Ratgeber

Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld: Was sagt das Arbeitsrecht?

Für vorrübergehende Verringerungen des Arbeitsvolumens gibt es die Kurzarbeit: Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Arbeitszeit reduziert und der entstehende Entgeltausfall teilweise durch Kurzarbeitergeld ausgeglichen werden. So wird die Weiterbeschäftigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ermöglicht und Entlassungen werden vermieden.

Inhalt

Was ist Kurzarbeit?

Unter Kurzarbeit wird allgemein eine vorübergehende Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit verstanden. Mit der Verkürzung der Arbeitszeit reduziert sich auch die vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer zu zahlende Vergütung. Um den Lohnverlust des Arbeitnehmers auszugleichen, gibt es das konjunkturelle Kurzabeitergeld (Kug), das von der Agentur für Arbeit gezahlt wird. Die Auszahlung des Kug ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, deren Vorliegen im Vorfeld geprüft werden sollte.

Wie kann Kurzarbeit im Betrieb eingeführt werden?

Für die Einführung von Kurzarbeit sind rechtlich zwei Ebenen zu betrachten:

  • Reduzierung der Arbeitszeit (vorübergehende Änderung des Umfangs der Arbeitspflicht)
  • Bezug von Kurzarbeitergeld (Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen).

Zum einen muss mit jedem einzelnen betroffenen Arbeitnehmer eine Reduzierung der Arbeitszeit herbeigeführt werden. Achtung: Der Arbeitgeber ist nicht ohne Weiteres berechtigt, einseitig Kurzarbeit anzuordnen. Hierfür wird eine Grundlage benötigt, die sich ergeben kann aus

  • Tarifvertrag
  • Betriebsvereinbarung
  • einzelvertraglicher Vereinbarung.

Viele Tarifverträge enthalten Regelungen zur Kurzarbeit. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages kann bei unter dem im Tarifvertrag benannten Voraussetzungen Kurzarbeit angeordnet werden.

Wenn ein Betriebsrat vorhanden ist, kommt auch eine Betriebsvereinbarung nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) zur Regelung der Kurzarbeit in Betracht.

Wenn weder Tarifvertrag noch Betriebsvereinbarung einschlägig sind, kann die Kurzarbeit auch vertraglich mit dem einzelnen Arbeitnehmer vereinbart werden. Hier kommen grundsätzlich zwei verschiedene Konstruktionen in Betracht:

Vorbehalt im Arbeitsvertrag: Bereits im Arbeitsvertrag kann eine Klausel vereinbart werden, die den Arbeitgeber berechtigt, unter bestimmten Voraussetzungen einseitig Kurzarbeit anzuordnen.

Vereinbarung im konkreten Einzelfall: Wenn keine Anordnungsmöglichkeit für den Arbeitgeber bereits im Arbeitsvertrag vorhanden ist, muss eine Kurzarbeit im Einzelfall mit dem Arbeitnehmer vereinbart werden.

Was sind die Voraussetzungen für Kurzarbeitergeld?

Die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld (Kug) sind in den §§ 95 ff. des dritten Sozialgesetzbuches (SGB III) geregelt. Gemäß § 95 SGB III haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf Kurzarbeitergeld, wenn:

  • in einem Betrieb ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt,
  • in dem betroffenen Betrieb mindestens eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer beschäftigt ist,
  • die geforderten persönlichen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen und
  • der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit vom Betrieb oder der Betriebsvertretung unverzüglich schriftlich angezeigt wird.

Was ist ein erheblicher Arbeitsausfall?

Der Bezug von Kurzarbeitergeld setzt einen sogenannten "erheblichen Arbeitsausfall" voraus. Was ein erheblicher Arbeitsausfall ist, wird in § 96 SGB III definiert. Ein Arbeitsausfall ist demnach erheblich, wennn

  • er auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht,
  • er vorübergehend ist,
  • er nicht vermeidbar ist und
  • im jeweiligen Kalendermonat (Anspruchszeitraum) mindestens ein Drittel der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als 10 Prozent ihres monatlichen Bruttoentgelts betroffen ist; der Entgeltausfall kann auch jeweils 100 Prozent des monatlichen Bruttoentgelts betragen.

Alle diese Bedingungen müssen gleichzeitig erfüllt sein.

Was ist mit den einzelnen Merkmalen gemeint?

Wirtschaftliche Gründe oder unabwendbares Ereignis

Wesentliches Kriterium für einen möglichen Bezug von Kurzarbeitergeld sind die Gründe, die den Arbeitsausfall verursachen. Nicht jeder Arbeitsausfall führt zu einem Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Kurzarbeitergeld wird insbeondere dann nicht gezahlt, wenn der Arbeitsausfall branchen- beziehungsweise betriebsüblich oder saisonbedingt ist.

Wirtschaftliche Gründe liegen nach dem Gesetz vor, wenn der Arbeitsausfall durch eine Veränderung der betrieblichen Strukturen verursacht wird, die durch die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung bedingt sind (zum Beispiel Auftragsmangel, Auftragsstornierungen oder fehlendes Material).

Ein unabwendbares Ereignis kann ebenfalls zum Wegfall von Arbeit führen. Beispiele sind behördlich veranlasste Maßnahmen, außergewöhnlicher Witterungsverhältnisse (etwa: Hochwasser) oder ein Brand.

Vorübergehender Ausfall

Kurzarbeitergeld kann nur gezahlt werden, wenn der Arbeitsausfall vorübergehend ist. Das bedeutet, dass mit Vollarbeit in absehbarer Zeit gerechnet werden kann. Diese Annahme muss für die gesamte Dauer des Kurzarbeitergeldbezuges gelten.

Das Kurzarbeitergeld dient somit der Überbrückung einer Ausfallzeit. Arbeitgeber müssen folglich gegenüber der Agentur für Arbeit darlegen und begründen können, dass sie absehbar von einem Ende des Arbeitsausfalls ausgehen.

Eine genaue Dauer für den "vorübergehenden" Zeitraum definiert das Gesetz nicht. Das Ende des Ausfalls muss zumindest absehbar sein und die Zeiträume dürfen den möglichen Bezugszeitraum des Kurzarbeitergeldes jedenfalls nicht wesentlich überschreiten.

Nicht vermeidbarer Ausfall

Der Ausfall muss unvermeidbar sein.

Das bedeutet: Arbeitgeber müssen in erster Linie innerbetriebliche Maßnahmen in Betracht ziehen, bevor Kurzarbeitergeld beantragt werden kann. Gibt es möglicherweise andere Arbeiten, mit denen Arbeitnehmer vorübergehend beschäftigt werden könnten?

Wenn sich dadurch Kurzarbeit vermeiden lässt, müssen Ihre Beschäftigten auch zunächst Arbeitszeitguthaben abbauen oder Erholungsurlaub nehmen.

IHK-Praxistipp: In der Korrespondenz mit der Bundesagentur für Arbeit sollten Sie vor allem Mühe darauf verwenden, den erheblichen Arbeitsausfall mit allen seinen Merkmalen genau und nachvollziehbar zu schildern.

Persönliche Voraussetzungen

Kurzarbeitergeld können nur sozialversicherungspflichtig Beschäftigte beziehen.

Wichtig ist außerdem, dass das Vertragsverhältnis nach dem Bezug von Kurzarbeitergeld fortgesetzt werden muss. Das bedeutet, dass die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld sofort entfallen, wenn das Beschäftigungsverhältnis gekündigt wird.

Dabei ist es gleichgültig, ob die Kündigungserklärung vom Arbeitgeber oder vom Arbeitnehmer ausgeht.

Wie läuft das Verfahren?

Kurzarbeitergeld wird in einem mehrstufigen Verfahren bewilligt, berechnet und ausgezahlt. Diese Schritte folgen aufeinander:

  • Anzeige der Kurzarbeit
  • Anerkennungsbescheid durch Bundesagentur für Arbeit (BA)
  • Antrag auf Kurzarbeitergeld für jeweiligen Kalendermonat
  • Leistungsbescheid, Auszahlung
  • Abschlussprüfung durch BA.

Arbeitgeber können alle erforderlichen Schritte digital erledigen und etwa die dazugehörigen Abrechnungslisten direkt aus der Entgeltabrechnungssoftware übermitteln. Näheres bei der BA: Kurzarbeitergeld: Anzeige, Antrag und Berechnung

Anzeige der Kurzarbeit

Die Anzeige eines Arbeitsausfalls bei der Bundesagentur für Arbeit ist notwendigerweise der erste Schritt.

Achtung: Die Anzeige muss spätestens in dem Monat erfolgen, in dem die Kurzarbeit beginnt. Im Übrigen ist eine rückwirkende Zahlung von Kurzarbeitergeld ausgeschlossen.

Zuständig ist die Arbeitsagentur am Betriebssitz. Die Anzeige kann elektronisch erfolgen über dasFormular der Bundesagentur. Beim Ausfüllen sollten vor allem die Angaben zum Arbeitsausfall möglichst ausführlich erfolgen!

Bescheid der Bundesagentur für Arbeit

Nach Eingang der Anzeige prüft die Bundesagentur für Arbeit, ob die Voraussetzungen für Kurzarbeitergeld erfüllt sind. Soweit erforderlich, werden noch Rückfragen zum Sachverhalt gestellt.

Wenn die Voraussetzungen für Kug erfüllt sind, wird die Anzeige bewilligt. Sie können dann monatlich Kurzarbeitergeld auf der Basis des konkreten Arbeitsverringerung beantragen.

Monatlicher Antrag und Auszahlung

Wenn die reguläre Arbeitszeit aufgrund von Kurzarbeit reduziert wird, gilt für die Abrechnung folgendes:

Arbeitgeber zahlen an Ihre Arbeitnehmer lediglich die Vergütung, die auf die reduzierte Stundenzahl entfällt. Dabei kann die Arbeit nur soweit reduziert werden, wie auch tatsächlich ein unvermeidbarer Arbeitsausfall vorliegt. Schlimmstenfalls, bei einem umfassenden Arbeitsausfall, ist allerdings auch "Kurzarbeit null" denkbar, also eine Konstellation, in der gar keine Arbeit mehr geleistet wird.

Für jeden Monat müssen Arbeitszeitnachweise geführt werden und für die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden die reguläre Vergütung ausgezahlt werden. Gleichzeitig zahlen Sie in Vorleistung für die Bundesagentur für Arbeit das Kurzarbeitergeld für die Zeiten aus, in denen nicht gearbeitet werden konnte. Kurzarbeitergeld wird monatlich bei der Agentur für Arbeit für den jeweiligen Monat beantragt. Die Beantragung muss innerhalb von 3 Monaten nach Ende des abzurechnenden Monats erfolgen.

Der Antrag kann elektronisch erfolgen. Die Agentur für Arbeit stellt ein Formular für den Leistungsantrag und für die Kug-Abrechnungsliste zur Verfügung. Gängige Lohnabrechnungsprogramme können Leistungsantrag und Abrechnungsliste direkt erzeugen. Das auf Basis dieser Angaben berechnete Kurzarbeitergeld wird von der BA an den Arbeitgeber ausgezahlt, der dies zuvor bereits an die einzelnen Arbeitnehmer ausgezahlt hat.

Abschlussprüfung

Die Bewilligung von Kurzarbeitergeld erfolgt in jedem Fall nur vorläufig. Nach Abschluss der Kurzarbeit erfolgt in jedem Fall eine sogenannte Abschlussprüfung, um in einer Rückschau festzustellen, ob und in welcher Höhe tatsächlich ein Anspruch bestand.

Hintergrund ist, dass die Bewilligung des Kug aufgrund der bestehenden Notlage zunächst einmal möglichst schnell und unbürokratisch erfolgen soll. Eine genauere Überprüfung findet daher sinnvollerweise erst im Nachhinein statt.

IHK-Praxistipp: Die Abschlussprüfung muss in jedem Fall von gewährtem Kurzarbeitergeld erfolgen. Eine Aufforderung zur Einreichung von Unterlagen zwecks Abschlussprüfung bedeutet also nicht, dass bereits irgendwelche inhaltlichen Zweifel am Anspruch auf Kurzabeitergeld bestehen. Dennoch sollten Sie sorgfältig im Rahmen der Nachprüfung alle geforderten Angaben machen und Unterlagen zur Verfügung stellen.

Wie hoch ist das Kurzarbeitergeld?

Kug berechnet sich nach dem sogenannten "Nettoentgeltausfall": Es kommt darauf an, wieviel Nettoentgelt dem Arbeitnehmer durch die Verkürzung der Arbeitszeit entgeht. Dabei erfolgt die Berechnung anhand eines pauschalierten Nettoentgelts. Das pauschalierte Nettoentgelt wird auf der Basis eines pauschalen Sozialversicherungs- und Steuerabzugs in der jeweiligen Steuerklasse berechnet. Etwaige individuelle Merkmale, wie z. B. ein Freibetrag für Werbungskosten oder ähnliches bleiben unberücksichtigt. Die Bundesagentur für Arbeit stellt hierfür Berechnungstabellen zur Verfügung.

Das Kurzarbeitergeld beträgt 60 % des entfallenen pauschalierten Nettoentgelts.

Wenn mindestens ein Kind im Haushalt lebt, beträgt das Kurzarbeitergeld 67 % des entfallenen pauschalierten Nettoentgelts.

Wie lange wird Kurzarbeitergeld gezahlt?

Das Kurzarbeitergeld wird für den Zeitraum des Arbeitsausfalles gezahlt. Die Zahlung beginnt frühestens in dem Monat, in dem die Anzeige der Kurzarbeit bei der Bundesagentur für Arbeit eingegangen ist.

Die gesetzliche Bezugsfrist für Kurzarbeitergeld beträgt maximal 12 Monate gemäß § 104 Abs. 1 SGB III.

Achtung: Diese Bezugsfrist kann durch Verordnung verlängert werden. Von dieser Befugnis wurde aktuell Gebrauch gemacht und mit einer am 18.12.2024 beschlossenen Verordnung die maximale Bezugsdauer für das Arbeitslosengeld auf 24 Monate verlängert.

Wichtig: Die maximale Bezugsdauer gilt einheitlich für den gesamten Betrieb bzw. die von Kurzarbeit betroffene Abteilung.