Klimawandel: Impulse für eine Anpassung setzen
Der Klimawandel kann durch die Reduzierung von THG-Emissionen abgemildert, jedoch nicht völlig vermieden werden. Er wirkt sich bspw. durch Hochwasser, langanhaltende Trockenperioden oder eine Verschiebung der Jahreszeiten bereits heute auf Unternehmen verschiedenster Branchen aus. In der Land- und Wasserwirtschaft, der Holz- und Ernährungsindustrie, im Weinbau und Tourismus sind die Folgen des Klimawandels bereits Realität. Aber auch das produzierende Gewerbe ist betroffen. Dort gilt es, Lieferketten zu sichern, Arbeitnehmer zu schützen oder Betriebs- und Produktionsstätten anzupassen.
Damit die Betriebe ihre Prozesse und Dienstleistungen rechtzeitig an veränderte Bedingungen anpassen, muss das Bewusstsein für mögliche Anpassungsbedarfe geschaffen werden. Zudem müssen marktwirtschaftliche Anreize gesetzt werden, notwendige Anpassungen frühzeitig einzuleiten. Bislang mangelt es auf staatlicher Seite an Angeboten mit regionalem Bezug, z. B. in Form von Muster-Klimaanpassungsstrategien, aus denen die Unternehmen ihre individuelle Betroffenheit ableiten könnten. Auch kann der Ausbau branchenspezifischer Aktionspläne, staatlicher Beratungs- und Förderangebote zur praktischen Umsetzung beitragen.
Als IHK setzen wir uns daher bei der Politik u. a. für mehr Impulse für eine betriebliche Anpassung an den Klimawandel ein.
Wie die Prüfung von Klimawandelfolgen sowie die Erarbeitung eines betrieblichen Konzeptes zur Anpassung an den Klimawandel aussehem kann, schildert Sabine Floßmann, Leiterin der Marketingabteilung der Bayerischen Oberlandbahn GmbH (BOB).
Bayerische Oberlandbahn GmbH: Klimawandelfolgen systematisch erfassen und frühzeitig angehen
Als privates Nahverkehrsunternehmen betreibt die Bayerische Oberlandbahn GmbH (BOB) seit über 20 Jahren verschiedene Zugverbindungen im Zentrum Bayerns. Seit 2013 ist sie für den Betrieb des „Meridian“ zuständig, der auf einer Strecke von 260 km mit 35 Zügen 13 Millionen Fahrgäste pro Jahr von München über Holzkirchen und Rosenheim bis nach Salzburg und Kufstein transportiert. Als Folge des Klimawandels wird für die „Meridian“-Region bis zur Jahrhundertmitte ein durchschnittlicher Temperaturanstieg von 3 - 4 °C vorhergesagt. In diesem Zuge ist ein Anstieg von Sommer- und Hitzetagen sowie Extremwetterereignissen zu erwarten. Das kann sich auf verschiedene Weise auf den Betrieb des „Meridian“ auswirken.
Um die konkreten Folgen besser abschätzen und entsprechend darauf reagieren zu können, befasste sich die BOB gemeinsam mit der LMU München und dem bifa Umweltinstitut mit potentiellen Risiken aber auch mit den Chancen des Klimawandels und dem daraus resultierenden Handlungsbedarf. Das Projekt mündete in ein Klimaanpassungskonzept für den „Meridian“, das verschiedene Handlungsfelder sowie 53 konkrete Anpassungsmaßnahmen umfasst.
Als Eisenbahnunternehmen sind wir Teil einer Branche, der eine Schlüsselrolle beim Klima- und Umweltschutz zukommt. Wir können und müssen also dazu beitragen, unsere schöne Natur erfolgreich zu schützen und die Stabilität unseres Klimas aufrechtzuerhalten. Dabei ist es für uns besonders wichtig, unsere Maßnahmen zum Klima- und Umweltschutz konsequent an die sich stetig ändernden Rahmenbedingungen anzupassen. Dazu gehört auch, den nicht mehr abwendbaren Teil des Klimawandels und dessen Folgen mitzudenken und Strategien zu entwickeln, damit umzugehen. Nicht nur, um wettbewerbsfähig zu bleiben, sondern auch, um unseren Fahrgästen in Zeiten klima- und umweltbedingter Krisen bessere Alternativen zur Fortbewegung zu bieten.
Zu allererst liegt das Hauptaugenmerk unserer Anstrengungen im Bereich Klima und Umwelt darauf, zu Erhaltung und Schutz unseres Lebensraums beizutragen. Denn davon hängt schlussendlich nicht nur die Grundlage jeden Lebens, sondern auch des Wirtschaftens selbst ab. Unsere Meridianzüge fahren bspw. bereits elektrisch und leisten damit einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz. Darauf ruhen wir uns aber nicht aus. So treiben wir gemeinsam mit der Politik die Elektrifizierung all unserer Strecken im Bayerischen Oberland, auf denen unsere Züge der Marke „BOB“ verkehren, sukzessive voran. Gemeinsam mit unserer Auftraggeberin – der Bayerischen Eisenbahngesellschaft mbH (BEG), die den Regional- und S-Bahn Verkehr in Bayern plant, finanziert und kontrolliert – haben wir ferner erreicht, dass unsere „BOB“-Züge während des noch laufenden Verkehrsvertrags durch neue, klimaschonendere Züge ersetzt werden.
Da sich das Klima jedoch bereits gewandelt hat, war für uns klar, dass Maßnahmen zum Klimaschutz mittelfristig nicht ausreichen würden. Auch in schwierigen Klima-Zeiten wollen wir unseren Kunden unsere Dienstleistung stets in gewohnt hoher Qualität anbieten können. Wir entschieden uns daher dafür, uns der Thematik der Anpassung an den Klimawandel systematisch zu nähern.
Gemeinsam mit dem bifa Umweltinstitut und der LMU München haben wir uns zum Ziel gesetzt, uns auf den Klimawandel mit geeigneten und eigens für den „Meridian“ konzipierten Strategien einzustellen. Ein besonderer Erfolgsfaktor bei der Entwicklung des Konzepts bestand in der engen Einbindung aller Mitarbeitenden sowie weiterer Akteure aus der gesamten Wertschöpfungskette. Über verschiedene Wege wurden die spezifischen Sichtweisen, Einstellungen und Erwartungen, das Know-how und insbesondere auch die Maßnahmenfantasie der Akteure genutzt und kooperierende Unternehmen in den Prozess integriert. So wurde sichergestellt, dass die Maßnahmen in der Praxis direkt anwendbar sind.
Entstanden ist ein beeindruckendes Portfolio mit zahlreichen Maßnahmen. Darunter finden sich nicht nur solche, die langfristig umsetzbar sind, sondern auch eine Reihe von Maßnahmen, die im Kleinen beginnen. Mit dem Klimaanpassungskonzept haben wir beim „Meridian“ ein wertvolles Instrument entwickelt, den unvermeidbaren Folgen des Klimawandels mit innovativen, praktischen Maßnahmen zu begegnen.
Die Maßnahmen sind vielfältig und reichen von verbesserter Reisendeninformation über die Nutzung von Big Data und Qualifizierung der Mitarbeitenden für Extremwettersituationen bis hin zu Stärkung des Sharing Gedankens und der Weiterentwicklung der Verkehrsmittel zur Überwindung der „letzten Meile“.
Alle Klimaanpassungsmaßnahmen, die allein in unserer Hand liegen, sind schnell und unkompliziert auf Machbarkeit überprüfbar und in der Regel umsetzbar. So bspw. die interne Kommunikation an alle Mitarbeitenden im Fahrbetrieb bei Extremwettersituationen. Wir nutzen hierfür bereits spezifische Verteilerlisten, über die unsere Betriebsleitzentrale solche Informationen zielgruppengerecht versenden kann.
Schwieriger wird es bei Maßnahmen, bei denen zahlreiche Akteure involviert sind und die Koordinierung der Umsetzungsschritte naturgemäß komplexer und vielschichtiger wird. Wir tauschen uns hierzu regelmäßig aus und forcieren Verbesserungen in der Zusammenarbeit und Umsetzbarkeit – so zum Beispiel bei der gesamten Thematik rund um Infrastrukturmaßnahmen, wie dem Grünschnitt und der Freilegung von Wasserabläufen entlang der Zugstrecken. Hierfür ist die DB Netz AG zuständig. Sie muss eine widerstandsfähige Infrastruktur für den Zugbetrieb erhalten. Angesichts von Extremwetterlagen in Zeiten des Klimawandels ist das eine Herausforderung, auf deren konsequente Umsetzung wir allerdings drängen.
Ohne Unterstützung unserer Partner wäre das Projekt an sich nicht möglich gewesen, weswegen wir den Förderern äußerst dankbar sind. Es reicht jedoch unserer Ansicht nach nicht aus, nur die Initialzündung, also die Aufstellung eines Projekts an sich zu unterstützen. Idealerweise begleiten Projektpartner weiter, inklusive Monitoringmaßnahmen, um das Projekt bei erwiesener Wirksamkeit in die Tat umsetzen zu können. Ein umfassenderer Förderansatz, der alle Schritte der Entwicklung und Umsetzung der Klimaanpassungsstrategie eines Betriebes – oder auch einer Branche oder Region – mitdenkt, wäre hier wünschenswert.
Es war ein entscheidender Schritt, die notwendigen Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel zu identifizieren. Denn diese Maßnahmen bergen nicht nur das Potential für einen zukunftsfähigen Betrieb – ihre Umsetzung bildet die Grundvoraussetzung dafür. Das Potential ist somit groß, jedoch ist schnelles Handeln unverzichtbar.
Schnell zu handeln ist also nicht nur beim Klimaschutz geboten, sondern auch bei der Einleitung und Durchführung von Anpassungsmaßnahmen. Und noch wichtiger: wir müssen gemeinsam anpacken. Jeder Einzelne, jedes Unternehmen und jede Institution, sollte sich als Teil des großen Ganzen begreifen. Nur so kann es gelingen, Maßnahmen zur Anpassung an sich wandelnde klimatische Umstände durchzusetzen aber vor allem auch unmittelbar in den Wandel einzugreifen.
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