Pressemeldung vom 26.04.2024 - Neuburg-Schrobenhausen
Digitalisierung in der Verwaltung bleibt Dauerbrenner
Laut einer aktuellen Digitalisierungsumfrage der bayerischen IHKs bewerten 51 Prozent der Unternehmen im Freistaat den Digitalisierungsstand in der öffentlichen Verwaltung mit der Note „mangelhaft“ oder „ungenügend“. Dieses Ergebnis, so Christian Krömer, Vorsitzender des IHK-Regionalausschusses Neuburg-Schrobenhausen, müsse endgültig wachrütteln. Wie es um die Digitalisierung der Verwaltung im Landkreis bestellt ist, darüber tauschte sich der Ausschuss auf seiner jüngsten Sitzung mit dem Digitalisierungsexperten Christian Färber vom Landratsamt Neuburg-Schrobenhausen aus. Teilnehmer der Debatte waren auch Landtagsabgeordneter Roland Weigert (FW), Schrobenhausens Bürgermeister Harald Reisner (FW), zugleich auch Gastgeber des Treffens, und Johann Habermeyer (FW), 2. Bürgermeister der Stadt Neuburg. „Es muss in unseren Ämtern mit der Digitalisierung spürbar weitergehen. Für die Verantwortlichen ist es eine Sisyphus-Aufgabe, das wissen wir. Doch die Erwartungen der Wirtschaft an die Digitalisierung als Effizienz-Turbo und Bürokratie-Blocker sind enorm“, so Krömer.
Krömer: „Digitale Verwaltungsabläufe dürfen kein Wunschdenken bleiben“
„Im Schnitt hat ein Unternehmen bis zu 200 Kontakte mit verschiedenen Verwaltungen im Jahr“, erläuterte Digitalisierungsexpertin Franziska Neuberger von der IHK München. Allein diese enorme Menge an Kontakten zeige, dass die Anliegen aus den Unternehmen schnell bearbeitet und geklärt werden sollten. Die Digitalisierung könne hier einen entscheidenden Beitrag leisten, damit Verwaltungsleistungen effizienter würden. Verwaltungsabläufe, die noch gar nicht oder nicht zu 100 Prozent digital – und dabei nutzerfreundlich – ablaufen, verursachen mehr Arbeit und kosten damit mehr Zeit und Geld. Wenn wir Bürokratie abbauen wollen, muss die Digitalisierung deutlich an Fahrt aufnehmen, so Neuberger. Sie stellte die Forderungen vor, mit denen die IHK München an die politischen Entscheidungsträger auf Landesebene herantritt. „Besonders wichtig sind das strategische und einheitliche Vorgehen über alle Verwaltungsebenen hinweg. Die Nutzung von standardisierten Lösungen beispielsweise würde der Digitalisierung enormen Schub verleihen. Stand heute haben wir jedoch einen bunten Flickenteppich an unterschiedlichen IT-Lösungen in jedem Landratsamt und in jeder Kommune ein wenig anders.“
Dass die Digitalisierung einem Kampf gegen Windmühlen gleicht, das bestätigten nicht nur Christian Färber, Digitalisierungsverantwortlicher vom Landratsamt Neuburg-Schrobenhausen, sondern auch die Bürgermeister Harald Reisner und Johann Habermeyer. Färber kritisierte, dass die Digitalisierung vor allem aus Adhoc-Reaktionen bestehe, wenn es um die Umsetzung zum Stichtag X von Anforderungen der Ministerien zu bestimmten Verwaltungsleistungen gehe. Es fehle eine Priorisierung und es gäbe auch keinen Fokus auf die Wirtschaft, so der Experte. Daten seien ämterübergreifend nicht verfügbar, was zu Effizienzverlusten führe. Problematisch sei auch das fehlende Personal. Laut Färber brauche man eine umfassende Reorganisation der Digitalisierung, einen kompletten Change-Prozess, der auf einer Digitalstrategie und beispielsweise einem 5-Jahresplan aufbaue und von übergeordneter Stelle, also Freistaat und Bund, forciert werde.
Auf ihre Wünsche angesprochen äußerten einige Unternehmer die Forderung, dass vor allem keine Prozesse digitalisiert werden sollten, die es ohnehin nicht brauche. Grundsätzlich sollte ein Prozess vorab auf Herz und Nieren geprüft werden, ob er Notwendigkeit oder nur bürokratischer Ballast sei. Landtagsabgeordneter Weigert bestätigte: „Am Ende führt der Weg zur Entbürokratisierung vor allem über den Einsatz von intelligenter Software und maschinellem Lernen. Und sie kann nur gelingen, wenn uns die Wirtschaft ihre Erfahrungswerte zuliefert.“ Bürgermeister Habermeyer äußerte: „Die Digitalisierung wird so lange nicht vom Fleck kommen, wie es keinen Wettbewerb gibt.“ Nicht jede einzelne Kommune müsse alle Dienstleistungen anbieten, so Habermeyer. Man könne Aufgaben auch interkommunal aufteilen. Einige Mitglieder des Ausschusses äußerten ihr Unverständnis darüber, dass für die Verwaltungsleistungen auf kommunaler Ebene nicht durchweg einheitliche, standardisierte Lösungen eingesetzt werden.
„Alle wollen das Gleiche und alle Seiten sind gleichermaßen frustriert, wenn es um die Digitalisierung geht“, stellte Krömer abschließend fest. „Vereinheitlichung und Standardisierung, eine aufeinander abgestimmte Digitalisierung aller Verwaltungen – das sollte aus Sicht der Wirtschaft das Gebot der Stunde sein“, so sein Fazit. Krömer sicherte zu, dass der IHK-Ausschuss das Thema auch künftig eng verfolgen werde.