Ausgleichspflicht gilt nicht für "nicht intensivierte" Altkunden und Kunden, von denen der Unternehmer keine weiteren Geschäfte erwarten kann, zum Beispiel weil sie zum Zeitpunkt der Beendigung des Handelsvertretervertrages insolvent oder bereits zur Konkurrenz gewechselt sind.
Erhebliche Unternehmervorteile
Der Unternehmer muss Geschäftsbeziehungen behalten, die die Möglichkeit für zukünftige Bestellungen innerhalb eines absehbaren Zeitraums eröffnen. Diese Möglichkeit wird am Stichtag (dem Ende des Vertragsverhältnisses) bewertet, indem man die Abschlüsse mit den betreffenden Kunden innerhalb der letzten 12 Monate des Vertragsverhältnisses betrachtet. Bei langfristigen Produkten, die Kunden erst nach mehreren Jahren erneut bestellen, kann auch ein längeres Zeitintervall in Betracht gezogen werden. Der Handelsvertreter kann sich im Rechtsstreit grundsätzlich auf die Vermutung berufen, dass die Unternehmervorteile (mindestens) den Provisionsverlusten des Handelsvertreters entsprechen.
Billigkeitsprüfung
Der Ausgleichsanspruch kann unter bestimmten Umständen erhöht, verringert oder sogar komplett ausgeschlossen werden. Der Billigkeitsgrundsatz spielt dabei eine entscheidende Rolle, um die angemessene Höhe des Ausgleichsbetrags zu bestimmen. Der wichtigste Aspekt bei der Anwendung des Billigkeitsgrundsatzes ist die Berücksichtigung der dem Handelsvertreter entgehenden Provisionen aus Geschäften mit den von ihm geworbenen oder intensivierten Kunden.
Der Ausgleichsanspruch kann aus verschiedenen Gründen reduziert werden, darunter:
- aufgrund der Sogwirkung einer Marke,
- bei Leistungen des Unternehmers zur Altersversorgung des Handelsvertreters,
- bei außergewöhnlichen Beiträgen des Unternehmers zum Absatz des Vertreters mittels Werbeetat oder Zuschüssen zu den Unkosten,
- wegen der Ersparnis von Ausgaben (wenn die Unkosten der Vertretung besonders hoch waren) oder
- bei einer Möglichkeit der Weiternutzung des Kundenstammes durch den Handelsvertreter nach Übernahme einer Konkurrenzvertretung.
Zudem kann eine Herabsetzung des Ausgleichsanspruchs auch aufgrund der Umstände der Vertragsbeendigung eintreten, insbesondere wenn der Handelsvertreter grob fahrlässig gehandelt hat.
Bei der Prüfung der Billigkeit können verschiedene Faktoren berücksichtigt werden, die zu einer Erhöhung des Ausgleichsanspruchs führen können. Dazu gehören:
- Die langjährige und erfolgreiche Tätigkeit des Handelsvertreters.
- Die besonderen schwierigen und aufwendigen Bemühungen des Handelsvertreters bei der Kundengewinnung.
- Unter Umständen eine Einstandszahlung, die der Handelsvertreter bei Übernahme der Vertretung geleistet hat.
- Schließlich kann auch ein besonders vertragswidriges Verhalten des Unternehmers, das zur Beendigung des Vertragsverhältnisses geführt hat, eine erhöhende Rolle spielen.
Berechnung des Ausgleichsanspruchs
Die herkömmliche Berechnung des Ausgleichsanspruchs erfolgt in drei Schritten:
1. Rohausgleichsberechnung: Hier werden die Provisionsverluste ermittelt.
2. Ermittlung der Obergrenze anhand eines Mehrjahresvergleichs: Dieser Schritt basiert auf einem Vergleich über mehrere Jahre, um eine Obergrenze für den Ausgleichsanspruch festzulegen.
3. Feststellung des konkreten Ausgleichsanspruchs: In diesem letzten Schritt wird der tatsächliche Ausgleichsbetrag anhand der beiden zuvor berechneten Beträge bestimmt.
1.Schritt: Rohausgleichsberechnung
Für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs wird zunächst die Summe der Provisionen herangezogen, die der Handelsvertreter während der letzten 12 Monate seiner ungehinderten vertraglichen Tätigkeit aus Geschäften mit den Kunden verdient hat, die er während des Vertragsverhältnisses neu geworben oder intensiviert hat. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass im Prognosezeitraum je nach Einzelfall zwischen 10 % und 30 % des Kundenstamms jährlich verloren gehen.
Von diesem errechneten Gesamtbetrag erfolgt eine Abzinsung. Dies geschieht, weil der Ausgleichsanspruch die Provisionsverluste im Voraus ausgleicht, obwohl der Handelsvertreter die Provisionen erst über mehrere Jahre verdient hätte.
2. Schritt: Durchschnittsermittlung
Das Gesetz legt fest, dass der Ausgleichsanspruch nicht höher sein darf als der Durchschnitt der letzten fünf Jahre der Tätigkeit des Handelsvertreters berechnete Jahresprovision oder eine andere Jahresvergütung. Falls die Zusammenarbeit kürzer war, wird der Jahresdurchschnitt während der tatsächlichen Dauer der Tätigkeit herangezogen. Wenn der Rohausgleich unter dieser Obergrenze liegt, bleibt es bei diesem Betrag. In den meisten Fällen, wenn die Obergrenze niedriger ist als der Rohausgleich, besteht der Ausgleichsanspruch in Höhe der Obergrenze.
Um die Obergrenze für den Ausgleichsanspruch festzustellen, werden nun alle Vergütungsbestandteile herangezogen, einschließlich Provisionen, die aus Geschäften mit nicht aktivierten Altkunden, Bezirksprovisionen, Verwaltungsprovisionen, Regelvergütungen und anderen Regelvergütungen resultieren. Dies ist anders als bei der Rohausgleichsberechnung, bei der nur Provisionen mit Neukunden oder aktivierten Altkunden berücksichtigt werden.
3. Schritt: Auswertung
Ist der Rohausgleich berechnet und wurde im zweiten Schritt die Obergrenze ermittelt, kann der Ausgleichsanspruch berechnet werden.
Für den Ausgleichsanspruch gilt eine Aussschlussfrist von einem Jahr. Das bedeutet, dass er gegenüber dem Unternehmer innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden muss. Obwohl das Gesetz keine schriftliche Geltendmachung vorschreibt, ist dies dringend aus Beweiszwecken zu empfehlen.
Will der Handelsvertreter den Ausgleichsanpruch gerichtlich einklagen muss er außerdem die dreijährige Verjährungsfrist beachten. Aber Vorsicht! Die Verjährungsfrist kann im Vertrag auf ein Jahr verkürzt werden. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem das Vertragsverhältnis beendet wurde.
Weitere Tipps
- Für den Handelsvertreter:
Wenn eine Ablösezahlung an den Vorgänger erfolgt, sollte sich der Handelsvertreter vertraglich festhalten lassen, dass die Kunden, für die die Ablöse gezahlt wurde, im Falle der Beendigung seines eigenen Vertrages ausgleichsrechtlich als "neu" geworben gelten.
Der Handelsvertreter sollte grundsätzlich alle Provisionsabrechnungen ordentlich sortieren und aufbewahren,vom Beginn des Vertragsverhältnisses bis über dessen Ende hinaus bis zur Abwicklung insbesondere auch des Ausgleichsanspruchs. Es ist ratsam, alle erhaltenen Provisionsabrechnungen ordentlich nach Wochen, Monaten und Jahren zu sortieren und aufzubewahren.Unterlässt der Handelsvertreter das, schwächt er seine Position bei einem etwaigen Provisionsstreit (und erst recht später beim Ausgleichsanspruch) und verliert wertvolle Zeit bei der Berechnung der Ansprüche.
Um Missverständnisse oder potenziell fehlerhafte Provisionsabrechnungen zu klären, sollte der Handelsverter dies zeitnah angehen und nicht erst, wenn die Kündigung bereits eingereicht wurde. Falls erforderlich, können Ansprüche auf Auskunft, Buchauszug und Bucheinsicht gemäß § 87c HGB geltend gemacht werden. Dies ist wichtig, da bei einer Trennung bereits ein Teil des relevanten Zeitraums von fünf Jahren, der für den Ausgleichsanspruch relevant ist, verjährt sein könnte.
Wenn sich abzeichnet, dass eine Eigenkündigung aus gesundheitlichen Gründen erforderlich sein könnte, ist es ratsam, nach dem Auftreten der Erkrankung ärztliche Atteste einzuholen und aufzubewahren. Diese Atteste sollten sich insbesondere auf die Frage beziehen, ob die Fortführung der konkreten Tätigkeit als Handelsvertreter zumutbar ist. Falls später im Prozess die Erkrankung und die Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Tätigkeit bestritten werden, wird der Gesundheitszustand rückwirkend nur sehr schwer nachzuweisen sein.
Regelmäßig wird bei den - häufig vorformulierten - Handelsvertreterverträgen die Verjährungsfrist auf 12 Monate reduziert. Der Handelsvertreter sollte sich dieser Frist stets bewusst sein, gilt sie doch schon beispielsweise während der Zusammenarbeit für alle laufenden Provisionsansprüche (und die damit verbundenen Auskunftsansprüche) und nach Beendigung auch für den Ausgleichsanspruch.
Ein Handelsvertreter, der jahrelang hauptberuflich für ein Unternehmen tätig war, sollte darauf achten, sich am Ende der Zusammenarbeit nicht in ein nebenberufliches Handelsvertreterverhältnis nach § 92b HGB abschieben zu lassen. Andernfalls könnte er seinen Ausgleichsanspruch verlieren.
- Für den Unternehmer:
Es ist ratsam, eine Software bereitzuhalten, die es ermöglicht, alle Fragen im Zusammenhang mit den Provisionen aller beschäftigten Handelsvertreter und Vertriebsbezirke schnell und unkompliziert zu beantworten, ohne stundenlange Suche in den Archiven. Dies ist nicht nur bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs hilfreich, sondern auch bei der Erstellung von Buchauszügen äußerst nützlich.
Schon bei Einleitung der Vertragsverhandlungen sind die Regeln der DSGVO insbesondere von Unternehmerseite im Auge zu behalten und entsprechende schriftliche Vorkehrungen zu treffen, die die Vertragsverhandlungen begleiten und später in den Vertrag integriert werden.
- Für beide Vertragspartner:
Es ist empfehlenswert, zu Beginn der Zusammenarbeit ein Altkundenverzeichnis mit den aktuellen Jahresumsätzen zu erstellen und diesem Verzeichnis dem Vertrag beizufügen. Dies hilft bereits im Vorfeld, potenzielle Konflikte und Beweisschwierigkeiten bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs bestmöglich zu vermeiden.
Beide Seiten eines Handelsvertreterverhältnisses sollten die Aufbewahrungs- und Aufzeichnungspflichten, die aus steuerlichen Gründen ohnehin erforderlich sind, ernst nehmen. Dies betrifft insbesondere Provisionsabrechnungen, Kundenlisten und andere relevante Daten. Es ist wichtig, dass beide Parteien stets die Grundsätze der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) einhalten, sowohl in Bezug auf die Aufbewahrung von persönlichen Daten in elektronischen Dateien als auch in gedruckter Form.
Alternative außergerichtliche Konfliktlösung
Kommt es im Lauf des Vertragsverhältnisses zu Meinungsverschiedenheiten gibt es verschiedene Wege der Konfliktlösung. Neben der gerichtlichen spielt die Mediation eine zunehmende Rolle im Wirtschaftsverkehr, da hier in relativ kurzer Zeit mit geringem Kapitaleinsatz Lösungen gefunden werden können.
Die Mediation kann beim MediationsZentrum der IHK für München und Oberbayern stattfinden. Die IHK unterstützt Sie mit Mediationsklauseln sowie der Mediationsordnung des MediationsZentrums.
Schiedsgerichtsvereinbarungen sind für Handelsvertreterverträge nur bedingt geeignet. Denn anders als einerseits im internationalen Rechtsverkehr, andererseits bei Streitwerten im Millionenbereich wird dadurch der „normale Handelsvertreterprozess“ betreffend Provisionen und/oder den Ausgleichsanspruch in der Regel teurer als derselbe Prozess vor dem staatlichen Gericht. Daneben führt eine Schiedsgerichtsvereinbarung dazu, dass auch kleine Streitigkeiten zwischen den Parteien vor diesem Schiedsgericht (das oft mit drei Schiedsrichtern besetzt ist) geführt werden müssen.