CETA

Ein Riesenmarkt öffnet sich

Die Medizintechnik- und Pharmabranche erwartet vom Handelsabkommen mit Kanada neue Impulse – vor allem weil sich Normen angleichen und die Bürokratie abnimmt. MONIKA HOFMANN

Pill with Canadian flag wrapped around it and red ball inside, 3d illustration
© fabioberti.it

Kanada ist ein weitläufiges Land. „Gerade ländliche Gebiete, die über keine flächendeckende medizinische Versorgung verfügen, sind für uns als Zielregionen geeignet“, sagt Erich Helgert, Geschäftsführer und Mitgründer der VitaSoniK Production UG in Geretsried. Der 50-jährige Firmenchef engagiert sich daher mit seinem Unternehmen in Kanada.

Das patentierte VitaSoniK-System ermöglicht es, mit Ultraschall die natürlichen Prozesse der Mikroblutzirkulation, der Sauerstoffsättigung und des Lymphflusses zu stärken – nicht nur in ärztlichen oder physiotherapeutischen Praxen, Sportkliniken und Gesundheitsinstituten, sondern auch zu Hause. Die Produkte sind handlich, transportabel und kabellos. „Vor allem bei Entzündungen, Schnittwunden, Prellungen und Schwellungen können wir somit auch den Menschen helfen, die keine Praxen in ihrer unmittelbaren Nähe haben“, so der Geschäftsführer.

Von dem kürzlich beschlossenen Handelsabkommen der EU mit Kanada erwartet Helgert in erster Linie eine Erleichterung: die Anerkennung der europäischen Normen CE/MED CE auch in Kanada. „Dies würde allen Unternehmen, die Produkte in Deutschland herstellen, egal, ob in medizinischen oder anderen Bereichen, erhebliche Kosten ersparen“, ist er überzeugt. Bislang müssen aufwendige Konformitätsbewertungen erfolgen – nicht nur auf europäischer, sondern auch auf kanadischer Ebene. Zusätzlich rechnet Helgert gerade bei der Zollabwicklung seiner Importe nach Kanada mit beachtlichen Erleichterungen.

„In erster Linie profitieren die exportstarken kleinen und mittleren Firmen in Bayern, die Kanada als Zielregion haben, von dem neuen Handelsabkommen CETA“, bestätigt Ina Knausenberger, Außenhandelsexpertin der IHK für München und Oberbayern. Deshalb begrüßt sie es besonders, dass Mitte Februar auch das Europäische Parlament in Straßburg mit großer Mehrheit dem Abkommen zustimmte.

Vor allem für die Branchen Medizintechnik und Pharma, Telekommunikation, Finanzen, Beratungsleistungen, Umweltdienste, Containerschifffahrt und Baggerarbeiten bringt das Abkommen neues Wachstumspotenzial. Zusätzliche Chancen bietet auch die öffentliche Vergabe, für die Kanada nun EU-Firmen weitgehend zulässt. Denn der umfangreiche Vertrag regelt neben dem Zollrecht und dem Investorenschutz zahlreiche weitere Themen, wie den Zugang zur öffentlichen Beschaffung oder zu Dienstleistungsmärkten. Zudem erleichtert er das Entsenden von Fachkräften.

Positive Perspektiven sieht auch der Geschäftsführer des bundesweiten Forums MedTech Pharma in Nürnberg, Matthias Schier, in CETA – gerade für die Medizintechnik- und Pharmabranche. Denn mit Gesundheitsausgaben von etwa elf Prozent des Bruttoinlandsprodukts gehöre Kanada zu den attraktiven Absatzmärkten für Produkte der Gesundheitsbranche, so der Experte. Das Land investiere derzeit sehr stark in die Digitalisierung des Gesundheitssektors. „Da deutsche Unternehmen gerade in diesem Hightechbereich der Gesundheitswirtschaft führend sind, wirkt sich der Abbau von Handelshemmnissen hier besonders positiv aus“, so Schier. Insbesondere zwei Faktoren erleichtern künftig den Handel mit Medizin- und Pharmaprodukten: Zum einen eröffnet der verbesserte Zugang zum Beschaffungsmarkt kanadischer Krankenhäuser neue Chancen für die hiesigen Firmen. Zum anderen unternimmt CETA einen ersten Schritt, Zertifikate gegenseitig anzuerkennen. So wachen in Europa Behörden darüber, dass die Arzneimittel- und Wirkstoffanbieter bei der Herstellung die Grundsätze einer guten Herstellungspraxis, englisch: Good Manufacturing Practice (GMP), befolgen. Ebenso gibt es in Kanada Zertifikate, die ähnliche Anforderungen beinhalten. „Mit CETA können jetzt die Handelspartner einen Prozess zur weiteren Harmonisierung der Zulassungssysteme auf den Weg bringen, der letztlich dafür sorgt, dass Innovationen aus deutschen Medizintechnikfirmen schneller bei Patienten in Kanada ankommen“, so Schier.