IHK Ratgeber

Steuerpolitik: Wachstumschancengesetz

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Schlussendlich hat der Bundesrat in seiner Sitzung am 22. März 2024 dem "Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness" (kurz: Wachstumschancengesetz) zugestimmt. Die Vorschläge des Vermittlungsausschusses wurden angenommen. Das Gesetz wurde am 27. März 2024 im BGBl. veröffentlicht!

Das Gesetz verdient seinen Namen nicht. Im Kern handelt es sich um ein ‚Gesetzchen‘. Denn unterm Strich sind nach großen Ankündigungen nur noch winzige Entlastungen für die Wirtschaft übriggeblieben. Die bitter nötigen Wachstumsimpulse lassen weiter auf sich warten. Der Befreiungsschlag für die Wirtschaft ist gänzlich ausgeblieben und wir steuern geradewegs in eine Rezession hinein.

Dr. Manfred Gößl, Bayerischer Industrie- und Handelskammertag (BIHK), 22. März 2024

Überblick und Rückblick

Nach zahlreichen Verhandlungen und langem Warten hat der Bundesrat in seiner Sitzung am 22. März 2024 dem "Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness" (kurz: Wachstumschancengesetz) zugestimmt. Mittlerweile wurde es am 27. März 2024 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.

Rückblick: Der Bundesrat hatte am 24. November 2023 dem am 17. November 2023 vom Bundestag beschlossenen Gesetz seine Zustimmung verweigert. Mangels Einigung wurde das Gesetzgebungsverfahren auf das Jahr 2024 verschoben. Eine Ausnahme bildeten lediglich die Regelungen zur Zinsschranke, denen der Bundesrat am 15. Dezember 2023 durch das Kreditzweitmarktförderungsgesetz zugestimmt hat.

Der vom Vermittlungsausschuss am 21. Februar 2024 vorgelegte Einigungsvorschlag wurde am 23. Februar 2024 vom Bundestag bestätigt. Mit Beschluss vom 22. März 2024 hat nunmehr auch der Bundesrat dem Vermittlungsergebnis zugestimmt. Im Rahmen der erzielten Einigung sind in wesentlichem Umfang zuvor vorgesehene Maßnahmen weggefallen.

Das früher vom Deutschen Bundestag am 17. November 2023 angenommene Gesetz (dem dann aber der Bundesrat am 24. November 2023 nicht folgte) basierte, mit Änderungen, auf dem Regierungsentwurf der Bundesregierung vom 30. August 2023, der wiederum, mit Änderungen, auf einem Referentenentwurf (14. Juli 2023) des Bundesfinanzministeriums (BMF) beruhte.

Wachstumschancengesetz: Ziele und Maßnahmen

Ziele

Das Gesetz enthält eine Reihe von Maßnahmen, die das Ziel haben,

  • Impulse für mehr Wachstum, Investitionen und Innovationen zu setzen.
  • Zudem sollen unter anderem auch für kleine und mittlere Unternehmen Steuervereinfachungen umgesetzt werden.

Da sich das Volumen der Entlastungen im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens von ursprünglich rund 7 Milliarden Euro jährlich auf 3,2 Milliarden Euro reduziert hat, sind einige der noch im Gesetzesentwurf vorgesehenen Maßnahmen gestrichen worden.

Eine Auswahl an Entlastungsmaßnahmen, die nun zum Tragen kommen, haben wir exemplarisch nachfolgend dargestellt:

Einkommensteuer / Gewerbesteuer

  • Befristete Verbesserung beim einkommensteuerlichen Verlustvortrag nach § 10d EStG: Für die Jahre 2024 bis einschließlich 2027 wird die Prozentgrenze, bis zu der Verlustvorträge oberhalb von 1 Mio. Euro verrechnet werden dürfen, vorübergehend auf 70% (statt bisher 60%) angehoben. Die Verbesserungen beim Verlustvortrag gelten nicht für die Gewerbesteuer.
  • Befristete Wiedereinführung der degressiven AfA für bewegliche Wirtschaftsgüter. Für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die ab dem 1.4.2024 und vor dem 1.1.2025 angeschafft oder hergestellt werden, ist eine befristete Wiedereinführung der degressiven AfA von bis zu 20%, maximal dem 2-fachen der linearen Abschreibung, vorgesehen.
  • Einführung einer degressiven AfA für Wohngebäude mit 5%, wenn die Herstellung nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029 beginnt (bzw. wenn im Falle einer Anschaffung der Abschluss des obligatorischen Vertrages rechtswirksam nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029 erfolgt).
  • Änderung an der Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau gem. § 7b EStG: Verlängerung des Anwendungszeitraums sowie Anhebung der Grenze für Anschaffung und Herstellungskosten sowie der Bemessungsgrundlage.
  • Erhöhung der Sonderabschreibung auf 40% der Investitionskosten für bewegliche Wirtschaftsgüter (§ 7g EStG).
  • Änderungen bei der Thesaurierungsbegünstigung (§ 34a EStG). Entnahmen, um Steuerzahlungen zu begleichen (Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag, Gewerbesteuer) werden zukünftig steuerlich begünstigt.
  • Anhebung der Freigrenze für Geschenke von 35 Euro auf 50 Euro.
  • Digitalisierung des Spendenverfahrens – Einführung eines Spendenregisters.

Körperschaftsteuer

  • Steigerung der Attraktivität der Option zur Körperschaftsbesteuerung nach § 1a KStG. Es erhalten nun alle Personengesellschaften die Möglichkeit, zur Körperschaftsbesteuerung zu optieren (bisher Beschränkung auf Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften).

Forschungszulagengesetz

  • Stärkung der steuerlichen Forschungsförderung: Ziel ist es, die steuerlichen Anreize für Unternehmen in diesem Bereich zu erhöhen und den Prozess zu vereinfachen.

Umsatzsteuer

  • Einführung einer gesetzlichen Regelung zur verpflichtenden Verwendung von elektronischen Rechnungen im B2B-Bereich: Alle Unternehmen werden in einem zeitlich gestuften Verfahren gesetzlich verpflichtet, im Geschäftsverkehr untereinander elektronische Rechnungen zu verwenden. Ab 1.1.2025 sind alle Unternehmen verpflichtet, elektronische Rechnungen empfangen und archivieren zu können – eine Neuregelung, die nach BIHK-Einschätzung insbesondere kleine und mittlere Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen stellen wird.
  • Anhebung der Ist-Besteuerungsgrenze (Möglichkeit der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten statt vereinbarten Entgelten) von 600.000 auf 800.000 Euro.
  • Anhebung des Schwellenwertes zur Befreiung von der Abgabe von vierteljährlichen Umsatzsteuer-Voranmeldungen von 1.000 Euro auf 2.000 Euro (im Vorjahr).

Abgabenordnung

  • Anhebung der Grenze für die Buchführungspflicht bestimmter Steuerpflichtiger (Anhebung der Umsatzgrenze auf 800.000 Euro und der Gewinngrenze auf 80.000 Euro, § 141 AO).

Weitere Anpassungen

Des Weiteren sind Maßnahmen zur Vereinfachung des Steuersystems und zum Bürokratieabbau enthalten.

Angekündigte Änderungen, die nun doch nicht umgesetzt wurden

Im Vermittlungsausschuss wurden einige ursprünglich geplante Gesetzesvorhaben gestrichen. Nicht umgesetzt wurden u.a.:

  • die Klimaschutz-Investitionsprämie
  • die Mitteilungspflicht für nationale Steuergestaltungen
  • der verbesserte einkommensteuerrechtliche Verlustrücktrag nach § 10d EStG
  • der verbesserte gewerbesteuerrechtliche Verlustvortrag nach § 10a GewStG
  • die Anhebung der GWG-Grenze
  • die Anhebung der Betragsgrenze für Sammelposten und die Verkürzung der diesbezüglichen Abschreibungsdauer
  • die Anhebung der inländischen Verpflegungsmehraufwendungspauschalen
  • die Anhebung des Freibetrags für Betriebsveranstaltungen

Weitere Informationen

Die Beschlussempfehlungen des Vermittlungsausschusses vom 21. Februar 2024 und des Finanzausschusses vom 15. November 2023, den Gesetzesbeschluss zum Kreditzweitmarktförderungsgesetz vom 14. Dezember 2023, den gesamten Regierungsentwurf zum Wachstumschancengesetz sowie die Stellungnahmen der 8 Spitzenverbände der gewerblichen Wirtschaft (sog. "8er-Runde") finden Sie in den weiterführenden Informationen auf dieser Seite.

Informationen des BMF finden Sie hier.

Weiterführende Informationen zum Gesetzgebungsverfahren finden Sie hier auf der Homepage des Deutschen Bundestags sowie hier auf der Homepage des Bundesrates.

Hinweis

Die Informationen und Auskünfte der IHK für München und Oberbayern sind ein Service für ihre Mitgliedsunternehmen. Sie enthalten nur erste Hinweise und erheben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl sie mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurden, kann eine Haftung für ihre inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden. Sie können eine Beratung im Einzelfall (z. B. durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater, Unternehmensberater etc.) nicht ersetzen.