IHK Ratgeber

Sanierung jetzt auch ohne Insolvenz: Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG)

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© Evelina Zhu von Pexels

Ein tragfähiges Geschäftskonzept, von dem auch Geschäftspartner überzeugt sind? Trotzdem droht Zahlungsunfähigkeit? Das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) unterstützt Unternehmen dabei, ohne Insolvenz durch die Krise zu kommen.

Sanierung ohne Insolvenz: Worum geht es?

Das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen, kurz StaRUG, ist im Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) geregelt. Anlass ist eine EU-Richtlinie, die europaweit ein vorinsolvenzliches Restrukturierungsverfahren vorgibt. Das StaRUG soll allen Unternehmern neue Instrumente zur Hand geben, damit sie besser durch eine Krise kommen.

Auch für Unternehmen, die durch die Corona-Pandemie in wirtschaftliche Schieflage geraten sind, bietet das Restrukturierungsverfahren die Chance für einen Neustart.

Ziel des neuen StaRUG-Verfahrens ist es, dass Unternehmer ihren Betrieb sanieren können, ohne ein Insolvenzverfahren durchlaufen zu müssen. Das Gesetz ist seit 1. Januar 2021 in Kraft.

Für wen ist das neue Restrukturierungsverfahren gedacht?

Das Restrukturierungsverfahren richtet sich an alle Unternehmen bei denen eine Insolvenz droht. Das heißt, es droht Zahlungsunfähigkeit, das Unternehmen ist aber noch zahlungsfähig. Der Prognosezeitraum für die drohende Zahlungsunfähigkeit beträgt zwei Jahre. Somit ist ein Unternehmen drohend zahlungsunfähig, wenn es voraussichtlich in den kommenden zwei Jahren zahlungsunfähig wird.

Gründe für drohende Zahlungsunfähigkeit:

  • es können keine neuen Kunden gewonnen werden
  • Aufträge bleiben aus
  • Umsätze brechen ein
  • Kosten steigen kontinuierlich
  • Banken geben keine Kredite mehr.

Voraussetzung ist, dass die Aussicht auf eine Sanierung gut ist. Bisher konnten Unternehmen in solchen Fällen Insolvenz beantragen und über das Insolvenzverfahren sanieren. Jetzt steht ihnen zusätzlich der Weg außerhalb der Insolvenz offen.

Aufgrund der Komplexität und der Kosten ist das Verfahren nach Einschätzung von Insolvenzrechtsexperten eher auf mittelständische und große Unternehmen zugeschnitten. Ganz generell steht es aber jedem Unternehmer offen, wenn Zahlungsunfähigkeit droht. Bei kleinen Unternehmen entscheidet die individuelle Situation, ob das StaRUG-Verfahren eine Chance zur Sanierung bietet.

Wie läuft das StaRUG-Verfahren ab?

Zunächst ist eine gründliche Vorbereitung des Restrukturierungsverfahrens entscheidend. Der Unternehmer sollte vorbereiten:

  • eine belastbare finanzielle Planung und
  • eine Übersicht der geeigneten Mittel für eine Restrukturierung.

Entscheidend ist, dass der Unternehmer seine Gläubiger einbezieht. Ziel ist ein Restrukturierungskonzept, bzw. ein Restrukturierungsplan, der von 75 Prozent der Gläubiger angenommen wird.

Der Unternehmer zeigt das StaRUG-Verfahren vor Gericht an und leitet damit das Verfahren ein. Dazu legt er neben dem Restrukturierungskonzept die Bestätigung vor, dass das Unternehmen sich im Zustand der drohenden Zahlungsunfähigkeit befindet. Zuständig für das Verfahren sind die Amtsgerichte am Sitz eines Oberlandesgerichts, in Bayern, München, Nürnberg und Bamberg.

Was ändert sich und wo ist der Unterschied zum bisherigen Insolvenzverfahren?

Zukünftig ist es möglich, Sanierungsmaßnahmen auch außerhalb einer Insolvenz auch gegen den Willen einzelner Gläubiger umzusetzen.

  • Die Sanierung erfolgt ohne Insolvenzantrag.
  • Der Unternehmer zeigt das Restrukturierungsvorhaben beim Amtsgericht an.
  • Das Gericht stellt dem Unternehmer einen Restrukturierungsbeauftragten zur Seite.
  • Der Unternehmer erarbeitet mit den Gläubigern einen Gesamtvergleich, den sogenannten Restrukturierungsplan, der von der Mehrheit der Gläubiger angenommen werden muss.
  • Ziel ist die Sanierung des Betriebs.

Was ist wichtig im Restrukturierungsverfahren?

  • Der Unternehmer führt seinen Betrieb selbst weiter.
  • Für die Annahme des Restrukturierungsplans genügt die Mehrheit der Gläubigerstimmen. Diese Mehrheit kann einzelne Gläubiger überstimmen. . Dabei genügt es, wenn in jeder Gläubigergruppe eine Mehrheit von 75 % erzielt wird. Auch können einzelne Gruppen überstimmt werden, wenn die Mehrheit der Gruppen dem Plan zustimmt.
  • Die Gruppen müssen nach sachgerechten Kriterien gebildet werden. Forderungen der Arbeitnehmer einschließlich der betrieblichen Altersversorgung sind darin nicht einbezogen.
  • Der Schuldner kann beim Restrukturierungsgericht einen Antrag auf Schutz vor Zwangsvollstreckung stellen. So können Gläubiger eine vielversprechende Sanierung nicht durch Zwangsmaßnahmen vereiteln.

Welche Aufgaben hat der Restrukturierungsbeauftragte (RB)?

  • Er überwacht das Verfahren.
  • Er unterstützt die mittleren, kleinen oder Kleinstunternehmer oder Verbraucher, wenn über deren Forderungen im Restrukturierungsplan abgestimmt wird.
  • Auf Anordnung des Gerichts kann er die wirtschaftliche Lage des Betriebs überprüfen und den Zahlungsverkehr während des Restrukturierungsverfahrens überwachen.

Was kostet das Verfahren?

Es fallen Gerichtskosten zwischen 250 und 1500 Euro an. Wird ein RB hinzugezogen, soll dieser maximal 350 Euro pro Stunde abrechnen. Hinzu kommen nochmals Gerichtsgebühren für dessen Bestellung und die Aufsicht von 500 Euro. Ins Gewicht fallen vor allem die Ausgaben für die eigenen Berater. Einen geeigneten Berater finden.

Was ist zu beachten?

Das Zusammenstellen der Gläubigergruppen ist eine entscheidende Aufgabe beim Restrukturierungsverfahren. Ein Unternehmen kann sich unter sachgerechten Kriterien von vornherein auf bestimmte Gläubigergruppen beschränken – zum Beispiel Finanzgläubiger wie Banken oder Lieferanten. Zudem kann es entscheiden, bestimmte Gläubiger außen vor zu lassen.

Notwendig sind weiter:

  • eine belastbare finanzielle Planung,
  • eine laufende Kommunikation mit den Gläubigern und
  • eine konkrete Idee, welche Mittel zur Restrukturierung geeignet sind.

Was ist zu tun?

Wollen Geschäftsführer die Sanierungsmöglichkeiten des StaRUG für ihr Unternehmen nutzen, sollten sie die Liquiditätsentwicklung ihres Unternehmens im Auge behalten und für mindestens 24 Monate planen.

Für Schuldner:

Für Gläubiger:

  • Sorgfältige Bonitätsprüfung der Bestandskunden und der Neukunden,
  • Forderungsmanagement im Betrieb einführen und
  • Rechnungseingänge laufend prüfen und Mahnwesen etablieren. Dabei können auch Produkte aus dem Bereich Legal Tech helfen, wie Softwareprogramme für Buchhaltung und Mahnwesen.