Interview Thomas Holz MdL

„Der Tourismus wird weiter florieren“

Tourismus-Politiker Thomas Holz erklärt, weshalb Oberbayern ein Top-Ziel für Urlauber bleibt – und was noch besser werden muss

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Thomas Holz MdL, Tourismuspolitischer Sprecher der CSU-Fraktion im Landtag (Foto: mike@samplay.de)

Er war ein gefragter Mann auf dem Tourismusforum 2025 am 7. April in der IHK für München und Oberbayern: Thomas Holz, Tourismuspolitischer Sprecher der CSU-Landtagsfraktion. Der Mann kennt sich aus. Als ehemaliger Kommunalpolitiker weiß er bis ins Detail, wo es in der Praxis klemmt. Vor seinem Vortrag erklärte er im Interview, warum er trotz schlechter Wirtschaftslage und wachsender politischer Unsicherheit gute Chancen für den Tourismus in Oberbayern sieht.

Herr Holz, bitte klären Sie uns auf: Einerseits hat Bayerns Tourismus 2024 Rekordzahlen erzielt. Andererseits haben einige Regionen Geschäftseinbußen erlitten. Wie zufrieden kann man mit dieser Bilanz nun sein?

Mit dem Tourismus 2024 in Bayern kann man sehr zufrieden sein. Wir haben Rekordzahlen geschrieben. Wir haben das Superjahr 2019 noch einmal übertroffen. Damit sind wir in Deutschland das Reiseland Nr. 1. Das muss man jetzt schon einmal festhalten.

Wie geht denn Ihre Analyse weiter?

Wenn man sich die Zahlen im Detail anschaut, wird klar: Der Tourismus ist auch enorm wichtig für die gesamte wirtschaftliche Entwicklung Bayerns. Auch deshalb müssen wir uns einige Punkte genauer anschauen, die nicht so erfreulich sind.

Was macht Ihnen Sorgen?

Wenn man sich die Übernachtungszahlen des vergangenen Jahres genauer anschaut, sieht man ein Gefälle. Wir haben einen starken Zuwachs registriert in den Städten und Metropolen, aber auch Einbrüche verzeichnet in den ländlichen Regionen. Selbst in Oberbayern gab es vereinzelt Rückgänge der Übernachtungszahlen bis zu fünf Prozent. In 39 von 96 Landkreisen und kreisfreien Städten Bayerns gab es weniger Übernachtungen.

Dafür lief es in München unglaublich gut – 2024 war das beste Tourismusjahr seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1912.

Ja, aber das war auch die Folge einer seltenen Ballung von super Events: die Konzerte von Adele, Taylor Swift und Coldplay, die Fußball EM. Das war schon ein Ausnahmejahr. Die Zahlen waren in der Tat super. Aber wir müssen uns darauf einstellen, dass die kommenden Jahre für den Tourismus Bayerns insgesamt schwieriger werden.

US-Präsident Donald Trump schürt den Handelskrieg mit Europa. Müssen Bayerns Hoteliers bis auf Weiteres auf Gäste aus den USA verzichten?

Wir haben heute auf der Veranstaltung gesehen: Bislang waren die USA die Nummer 1 auf der Liste der Herkunftsländer unserer internationalen Urlaubsgäste. Wie sich das entwickelt, das ist schwer zu sagen. Wir haben einen US-Präsidenten, dem täglich etwas Neues einfällt. Wir wissen noch nicht, wie es in Berlin mit der neuen Koalition weitergeht. Wir stecken mittendrin in einer Phase voller Unsicherheit. Trotzdem halte ich nichts davon, die Lage zu dramatisieren.

Was stimmt Sie zuversichtlich?

Trump hin oder her – aber wir haben hier das Oktoberfest, die bayerischen Seen, Museen und Schlösser. Und ich bin sicher, dass sich US-Touristen das weiter anschauen wollen.

Diese Highlights konzentrieren sich auf München und den Süden Oberbayerns. Wie bringt man mehr Urlauber in die anderen Regionen Bayerns?

Die Aufgabe der Politik sehe ich darin, dafür die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Hoteliers und Wirte müssen wieder Spaß an ihrer Arbeit haben. Das erreiche ich bestimmt nicht damit, denen jeden Tag mit noch mehr Bürokratie das Leben schwer zu machen.

Was ich an der Tourismus-Statistik bemerkenswert finde: Vor allem die größere Betriebe und Hotels haben das Geschäft gemacht.

Deshalb müssen wir uns auch die Vermieter-Struktur mal genau anschauen. Viele kleine Vermieter hören auf. Das ist für die Branche insgesamt schlecht, weil das die Bettenkapazität insgesamt verknappt.

Wie wollen Sie das stoppen?

Eine Idee wäre, ein Förderprogramm für Pensionen und Kleinstvermieter aufzulegen – wobei ich eigentlich kein Freund solcher Programme bin. Grundsätzlich ist der Tourismus eine starke Branche. Wir haben in den vergangenen Jahren gesehen, wie schnell er sich von Rückschlägen erholen kann.

Mehr ÖPNV in der Fläche – wäre das nicht auch ein Schritt für einen zukunftsfähigen Tourismus?

In Oberbayern erlebe ich da einen sehr positiven Trend. Aus meiner einstigen Tätigkeit als Bürgermeister in Kochel kann ich sagen: Wir haben es geschafft, die Ankunft des Zuges aus München mit der Abfahrtszeit des Busses Richtung Walchensee abzustimmen. Seitdem sind die Züge und die Busse voll. Das zeigt: Es geht. Aber wir müssen das ausbauen. Die MVV-Verbunderweiterung Richtung Süden ist der richtige Weg. Das bringt ein deutlich besseres Angebot.

Einer der Referenten des Forums sagte heute: Die Leute sparten nicht am Urlaub, sondern im Urlaub. Sehen Sie das auch so?

Ja, das belegen viele Rückmeldungen, die wir bekommen.

Wie wirkt sich das aus?

Die Leute buchen weniger Übernachtungen als früher, wenn sie in guten Hotels absteigen. Und ein großer Trend heißt Ferienwohnung. Die Leute gehen im Urlaub weniger ins Restaurant, sie kochen in der Ferienwohnung ihr Essen selbst. Wo nicht gespart wird, ist an der Qualität. Die Ansprüche sind hoch. Früher konnte man das ausgeleierte Fernsehsofa in die Ferienwohnung stellen – das wird von den Gästen heute nicht mehr akzeptiert. Den Zusammenhang sehen wir sehr klar: Unterkünfte, die nicht auf dem neuesten Stand sind, werden weniger frequentiert.

Was folgt daraus? Brauchen wir mehr Investitionen?

Ja, das ist ein Schlüssel zum Erfolg. Ich habe heute früh mit einem Hotelier gesprochen. Der sagte mir, er nehme eine zweistellige Millionensumme in die Hand. Er ist davon überzeugt: Der Tourismus in Oberbayern wird weiter florieren.

Teilen Sie diesen Optimismus?

Ja, wir haben eine wunderschöne Landschaft. Wir haben gastfreundliche, engagierte Menschen. Wir haben Kultur, unsere Schlösser, ein lebendiges Brauchtum. Das sind die besten Voraussetzungen, die man für den Tourismus haben kann. Nur in einem Punkt müssen wir noch besser werden: im Segment hoher touristischer Qualität.

Müssten wir da nicht bei der Digitalisierung anfangen?

Die Voraussetzung dafür ist die Breitbandversorgung. Als ehemaliger Bürgermeister kann ich wirklich sagen, wie schwierig es ist, ein Unternehmen zu finden, das für ein 5.000-Einwohner-Dorf Glasfaserkabel in die Erde verlegt. Das gleiche Problem haben wir bei der Mobilfunk-Abdeckung. Ich verstehe ja, dass es wegen der Strahlung Bedenken gegen neue Mobilfunk-Masten gibt. Aber so, wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben.

Die Staatsregierung wollte das doch schnell in den Griff kriegen. Wie ist denn die Lage?

Wir haben selbst auf der Autobahn noch Funklöcher. Gäste aus dem Ausland haben das Gefühl, sie fahren in ein Museum. Das kann es doch nicht sein.

Für einen zukunftsfähigen Tourismus geht es auch um die Frage: Wie gehen wir mit dem Klimawandel um.

Ja, das hat die schon fast faszinierende Folge, dass inzwischen Italiener bei uns Urlaub machen, weil es denen im Sommer zuhause zu heiß ist. Für mich ist das ein ganz wichtiger Punkt: Alles, was wir im Tourismus machen, muss im Einklang mit der Natur stehen. Unsere wunderschöne Natur ist die Basis des ganzen Geschäfts. Deshalb müssen wir sie erhalten.

Was wird aus Oberbayerns Wintersport-Orten, wenn das Klima noch wärmer wird?

Viele Regionen reagieren schon darauf. Sie arbeiten daran, für den Tourismus noch mehr Ganzjahresangebote zu erstellen. Auch die Bergbahnbetreiber müssen ihre Anlagen ganzjährig besser auslasten. Die schneesicheren Gebiete werden immer kleiner. Das ist die Realität, der wir uns stellen müssen. Im Gegensatz zu unseren Nachbarländern im Alpenraum begegnen wir diesen Herausforderungen bereits seit Jahren und können ein breites und in großen Teilen auch Ski-unabhängiges Freizeitangebot bieten.

Die Stimmung im Land ist schlecht. Das mindert die Lust auf das Schnitzel im Wirtshaus. Erhoffen Sie sich von der neuen Bundesregierung positive Impulse?

Ein Politikwechsel wurde vor der Wahl versprochen – und den brauchen wir auch. Es gibt jetzt viel Geld für Infrastruktur, aber es wird Jahre brauchen, bis man das spürt.

Wie könnte die Politik Vertrauen zurück gewinnen?

Mit dem klaren Signal: Wir haben verstanden. Sie muss zeigen, dass sie die Sorgen der Menschen und der Unternehmen ernst nimmt. Die neue Koalition muss zeigen, dass sie wirklich handelt, entbürokratisiert und Lösungen für die Migration findet. Dann würde die Stimmung wieder nach oben gehen.

Interview: Von Martin Armbruster