Arbeitszeit und das Arbeitszeitgesetz
Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) enthält Regelungen zur täglichen Höchstarbeitszeit, zu Ruhepausen und Ruhezeiten, zu den Bedingungen von Nacht- und Schichtarbeit sowie zu den Ausnahmen vom Arbeitszeitgesetz. Zudem ist die Arbeitszeiterfassung nach einem Urteil der BAG Pflicht. Dies betrifft unter anderem die Regelungen für Vertrauensarbeitszeit und Home Office.
Inhalt
Arbeitszeit: Regelungen im Arbeitszeitgesetz
Der 8-Stunden Tag
Grundsätzlich gilt der 8-Stunden Tag. Nach § 3 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) darf die werktägliche Arbeitszeit acht Stunden nicht überschreiten.
Allerdings: Eine Arbeitszeit von bis zu zehn Stunden pro Tag ist möglich, wenn ein Ausgleich erfolgt. Gemäß § 3 ArbZG muss sich innerhalb von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen durchschnittlich eine Arbeitszeit von werktäglich maximal acht Stunden ergeben.
Ruhepausen
Bei einer Arbeitszeit von weniger als sechs Stunden muss gesetzlich keine Pause gewährt werden. Trotzdem können natürlich Pausen vereinbart werden.
§ 4 ArbZG schreibt vor, dass ab einer Arbeitszeit von sechs Stunden eine Pause von mindestens 30 Minuten eingehalten werden muss. Bei über neun Stunden Arbeitszeit muss die Pause mindestens 45 Minuten lang sein.
Um Arbeitgebern und Arbeitnehmern die nötige Flexibilität zu geben, können Pausen auch aufgeteilt werden. Allerdings müssen die einzelnen Pausen-Abschnitte mindestens 15 Minuten lang sein. Länger als sechs Stunden dürfen Arbeitnehmer nicht ohne Pause beschäftigt werden.
Ruhezeiten
Nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit muss eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 11 Stunden gewährt werden, § 5 Abs. 1 ArbZG. Das stellt sicher, dass Arbeitnehmer sich ausreichend erholen können.
Lediglich in bestimmten Branchen, wie der Kranken- oder Pflegeeinreichtungen, Gastronomie, Verkehrsbetrieben oder Landwirtschaft, kann die Ruhezeit ausnahmsweise gemäß § 5 Abs. 2 ArbZG um eine Stunde verkürzt werden. Allerdings muss jede Verkürzung durch entsprechende Verlängerung einer anderen Ruhezeit innerhalb eines Kalendermonats oder innerhalb von vier Wochen ausgeglichen werden.
Nacht- und Schichtarbeit
Auch bei Nachtarbeit oder Schichtarbeit gilt grundsätzlich der 8-Stunden-Tag mit der Verlängerungsmöglichkeit auf zehn Stunden bei entsprechendem Ausgleich.
Nachtarbeit liegt vor, wenn mindestens zwei Stunden der Arbeitszeit zwischen 23.00 Uhr und 6.00 Uhr liegen. Bei Bäckereien und Konditoreien zwischen 22.00 Uhr und 5.00 Uhr.
Für Nachtarbeitnehmer muss für die während der Nachtzeit geleitsteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder ein angemessener Zuschlag auf das Arbeitsentgelt gewährt werden, § 6 Abs. 5 ArbZG.
Allgemein gilt, dass bei Nacht- und Schichtarbeit besondere Fürsorgepflichten des Arbeitgebers zu beachten sind.
Sonn- und Feiertage
An Sonn- und Feiertagen dürfen Arbeitnehmer in der Zeit zwischen 00.00 Uhr und 24.00 Uhr nicht beschäftigt werden, § 9 ArbZG. In Schichtbetrieben ist eine geringfügige Verschiebung (bis zu 6 Stunden) der 24-stündigen Sonn- oder Feiertagsruhe möglich.
In manchen Bereichen gibt es Ausnahmen von der Sonn- und Feiertagsruhe. Dies betrifft vor allem Tätigkeiten, in denen eine Verschiebung nicht möglich ist, wie zum Beispiel Not- und Rettungsdienste, Krankenhäuser oder die Feuerwehr, Ver- und Entsorgung, aber auch die Gastronomie, Musik- und Theateraufführungen oder Rundfunk und Presse. Ebenfalls benannt werden z. B. Tätigkeiten, die zur Sicherstellung des regelmäßigen Fortgangs eines Betriebs auch an Sonn- und Feiertagen nötig sind oder auch solche Tätigkeiten, die nötig sind, damit Nahrungsmittel oder Rohstoffe nicht verderben. § 10 ArbZG enthält eine Aufzählung der Branchen bzw. Tätigkeiten.
In besonderen Konstellationen kann auf Antrag das Gewerbeaufsichtsamt weitere Ausnahmen von der Sonn- und Feiertagsruhe erlauben.
Mindestens 15 Sonntage im Jahr müssen beschäftigungsfrei bleiben. Wurde ein Arbeitnehmer an einem Sonntag beschäftigt, muss ihm innerhalb von zwei Wochen ein arbeitsfreier Ersatz-Ruhetag gewährt werden.
Pflicht zur Arbeitszeiterfassung: Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts
Gesetzesvorschlag liegt vor
Der Gesetzesvorschlag von Bundesarbeitsminister Hubert Heil liegt vor (April 2023). Er ist jedoch noch nicht final und muss noch durch die Fraktionen. Der Entwurf sieht grundsätzlich elektronische Aufzeichnungen vor mit zahlreichen Ausnahmen. Die Vertrauensarbeitszeit soll erhalten bleiben.
Wie ist die aktuelle Lage?
Bereits im Mai 2019 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) geurteilt, dass aus der Europäischen Grundrechtecharta die Pflicht für Arbeitgeber folgt, ein objektives, verlässliches und zugängliches System zur Messung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeiten einzuführen.
In Deutschland wurde überwiegend davon ausgegangen, dass auch nach diesem EuGH-Urteil mangels genereller gesetzlicher Regelung noch keine allgemeine Verpflichtung für Arbeitgeber existierte, Arbeitzeiten zu erfassen. Lediglich für einzelne Arbeitnehmergruppen oder bestimmte Konstellationen, wie Überstunden, lagen bereits ausdrückliche gesetzliche Erfassungspflichten vor. Nach überwiegender Auffassung hätte eine allgemeine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung zunächst durch den nationalen Gesetzgeber umgesetzt werden müssen, was bisher nicht geschehen ist.
Für viele überraschend hat jedoch das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Beschluss aus dem September 2022 mit ausführlicher Begründung dargelegt, dass bereits eine gesetzliche Verpflichtung für Arbeitgeber bestehe, ein objektives, verlässliches und zugängliches System zur Messung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeiten zu schaffen. Das BAG hat diese Verpflichtung aus einer europarechtskonformen Auslegung von § 3 Abs. 2 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) hergeleitet.
Im Anschluss an die BAG-Entscheidung haben sich für viele Arbeitgeber zahlreiche Fragen ergeben. Die wichtigsten Fragen beantworten die FAQ des Bundesministeriums für Arbeit.
Erfassung von Arbeitszeiten - was müssen Arbeitgeber jetzt tun?
Was ist die Kernaussage des BAG-Beschlusses?
Die zentrale Aussage ist: Bereits heute sind Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, mittels eines objektiven, verlässlichen und zugänglichen Systems die von den Arbeitnehmern tatsächlich geleistete Arbeitszeit zu messen.
Wie begründet das BAG diese Aussage?
Das BAG leitet die Pflicht zur Erfassung der Arbeitszeit aus der europarechtskonformen Auslegung des § 3 Abs. 2 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) her. § 3 ArbSchG verpflichtet Arbeitgeber ganz allgemein, "für eine geeignete Organisation zu sorgen und erforderliche Mittel bereitzustellen" zur Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit. Da die Einhaltung von Höchstarbeitszeiten zum Arbeitsschutz gehört und der EuGH in seiner Entscheidung aus 2019 ausgeführt hatte, dass zur Sicherstellung auch die Erfassung gehört, kommt das BAG zu einer bereits existierenden Pflicht zur Erfassung von Arbeitszeiten.
Wird es noch eine konkrete gesetzliche Regelung geben?
Das Bundesministerium für Arbeit hat angekündigt, im ersten Quartal 2023 einen praxistauglichen Vorschlag für eine Anpassung des Arbeitszeitgesetzes vorlegen zu wollen.
Kann ich die gesetzliche Regelung abwarten, bevor ich mich um die Zeiterfassung kümmere?
Das BAG hat ausdrücklich erklärt, dass die Pflicht zur Zeiterfassung bereits besteht, auch ohne konkrete Regelung im Arbeitszeitgesetz.
- Arbeitgeber sollten sich somit zumindest grundlegende Gedanken machen und ein System einführen, soweit noch keines besteht.
- Allerdings: Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung ist laut BAG nicht an eine bestimmte Form gebunden. Es ist also zum Beispiel nicht erforderlich, ein elektronisches System einzuführen.
- Jedoch ist nicht auszuschließen, dass die angekündigte gesetzliche Regelung Vorgaben für die Form machen wird.
IHK-Tipp:
Es dürfte daher sinnvoll sein, die gesetzliche Regelung und ihre konkreten Anforderungen abzuwarten, bevor etwa größere Investitionen in elektronische Systeme oder ähnliches getätigt werden.
Wer kontrolliert, ob Arbeitgeber ihrer Pflicht zur Arbeitszeiterfassung nachkommen?
Für die Kontrolle der Einhaltung von Verpflichtungen aus dem Arbeitszeitgesetz sind die Gewerbeaufsichtsämter zuständig.
Drohen Bußgelder, wenn Arbeitgeber Arbeitszeiten nicht oder nicht richtig erfassen?
Jedenfalls nicht unmittelbar. Das BAG leitet die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung aus der Allgemeinklausel des § 3 ArbSchG ab. Verstöße gegen § 3 ArbSchG sind aber zunächst nicht bußgeldbewehrt.
Wenn das Gewerbeaufsichtsamt einen Verstoß feststellt, dann kann nach § 22 ArbSchG eine konkrete Anordnung getroffen werden, wie den Verpflichtungen zum Arbeitsschutz nachzukommen ist. Erst wenn ein Arbeitgeber einer solchen Anordnung nicht innerhalb einer gesetzten Frist nachkommt, kommt ein Bußgeld in Betracht.
Was müssen Sie an Arbeitszeiten erfassen?
Erfasst werden müssen
- Beginn
- Dauer
- Ende
der täglichen Arbeitszeit. Dabei geht es um die tatsächlich geleistete Arbeitszeit. Ein Schichtplan oder ähnliches dürfte somit nicht ausreichen, da er lediglich die Planung, nicht aber die tatsächlich erbrachte Arbeitszeit erfasst.
Auch
- Pausen
sind nach ihrer tatsächlichen Dauer zu erfassen. Denn nur so kann der Schutzzweck der Regelung erreicht werden, dass die tatsächliche Einhaltung von Höchstarbeitszeiten sichergestellt wird.
Wie muss die Arbeitszeit erfasst werden?
Der BAG-Beschluss enthält keine Vorgaben zur konkreten Form der Aufzeichnung. In den richterlichen Orientierungssätzen zur Entscheidung wird betont, dass es sich nicht zwingend um eine automatisierte, elektronische Zeiterfassung handeln muss. Vielmehr könnten auch die Erfassung etwa in einer Excel-Tabelle oder Aufzeichnungen in Papierform genügen. Außerdem kann die Aufzeichnung der Zeiten an den Arbeitnehmer delegiert werden.
- Die Arbeitszeiten müssen aber so erfasst werden, dass die tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten auch nachvollzogen und kontrolliert werden können. Reine Schichtpläne reichen nicht.
- Außerdem muss das System nicht nur angeboten, sondern auch tatsächlich genutzt werden. Arbeitgeber können also ihren Mitarbeitern nicht freistellen, ob sie das Zeiterfassungssystem nutzen oder nicht.
Was ist mit Vertrauensarbeitszeit?
Über Vertrauensarbeitszeit wird im Zusammenhang mit dem BAG-Beschluss viel diskutiert. Ob Vertrauensarbeitszeit weiterhin möglich ist, hängt letztlich davon ab, was genau man unter dem Begriff der Vertrauensarbeitszeit versteht:
Wenn gemeint ist, dass nicht nur keinerlei arbeitgeberseitige Vorgaben zur Arbeitszeit gemacht werden, sondern der Arbeitnehmer zu beliebigen Zeiten (möglicherweise auch über Höchstarbeitszeiten hinaus) arbeitet und keinerlei Aufzeichnungen geführt werden, ist sie in dieser Form nicht möglich. Eine solche Gestaltung war aber auch schon vor der BAG-Entscheidung problematisch. Denn auch wenn keine Pflicht zur konkreten Erfassung bestand: Auch bisher bestand unzweifelhaft die arbeitgeberseitige Pflicht, etwa für die Einhaltung der Höchstarbeitszeiten zu sorgen.
Wenn mit Vertrauensarbeitszeit allerdings nur gemeint ist, dass der Arbeitgeber keine konkreten Vorgaben zu Beginn und Ende der Arbeitszeiten macht und der Arbeitnehmer die zeitliche Lage und Dauer seiner Arbeit (innerhalb der Grenzen des Arbeitszeitgesetzes) selbst bestimmt, ist dies weiterhin denkbar. Es besteht aber die Pflicht, die tatsächlich geleistete Arbeitszeit zu erfassen (was auch an den Arbeitnehmer delegiert werden kann). In diesem Sinne ist Vertrauensarbeitszeit weiterhin möglich.
Was ist mit leitenden Angestellten?
Eine Zeiterfassungspflicht für leitende Angestellte im Sinne des § 5 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) lässt sich dem BAG-Beschluss nicht entnehmen.
Da es in der BAG-Entscheidung um die Reichweite von Initiativrechten des Betriebsrates ging, konnten hier ohnehin leitende Angestellte im Sinne des Betriebsverfassungsrechtes nicht erfasst sein, da diese auch nicht vom Betriebsrat vertreten werden. Darüber hinaus ist auch das Arbeitszeitgesetz mit den dort geregelten Höchstarbeitszeiten auf leitende Angestellte nicht anwendbar.
Bitte beachten Sie: Die Ausnahme von der Zeiterfassungspflicht für leitende Angestellte betrifft derzeit nur leitende Angestellte im Sinne von § 5 Abs. 3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Hier bestehen allerdings hohe Anforderungen: Nicht jeder Arbeitnehmer mit einer Leitungsfunktion ist auch leitender Angestellter gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG. Kennzeichen für leitende Angestellte nach § 5 Abs. 3 BetrVG ist insbesondere, dass sie zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind. Das ist faktisch nur bei sehr wenigen Arbeitnehmern der Fall.
Gibt es Ausnahmen von der Zeiterfassungspflicht für bestimmte Arbeitnehmer?
Schon der Europäische Gerichtshof hatte in seiner Entscheidung aus 2019 darauf hingewiesen, dass grundsätzlich die Möglichkeit besteht, für bestimmte Arbeitnehmergruppen gesetzlich Ausnahmen vorzusehen. Das Arbeitszeitgesetz sieht in den §§ 18-21 einige Sonderregelungen für bestimmte Arbeitnehmer, etwa in der Luftfahrt, der Binnenschifffahrt oder im Straßentransport vor. Für diese Arbeitnehmergruppen galten bereits gesonderte Aufzeichnungspflichten. Weitere Ausnahmen sind bisher nicht geregelt, sie könnten aber im Zuge der geplanten gesetzlichen Regelung aufgenommen werden.
Was ist mit dem Betriebsrat?
Die vom BAG zu entscheidende Frage in dem im September 2022 entschiedenen Beschlussverfahren war, ob dem Betriebsrat ein Initiativrecht zur Einführung eines elektronischen Zeiterfassungssystems zusteht.
Und obwohl das BAG in der Entscheidung erstmals eine bestehende umfassende Pflicht zur Erfassung von Arbeitszeiten dargelegt hat, unterlag der antragstellende Betriebsrat in diesem Verfahren. Dieses, auf den ersten Blick erstaunliche Ergebnis ist wie folgt zu erklären:
Wenn der Arbeitgeber bereits gesetzlich verpflichtet ist, ein Zeiterfassungssystem einzuführen, dann kann es zu diesem Thema kein Initiativrecht des Betriebsrates mehr geben. Denn Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates bestehen nach § 87 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) nur, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht existiert.
Aber Achtung: Gesetzlich vorgeschrieben und damit der Mitbestimmung des Betriebsrates entzogen ist nur das "Ob" der Einführung eines Zeiterfassungssystems. Bei der konkreten Ausgestaltung und Durchführung dieses Systems gibt es aber durchaus Spielräume. Diese Ausgestaltung ist mitbestimmungspflichtig, hier ist also ein im Betrieb bestehnder Betriebsrat zu nach den Vorgaben des BetrVG zu beteiligen.
Wie sieht es beim Mobilen Arbeiten aus?
Die Pflicht zur Zeiterfassung besteht auch bei mobilem Arbeiten und im Homeoffice. Natürlich kann es nötig sein, für die Art und Weise der Erfassung spezielle Regelungen zu finden, weil etwa eine im Betrieb vorhandene Stechuhr nur vor Ort genutzt werden kann.
Erreichbarkeit außerhalb der normalen Arbeitszeiten und im Urlaub
Arbeitnehmer in Australien haben jetzt das Recht, in ihrer Freizeit nicht erreichbar zu sein.
Rechtliche Lage in Deutschland
Es gibt in Deutschland kein Recht, außerhalb der normalen Arbeitszeit nicht erreichbar zu sein.
Was sagt das Bundesarbeitsgericht BAG zur Nichterreichbarkeit?
Das BAG sieht grundsätzlich die Pflicht des Arbeitnehmers, Weisungen auch außerhalb der Arbeitszeit entgegenzunehmen. Voraussetzungen sind aber:
- Der Arbeitnehmer kann inhaltlich damit rechnen.
- Die Kenntnisnahme ist mit geringem zeitlichen Aufwand möglich.
Es braucht keine individual- oder kollektivvertragliche Vereinbarung für diese Nebenpflicht.
IHK-Tipp: Um Konflikte zu vermeiden, empfiehlt es sich, eine Klarstellung in den Arbeitsvertrag aufzunehmen. Diese muss klar und verständlich formuliert sein und außerdem für bestimmte, für den Arbeitnehmer verständliche Fälle begrenzt sein.
Auch empfiehlt es sich, eine Formulierung in Betriebsvereinbarungen zur Schichtarbeit aufzunehmen.
Muss ein Arbeitnehmer im Urlaub erreichbar sein?
Zu der Frage, ob Arbeitnehmer in ihrem Urlaub erreichbar sein müssen, gibt es bisher keine klärende Rechtsprechung.
- Zum Teil wird die Kontaktaufnahme im Urlaub als völlig unzulässig angesehen. Das hätte zur Folge, dass für Tage mit Arbeitsleistung der Urlaubsanspruch fortbesteht.
- Allerdings dürfte ein völliges Kontaktverbot im Widerspruch zu den Loyalitätspflichten des Arbeitnehmers zu stehen.
Wie sieht es mit dem Recht auf Nichterreichbarkeit auf europäischer Ebene aus?
Während es in Deutschland noch keine Regelung gibt, bestehen in anderen Staaten wie Frankreich, Portugal oder Belgien bereits solche.
Außerdem fordert eine Entschließung des Europäischen Parlaments vom 21.Januar 2021 von der Kommisssion, ein Recht auf Nichterreichbarkeit in einer Richtlinie zu regeln. Einen Entwurf gibt es bisher noch nicht. Allerdings hat die Kommission im dezember bekräftigt, dass eine Gesetzesinitiative eingeleitet wird.
Das Recht auf Nichterreichbarkeit (Right to disconnect) in der Praxis
Viele Unternehmen haben das Recht auf Nichterreichbarkeit auf betrieblicher Ebene geregelt. Auch im Rahmen von Tarifverträgen, beispielsweise zum mobilen Arbeiten, finden sich Regularien. Einige Arbeitgeber werben sogar damit, ihre Arbeitnehmer vor unfreiwilliger Erreichbarkeit zu schützen, indem sie abend die IT-Systeme abschalten.
Es gibt auch die Möglichkeit, mündliche Empfehlungen auszusprechen. Dies hat den Vorteil, dass dies mitbestimmungsfrei ist.