Parlamentarischer Abend in Brüssel am 20.06.2022

ePrivacy-VO – modern und verlässlich gestalten

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© v. l. n. r. Johannes Hauner, Geschäftsführer, Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH, München, Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern, Rita Bottler, Moderation, Datenschutzbeauftragte des BIHK e.V. und der IHK für München und Oberbayern, Michael Will, Präsident, Bayerisches Landesamt für Datenschutzaufsicht, Birgit Sippel, MdEP, S&D Berichterstatterin für die ePrivacy-Verordnung und Mitglied im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, Europäisches Parlament, Peter Eberl, Stellvertretender Referatsleiter, Cybersicherheit und Digitale Privatsphäre, DG CONNECT, EU-Kommission, Barbara Schretter, Leiterin der Vertretung des Freistaates Bayern ‎bei der Europäischen Union, Dr. Stefan Gehring, Head of Group Compliance and Legal, Munich Re, München, Dr. Nadjeschda Arnold, Stellvertretende Referatsleiterin des Bayerischen StMWi bei Vertretung des Freistaates Bayern ‎bei der Europäischen Union, Mag. Verena Martelanz, Abteilungsleiterin Stellvertreterin EU Representation Wirtschaftskammer Österreich Ständige Vertretung Österreichs bei der EU

Die bayerischen Industrie- und Handelskammern (BIHK) haben in Kooperation mit der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) und dem Enterprise Europe Network (EEN) sowie mit freundlicher Unterstützung der Vertretung des Freistaates Bayern bei der Europäischen Union am 20.06.2022 einen Parlamentarischen Abend zum Thema „ePrivacy-VO – modern und verlässlich gestalten“ veranstaltet. Das Interesse an den geplanten neuen Regeln für die Online-Wirtschaft war sehr hoch. 140 Teilnehmer verfolgten die Diskussion auf dem hochkarätig besetzten Panel.

Nadjeschda Arnold, Vertretung des Freistaates Bayern bei der Europäischen Union, hob in ihrer Begrüßung hervor, dass für die Bayerische Staatsregierung im Kontext mit einer harmonisierten ePrivacy-VO folgende Punkte wichtig sind:·

  • Neue und bestehende Geschäftsmodelle dürfen nicht gefährdet werden.
  • EU-Unternehmen dürfen nicht vom internationalen Markt verdrängt werden.
  • Belange der KMU sind zu berücksichtigen, d. h. keine unnötige Bürokratie und einfache und verständliche Regeln.

„Es geht um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft“, betonte Johannes Hauner, Vizepräsident der IHK für München und Oberbayern, in seinem Impulsvortrag. Deshalb suchen wir das Gespräch und den offenen Austausch. „Ich bin für Datenschutz - mir liegt es aber auch am Herzen zu erläutern, welche Auswirkungen die vielfältige Gesetzgebung auf diesem Gebiet auf die digitale Transformation und digitale Innovationen in Europa hat.“
Als Geschäftsführer der Süddeutschen Zeitung fürs Digitale kenne er insbesondere die Herausforderungen der Medienbranche mit dem Thema Cookie-Banner. Der Transformationsdruck werde hier immer größer: „Und wenn wir hier nicht eine nach vorne gerichtete, gestaltende Position im Digitalen einnehmen, dann werden wir unsere Wettbewerbsfähigkeit in vielen Branchen verlieren oder unseren Vorsprung einbüßen. Denken Sie an die Mobilität, denken Sie an das Gesundheitswesen, denken Sie an die Finanzindustrie.“ Aus zu großer Sorge vor dem missbräuchlichen Umgang mit Daten dürfen Innovation und Fortschritt nicht eingeschränkt werden, mahnt er an. „Wenn wir digitale Produkte attraktiv gestalten wollen, brauchen wir Daten.“ Das gehe allen Unternehmen so und dies über alle Branchen hinweg. „Deshalb muss klar gesagt werden: Machen Sie es einfacher. Machen Sie es verständlicher. Machen Sie es offener für die Gestaltungswilligen. Machen Sie es weniger so, dass man glaubt etwas Verbotenes zu tun, nur weil man mit Hilfe von Daten und Analysen besser werden möchte.“

Peter Eberl, EU-Kommission, stellte in seinem Impulsvortrag heraus, dass die ePrivacy-VO nicht nur Wirtschaftsrecht, sondern auch Grundrechtsschutz beinhalte. Im Trilog sei weitgehend eine Einigung über das Direktmarketing erzielt. Nunmehr werde über die Vertraulichkeit der Kommunikation und den Schutz der Endgeräte diskutiert. Die EU-Kommission sehe sich als Brückenbauer zwischen den Parteien der Trilogverhandlungen. Es gebe Signale zur Kompromissbereitschaft.

Birgit Sippel, Europäisches Parlament und Berichterstatterin im LIBE-Ausschuss, betonte, auch die Wirtschaft benötige Rechtssicherheit. Drei Triloge mit drei Präsidentschaften zu führen, sei nicht immer einfach gewesen. Ihr Wunsch sei es, unter der Tschechischen Ratspräsidentschaft deutlich mit dem Entwurf einer ePrivacy-VO voranzukommen. Ein Abschluss des Trilogverfahrens sei allerdings noch nicht in Sicht. Das Schutzniveau der DSGVO dürfe nicht unterlaufen werden. Beim Schutz vertraulicher Kommunikation müsse sogar noch nachgeschärft werden. Es gelte, hierzu korrespondierende technische Lösungen zu entwickeln. Es gehe um mehr Transparenz und eine bessere Nachvollziehbarkeit für Internetnutzer. Diese sollten nicht mit unsichtbaren Verfolgern konfrontiert sein.

Stefan Gehring, Munich Re, wünschte sich, mehr in sog. „Safe-Harbor-Ansätze“ zu investieren. So z. B. sollten Gruppenlösungen für Umsetzungsfragen zu Pseudonymisierung und Anonymisierung oder für White-List-Lösungen gefunden werden. Er forderte, der Gesetzgeber solle Rechtssicherheit schaffen und in der ePrivacy-VO selbst erforderliche Konkretisierungen vornehmen.

Johannes Hauner hebt den konstruktiven Dialog mit den Datenschutzaufsichtsbehörden hervor. Dies sei eine wichtige Maßnahme zur Schaffung von Rechtssicherheit. In der Gesetzgebung müssen viele unterschiedliche Geschäftsmodelle berücksichtigt werden. KMU dürfen hier nicht allein gelassen werden. Ziel sollte es sein, auch die die Start-ups im Blick zu haben und diese am Standort halten zu können. Das sei wichtig auch für die IHK-Organisation.

Michael Will, Präsident des Bayerischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht, erklärte, auch die Aufsichtsbehörden tasteten sich an die Neuerungen des TTDSG (seit 14.05.2024 TDDDG) heran. Derzeit gebe es bei Verstößen eher Warnungen statt Sanktionen. Eine größere Aufmerksamkeit sollte den Produktherstellern als technischen Verantwortlichen gelten. Die Königsfrage sei für die Aufsichten das Bezahlen mit eigenen Daten. Der Europäische Datenschutzausschuss habe erste Hinweise hierzu gegeben. Diese seien aber noch nicht endgültig.