Pressemeldung vom 27.10.2022
IHK gegen Aktivierung des antizyklischen Kapitalpuffers
Mit einem sogenannten antizyklischen Kapitalpuffer will die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) Banken und Sparkassen ab dem Frühjahr 2023 dazu verpflichten, neue Eigenkapitalreserven aufzubauen. Mit Blick auf die derzeitige, von hohen Unsicherheiten geprägte wirtschaftliche Gesamtsituation lehnen Kammern und Verbände aus der bayerischen Finanz- und Realwirtschaft dieses Vorhaben ab.
Banken werden gebraucht, um Folgen des konjunkturellen Abschwungs abzufedern / Entzug von Eigenkapital ist daher nicht zielführend
Die bayerischen Banken und Sparkassen sind krisenresilient, besitzen hohe Kernkapitalquoten und müssen in der aktuellen Situation ihrer Rolle als Kreditgeber der Wirtschaft nachkommen. Die Schaffung neuer, zusätzlicher Kapitalpuffer könnte dieser Aufgabe zuwiderlaufen und die Kreditvergabe hemmen, warnen die IHK für München und Oberbayern, die Arbeitsgemeinschaft bayerischer Handwerkskammern, der Bayerische Bankenverband, der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) sowie der Sparkassenverband Bayern in einem gemeinsamen Positionspapier.
Gemeinsames Positionspapier
Aus Sicht der Kammern und Verbände wäre es falsch, den antizyklischen Kapitalpuffer jetzt scharf zu stellen. Die ursprüngliche Konzeption des Puffers sieht vor, bankenseitig Kapitalreserven in Zeiten konjunkturellen Aufschwungs aufzubauen, die dann in rezessiven Phasen zur Verfügung stehen. Da die derzeitige Konjunktur von Unsicherheiten und Abschwungtendenzen geprägt ist, sei jetzt der falsche Zeitpunkt zur Aktivierung des Puffers, warnen die beteiligten Verbände und Kammern. Den Banken Eigenkapital durch den Aufbau eines Puffers zu entziehen, könnte vielmehr dazu beitragen, negative Tendenzen weiter zu verstärken. Kreditinstitute werden jetzt gebraucht, um die Folgen des Abschwungs abzufedern.
Zur Begründung für das in hohem Maße unsichere Umfeld führen die fünf Kammern und Verbände die hohe Inflationsrate, den Krieg in der Ukraine, gestörte Lieferketten, Unsicherheiten in der Energieversorgung, den historisch schwachen Euro und den Fachkräftemangel an. Hinzu komme der enorme Investitionsbedarf für die nachhaltige Transformation der Wirtschaft.
Momentan sind die Banken vollumfänglich in der Lage, ihrer Rolle als Darlehensgeber nachzukommen. Mit Blick auf möglicherweise steigende Insolvenzquoten und Kreditausfälle wäre es kontraproduktiv, jetzt einen Puffer scharf zu stellen und den Kreditinstituten auf diese Weise wichtigen Spielraum für die Kreditvergabe zu entziehen. Banken und Sparkassen besitzen solide Kernkapitalquoten und haben ihre Widerstandsfähigkeit in der Vergangenheit umfangreich gestärkt. Zusätzliche Puffer sind daher weder notwendig noch zielführend.
Der Genossenschaftsverband Bayern e.V. (GVB) vertritt seit mehr als 125 Jahren die Interessen bayerischer Genossenschaften. Zu seinen 1.167 Mitgliedern zählen 208 Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie 959 Unternehmen aus Branchen wie Landwirtschaft, Energie, Handel, Handwerk und Dienstleistungen. Sie bilden mit rund 50.000 Beschäftigten und 2,9 Millionen Anteilseignern eine der größten mittelständischen Wirtschaftsorganisationen im Freistaat.
In der Arbeitsgemeinschaft der bayerischen Handwerkskammern haben sich die sechs Handwerkskammern im Freistaat zusammengeschlossen, um ihre Interessen gegenüber Politik und Gesellschaft gemeinsam zu vertreten. Die Arbeitsgemeinschaft kümmert sich um die Belange von rund 209.000 Handwerksbetrieben mit insgesamt 947.000 tätigen Personen, darunter 67.000 Auszubildende.
Der Sparkassenverband Bayern (SVB) ist zentraler Dienstleister für die 61 bayerischen Sparkassen und deren Träger. Mit einer addierten Bilanzsumme von rund 254 Milliarden Euro betreiben die bayerischen Sparkassen in allen Teilen des Freistaates Bayern Finanzdienstleistungsgeschäfte mit Schwerpunkt Privatkunden und gewerblicher Mittelstand. Bayernweit sind bei den Sparkassen fast 35.000 Angestellte beschäftigt, davon knapp 2.500 Auszubildende und Trainees.
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern ist mit rund 410.000 Mitgliedsunternehmen die größte IHK bundesweit. Darüber hinaus ist die Kammer eines der größten Unternehmensnetzwerke in Europa. Die IHK repräsentiert das Gesamtinteresse der gewerblichen Wirtschaft in Oberbayern und spricht für Unternehmen aller Größen und Branchen. Die IHK für München und Oberbayern wurde 1843 gegründet.
Dem Bayerischen Bankenverband e.V. gehören rund 70 in Bayern tätige private Banken an, die wiederum ca. 24.000 Mitarbeiter beschäftigen. Dabei handelt es sich um Großbanken, Regional- und Spezialbanken, Pfandbriefbanken, Privatbankiers sowie Niederlassungen ausländischer Banken. Der Verband hat die Aufgabe, die gemeinsamen Interessen der privaten Banken und der Finanzdienstleistungsbranche in Bayern wahrzunehmen und zu vertreten.