Harter Brexit und Zoll
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Einleitung
Der freie Warenverkehr ist eine der großen Errungenschaften des EU-Binnenmarktes, von dem Unternehmen und Verbraucher in der EU profitieren. Mit dem "harten" Brexit verlässt das Vereinigte Königreich (VK) nicht nur die EU, sondern auch den gemeinsamen Wirtschaftsraum der EU-Mitgliedstaaten ohne entsprechendes Regelwerk. Den freien Warenverkehr wird es zwischen der EU und dem VK in seiner gewohnten Form nach dem Brexit nicht mehr geben.
Auch wenn die konkreten Folgen für den Warenhandel derzeit noch unklar sind, können Unternehmen einige Punkte für ihr künftiges VK-Geschäft klären und entsprechende Vorbereitungen treffen. Denn ab dem Austritt werden in jedem Fall Zollformalitäten zu beachten sein, die momentan im Handel mit Großbritannien als Mitgliedstaat der EU nicht anfallen.
Die Generaldirektion Steuern und Zoll der Europäischen Kommission (GD TAXUD), Unternehmen hat in Vorbereitung auf ein mögliches "No-Deal"-Brexit-Szenario umfangreiches Informationsmaterial zur Verfügung gestellt. Hierzu gehören u. a.:
- Die deutschsprachige Website der GD TAXUD „Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU“
- Die deutschsprachige „Brexit-Checkliste für Unternehmen“
- Der deutschsprachige Zollleitfaden für Unternehmen „Vorbereitung auf den Brexit“
Für Fragen rund um diese Publikationen stehen Herr Edson Ramos (edson.ramos@ec.europa.eu) und Herr Momchil Sabev (momchil.sabev@ec.europa.eu) aus dem Kommunikationsteam von GD TAXUD zur Verfügung.
Auf der o. g. Website der GD TAXUD sind zudem folgende, spezifischere Leitfäden und Fallszenarien zum Thema Zoll zu finden:
- Leitfaden „Austritt des Vereinigten Königreiches und Zollfragen im Falle eines Austritts ohne Abkommen“ (Deutsch, März 2019)
- Business Scenario für „Transitverfahren im Falle eines Austritts des Vereinigten Königreich“ (Englisch, März 2019)
- Business Scenario für „Ausfuhrverfahren im Falle eines Austritts des Vereinigten Königreiches“ (Englisch, März 2019)
Die IHK-Checkliste “Are you ready for Brexit“ gibt über Zoll- und Steuerthemen hinaus Hinweise zu Vorbereitungsmaßnahmen in anderen Bereichen wie etwa Transport, Finanzdienstleistungen, gewerbliche Schutzrechte und Normen oder auch REACH.
Zoll- und Außenwirtschaftsrecht
Derzeit gehört Großbritannien noch zum Zollgebiet der Union. Der Warenverkehr in der EU, auch bekannt als Binnenmarktverkehr, ist grundsätzlich frei. Die zu beachtenden Rechtsgrundlagen für das VK-Geschäft werden sich durch den Austritt Großbritanniens aus der EU ändern.
Seitens der EU wird der Zollkodex der Europäischen Union, kurz Unionszollkodex (UZK), mit den dazugehörigen Durchführungsvorschriften die Wareneinfuhr von Großbritannien in die EU und die Warenausfuhr aus der EU nach Großbritannien regeln.
Nach dem harten Brexit sind Lieferungen nach Großbritannien Warenausfuhren, denn die Ware wird aus dem Zollgebiet der Union in ein Drittland verbracht. Im umgekehrten Fall, also bei Lieferungen aus Großbritannien in die EU, spricht man von Wareneinfuhren. Bei Warenausfuhren und Wareneinfuhren ist das EU-Recht zu beachten. Unternehmen müssen daher neben dem UZK noch weitere Rechtsvorschriften, wie zum Beispiel die EG-Embargo-Verordnungen und die EG-Dual Use-Verordnung, berücksichtigen.
Zu Vorbereitung der Exporteure in der EU hat die Kommission in ihrer Marktzugangsdatenbank detaillierte Informationen über die Regeln veröffentlicht, die das Vereinigte Königreich für seine Einfuhren aus der EU im Falle eines „No Deal“-Szenarios anwenden würde.
Die Briten haben im September 2018 ein eigenes Zollgesetz, das Taxation (Cross-border Trade) Act (TCBTA), verabschiedet. Die zollrechtlichen Aspekte des TCBTA basieren auf dem UZK. Gleichwohl könnten zukünftig vom Unionszollrecht abweichende Vorschriften erlassen werden. Während einer möglichen Übergangsphase werden der UZK sowie die entsprechenden Durchführungsvorschriften weiterhin ihre Gültigkeit behalten. Erst mit dem Ende der Übergangsphase wird der TCBTA seine Wirksamkeit entfalten. Im Falle eines no deal Szenarios aber, kann auch die Übergangsphase nicht in Kraft treten. Dann sind die neuen Zollbestimmungen schon ab dem 1. November 2019 anzuwenden.
Die britische Regierung hat zudem einenvorübergehenden Zolltarif und eineneigenen Zolltarif (WTO-Schedule) veröffentlicht. Im Falle eines harten Brexit soll zunächst für einen Zeitraum von 12 Monaten der vorübergehende Zolltarif in Kraft treten, wodurch die meisten Einfuhrzölle für diesen Zeitraum gesenkt werden. Gemäß den Regeln der Welthandelsorganisation gelten die vorübergehenden Zollsätze nicht nur für Waren aus der EU, sondern für alle Drittstaaten. Die Mehrzahl der Waren könnte zollfrei ins Vereinigte Königreich eingeführt werden. Auf bestimmte Waren werden jedoch Zölle erhoben, wie zum Beispiel bei Fahrzeugen.
Außerdem können sich britische Unternehmen seit dem 7. Februar 2019 für ein vereinfachtes Einfuhrverfahren für Waren aus der EU registrieren. Das Verfahren sieht vor, dass zunächst auf die vollständige Einfuhranmeldung sowie Zollzahlungen verzichtet werden kann. Stattdessen sollen alle notwendigen Zollformalitäten zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden können (weitere Informationen zum vereinfachten Einfuhrverfahren der Briten).
Großbritannien und die Freihandelsabkommen der EU: Nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU verlieren alle Freihandelsabkommen, die zwischen der EU und Drittstaaten bestehen, sowie weitere handelsbezogene Abkommen grundsätzlich ihre Gültigkeit in Bezug auf Großbritannien.
Welche neuen Freihandelsabkommen bei einem Austritt ohne Abkommen zur Anwendung kommen, finden Sie auf der Internetseite des britischen Handelsministeriums: Liste Handelsabkommen Roll-Over
Zollformalitäten
Unternehmen, die Handelsbeziehungen zum Vereinigten Königreich unterhalten, müssen ihre Waren, im Falle eines harten Brexit ab 1. November 2019 beim Zoll anmelden.
Zollanmeldungen sind notwendig, um einen sicheren und effizienten globalen Handel gewährleisten zu können. Gleichzeitig beanspruchen Zollanmeldungen aber natürlich Ressourcen im Unternehmen, da sie gut vorbereitet und fristgerecht eingereicht werden müssen. Viele Firmen, die ihre Waren nur in Staaten der EU exportieren, sind mit solchen Zollformalitäten nicht vertraut und sollten sich rechtzeitig informieren über:
- die EORI-Nummer
EORI (Economic Operators Registration and Identification System) ist ein EU-weites System zur eindeutigen Registrierung und Identifizierung von Unternehmen und Privatpersonen gegenüber der Zollverwaltung. - die Warennummer
Jeder Ware ist eine bestimmte Nummer zugeordnet. Anhand der Warennummer werden u.a. die Zollsätze bei der Einfuhr festgelegt, aber auch Ein- und Ausfuhrbeschränkungen und die jeweils erforderlichen Dokumente. - den konkreten Ablauf der Zollanmeldung
Sowohl bei der Ausfuhr aus der EU als auch bei der Einfuhr in die EU muss die Ware beim Zoll angemeldet werden. Zollanmeldungen werden in der Regel elektronisch abgegeben. - den zu erwartenden Zollsatz
Im Fall des „Harten Brexit“ wird der Handel zwischen dem VK und der EU nach den WTO-Regeln erfolgen und es ist mit entsprechenden Zöllen zu rechnen. Die britische Regierung hat den Zolltarif (WTO-Schedule) veröffentlicht, der nach dem Brexit für die Einfuhr von Waren aus Drittstaaten in das Vereinigte Königreich gelten soll. Der britische Zolltarif entspricht weitgehend dem EU-Zolltarif. Tritt das Vereinigte Königreich am 31. Oktober 2019 ohne Abkommen aus, gilt der britische Zolltarif ab 1. November 2019. - Verbote und Beschränkungen
Lieferungen in das VK unterliegen künftig der europäischen/nationalen Exportkontrolle. EU Kommission hat Ende 2018 einen Vorschlag für eine Verordnung zur Aufnahme des Vereinigten Königreichs in die Liste der Staaten, für die EU-weit eine allgemeine Ausfuhrgenehmigung für die Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck gilt, angenommen.
Da das VK Drittlandstatus haben wird, sind nationale britische Vorschriften über die Verkehrsfähigkeit und mengenmäßige Beschränkungen von Produkten bei der Einfuhr ins VK und deutsche/europäische Vorschriften der Exportkontrolle beim Export in das VK zu berücksichtigen.
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausführkontrolle (BAFA) informiert auf seiner Homepage zu allen exportrechtlichen Fragen in Zusammenhang mit dem Brexit (ohne ein Austrittsabkommen).
Auch das Department for International Trade hat eine Guidance im Brexit zum Brexit veröffentlicht. - die vorübergehende Ausfuhr von Waren
Das UK nimmt am Carnet A.T.A.-Verfahren teil. Sobald es eine Zollgrenze zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU gibt, ist das Carnet ein optimales Instrument zur vereinfachten Zollabfertigung für die vorübergehende Verwendung von Waren, für beide Richtungen. Das UK erlaubt die Einfuhr mit einem Carnet A.T.A. für folgende Waren: Berufsausrüstung, Ausstellungen und Messen, Warenmuster und wissenschaftliche Geräte. - Alle Infomationen zum thema Carnet A.T.A. finden Sie hier
Ursprungsregeln: Präferenznachweise und Präferenzkalkulation
Die EU hat mit verschiedenen Drittstaaten Präferenzabkommen abgeschlossen, die besagen, dass beim Export von Waren mit entsprechenden Präferenznachweisen keine oder nur geringe Zölle anfallen. Wichtig ist, dass sich die Präferenzabkommen nur auf Ursprungswaren der Abkommenspartner beziehen. Der Ursprung der Waren wird durch den sogenannten Präferenznachweis belegt.
Innerhalb des Europäischen Binnenmarktes können Unternehmen Vormaterialien aus anderen EU-Staaten für die Produktion einsetzen und sie in die Präferenzkalkulation als Vormaterial mit Ursprungseigenschaft einbeziehen. Mit Eintritt des harten Brexit zählt britisches Vormaterial nicht mehr als Vormaterial mit Ursprungseigenschaft.
Achtung: Die Europäische Kommission vertritt den Standpunkt, dass
- UK-Ursprungswaren, die vor dem Brexit-Tag in die EU geliefert wurden, nach dem Brexit automatisch ihre Eigenschaft als (Vor-)Material mit EU-Ursprungseigenschaft verlieren und zu (Vor-) Material ohne EU-Ursprungseigenschaft werden.
- Dies schließt eine rückwirkende Anwendung ein: UK-Lagerware, die sich z.B. seit mehreren Jahren im Gebiet der EU-27 befindet, ist ab dem Brexit-Tag nicht länger für den Präferenzhandel mit EU-FHA-Partnerländern qualifiziert bzw. trägt bei Be- oder Verarbeitungsprozessen nicht länger zum Erreichen des EU-Präferenzursprungs bei.
Unternehmen, die im Vereinigten Königreich hergestellte Vormaterialien in der Produktion einsetzen und entweder Freihandelsabkommen nutzen oder Lieferantenerklärungen ausstellen, sollten daher die Vormaterialen genau unter die Lupe nehmen und ihren Wert und Anteil ermitteln. In manchen Fällen kann es sich anbieten, sich eventuell nach anderen (europäischen) Bezugsquellen umzusehen.
Beispiel: Ein europäischer Autobauer möchte Autos in ein Land mit Freihandelsabkommen liefern – z.B. die Schweiz.
Damit der Autobauer keinen Zoll zahlen muss – in der Schweiz wären das 12 Franken/100 Kilo – will er das Freihandelsabkommen zwischen der EU und der Schweiz nutzen. Das Abkommen sieht vor, dass Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft höchstens 40 Prozent ausmachen dürfen.
Die Vormaterialien des Autobauers kommen aus Deutschland, Österreich, Großbritannien und China. Nun muss das Unternehmen eine Ursprungskalkulation durchführen:
Vor dem Brexit | Nach dem Brexit |
---|---|
UK in der EU | UK nicht mehr in der EU |
Vormaterialien: | Vormaterialien: |
25 % Deutschland | 25 % Deutschland |
10 % Österreich | 10 % Österreich |
40 % UK | 40 % UK |
25 % China | 25 % China |
Also: 25 % Vormaterial ohne Ursprungseigenschaft | Also: 65 % Vormaterial ohne Ursprungseigenschaft |
Ergebnis: Ware ist präferenzberechtigt | Ergebnis: Ware ist nicht präferenzberechtigt |
Zollsatz = 0 % | Zollsatz = 12 Franken/100 Kilo |
FAQ zu Brexit und Zoll
Neben der Einführung von Zollabwicklungen und dem zusätzlichen Aufwand bei der Beschaffung von Ursprungsnachweisen hat ein Ende des freien Warenverkehrs folgende Konsequenzen:
· Die Anerkennung gemeinsamer Normen und Standards, wie sie in der EU gilt, ist nicht mehr gewährleistet.
· Es kann aufgrund der Zollformalitäten und Grenzkontrollen zu längeren Lieferzeiten beim Handel zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich kommen.
· Die bisherige Umsatzsteuerregelung wird sich beim Handel mit Großbritannien ändern, da das Vereinigte Königreich zum Drittland wird.
Mehr zu Brexit und Steuern
Sofern der Wert der Sendung 1.000 Euro bzw. eine Eigenmasse von 1.000 Kilogramm nicht übersteigt und die Waren keinen Verboten, Beschränkungen oder sonstigen besonderen Förmlichkeiten bei der Ausfuhr unterliegen oder die Gewährung von Ausfuhrerstattung oder anderen Beträgen oder die Erstattung von Abgaben nicht vorgesehen ist, kann die Sendung mündlich direkt bei der Ausgangszollstelle angemeldet werden.
Für die Einfuhr in die EU ist eine schriftliche Zollanmeldung ab einem Zollwert in Höhe von 22 Euro erforderlich.
Ja. Es gibt verschiedene Verfahrenserleichterungen, die auch im Zusammenhang mit dem Vereinigten Königreich nach dem Brexit gewährt werden können. Zum Beispiel „Zugelassener Versender“ oder „Zugelassener Wirtschaftsbeteiligter (AEO)“.
Achtung: Für die Inanspruchnahme einer Vereinfachung ist grundsätzlich eine Bewilligung seitens des Zolls notwendig.
Als zugelassener Versender können Versandvorgänge im Versandverfahren durchgeführt werden, ohne dass der Abgangsstelle die Waren gestellt und die entsprechende Versandanmeldung vorgelegt werden müssen.
Weit reichendere Vorteile bietet der AEO-Status. Dazu gehören:
· Mitteilung bereits nach Abgabe der summarischen Anmeldung, ob die Sendung kontrolliert wird
· keine sicherheitsrelevanten Daten in der Ausfuhranmeldung notwendig
· vorrangige Behandlung, wenn Kontrollen vorgenommen werden
Ja. Auf britischer Seite sollen Waren aus der EU einem vereinfachten Einfuhrverfahren unterliegen. Das Verfahren sieht vor, dass zunächst auf die vollständige Einfuhranmeldung sowie Zollzahlungen verzichtet werden kann. Stattdessen sollen alle notwendigen Zollformatlitäten zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden können.
Mit dem vereinfachten Verfahren gibt es zwar Erleichterungen, aber keinen vollständigen Verzicht auf Zollformalitäten. Das Verfahren führt lediglich zu einer zeitlichen Entzerrung. Zudem kann es nicht von allen Beteiligten in Anspruch genommen werden.
Voraussetzung für die Registrierung sind eine EORI-Nummer und ein Firmensitz im Vereinigten Königreich. Spediteure, die im Auftrag eines Unternehmens Ware transportieren, können sich nicht registrieren.
Die Registrierung erfolgt online (https://bit.ly/2tuO4LX) und ist mit folgenden Angaben möglich:
- EORI-Nummer
- Unique Taxpayer Reference
- Mehrwertsteuerregistrierungsnummer
- Kontaktdaten der Firma im Vereinigten Königreich
Sind bei bestehenden Bewilligungen für zollrechtliche Vereinfachungen (z.B. Vereinfachte Zollanmeldung, Anschreibung in der Buchführung) keine Länder oder Länderkreise erfasst, ist eine Anpassung/Ergänzung der Bewilligung in Folge des Brexit nicht erforderlich.
Sofern konkrete Drittländer Bestandteil der Bewilligung sind (z.B. bei der passiven Veredelung das "Veredelungsland") empfiehlt es sich, Anträge zeitnah zu stellen. Unternehmen sollten sich hierfür mit ihren zuständigen Hauptzollämtern in Verbindung setzen.
Die Europäische Kommission hat in ihrem Leitfaden zum no-Deal geregelt, dass die Befreiung von Einfuhrabgaben für Rückwaren unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist.
Hierzu ist für Waren, die vor dem Austritt aus der EU ins VK verbracht worden sind und nach dem Austrittsdatum in das Zollgebiet der EU (zurück-) verbracht werden, zusätzlich zu dem für eine Inanspruchnahme der Einfuhrabgabenbefreiung als Rückware erforderlichen Nachweis des (ursprünglichen) Unionscharakters der Waren regelmäßig auch der Nachweis zu erbringen, dass die Waren nicht mehr als drei Jahre vor dem Austrittsdatum aus der EU in das Vereinigte Königreich verbracht worden sind (Artikel 203 Abs. 1 und 6 UZK i. V. m. Artikel 253 Abs. 2 UZK-IA).
Neben dem Beförderungsdokument kann dieser Nachweis auch durch andere, im jeweiligen Einzelfall geeignete, Unterlagen erbracht werden. Eine Verlängerung der Dreijahresfrist, ausschließlich begründet mit dem Austritt GBRs, ist nicht möglich.
In der beschriebenen Fallkonstellation liegen als Nämlichkeitsnachweis weder eine Ausfuhranmeldung (N830) noch ein Auskunftsblatt INF 3 (C605) vor. Das Informationstechnikzentrum Bund hat veröffentlicht, dass bei der elektronischen Zollanmeldung die Informationen zum Nachweis der Rückwareneigenschaft deshalb durch die Unterlagen-Codierung „9DCA - Angaben zum Nachweis der Rückwareneigenschaft“ anzugeben sind.
Im Einzelnen soll wie folgt angemeldet werden:
- Bescheinigungsbereich: 4
- Unterlagencodierung: 9DCA
- Nummer der Unterlage: entweder die Nummer der Beförderungsunterlage, mit dem die Ware nach dem Vereinigten Königreich transportiert wurde oder ein fiktiver Wert wie z.B. das Wort "Brexit“
- Datum der Unterlage: Datum des Beförderungsdokumentes, mit dem die Ware nach dem Vereinigten Königreich transportiert wurde.
Der DIHK empfiehlt betroffenen Unternehmen daher, die innergemeinschaftliche Lieferung in das VK so sorgfältig wie möglich zu dokumentieren, um ggf. doch noch von der Rückwarenregelung profitieren zu können.
Für den Fall, dass sich die EU und das VK auf das Austrittsabkommen verständigen, ist die Ausstellung von Carnets A.T.A bis zum Ende der darin vereinbarten Übergangsphase nicht erforderlich. Kommt es dagegen zu einem ungeregelten Austritt ohne Austrittsabkommen und ohne Übergangsphase („Hard Brexit“), so hat dies Auswirkungen auf die Carnet-Ausstellung.
Formularvordrucke
Gegenwärtige Vordrucke, in denen das VK als Mitglied der EU aufgeführt ist, können aufgebraucht werden. Allerdings sind ab dem Austritt Veränderungen auf dem grünen Deck- und Schlussblatt durchzuführen.
Ausstellung von Carnets
Die Ausstellung von Carnets für das VK ist ab dem Austrittsdatum generell möglich.
Ja. Das Vereinigte Königreich ist am 30.01.2019 dem Übereinkommen über ein Gemeinsames Versandverfahren (Convention on a Common Transit Procedure, CCT) beigetreten. Das VK wird automatisch Mitglied dieses Abkommens, sobald es aus der EU ausgetreten ist.
Das VK und die EU sind beide in der WTO. Wenn es zu dem sogenannten „Harten Brexit“ kommt, wird der Handel zwischen dem VK und der EU nach den WTO-Regeln erfolgen. Einen freien Warenverkehr, wie es ihn durch den Europäischen Binnenmarkt aktuell gibt, wird es zwischen Deutschland/EU und dem VK nicht mehr geben.
Die WTO-Regeln stellen den Grundstandard der 164 WTO-Länder untereinander dar. Vorrangiges Ziel der WTO ist der Abbau aller Hindernisse im weltweiten Handel. Dazu gehören tarifäre Handelshemmnisse (vor allem Zölle) und nicht tarifäre (zum Beispiel technische Normen und Vorschriften oder zeitaufwendige bürokratische Hürden).
Zu den WTO-Grundprinzipen zählen unter anderem:
· Meistbegünstigungsprinzip: Durch das Prinzip der Meistbegünstigung sind WTO-Mitglieder verpflichtet, die Vorteile, die sie einem Handelspartner einräumen, auch jedem anderen WTO-Mitglied zu gewähren.
· Prinzip der Gegenseitigkeit (Reziprozität): Das Prinzip der Reziprozität findet besonders bei Verhandlungen über den Zollabbau Anwendung: Gewährt ein Land A einem Land B Vorteile, so sollen diese gegenseitig sein. Land B soll also Land A die gleichen Vergünstigungen gewähren.
Beispiel: Es kommt zu einem harten Brexit und im Jahr 2022 möchte ein EU-Unternehmen Autos in das VK liefern, so beträgt der WTO-Zollsatz 10 Prozent (Stand Oktober 2018). Das VK könnte nicht einen Zollsatz von 15 Prozent für Waren aus der EU veranschlagen, denn das wäre nicht konform mit dem Meistbegünstigungsprinzip. Nur durch ein Freihandelsabkommen, das grundsätzlich auch noch nach einem harten Brexit verhandelbar wäre, wäre noch eine Reduzierung auf bis zu 0 Prozent möglich.
Es gibt natürlich auch Produkte, für die die WTO-Regeln einen Zollsatz von 0 Prozent vorsehen.
Ja. Analog zur Ausfuhr müssen Unternehmen neben den bisher zu prüfenden nationalen Regelungen nach dem Brexit auch die europäischen Vorschriften zur Einfuhr beachten. Denn für einige Produkte bestehen Beschränkungen aufgrund internationaler Regelungen und Abkommen sowie Bestimmungen der EU.
Ja. Wenn das VK nach dem Brexit nicht mehr zur EU zählt, erweitert sich für deutsche Unternehmen der Kreis der zu prüfenden Regelungen. Das betrifft vor allem die Exportkontrolle, denn hier gelten umfassende europäische Vorschriften, die die Ausfuhr in Drittländer regeln. Anstelle der relativ seltenen Verbringungsgenehmigungen werden dadurch häufiger Ausfuhrgenehmigungen erforderlich.
Zur Kompensation der neuen Genehmigungspflichten beabsichtigt das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) im Falle eines ungeregelten Brexit Verfahrenserleichterungen in Form von Allgemeinen Genehmigungen für den Dual-Use-Bereich einzuführen. So hat das BAFA die Allgemeine Genehmigung (AGG) Nr. 15 zum möglichen Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union bekanntgegeben.
Ziel der AGG Nr. 15 ist es, betroffenen Wirtschaftsbeteiligten zu ermöglichen, für einen bestimmten Übergangszeitraum die bereits vor dem 29.03.2019 geschlossenen Verträge weiterhin ohne Lieferunterbrechungen oder -verzögerungen erfüllen zu können. Die AGG Nr. 15 ist bis zum 31.03.2020 befristet.
Das BAFA hat zu dem Thema „Brexit“ auf seiner Internetseite eine eigene Rubrik eingerichtet. Hier werden die exportkontrollrechtlichen Folgen eines Brexit thematisiert sowie weiterführende Links zur Verfügung gestellt, darüber hinaus hat das BAFA auf seiner Homepage auch eine Vorabfassung der AGG Nr. 15 veröffentlicht.
Daneben hat der Rat der EU Änderung der Verordnung für die Ausfuhr bestimmter Güter mit doppeltem Verwendungszweck angenommen, um das VK in die Liste der Drittstaaten mit geringem Risiko aufzunehmen, die von den allgemeinen Ausfuhrgenehmigungen der EU betroffen sind.
Zu beachten ist, dass die AGG Nr. EU001 nicht für Exporte von Gütern, die in Anhang IIg sowie im Anhang IV der EG-Dual-Use-Verordnung gelistet sind, genutzt werden könnten.
Weiterhin sind auch für den Rüstungsbereich kompensierende Verfahrenserleichterungen beabsichtigt.
Die britische Regierung hat für den Fall eines ungeregelten Brexit ebenfalls Verfahrenserleichterungen für Exporte aus dem Vereinigten Königreich in die EU angekündigt. Konkret plant das Department for International Trade eine Allgemeine Genehmigung, welche Exporte von Dual-Use-Güter begünstigt, zu erlassen. Für den Fall eines harten Brexit hat die britische Regierung einen Leitfaden entwickelt, wie mit ausfuhrgenehmigungspflichten Gütern umzugehen ist.
Zusammenfassung
Mit Zollabwicklungen und der Beschaffung von Ursprungsnachweisen für den Präferenzexport ist im Falle eines harten Brexit in jedem Fall zu rechnen.
Bayerische Unternehmen sollten sich mit den in Zukunft nötigen Zollformalitäten vertraut machen und ihre Lieferketten überprüfen: Für Produkte, bei denen zu einem großen Anteil britische Vormaterialien verarbeitet wurden, könnten die Bedingungen für den Erhalt von Präferenznachweisen für den Export in Drittstaaten nach dem Brexit nicht mehr gegeben sein.
IHK-Ansprechpartner
Nutzen Sie die umfassende IHK-Beratung, unsere Fachansprechpartner geben Ihnen kompetente Ratschläge. Sie rufen zur Kontaktaufnahme bei der IHK an und lassen sich direkt beraten oder lassen sich bei Bedarf einen Termin mit einem spezifischen Fachberater geben. Alternativ können Sie per Mail rund um die Uhr Kontakt aufnehmen.
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