IHK Ratgeber

Freiwilliger Nachhaltigkeitsberichtsstandard für kleine und mittlere Unternehmen

junge Menschen reichen sich die Hand
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Kleine und mittlere Unternehmen fallen zwar nicht unter die neue gesetzliche Nachhaltigkeitsberichtspflicht. Doch immer mehr Investoren, Banken, Kunden, Geschäftspartner, (zukünftige) Mitarbeiter und andere Stakeholder verlangen mehr Transparenz von Unternehmen über die Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit auf Umwelt und Gesellschaft. Ein neuer freiwilliger Nachhaltigkeitsberichtsstandard für KMU, der sogenannte "voluntary SME-Standard" (VSME) will auf diese Bedürfnisse eingehen.

Inhalt

Ziele: Brauchen kleine und mittlere Unternehmen einen freiwilligen Nachhaltigkeitsberichtsstandard?

Banken und Geschäftspartner fordern von KMU immer öfter Infos zur Nachhaltigkeit

  • KMU sind von der gesetzlichen Pflicht, einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen, nicht erfasst. Immer öfter fordern sie jedoch ihre Banken und Investoren, Geschäftspartner und Kunden auf, Nachhaltigkeitsinformationen bereitzustellen - teilweise in unterschiedlichsten Formaten und Ausführlichkeitsgraden.
  • Zudem entscheiden sich immer mehr Unternehmen, freiwillig einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen, um die damit verbundenen Chancen wahrzunehmen.

Europäische Kommission entwickelt freiwilligen Nachhaltigkeitsberichtsstandard VSME

Die Europäische Kommission hatte angekündigt, in 2024 einen freiwilligen Nachhaltigkeitsberichtsstandard für KMU durch die EFRAG entwickeln zu lassen. Die EFRAG hat den finalen Entwurf im Dezember 2024 an die EU Kommission übergeben.

Der sogenannte "Voluntary SME-Standard" (VSME) soll als freiwilliges Instrument

  • KMU Orientierung bieten und
  • sie in die Lage versetzen, ihre Nachhaltigkeitsziele und -projekte einfacher zu dokumentieren
  • und gegenüber den verschiedenen Stakeholdern zu kommunizieren.

Ziel des VSME ist es, die Informationsbedarfe zu adressieren, die sich z.B. im Rahmen von Auftrags- und Kreditvergaben oder aufgrund der Stellung von KMU in Lieferketten anderer Unternehmen ergeben (Trickle-Down-Effekt). Ein europaweiter Standard könnte – bei entsprechender Akzeptanz der Geschäftspartner – die Chance bieten, die mittelbare Belastung der nicht direkt berichtspflichtigen KMU einzudämmen.

VSME: Wie sieht der finale EFRAG-Entwurf für einen KMU-Standard aus?

Am 17. Dezember 2024 hat die EFRAG ihren finalen Entwurf für einen freiwilligen Standard zur Nachhaltigkeitsberichterstattung für kleine und mittlere Unternehmen (VSME) an die EU Kommission übermittelt.
Der Berichtsstandard richtet sich an alle kleinen und mittleren Unternehmen, die nicht in den Anwendungsbereich der CSRD fallen und dennoch freiwillig Nachhaltigsinformationen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehemnspolitik bereitstellen möchten.

Der EFRAG VSME-Entwurf gliedert sich in zwei Module:
(1) "Basic Module": Das Basismodul ist als Zielsetzung für Kleinstunternehmen und als Mindestanforderung für alle anderen kleinen und mittleren Unternehmen gedacht;
(2) "Comprehensive Module": Das umfassendere Modul legt zusätzlich zu den Offenlegungen des Basismoduls weitere Datenpunkte fest, die erfahrungsgemäß häufiger von Banken, Anlegern und Großkunden abgefragt werden.

Erklärtes Ziel der beiden Module ist es, dass sie einen wesentlichen Teil der angefragten Informationen von Geschäftspartnern wie Banken, Investoren und Großunternehmen, die KMU derzeit erhalten, abbilden.

Überblick über die beiden Module des VSME

Basic Module (12 Offenlegungspflichten )Comprehensive Module
  
B1 - Grundlegende InformationenC1 - Strategie & Nachhaltigkeit
B2 - Relevante Richtlinien & PraktikenC2 - Beschreibung relevanter Richtlinien & Praktiken
Umwelt: 
B3 - Energie und TreibhausgasemissionenB3 um Scope 3 Emissionen ergänzen
C3 - GHG Reduktionsziele und Klimatransition
C4 - Klimarisiken
B4 - Verschmutzung von Luft, Wasser und Boden 
B5 - Biodiversität 
B6 - Wasserverbrauch und -entnahme 
B7 - Materialverbrauch, Kreislaufwirtschaft und Abfallmanagement 
Soziales: 
B8 - Eigene BelegschaftC5 Ergänzende Informationen zur Belegschaft
C6 Richtlinien und Praktiken mit Blick auf die Menschenrechte
C7 Schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen
B9 - Arbeitssicherheit und Gesundheit 
B10 - Entlohnung, Tarifverhandlungen, Training 
Unternehmenspolitik: 
B11 - Verurteilungen und Geldstrafen wegen Korruption und BestechungC8 Erlöse aus kritischen Sektoren
 C9 Gender Diversity in Leitungsebene
VSME: Welches Modul stellt welche Anforderungen?

DIHK Stellungnahme zum VSME für die EFRAG Konsultation

Der Entwurf für einen VSME stand bis zum 21. Mai 2024 zur Konsultation. Die DIHK hatte eine Stellungnahme zum Entwurf des VSME eingereicht, die Sie hier finden.

Zentrale Punkte der DIHK Stellungnahme:

Der sogenannte Trickle-down-Effekt und damit die Belastung der KMU durch die europäische wie nationale Regulierung, u. a. auch durch die sog. Nachhaltigkeitsberichterstattung, ist hoch. Es bedarf weiterhin der Nachbesserungen auf europäischer Ebene, um die aus überwiegender Sicht unverhältnismäßige direkte und indirekte Berichtspflicht einzudämmen. U. a. sollte ein praktikables, nachgebessertes VSME-Basis-Modul als Value Chain Cap in die europäische Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie aufgenommen und auch von der Europäischen Fi-nanzaufsicht berücksichtigt werden.

Der VSME muss daher zum einen den Informationsbedarf der berichtspflichtigen Geschäftspartner und Finanzinstitute erfüllen. Zum anderen müssen KMU die geforderten Informationen auch unter verhältnismäßigem Aufwand erheben können. Für einen praktikablen freiwilligen KMU-Standard bedarf es verschiedener Nachbesserungen am Entwurf des VSME, wie in der DIHK Stellungnahme ausführlich beschrieben.

Nächste Schritte: Wie geht es weiter?

Die EFRAG hat Ende 2024 den finalen Entwurf des VSME an die EU Kommission übergeben.

Da es sich beim VSME um einen freiwilligen Berichtsstandard handelt, wird er im Gegensatz zu den ESRS (European Sustainability Reporting Standards) nicht als delegierter Rechtsakt von der Europäischen Kommission erlassen. Ob der VSME in 2025 von der EU Kommission zur Konsultation gestellt wird oder etwa gleich als Mitteilung der Europäischen Kommission in allen EU-Amtssprachen im EU-Amtsblatt veröffentlicht wird, ist derzeit noch ungewiss.

Die EFRAG hat bereits angekündigt, in 2025 Unterstützungsmaterialien zum VSME zu veröffentlichen und öffentliche Veranstaltungen durchzuführen, um die Anwendung des Berichtstandards zu unterstützen.