05.02.2020

Bayerische Wirtschaft: Verhaltener und gespaltener Start ins Jahr

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Die Talfahrt der bayerischen Wirtschaft ist vorerst gestoppt. Seit vergangenem Herbst hat sich die Stimmung stabilisiert und der BIHK-Konjunkturindex ist um 5 Punkte auf 118 Zähler gestiegen. Er liegt damit knapp über seinem langjährigen Durchschnitt. Das ist der erste Anstieg seit dem Höhepunkt des Booms Anfang 2018, als das Konjunkturbarometer 136 Punkte zählte, so das Ergebnis der Konjunkturumfrage des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK) zum Jahresbeginn. Rund 3.600 Unternehmen in Bayern beteiligten sich an der Erhebung.

Industrie weiter unter Druck / Wohnungsbau und Konsum stabilisieren Konjunktur

Das Sorgenkind bleibt die Industrie, die weiter in einer Rezession steckt“, sagt BIHK-Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl. „Unterm Strich deuten die Signale auf ein verhaltenes Wachstum der bayerischen Wirtschaft im Jahr 2020. Wir erleben den schwächsten Jahresauftakt seit der Euro-Schuldenkrise 2013. Wachstumstreiber sind der private und staatliche Konsum sowie der Wohnungsbau“, so Gößl.

Immerhin bewerten noch 47 Prozent aller befragten Unternehmen ihre Lage als gut, nur 11 Prozent sind aktuell unzufrieden. Bei den Geschäftserwartungen halten sich Optimisten und Pessimisten praktisch die Waage: Jedes fünfte Unternehmen geht von einer Geschäftsbelebung in den kommenden zwölf Monaten aus, 18 Prozent rechnen aber mit einer Eintrübung.

In der Industrie hat sich die Stimmung nach dem starken Herbst-Einbruch zumindest etwas gefangen. Die Beurteilungen der aktuellen Lage liegen aber nach wie vor deutlich unter dem Durchschnitt aller Branchen: Nur rund ein Drittel der Industriebetriebe (35 Prozent) meldet gute Geschäfte, 17 Prozent sind unzufrieden. Die Erwartungen für die kommenden 12 Monate decken sich mit der Gesamtwirtschaft. Die besten Lagebewertungen kommen aus der Bauwirtschaft und dem Dienstleistungsbereich. Als Folge der schwachen Aussichten halten sich die Unternehmen mit Investitionen weiter zurück. Auch der starke Beschäftigungsaufbau der vergangenen Jahre ist beendet, der Arbeitsmarkt bleibt aber noch robust.

„Die aktuelle Wachstumsschwäche ist nicht nur auf das verhaltene Wachstum der Weltwirtschaft zurückzuführen, sondern auch auf strukturelle Veränderungen, insbesondere in der Leitbranche Fahrzeugbau. Dazu kommen Wettbewerbsnachteile aufgrund schlechter wirtschaftspolitischer Rahmenbedingungen“, bemängelt Gößl. Bei den abgefragten Risikobewertungen erreichen wirtschaftspolitische Risiken mit 51 Prozent ein Rekordniveau. Daneben bremst nach wie vor der Fachkräftemangel das Wachstum.

BIHK-Präsident Eberhard Sasse fordert: „Es ist nun höchste Zeit, die Standortbedingungen für die Unternehmen zu verbessern und eine aktive, wettbewerbsorientierte Wirtschaftspolitik zu verfolgen. Das Gebot der Stunde zur Konjunktur-Wiederbelebung sind konkrete Maßnahmen für mehr Investitionen.“ Deutschland als Höchststeuerland lasse den Unternehmen dafür zu wenig finanzielle Spielräume.

Als erster Schritt müsse die Gesamtsteuerbelastung für Unternehmen einschließlich Gewerbesteuer von derzeit über 30 Prozent auf das international übliche Niveau von 25 Prozent sinken. Zudem sollte Personengesellschaften das Recht eingeräumt werden, wie Kapitalgesellschaften besteuert zu werden.

Außerdem seien bessere Abschreibungsregeln notwendig: Als Sofortmaßnahme für eine schnellere Digitalisierung empfiehlt Sasse realitätsnahe und damit deutlich kürzere Abschreibungszeiträume für die Anschaffung von Hard- und Software. „Diese Maßnahmen kurbeln Investitionen und Gewinne an und wären alles in allem nahezu aufkommensneutral“, bekräftigt Sasse. „Bei veränderten Abschreibungsfristen verändert sich ohnehin nur der Zeitpunkt der Steuerzahlung, nicht die Höhe“, betont Sasse.

Zudem sei Deutschland das Land mit den europaweit höchsten Industriestrompreisen. Gerade die stromkostenintensive Industrie brauche einen verlässlichen und wettbewerbsfähigen Industriestrompreis, der 40 Euro je Megawattstunde nicht überschreiten dürfe. Dazu sollten die besonders restriktiven deutschen Regelungen bei der Belastung mit Stromsteuern und -abgaben auf EU-Mindestniveau angeglichen werden. „Mit solchen Maßnahmen für faire Wettbewerbsbedingungen sollte die Politik klare und glaubwürdige Signale an die Wirtschaft schicken“, so der BIHK-Präsident.