Brexit und Steuern
Der offizielle Brexit gilt bereits seit 31. Januar 2020. Auch die Übergangsfrist endete am 31. Dezember 2020. Kurz zuvor haben sich die Europäische Union und das Vereinigte Königreich (VK) auf ein Handelsabkommen geeinigt. Was ändert sich dadurch bei den Steuern für Unternehmen?
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Aktuelle Entwicklungen
Der EU-Austritt des Vereinigten Königreichs (VK) erfolgte am 31. Januar 2020.
Seit dem Stichtag 31. Januar 2020 ist das VK offiziell kein Mitgliedstaat der Europäischen Union mehr. Ab dem 1. Februar 2020 begann jedoch nahtlos ein Übergangszeitraum bis zum 31. Dezember 2020, in dem Großbritannien noch „wie“ ein Mitgliedstaat der Europäischen Union behandelt wurde.
BREXIT: Brexit-Handelsabkommen auf dem Weg
Nach monatelangen Verhandlungen hatten sich EU und UK am 24. Dezember 2020 vorläufig auf ein Handelsabkommen („EU-UK Trade and Cooperation Agreement“) geeinigt, das ihre wirtschaftlichen Beziehungen auf ein neues Fundament stellt. Dennoch ändert sich die Abwicklung vieler kommerzieller Transaktionen über den Ärmelkanal seit dem 1. Januar 2021 erheblich. Auch wenn Zölle zwischen der EU und dem VK vermieden werden sollen, enthält das Handelsabkommen aus steuerlicher Sicht Elemente eines „harten“ Brexits. So ist das VK im Verhältnis zu den EU-Mitgliedstaaten ab dem 1. Januar 2021 „Drittland“. Nun haben sich die Geschäftsbeziehungen mit dem Vereinigten Königreich geändert.
Das Europaparlament hat den Vertrag am 28. April 2021 ratifiziert. Spätestens, wenn das Vereinigte Königreich die wirtschaftlichen Folgen des Coronaschocks kompensiert, sind wieder alle Augen auf die wirtschaftlichen Folgen des Brexits gerichtet.
Weitere Informationen finden Sie hier, sowie unter:
Questions & Answers: EU-UK Trade and Cooperation Agreement
The draft EU-UK Trade and Cooperation Agreement
Über die Kampagne "Keep Business Moving" werden EU-Unternehmen auf die neu eingerichtete Seite der britischen Regierung ebenfalls auf Deutsch informiert.
Einleitung
Im Bereich Steuern und Zölle hat der Brexit erhebliche Auswirkungen, vor allem grenzüberschreitende Warenbewegungen und Dienstleistungen sind betroffen.
Nach dem Austrittsabkommen gab es jedoch einen Übergangszeitraum bis zum 31. Dezember 2020, in dem beispielsweise die EU-Regelungen zur Mehrwertsteuer oder zu den Verbrauchsteuern weiterhin galten. Nach Ende der Übergangsphase, also seit dem 1. Januar 2021, wird das VK steuerlich wie ein Drittstaat behandelt.
Das Bundesfinanzministerium hat auf seiner Homepage ein BMF-Schreiben vom 10. Dezember 2020 zu den umsatzsteuerlichen Konsequenzen sowie FAQs zum Brexit veröffentlicht.
Erneute Zollgrenzen zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich haben Auswirkungen auf die Umsatzsteuer und den Handel mit verbrauchsteuerpflichtigen Erzeugnissen. Es ergeben sich ebenfalls Änderungen bei der Ertragsbesteuerung der Unternehmen. Das VK sinkt auf den Status eines Drittstaates ab.
Bayerische Unternehmen, die Waren oder verbrauchsteuerpflichtige Erzeugnisse ins Vereinigte Königreich liefern, von dort beziehen oder Dienstleistungen ausführen, sollten ihre Geschäftsprozesse überprüft haben. Das Risikoprofil von Handelstransaktionen und Dienstleistungen hat sich verändert.
Interessante Fragen für Unternehmen:
- Welche Verpflichtungen müssen Unternehmen mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU erfüllen und wie werden die wirtschaftlichen Beziehungen in Zukunft ausgestaltet?
- Welche steuerrechtlichen Auswirkungen hat der Brexit für Unternehmen aus Bayern?
Umsatzsteuer
Für die Umsatzsteuer hatte der Brexit in der Übergangsphase vom 1. Februar 2020 bis 31. Dezember 2020 insoweit keine Auswirkungen da dasAustrittsabkommen mit der EU beinhaltet, dass die Regelungen der EU weiterhin Anwendung finden (vgl. Art 51 zur Mehrwertsteuer).
Unter den EU-Mitgliedstaaten ist das europäische Umsatzsteuersystem weitgehend harmonisiert, in der Folge gibt es für die Unternehmen keine Doppelbesteuerung von grenzüberschreitenden Lieferungen und Leistungen. In der Übergangsphase bis 31. Dezember 2020 galten weiterhin die EU-Regelungen.
Nach Ablauf des Übergangszeitraums ist das Vereinigte Königreich nicht mehr an die gemeinsame Mehrwertsteuersystem-Richtlinie oder an die EuGH-Rechtsprechung gebunden und muss Höchst- oder Mindestumsatzsteuersätze nicht einhalten. Gleichzeitig hat das Vereinigte Königreich keinen Einfluss mehr auf die Entwicklung des Umsatzsteuersystems. Der EU-Austritt hat daher besonders im Bereich der Umsatzsteuer umfassende Änderungen zur Folge. Das EU-Umsatzsteuerrecht basiert auf dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem der EU, das nunmehr für das Vereinigte Königreich nicht mehr gilt. Großbritannien gilt nach dem EU-Austritt als Drittlandsgebiet. Da umfassender Anpassungsbedarf interner Unternehmensabläufe zu erwarten ist, sollten Sie rechtzeitig geprüft haben, welche Maßnahmen in Ihrem Unternehmen zu ergreifen sind.
Folgende Punkte sollte das Unternehmen überprüfen:
- Gibt es in Ihrem Unternehmen Warenströme zwischen Großbritannien und einem EU-Mitgliedstaat?
- Tätigt das Unternehmen bereits Ein- und Ausfuhren aus einem EU-Mitgliedstaat in andere Drittstaaten?
- Werden grenzüberschreitende Leistungen erbracht?
Unternehmen müssen ihrer Dokumentationspflicht nachkommen und ihre Warenbewegungen oder Dienstleistungen in den Umsatzsteuermeldungen korrekt steuerlich abbilden.
Ausgangsumsätze
Nach Ablauf des Übergangszeitraums liegen keine umsatzsteuerfreien innergemeinschaftlichen B2B-Lieferungen (Warenlieferungen nur zwischen Unternehmen - business to business) eines bayerischen Unternehmens nach Großbritannien vor. Die Lieferungen können jedoch als Ausfuhrlieferungen mit entsprechenden Nachweispflichten umsatzsteuerfrei sein. Künftig sind auch die Regelungen zum innergemeinschaftlichen Verbringen nicht mehr anwendbar. Für B2C-Lieferungen (Warenlieferungen zwischen Unternehmen und Privaten/Nichtunternehmen - business to customer) sind grundsätzlich die Regelungen für Ausfuhrlieferungen zu beachten, nicht mehr die Regelungen zur Versandhandelslieferung.
Die EU-Kommission hat auf ihrer Homepage eine Mitteilung zur Handhabung in Bezug auf Lieferungen veröffentlicht.
Auch die AHK Großbritannien hat ein Merkblatt zur Abwicklung von Lieferung mit den VK und Nordirland veröffentlicht.
Bei sonstigen B2B-Leistungen ins VK bleibt es grundsätzlich bei der Leistungsortbestimmung und somit der Anwendung des Empfängerortsprinzips. Beim Dienstleistungsverkehr mit britischen Unternehmen kann die britische USt-IdNr. aber nicht mehr geführt werden. Die an britische Unternehmen vergebenen Nummern verlieren ihre Gültigkeit, in der Folge ist ein anderer Nachweis der Unternehmereigenschaft nötig, beispielsweise durch Bestätigung der britischen Finanzbehörden (HMRC). Auch sollten Unternehmen die Regelungen zur Steuerschuldumkehr (Reverse-Charge) im Auge behalten, die auf der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie basieren und somit nicht mehr „automatisch“ gelten. Zur Frage, welche Leistungen genau unter das Reverse-Charge-Verfahren fallen, hat die AHK Großbritannien ein Merkblatt zu den sonstigen Leistungen veröffentlicht. Weiterführende Informationen wurden auch auf der Homepage des UK Government veröffentlicht unter https://www.gov.uk/guidance/vat-imports-acquisitions-and-purchases-from-abroad. Online-Portale des Bundeszentralamts für Steuern für z. B. MOSS (bzw. OSS) oder das Vorsteuer-Vergütungsverfahren können nicht mehr automatisch genutzt werden. Das Bundeszentralamt für Steuern hat auf seiner Homepage Hinweise zum Vorsteuer-Vergütungsverfahren veröffentlicht. Ferner finden Sie hier auf der Seite des BZSt die Abwicklung des Vorsteuervergütungsverfahrens mit Drittstaaten. Das Bundesfinanzministerium hat die neue Listen zur Gegenseitigkeit im BMF-Schreiben vom 15.03.2021 bekanntgegeben, in welcher nun auch das VK aufgenommen wurde.
Bei B2C-Leistungen sind z. B. die Sonderregelungen für sogenannte Katalogleistungen zu beachten. Besteuert wird am Wohnsitz/Sitz des im Drittstaat ansässigen Leistungsempfängers, also im Vereinigten Königreich. Es gelten dann die Umsatzsteuervorschriften von VK, ggf. einhergehend mit einer Registrierungspflicht.
Lieferungen und sonstige Leistungen sind künftig auch nicht mehr in einer Zusammenfassenden Meldung anzugeben.
Anpassungen im Rechnungswesen Ihres Unternehmens werden daher notwendig sein.
Die EU-Kommission hat auf ihrer Homepage eine Mitteilung zur Handhabung in Bezug auf sonstige Leistungen veröffentlicht.
Eingangsumsätze
Waren, die ein bayerisches Unternehmen aus Großbritannien bezieht, stellen nach Ablauf des Übergangszeitraums keine innergemeinschaftlichen Erwerbe mehr dar, stattdessen unterliegen diese der Einfuhrumsatzsteuer. Zusätzlich kann es zollrechtliche Implikationen geben.
Bei Leistung bleiben die aktuellen Regelungen zur Steuerschuldumkehr grundsätzlich bestehen und es gelten die allgemeinen Regelungen.
Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage der EU-Kommission. Der EU-Mehrwertsteuerausschuss hat am 12. März 2019 Leitlinien zu Fragen im Zusammenhang mit der Mehrwertsteuer im Falle des Brexits verabschiedet.
Ein BMF-Schreiben vom 10. Dezember 2020 erläutert die umsatzsteuerlichen Konsequenzen des Brexits: Es wird u. a. zu Nordirland, zu MOSS, zum Vorsteuervergütungsverfahren, usw. Stellung genommen.
Verbrauchsteuern
Werden im Unternehmen verbrauchsteuerpflichtige Waren aus einem EU-Mitgliedstaat in das Vereinigte Königreich geliefert oder von dort bezogen?
Falls ja, bestehen erhebliche Umstellungen nach der Übergangsphase. Während der Übergangsphase bis 31. Dezember 2020 galten die EU-Regelungen weiter, vgl. Art 52 des Austrittsabkommens.
Nach Ablauf des Übergangszeitraums finden die für harmonisierte Verbrauchsteuern gültigen EU-Richtlinien grundsätzlich keine Anwendung mehr. Großbritannien ist dann bei der Verbrauchsteuererhebung nicht mehr an kodifizierte Rahmenbedingungen und Mindestanforderungen oder die Höhe der Verbrauchsteuersätze gebunden. Unternehmen müssen sich mit der Nutzung bestimmter Zollverfahren auseinandersetzen, da für Drittlandsware die zollrechtliche Überwachung vorgesehen ist. Punkte wie Versand, Zolllager und Ausfuhr müssen dann geregelt werden. Die bisher im Rahmen von EMCS überwachten verbrauchsteuerpflichtigen Waren müssen zukünftig zollrechtlich abgefertigt werden, denn Verfahren wie EMCS können nur noch bis zur EU-Grenze genutzt werden. Betroffene Unternehmen müssen ihr Warenwirtschaftssystem rechtzeitig umstellen und die Mitarbeiter entsprechend schulen.
Die EU-Kommission hat auf ihrer Homepage eine Mitteilung zur Handhabung in Bezug auf Verbrauchsteuern veröffentlicht.
Auch der Zoll hat Informationen zum Brexit und Verbrauchsteuern auf seiner Homepage bereitgestellt.
Der deutsche Zoll informiert in seiner EMCS-Info 09/20 vom 16.12.2020 über die Beförderung verbrauchssteuerpflichtiger Waren unter Steueraussetzung ins bzw. aus dem Vereinigten Königreich vor bzw. nach dem 1.1.2021 (Ende der Übergangsphase). Die Meldung beinhaltet insbesondere Hinweise zur mehrstufigen Abwicklung offener EMCS-Vorgänge innerhalb des IT-Verfahrens EMCS, z.B.
- zur Eröffnung von EMCS-Vorgängen mit GB (ohne Nordirland) bis spätestens 31.12.2020,
- zur Abwicklung von offenen EMCS-Vorgängen mit GB bis spätestens 31.05.2021,
- zur Eröffnung von EMCS-Vorgängen mit Nordirland („XI“) ab frühestens 1.1.2021.
Ertragsbesteuerung
Zahlreiche steuerrechtliche Regelungen sind über EU-Richtlinien umgesetzt. Nach dem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union gelten - soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist - diese Regeln für das Verhältnis der EU-Staaten zum VK nicht mehr. Für die EU-Mitgliedstaaten bleiben diese jedoch bestehen. Die Regelungen des bestehenden Doppelbesteuerungsabkommens mit dem VK gelten uneingeschränkt, wenn diese nach Vollzug des Brexit nicht mehr durch das Unionsrecht oder andere formelle Gesetze modifiziert werden.
So enthält auch das Handelsabkommen vom 24. Dezember 2020 aus steuerlicher Sicht Elemente eines „harten“ Brexits. Das VK ist somit im Verhältnis zu den EU-Mitgliedstaaten ab dem 1. Januar 2021 „Drittland“. Im Hinblick auf die Ertragsteuern sind damit die für EU-Staatsangehörige geltenden günstigen Vorschriften, die auf den Grundfreiheiten beruhen, nicht mehr anwendbar. Es bestehen aber bestimmte Begünstigungen für steuerlich relevante Handlungen, die bereits vor dem Brexit bzw. dem Ende des Übergangszeitraums vollzogen wurden.
Bereits Anfang Januar 2021 haben Deutschland und das VK eine Änderung des bestehenden Doppelbesteuerungsabkommens vom 30. März 2010 vereinbart. Beabsichtigt ist, „auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen eine Doppelbesteuerung zu beseitigen, ohne Möglichkeiten zur Nicht- oder Niedrigbesteuerung durch Steuerverkürzung oder -umgehung (unter anderem durch missbräuchliche Gestaltungen mit dem Ziel des Erhalts von in diesem Abkommen vorgesehenen Erleichterungen zum mittelbaren Nutzen von in Drittstaaten ansässigen Personen) zu schaffen“. Damit soll der abkommensrechtliche Mindeststandard des sog. BEPS-Projekts im bilateralen Verhältnis zum VK umgesetzt werden. Hierzu hat das Bundesfinanzministerium (BMF) ein entsprechendes Protokoll vom 12. Januar 2021 veröffentlicht. Mit einer zusätzlichen Gemeinsamen Erklärung (ebenfalls) vom 12. Januar 2021 bekräftigen beide Vertragsstaaten ihre Bereitschaft, innerhalb von 12 Monaten Verhandlungen zur weiteren Änderung des Abkommens aufzunehmen.
Gewinnbesteuerung / Körperschaftsbesteuerung
Im Gegensatz zur Umsatzbesteuerung gibt es vonseiten der Europäischen Union keinen gemeinsamen Rahmen für die Gewinnbesteuerung von Unternehmen. Die Steuerbelastung für Unternehmen variiert daher in der EU.
Änderungen können sich für grenzüberschreitende ertragsteuerliche Organschaften ergeben, denn solche sind lediglich mit Tochtergesellschaften mit einem Sitz in EU- oder EWR-Staaten möglich (§ 14 KStG).
Direkte Steuern
Mit dem Brexit verlieren Richtlinien zum Schutz vor direkten Steuern ihre Gültigkeit, die Richtlinien sind nur innerhalb der EU anwendbar. Dies gilt zum Beispiel für die
- Mutter-Tochter-Richtlinie
- Zins- und Lizenzrichtlinie
- Fusionsrichtlinie
Gewinnausschüttungen
Gewinnausschüttungen einer britischen Tochtergesellschaft an die deutsche Muttergesellschaft sowie einer deutschen Tochtergesellschaft an eine britische Muttergesellschaft waren bisher nach den Regelungen der Mutter-Tochter-Richtlinie quellensteuerfrei zu stellen (bei einer Beteiligung von mindestens zehn Prozent, sog. Schachteldividenden). Nach dem Brexit wird es nach gegenwärtiger Rechtslage grenzüberschreitende steuerfreie Gewinnausschüttungen so nicht mehr geben. Aus diesem Grund kann es zu zusätzlichen Steuerbelastungen durch anfallende Quellensteuern (Kapitalertragsteuer) kommen. Betroffene Unternehmen sollten prüfen, ob eine Reduktion anfallender Quellensteuern nach dem deutsch-britischen Doppelbesteuerungsabkommen möglich ist.
Kapitalrückzahlungen
Wenn nachgewiesen werden kann, dass Ausschüttungen aus dem sogenannten steuerlichen Einlagekonto stammen, sind die Ausschüttungen einer EU-Kapitalgesellschaft an einen inländischen Anteilseigner steuerfrei. Diese Möglichkeit zum Nachweis ist mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU so nicht mehr gegeben.
Zinsen und Lizenzgebühren
Mit der Zins- und Lizenzrichtlinie ist geregelt, dass auf in der Europäischen Union gezahlte Zinsen und Lizenzgebühren keine Quellensteuern einzubehalten sind, falls diese zwischen Unternehmen verschiedener Mitgliedstaaten gezahlt werden.
Die Anwendbarkeit dieser EU-Richtlinie in Großbritannien fällt mit dem Vollzug des Brexit weg. Auf Zins- und Lizenzzahlungen an verbundene Unternehmen können dann Quellensteuern anfallen. Betroffene Unternehmen sollten prüfen, ob eine Reduktion anfallender Quellensteuern nach dem deutsch-britischen Doppelbesteuerungsabkommen möglich ist.
Umstrukturierungen / Umwandlungssteuerrecht
Die Fusionsrichtlinie und das Umwandlungssteuerrecht (UmwStG) gelten ausschließlich für Beteiligte mit Sitz in der Europäischen Union bzw. im EWR. Grenzüberschreitende steuerneutrale Verschmelzungen nach Maßgabe der Fusionsrichtlinie wird es mit Vollzug des Brexit für Großbritannien nicht mehr geben. Auch bereits durchgeführte Umwandlungen können betroffen sein, wenn die innerhalb der EU geltenden Haltefristen zum Brexit noch nicht abgelaufen sind. Insoweit wurde aber bereits mit dem „Gesetz über steuerliche Begleitregelungen zum Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union“ (Brexit-Steuerbegleitgesetz – Brexit-StBG) für bestimmte Fallgestaltungen beispielsweise das UmwStG ergänzt, dass hier allein der Brexit keine nachteiligen Rechtsfolgen auslöst. Im Einzelfall sollte hier jedoch steuerlicher Rat eingeholt und die weitere Entwicklung beobachtet werden.
Die Entstrickungsbesteuerung
Nach § 4g EStG kann bei der Überführung von Wirtschaftsgütern mit anhaftenden stillen Reserven von Deutschland in ein EU-Land über einen Ausgleichsposten über fünf Jahre hinweg versteuert werden. Kommt es zur Überführung in einen Staat außerhalb der EU, sind die stillen Reserven sofort zu versteuern. Wegen des Austritts des VK aus der EU, müssten deutsche und damit auch bayerische Unternehmen ihre restlichen Ausgleichsposten demnach sofort auflösen und versteuern. Durch eine ergänzende Regelung im Brexit-Steuerbegleitgesetz wird aber auch hier verhindert, dass deutsche und damit auch bayerische Unternehmen durch den Brexit ihre restlichen Ausgleichsposten demnach sofort auflösen und versteuern müssten. Dabei geht es um Posten in Bezug auf Wirtschaftsgüter, die nach Großbritannien überführt worden sind.
Hinzurechnungsbesteuerung (AStG)
Die Regeln zur Hinzurechnungsbesteuerung unterscheiden grundsätzlich nicht zwischen Staaten innerhalb der EU, des EWR und Drittstaaten. Die Ansässigkeit in der EU bzw. im EWR ist nur bei einzelnen Vorschriften vorausgesetzt, dazu gehören:
- § 8 Abs. 2 AStG, Ausnahme von der Hinzurechnungsbesteuerung für Gesellschaften in der EU
- § 6 Abs.5 Satz 1 AStG, Stundung der Wegzugsbesteuerung
- § 15 Abs. 6 AStG, der Entlastungsbeweis bei ausländischen Familienstiftungen
Durch eine ergänzende Regelung im Brexit-Steuerbegleitgesetz wird beispielsweise auch hier verhindert, dass es bei der Wegzugsbesteuerung allein durch den Brexit zum Widerruf von Stundungen kommt.
Übertragung von Veräußerungsgewinnen
Veräußerungsgewinne bestimmter Wirtschaftsgüter, wie zum Beispiel von Immobilien, kann man nach § 6b EStG ohne Realisation auf Ersatzinvestitionen übertragen. Da Ersatzinvestitionen in der EU oder im EWR getätigt werden müssen, wird Großbritannien nach dem Brexit hier nicht mehr erfasst. Eine Übertragung stiller Reserven nach § 6b EStG war jedoch dann möglich, soweit der entsprechende Antrag noch vor Ablauf des Übergangszeitraums gestellt wurde. Das Brexit-Steuerbegleitgesetz enthält hierzu eine ergänzende Regelung.
Gewerbesteuer
Bei der Gewerbesteuer fällt das sog. Schachtelprivileg für Großbritannien weg. Dabei geht es um den Abzug von Dividenden aus EU-Beteiligungen vom Gewerbeertrag. Nach dem Brexit unterliegen die Dividenden der Gewerbesteuer.
Erbschaft-/ Schenkungsteuer
Das deutsche Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) gewährt in zahlreichen Fällen Vergünstigungen oder sogar Steuerbefreiungen. Hierzu zählt insbesondere die unentgeltliche Übertragung von Betriebsvermögen. Dies betrifft vor allem inländisches Betriebsvermögen, aber auch ausländisches, das einer Betriebsstätte in einem Mitgliedstaat der EU oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) dient. Nicht erfasst ist dagegen der (isolierte) Erwerb ausländischen Betriebsvermögens in Drittstaaten. Außerdem ist auch die Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften bei einer unmittelbaren Mindestbeteiligung des Erblassers bzw. Schenkers von mehr als 25 Prozent begünstigt, wenn die Kapitalgesellschaft ihren Sitz oder Geschäftsleitung im Inland oder in einem EU- oder EWR-Staat hat.
Falls Großbritannien nicht Vertragspartei des EWR bleibt, sind die entsprechenden erbschaft- und schenkungsteuerlichen Vergünstigungen nach dem Brexit nicht mehr anwendbar. Auf Erwerbe, für die die Erbschaft- und Schenkungsteuer vor dem 1. Januar 2021 entstanden ist, wird diese aber nach einer ergänzenden Regelung im Brexit-Steuerbegleitgesetz so ermittelt, also ob Großbritannien noch ein EU-Mitgliedstaat wäre.
Die Anwendung einzelner Vorschriften des ErbStG im Hinblick auf die steuerliche Behandlung von Erwerben bis zum Ende des Übergangszeitraums bzw. danach wird in sog. Gleich lautenden Erlassen der Obersten Finanzbehörden der Länder vom 13. Dezember 2021 (BStBl. 2022 I S. 38) erläutert.
FAQ zu Brexit und Steuern (Inhalte werden derzeit aktualisiert)
Solche Lieferungen gelten umsatzsteuerlich künftig möglicherweise als steuerfreie Ausfuhrlieferungen.
Für Importe wird unter Umständen die (abzugsfähige) Einfuhrumsatzsteuer fällig.
Mit dem Austritt aus der Europäischen Union sinkt der Status des Vereinigten Königreichs auf den eines sog. Drittstaates ab. Steuerliche Regelungen, die aufgrund des EU-Rechts für EU-/EWR-Sachverhalte günstigere Rechtsfolgen vorsehen als für Drittstaaten-Sachverhalte, würden somit künftig im Verhältnis zum VK grundsätzlich keine Anwendung mehr finden. Es gelten jedoch bestimmt Ausnahmen, insbesondere für den Übergangszeitraum.
So wird durch das "Gesetz über steuerliche und weitere Begleitregelungen zum Austritt desVereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union" (Brexit-Steuerbegleitgesetz - Brexit-StBG) vom 25. März 2019 in bestimmten steuerlichenBereichen verhindert, dass allein der Brexit eine für den Steuerpflichtigen nachteilige Rechtsfolge auslöst, obwohl dieser bereits alle wesentlichen steuerlich relevanten Handlungen vor dem Brexit vollzogen hat ("Brexit als schädliches Ereignis").
Das deutsch-britische Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) aus dem Jahr 2010 ist Teil der deutschen und der britischen Rechtsordnung. Es gilt ungeachtet der Mitgliedschaft Großbritanniens in der EU. Somit stellt das deutsch-britische DBA auch nach dem Brexit sicher, dass eine doppelte Besteuerung von Einkünften durch beide Staaten vermieden und eine Verwaltungszusammenarbeit in Steuersachen weiterhin ermöglicht wird.
Muttergesellschaften, die zu mindestens zehn Prozent an einer deutschen Tochtergesellschaft beteiligt sind, werden in Zukunft nicht mehr von der Quellensteuer befreit sein. In der Folge ist Kapitalertragsteuer in Deutschland einzubehalten. Betroffene Unternehmen sollten prüfen, ob eine Reduktion anfallender Quellensteuern nach dem deutsch-britischen Doppelbesteuerungsabkommen möglich ist.
Brexit-Steuerbegleitgesetz
Das von Bundestag und Bundesrat beschlossene „Gesetz über steuerliche und weitere Begleitregelungen zum Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union“ (Brexit-Steuerbegleitgesetz – Brexit-StBG) vom 25. März 2019 ist am 29. März 2019 in Kraft getreten. Hiermit sollen für Steuerpflichtige nachteilige Konsequenzen, die allein wegen des Austritts des Vereinigten Königsreichs ausgelöst würden, vermieden werden („Brexit als schädliches Ereignis“).
Die steuerlichen Regelungen des Gesetzes gelten sowohl bei einem „harten Brexit“ (d. h. ohne Austrittsabkommen) als auch bei einem Austrittsabkommen mit Übergangsphase.
Das Brexit-StBG sieht aus steuerlicher Sicht insbesondere die folgenden Regelungen vor:
- Einbringungsgewinnbesteuerung: Bei bestimmten Einbringungsfällen soll eine rückwirkende Besteuerung des sog. Einbringungsgewinns verhindert werden. Hiernach wird in den Fällen, bei denen Unternehmensteile oder Anteile unter dem gemeinen Wert eingebracht wurden (§ 22 Absatz 1 und 2 UmwStG), die erforderliche siebenjährige Sperrfrist durch den Brexit nicht unterbrochen (§ 22 Absatz 8 UmwStG neu).
- Verschmelzungen nach dem Brexit: Mit dem „Vierten Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes“ wurde in § 122m des Umwandlungsgesetzes (UmwG) eine Übergangsregelung für britische Kapitalgesellschaften geschaffen, die die Eintragung von Verschmelzungen auch nach dem Übergangszeitraum erlaubt, sofern der Verschmelzungsplan nach § 122c Absatz 4 UmwG vor diesem Zeitpunkt notariell beurkundet worden ist und die Verschmelzung unverzüglich, spätestens aber zwei Jahre nach diesem Zeitpunkt mit den erforderlichen Unterlagen zur Registereintragung angemeldet wird. Ein neuer § 1 Absatz 2 Satz 3 UmwStG stellt sicher, dass eine übertragende Gesellschaft, die von dieser Übergangsregelung Gebrauch macht, in den persönlichen Anwendungsbereich des Umwandlungssteuergesetzes fällt, obwohl sich der Sitz der Gesellschaft nach dem Brexit außerhalb der EU und des EWR befindet.
- Entstrickungsbesteuerung: Für einen vor dem EU-Austritt gebildeten Ausgleichsposten gemäß § 4g EStG – der u. a. im Fall der Überführung eines Wirtschaftsgutes in eine britische Betriebstätte eine zeitliche Streckung der Besteuerung stiller Reserven über einen Zeitraum von maximal fünf Jahren ermöglicht – wird die eigentlich zwingende Auflösung verhindert. Der Eintritt des Brexit allein soll also nicht dazu führen, dass ein als entnommen geltendes Wirtschaftsgut als aus der Besteuerungshoheit der Mitgliedstaaten der Europäischen Union ausgeschieden gilt.
- Liquidations-/Wegzugsbesteuerung: Es wird klargestellt, dass der EU-Austritt allein nicht die Rechtsfolge des § 12 Absatz 3 KStG (Auflösungsfiktion) oder des § 6 Absatz 5 Satz 4 AStG (Widerruf der Stundung der Wegzugsteuer) auslöst, sondern neben den bereits bisher geregelten Gründen erst eine anschließende Sitzverlegung oder ein anschließender Wegzug nach dem EU-Austritt in einen anderen Drittstaat. Ferner werden bei der Wegzugsbesteuerung die Widerrufsvoraussetzungen ergänzt (§ 6 Absatz 8 AStG neu in Verbindung mit § 6 Absatz 5 Satz 4 AStG).
- Körperschaftsteuersubjekt Limited: Nach der Beschlussempfehlung des Bundestags-Finanzausschusses kann der bevorstehende EU-Austritt ohne Dazutun des Steuerpflichtigen zu steuerlichen Konsequenzen für Unternehmen in der Rechtsform einer Gesellschaft nach britischem Recht, insbesondere sog. Limiteds, mit einem deutschen Verwaltungssitz führen. Steuerlich würden diese Gesellschaften entsprechend der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zum sog. Typenvergleich Subjekt der Körperschaftsteuer bleiben. Indem der neu eingefügte § 12 Absatz 4 KStG die ununterbrochene Zurechnung des Betriebsvermögens zum Körperschaftsteuersubjekt Limited anordnet, werde klargestellt, dass allein der Brexit hier keine Aufdeckung und Besteuerung der stillen Reserven britischer Gesellschaften (Limiteds) mit Geschäftsführung im Inland auslöst.
- Bekanntgabe eines Steuerverwaltungsaktes an sowie Vollstreckung gegen eine Gesellschaft in der Rechtsform einer Britischen Limited mit Verwaltungssitz (Ort der Geschäftsleitung) im Inland sowie deren Rechtsnachfolger nach dem 31. Dezember 2020: Hinweis: Im Bereich des Steuerverfahrensrechts hat der Brexit zum einen Auswirkungen auf die Bekanntgabe von Steuerverwaltungsakten an eine Limited mit Ort der Geschäftsleitung im Inland, also insbesondere auf die Frage, an wen Steuerbescheide ab dem 1.1.2021 zu adressieren sind und wem gegenüber sie bekanntzugeben sind. Zum anderen betrifft dies die künftigen Vollstreckungsmöglichkeiten, also in welches Vermögen eine Vollstreckung wegen Steuerrückständen noch möglich ist. Hierzu hat das BMF ein Schreiben veröffentlicht.
- Vermeidung einer Verzinsung der Ratenzahlung gemäß § 6b Absatz 2a EStG bei Ersatzbeschaffung im VK nach dem Brexit, sofern der Antrag auf Ratenzahlung bereits vor dem Zeitpunkt gestellt worden ist, zu dem das Vereinigte Königreich nicht mehr EU-Mitgliedstaat und auch nicht als solcher zu behandeln ist, d. h. vor Ende des Übergangszeitraums.
- Auch bei der zeitlichen Streckung der Besteuerung im Fall des § 36 Absatz 5 EStG und dem Aufschub der Besteuerung gemäß § 17 Absatz 5 Satz 2 EStG zieht der Brexit allein noch keine für den Steuerpflichtigen nachteiligen Folgen nach sich; hierfür bedarf es vielmehr weiterer Handlungen des Steuerpflichtigen.
- “Status Quo“ bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer: Die Steuerbegünstigungen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer, insbesondere bei der Übertragung von Unternehmensvermögen, werden bei Vorliegen der Voraussetzungen auch für Vermögen gewährt, welches sich innerhalb der EU befindet. Ein neuer § 37 Absatz 17 ErbStG soll sicherstellen, dass für Erwerbe, für die die Steuer vor Ablauf des Übergangszeitraums entstanden ist, das Vereinigte Königreich weiterhin als EU-Mitgliedstaat gilt.
- Ergänzung des Grunderwerbsteuergesetzes: Sofern an einer Limited mit inländischer Geschäftsleitung nur ein Gesellschafter beteiligt ist, gibt es verschiedene Fallkonstellationen, in denen allein durch den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU ein grunderwerbsteuerrechtlicher Tatbestand ausgelöst wird. Mit der neuen Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nummer 6 GrEStG sowie durch die Anfügung eines Satzes 5 in § 6a GrEStG wird sichergestellt, dass es nicht allein durch den Brexit zu einer Belastung mit Grunderwerbsteuer kommt.
Steuerpflichtige sollten aber die weiteren Entwicklungen genau beobachten.
Brexit-StBG vom 25. März 2019 (BGBl. I 2019; 357)
Zusammenfassung
Nach Ende des Übergangszeitraums ist im Bereich der Steuern mit erheblichen Auswirkungen zu rechnen. Bayerische Unternehmen, die mit dem Vereinigten Königreich und anderen EU-Mitgliedstaaten Handel treiben, sollten die Entwicklungen genau beobachten und gegebenenfalls steuerlichen Rat einholen.
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Katja Reiter
Fragen zu: Brexit und Umsatzsteuer / Verbrauchsteuern+49 89 5116-1110
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